Autor Thema: Rollenspiele zu Settings aus Film / Literatur / Videospiel – Ja? Nein? Wie?  (Gelesen 1859 mal)

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Offline Jiba

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Zitat
Jedes neues RPG das in einem Nischensetting erscheint (Terminator, Avatar, Dragon Prince), braucht es dazu wirklich ein neues Crowdfunding? Neue Regeln? Neue Bücher? Wirklich?

Naja... brauchen wir? Was meint ihr?

Meine Gedanken dazu, schnell zusammengehackt

Es kommt darauf an (und nicht nur darauf, ob ich besagtes "Nischensetting" mag oder nicht). Für mich ist entscheidend:

  • Wie die Vorlage beschaffen ist
  • Was die Regeln tun wollen
  • Wie beides zusammenwirkt

Dabei stellen sich mehrere Fragen.

1. Zeichnet sich in der Vorlage bereits ein Setting ab, das ein Potenzial für andersgestaltige Rollenspielgeschichten außerhalb der Inhalte und Protagonisten des Films / der Serie / des Videospiels beinhaltet?

Nein => Settings mit sehr protagonist:innen-zentrischem Worldbuilding; häufig "soft worldbuilding"-Settings
Ein "Simpsons"-Rollenspiel würde wenig Sinn ergeben, da das Worldbuilding eigentlich auf eine parodistische Version des normalen Amerika abzielt und alle Handlung auf die Familie ausgerichtet ist. Ich würde fast sagen, für Entenhausen gilt dasselbe... aber da mögen die Geschmäcker unterschiedlich sein.

Das "Braut des Prinzen"-Rollenspiel gibt es zwar, aber es gibt für mich ebensowenig Sinn, weil die Vorlage eigentlich so sehr von Charakterhandlungen getrieben ist, dass das Setting einfach nicht trägt. Es ist zu merkmalslos, zu unspezifisch.

"Terminator" wäre auch so ein Film, der sehr plotgetrieben ist. Gerade durch den Zeitreiseaspekt ist auch nicht klar, was das generische Terminator-Setting eigentlich genau wäre. Allerdings ist das doch ein Grenzfall: Das Spiel während der Rebellion der Maschinen und SkyNets, die ja über die Jahre an Sequels immer weiter ausgeschmückt wurde, kann man sich beispielsweise gut vorstellen.

"Mein Nachbar Totoro" hat kein Setting. Es hat nur ein paar magische Charaktere.

"Die Ritter der Kokosnuss" hat kein Setting. Es hat nur eine parodistische Lackierung, die über ein Setting gepinselt wurde.

Ja => Settings, die Ereignisse, Orte und Entwicklungen andeuten und ausarbeiten, die sich der Kenntnis oder dem Einfluss der Protagonist:innen entziehen; "hart worldbuilding"-Settings können (!) hier Vorteile haben

"Avatar: The Last Airbender", auch oben genannt, ist ein hervorragendes Beispiel für ein Setting, das sich für ein eigenes Rollenspiel anbietet (intelligenterweise haben die Autor:innen im Setting sogar noch mehrere Epochen des Originalsettings spielbar gemacht, auch über die in der Serie gezeigten Avatare Aang und Korra hinaus). Von Minute 1 an hat das Setting eine reiche Geschichte, die Protagonisten besuchen viele, phantastische Örtlichkeiten, es gibt Fraktionen und Politik.

"Disco Elysium" spielt zwar in einem sehr kleinen Ausschnitt seiner Spielwelt, aber es lässt sein Gesamtsetting durch Gespräche mit Figuren im Setting auch immer wieder aufblitzen. Dabei ist alles vertraut genug, dass man leicht Dinge hinzuimaginieren kann, aber exotisch genug, dass Geschichte, politische Gruppen und Geographie erklärt werden müssen. Kann funktionieren. (Und es kriegt ja tatsächlich sein eigenes Pen&Paper-RPG).

"Men in Black", "Warehouse 13", "Assassin's Creed"... alles Settings, die eigentlich nur darauf basieren, dass unsere Realwelt von einer bestimmten Organisation (oder einer Mehrzahl Organisationen) und irgendwie überirdischen Versatzstücken beeinflusst wird. Das würde gefühlt für mich funktionieren...

Zusammenfassend zu diesem Aspekt:
Ich glaube ein Setting benötigt eigentlich nur eine Sache, um sich wirklich fürs Rollenspiel zu eignen: Konflikte und Fraktionen, die über die Protagonist:innen des Originalprodukts hinausweisen und nicht auf der persönlichen Ebene verbleiben.

So ziemlich alle Konflikte in "Die Braut des Prinzen" sind persönlich => Schlecht geeignet für ein RPG-Setting
So ziemlich kein Konflikt in "Assassin's Creed" ist persönlich => Gut geeignet für ein RPG-Setting

Solche Konflikte müssen im Setting angelegt sein – müssen die Autoren sie für das Rollenspiel hinzudichten, ist es strenggenommen nicht mehr "XYZ – Das Rollenspiel", sondern eigentlich "Das Rollenspiel, das neben XYZ stattfindet". (Jetzt kann man über Spiele wie "Der Eine Ring" oder "Dune" trefflich streiten, ob das in den Konflikten gegeben ist, und ich würde in beiden Fällen ja sagen. Tatsächlich verfügen beide Settings noch über Elemente, die ebenfalls dabei helfen, sie als vollwertige Rollenspiele schon aus der Vorlage heraus zu bespielen:
  • Geographie (eine Weltkarte zu haben macht schon viel aus, auch die Erwähnung ferner Lokalitäten, Sprachen und Völker)
  • Geschichte (eine Zeitleiste hilft auch ungemein, ein Mediensetting zu einem Spielsetting zu machen; sie verweist darauf, dass die Welt eine Eigendynamik hat)

Fraktionen + Geschichte + Geographie + unpersönliche Konflikte = gut geeignetes Rollenspielsetting, das als eigenes Spiel fruchtbar sein kann. Sogar wenn ich, keine Ahnung, "Basic Roleplaying" für "Rivers of London" oder "Storyteller" für "Street Fighter" oder "GURPS" für die frickin' Scheibenwelt dafür verwende.

AAAAAAABER...

2. Sorgen die Regeln dafür, ein bestimmtes Spielgefühl zu erzeugen, dass dem Vibe, dem Style, der Erzählweise oder den emotionalen Beats der Vorlage Rechnung trägt?

Ja?
Dann vergesst alles, was ich oben schrieb.


Selbst wenn nichts von all dem gegeben ist, kann ich trotzdem ein Rollenspiel zu einem Setting aus Buch / Film / Videospiel machen, das den Namen seiner Vorlage verdient. Aber auch nur, wenn die Regeln des Spiels das erfahrbar machen, was die Vorlage in irgendeiner Weise ausmacht.

"Cowboy Bebop" ist, finde ich, kein Setting, das genug Fleisch auf den Knochen hat, um in die obige Kategorie zu fallen (alle Konflikte in diesem Anime sind persönlich). Aber das Regelsystem zum gleichnamigen Rollenspiel scheint auf den ersten Blick sehr darauf erpicht zu sein, zu simulieren, wie "Cowboy Bebop" als Serie funktioniert. Wie seine Episoden aufgebaut sind, wo die Beats liegen, und was Leute bei "Cowboy Bebop" so tun.

Ich denke dasselbe kann man irgendwo auch dem "Monty Python"-Rollenspiel bescheinigen.

Das ist die zweite Möglichkeit: Ich mache ein offzielles Spiel, das so funktioniert, wie meine Vorlage funktioniert. Damit die Spieler, die es spielen, das Gefühl haben, die Vorlage zu spielen.

Das kann den Mangel an "Settingfleisch" ein stückweit auffangen, finde ich. Den Versuch, das zu tun, gibt es immer schon: Das alte "Turtles"-Rollenspiel hat das zum Beispiel versucht.

Interessanterweise gibt es eine Menge Spiele, die diesen Weg gehen, ohne explizit den Namen der Vorlage auf dem Cover zu haben:
  • "Wicked Ones" ist das Rollenspiel, das funktioniert wie "Dungeon Keeper"
  • "Inspecters" ist das Rollenspiel, das funktioniert wie "Ghostbusters"
  • "Fabula Ultima" ist das Rollenspiel, das funktioniert wie die "Tales of..."- und "Final Fantasy"-JRPGs
  • "We used to be friends" ist das Rollenspiel, das funktioniert wie "Veronica Mars"
  • "Girl Underground" ist das Rollenspiel, das funktioniert wie "Alice im Wunderland" oder "Narnia"
  • "A Good Society" ist das Rollenspiel, das funktioniert wie die Romane von Jane Austen

Zusammenfassend zu diesem Aspekt:
Regeln erzeugen ein Spielgefühl. Rollenspiele basierend auf bekannten Settings sind dann besonders interessant (für mich), wenn die Regeln versuchen, das Setting auszudrücken. Das kann dafür sorgen, dass man sich als Spieler:in fühlt, als sei man in dieses Setting abgetaucht, ohne dass das Setting selbst Anhaltspunkte wie Fraktionen, Geschichte etc. bieten muss.

Fazit: Wie wirken sie zusammen
Ich mag Rollenspiele zu Büchern / Filmen / Videospielen, die beide der obigen Aspekte beinhalten... das halte ich für die Königsklasse in der Umsetzung von Fremdstoffen. Wo das nicht gegeben ist, ist mir das Setting oft etwas zu dünn, um mehr als einen One-Shot zu rechtfertigen (und sowas kann vieeeeel Spaß machen; ich habe z.B. schon One-Shots im "Futurama"-Setting, im "Final Fantasy X"-Setting oder im "Zelda: Four Swords"-Setting geleitet).

Daher sollte das Setting zumindest den ersten Aspekt von sich aus hinreichend abdecken.
Welchen Settings ich das zugestehe, ist dann natürlich auch stark von meinem Geschmack abhängig. "Hollow Knight" hat, finde ich, ein grandioses Setting, in dem ich gerne spielen würde... aber es mag nach den Kriterien weiter vorn doch nicht ganz entsprechen.

Was meint ihr? Brauchen wir solche Settings? Trägt meine Einteilung oder habt ihr etwas zu ergänzen?
« Letzte Änderung: 30.11.2022 | 18:03 von Jiba »
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Tomas Wanderer

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Hatte mich letztens erst gefragt, ob dieses IP-Abarbeiten Rollenspiele schließlich verarmt. Wenn ich mir den Appendix N o.ä. anschaue, schein die Quellenlage für ein Spiel recht breit aufgestellt zu sein. Dagegen kann man sich bei IPs eben nur auf diese stützen. Für Vielfalt ist dann der Markt zuständig, DMs werden tendenziell die Produktionsmittel entzogen, aber man kann regelmäßig was kaufen, nur leider kaum gute Module. Bin skeptisch, ob's das bringt.

Offline YY

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Brauchen wir solche Settings? Trägt meine Einteilung oder habt ihr etwas zu ergänzen?[/b]

Die Settingbewertung nach Konfliktart taugt mir auf jeden Fall :d


Grundsätzlich tragen mir erzählerisch überspezialisierte Systeme nicht lang genug.
Manche bilden die Vorlage tatsächlich nahezu perfekt ab, aber können genau deswegen auch überhaupt nichts anderes.
Da ist es mir am Ende doch lieber, wenn eine bestehende IP "nur" einer von vielen atmosphärischen Einflüssen ist und ich spielmechanisch etwas breiter aufgestellt bin.

Dementsprechend habe ich mit einer einzigen Ausnahme kein "IP-Rollenspiel" - und die Ausnahme ist WEG Star Wars. Das tickt zwar atmosphärisch schon deutlich wie die Vorlage, aber hat keine erzählerisch stark einengende oder strukturierende Spielmechanik.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline klatschi

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Naja... brauchen wir? Was meint ihr?

Meine Gedanken dazu, schnell zusammengehackt

Es kommt darauf an (und nicht nur darauf, ob ich besagtes "Nischensetting" mag oder nicht). Für mich ist entscheidend:

  • Wie die Vorlage beschaffen ist
  • Was die Regeln tun wollen
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Dabei stellen sich mehrere Fragen.

1. Zeichnet sich in der Vorlage bereits ein Setting ab, das ein Potenzial für andersgestaltige Rollenspielgeschichten außerhalb der Inhalte und Protagonisten des Films / der Serie / des Videospiels beinhaltet?

Nein => Settings mit sehr protagonist:innen-zentrischem Worldbuilding; häufig "soft worldbuilding"-Settings
Ein "Simpsons"-Rollenspiel würde wenig Sinn ergeben, da das Worldbuilding eigentlich auf eine parodistische Version des normalen Amerika abzielt und alle Handlung auf die Familie ausgerichtet ist. Ich würde fast sagen, für Entenhausen gilt dasselbe... aber da mögen die Geschmäcker unterschiedlich sein.

Das "Braut des Prinzen"-Rollenspiel gibt es zwar, aber es gibt für mich ebensowenig Sinn, weil die Vorlage eigentlich so sehr von Charakterhandlungen getrieben ist, dass das Setting einfach nicht trägt. Es ist zu merkmalslos, zu unspezifisch.

"Terminator" wäre auch so ein Film, der sehr plotgetrieben ist. Gerade durch den Zeitreiseaspekt ist auch nicht klar, was das generische Terminator-Setting eigentlich genau wäre. Allerdings ist das doch ein Grenzfall: Das Spiel während der Rebellion der Maschinen und SkyNets, die ja über die Jahre an Sequels immer weiter ausgeschmückt wurde, kann man sich beispielsweise gut vorstellen.

"Mein Nachbar Totoro" hat kein Setting. Es hat nur ein paar magische Charaktere.

"Die Ritter der Kokosnuss" hat kein Setting. Es hat nur eine parodistische Lackierung, die über ein Setting gepinselt wurde.

Ja => Settings, die Ereignisse, Orte und Entwicklungen andeuten und ausarbeiten, die sich der Kenntnis oder dem Einfluss der Protagonist:innen entziehen; "hart worldbuilding"-Settings können (!) hier Vorteile haben

"Avatar: The Last Airbender", auch oben genannt, ist ein hervorragendes Beispiel für ein Setting, das sich für ein eigenes Rollenspiel anbietet (intelligenterweise haben die Autor:innen im Setting sogar noch mehrere Epochen des Originalsettings spielbar gemacht, auch über die in der Serie gezeigten Avatare Aang und Korra hinaus). Von Minute 1 an hat das Setting eine reiche Geschichte, die Protagonisten besuchen viele, phantastische Örtlichkeiten, es gibt Fraktionen und Politik.

"Disco Elysium" spielt zwar in einem sehr kleinen Ausschnitt seiner Spielwelt, aber es lässt sein Gesamtsetting durch Gespräche mit Figuren im Setting auch immer wieder aufblitzen. Dabei ist alles vertraut genug, dass man leicht Dinge hinzuimaginieren kann, aber exotisch genug, dass Geschichte, politische Gruppen und Geographie erklärt werden müssen. Kann funktionieren. (Und es kriegt ja tatsächlich sein eigenes Pen&Paper-RPG).

"Men in Black", "Warehouse 13", "Assassin's Creed"... alles Settings, die eigentlich nur darauf basieren, dass unsere Realwelt von einer bestimmten Organisation (oder einer Mehrzahl Organisationen) und irgendwie überirdischen Versatzstücken beeinflusst wird. Das würde gefühlt für mich funktionieren...

Zusammenfassend zu diesem Aspekt:
Ich glaube ein Setting benötigt eigentlich nur eine Sache, um sich wirklich fürs Rollenspiel zu eignen: Konflikte und Fraktionen, die über die Protagonist:innen des Originalprodukts hinausweisen und nicht auf der persönlichen Ebene verbleiben.

So ziemlich alle Konflikte in "Die Braut des Prinzen" sind persönlich => Schlecht geeignet für ein RPG-Setting
So ziemlich kein Konflikt in "Assassin's Creed" ist persönlich => Gut geeignet für ein RPG-Setting

Solche Konflikte müssen im Setting angelegt sein – müssen die Autoren sie für das Rollenspiel hinzudichten, ist es strenggenommen nicht mehr "XYZ – Das Rollenspiel", sondern eigentlich "Das Rollenspiel, das neben XYZ stattfindet". (Jetzt kann man über Spiele wie "Der Eine Ring" oder "Dune" trefflich streiten, ob das in den Konflikten gegeben ist, und ich würde in beiden Fällen ja sagen. Tatsächlich verfügen beide Settings noch über Elemente, die ebenfalls dabei helfen, sie als vollwertige Rollenspiele schon aus der Vorlage heraus zu bespielen:
  • Geographie (eine Weltkarte zu haben macht schon viel aus, auch die Erwähnung ferner Lokalitäten, Sprachen und Völker)
  • Geschichte (eine Zeitleiste hilft auch ungemein, ein Mediensetting zu einem Spielsetting zu machen; sie verweist darauf, dass die Welt eine Eigendynamik hat)

Fraktionen + Geschichte + Geographie + unpersönliche Konflikte = gut geeignetes Rollenspielsetting, das als eigenes Spiel fruchtbar sein kann. Sogar wenn ich, keine Ahnung, "Basic Roleplaying" für "Rivers of London" oder "Storyteller" für "Street Fighter" oder "GURPS" für die frickin' Scheibenwelt dafür verwende.

AAAAAAABER...

2. Sorgen die Regeln dafür, ein bestimmtes Spielgefühl zu erzeugen, dass dem Vibe, dem Style, der Erzählweise oder den emotionalen Beats der Vorlage Rechnung trägt?

Ja?
Dann vergesst alles, was ich oben schrieb.


Selbst wenn nichts von all dem gegeben ist, kann ich trotzdem ein Rollenspiel zu einem Setting aus Buch / Film / Videospiel machen, das den Namen seiner Vorlage verdient. Aber auch nur, wenn die Regeln des Spiels das erfahrbar machen, was die Vorlage in irgendeiner Weise ausmacht.

"Cowboy Bebop" ist, finde ich, kein Setting, das genug Fleisch auf den Knochen hat, um in die obige Kategorie zu fallen (alle Konflikte in diesem Anime sind persönlich). Aber das Regelsystem zum gleichnamigen Rollenspiel scheint auf den ersten Blick sehr darauf erpicht zu sein, zu simulieren, wie "Cowboy Bebop" als Serie funktioniert. Wie seine Episoden aufgebaut sind, wo die Beats liegen, und was Leute bei "Cowboy Bebop" so tun.

Ich denke dasselbe kann man irgendwo auch dem "Monty Python"-Rollenspiel bescheinigen.

Das ist die zweite Möglichkeit: Ich mache ein offzielles Spiel, das so funktioniert, wie meine Vorlage funktioniert. Damit die Spieler, die es spielen, das Gefühl haben, die Vorlage zu spielen.

Das kann den Mangel an "Settingfleisch" ein stückweit auffangen, finde ich. Den Versuch, das zu tun, gibt es immer schon: Das alte "Turtles"-Rollenspiel hat das zum Beispiel versucht.

Interessanterweise gibt es eine Menge Spiele, die diesen Weg gehen, ohne explizit den Namen der Vorlage auf dem Cover zu haben:
  • "Wicked Ones" ist das Rollenspiel, das funktioniert wie "Dungeon Keeper"
  • "Inspecters" ist das Rollenspiel, das funktioniert wie "Ghostbusters"
  • "Fabula Ultima" ist das Rollenspiel, das funktioniert wie die "Tales of..."- und "Final Fantasy"-JRPGs
  • "We used to be friends" ist das Rollenspiel, das funktioniert wie "Veronica Mars"
  • "Girl Underground" ist das Rollenspiel, das funktioniert wie "Alice im Wunderland" oder "Narnia"
  • "A Good Society" ist das Rollenspiel, das funktioniert wie die Romane von Jane Austen

Zusammenfassend zu diesem Aspekt:
Regeln erzeugen ein Spielgefühl. Rollenspiele basierend auf bekannten Settings sind dann besonders interessant (für mich), wenn die Regeln versuchen, das Setting auszudrücken. Das kann dafür sorgen, dass man sich als Spieler:in fühlt, als sei man in dieses Setting abgetaucht, ohne dass das Setting selbst Anhaltspunkte wie Fraktionen, Geschichte etc. bieten muss.

Fazit: Wie wirken sie zusammen
Ich mag Rollenspiele zu Büchern / Filmen / Videospielen, die beide der obigen Aspekte beinhalten... das halte ich für die Königsklasse in der Umsetzung von Fremdstoffen. Wo das nicht gegeben ist, ist mir das Setting oft etwas zu dünn, um mehr als einen One-Shot zu rechtfertigen (und sowas kann vieeeeel Spaß machen; ich habe z.B. schon One-Shots im "Futurama"-Setting, im "Final Fantasy X"-Setting oder im "Zelda: Four Swords"-Setting geleitet).

Daher sollte das Setting zumindest den ersten Aspekt von sich aus hinreichend abdecken.
Welchen Settings ich das zugestehe, ist dann natürlich auch stark von meinem Geschmack abhängig. "Hollow Knight" hat, finde ich, ein grandioses Setting, in dem ich gerne spielen würde... aber es mag nach den Kriterien weiter vorn doch nicht ganz entsprechen.

Was meint ihr? Brauchen wir solche Settings? Trägt meine Einteilung oder habt ihr etwas zu ergänzen?

Sehr schöner und umfassender Beitrag, die Beispiele finde ich gut nachvollziehbar gewählt.

Ich bin da bei dir, dass für eine langfristige Auseinandersetzung mit einem System gerade der erste Aspekt wichtig ist und frage mich auch, wie lange eben "coole Regeln, die etwas genau abbilden" tragen, wenn das Setting nicht mehr hergibt.
Aber darüber hinaus braucht es bei Vorlagen für mich persönlich dennoch beides: Ich will dann schon Regeln, die das Feeling des spezifischen Settings widerspiegeln, nur der erste Aspekt würde mir nicht reichen. Ein Adventures in Middle Earth (also 5e-basiert) oder ein Adventures in Rokugan (L5R mit 5e Regeln) sind für mich dann auch regeltechnisch zu sehr vom eigentlichen Setting entkoppelt, als dass das für mich tragen würde.

Hatte mich letztens erst gefragt, ob dieses IP-Abarbeiten Rollenspiele schließlich verarmt. Wenn ich mir den Appendix N o.ä. anschaue, schein die Quellenlage für ein Spiel recht breit aufgestellt zu sein. Dagegen kann man sich bei IPs eben nur auf diese stützen. Für Vielfalt ist dann der Markt zuständig, DMs werden tendenziell die Produktionsmittel entzogen, aber man kann regelmäßig was kaufen, nur leider kaum gute Module. Bin skeptisch, ob's das bringt.

Ich sehe da keine Verarmung, weil das eine das andere nicht ausschließt. Ganz im Gegenteil können One- und Fewshots, die nicht weiter ausgewalzt werden, auch gut tun. Wenn das in einem IP-basierten Setting stattfindet, auf das alle Lust haben, ist das doch in Ordnung.
Ich kann also gemütlich meine D&D Westmarches Kampagne auf der einen Seite fahren und hier und da ein IP-basiertes Rollenspiel, das vielleicht nicht lange trägt, nehmen, und Spaß damit haben. Eine Verarmung finde und sehe ich da nicht.
Die Aussage, inwiefern die "Produktionsmittel" der DMs entzogen werden, verstehe ich leider nicht, magst du das erläutern?
« Letzte Änderung: 30.11.2022 | 19:13 von klatschi »

Offline Tomas Wanderer

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Ich sehe da keine Verarmung, weil das eine das andere nicht ausschließt. Ganz im Gegenteil können One- und Fewshots, die nicht weiter ausgewalzt werden, auch gut tun. Wenn das in einem IP-basierten Setting stattfindet, auf das alle Lust haben, ist das doch in Ordnung.
Ich kann also gemütlich meine D&D Westmarches Kampagne auf der einen Seite fahren und hier und da ein IP-basiertes Rollenspiel, das vielleicht nicht lange trägt, nehmen, und Spaß damit haben. Eine Verarmung finde und sehe ich da nicht.
Joa, ist eine offene Frage. Mir kam es im Zusammenhang mit den Blade Runner und Alien RPGs. Wüsste nicht, warum ich mir die beiden holen sollte, wo ich das doch einfach in '77er Traveller beides in einer Kampagne anspielen kann und vieles mehr.

Die Aussage, inwiefern die "Produktionsmittel" der DMs entzogen werden, verstehe ich leider nicht, magst du das erläutern?
Hinsichtlich der Enteignung habe ich an zweierlei gedacht: 1. Die Abhängigkeit von IP-Inhaber:innen oder zumindest ein Spannungsverhältnis zwischen Aneignung der IP und offiziellen Produkten, 2. fehlende Hilfsmittel, um entsprechende Kampagnen-Milieus/Spielmaterial zu erstellen, scheint mir zumindest verbreitet. Wie gesagt, tendenziell.

Offline Mithras

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Ich finde es gut das ich aus Versehen diese Diskussion angestoßen habe, weil hier im Tanelorn halt viele dem neuesten heißen Scheibenwischer hinterlaufen. Aber was mir halt persönlich nicht gefällt ist dieses Verkaufen von neuen Grundregelbüchern zu jeder Nische. Alien. Dune. Broken Compass.

Nehmt doch fertige Regeln und macht ein Settingbcuh dazu. Savage Worlds passt gut zu Broken Compass oder Avatar. Oder Dragon Prince, geht auch damit. Ein Rollenspiel macht für mich nur Sinn wenn man es weiter mit diversen Inhalten versorgen kann. Divers heißt nicht Alien wo alle Abenteuer sich darum drehen dem Xenomorph zu entkommen, mal als Marine oder als Techniker von Weyland Yutani. Dieses Verständnis geht mir halt ab. Aber soll jeder das spielen was er möchte. Nur tut diese Zersplitterung in Nischensystemen der Community evtl. nicht gut. Dabei ist es schon schwer Spielrt abseits von D&D und DSA zu finden... dann wird wieder viel an D&D 5 angeflanschtnegal ob es passt oder nicht. Es ist schwierig den Mittelweg zu finden.
"Le jeu c'est sérieux!"

Tolkien ist stark überbewertet und seine Bücher nach Der kleine Hobbit furchtbar zäh und langatmig. Das beste was er zustande gebracht hat, war die Vorlage für die Drei besten Fantasyfilme zu liefern, die bisher gedreht wurden.

Ich spiele lieber AD&D statt Pathfinder und Cyberpunk 2020 statt Shadowrun.

Noir

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Hat ganz einfach wirtschaftliche Gründe. Grundregelwerke verkaufen sich signifikant besser als Quellenbände.

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Das Problem mit "nehmt doch fertige Regeln" mag zum Teil darin begründet liegen, daß bei lizenzierten Spielen eben auch der Rechteinhaber ein gewichtiges Wörtchen dabei mitzureden hat, welcher Winzling von Rollenspielverlag überhaupt ein Spiel zu seinem Setting herausbringen darf und natürlich auch in welcher Form, wenn überhaupt -- und das ist dann nicht zwingend der mit dem System, von dem ein paar von uns (aber auch bestimmt nicht alle...) denken, daß es am besten passen würde. C'est la vie.

Noir

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Das mit dem „passen“ ist halt auch eine suuuper arrogante Einstellung bei vielen Rollenspielern. Wer kann sich denn bitte herausnehmen und festlegen was jetzt zu welchem Setting passt und was nicht? Das hat doch meistens eh was mit „ich find das System scheisse und hätte das Setting lieber für mein Lieblingssystem gehabt“ zu tun.

QuantizedFields

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Solange das Regelwerk versucht, ein bestimmtes Feeling, die man anderswo vielleicht nicht findet oder "besser" haben möchte, dann ist das für mich ein Existenzgrund. Viele unterschiedliche Regelwerke begrüße ich grundsätzlich. Ein Alien mit den Regeln von Free League sorgt für ein actionreiches aber auch klaustrophobisches Spiel, dessen Regeln und Abenteuer perfekt auf die Welt geschnitten sind. Ich hätte es weniger sinnvoll gefunden, es in einem Universalsystem wie Savage Worlds, noch in einem beliebten System wie 5e, umzusetzen.

Ich muss aber zu den oben genannten Beispielen Kritik aussprechen. Ein Simpsons-Rollenspiel braucht seine eigene Regeln. Und ob es nur ein PbtA-Abklatsch ist, denn die Regeln bestimmen das Feeling des Spiels. Ich könnte gewiss nicht Simpsons mit Genesys spielen, vielleicht mit Golden Sky Stories? Oder einem würfellosem Erzählspiel? Selbst wenn es nur ein paar Seiten sind, für die Simpsons ein eigenes Regelsystem zu erschaffen ist für mich sinnvoll, wie auch für die anderen Beispiele. Gerade Terminator sieht man ja, wie viele SLs die neue 5e- Konvertierung lamentieren.

Offline YY

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Hat ganz einfach wirtschaftliche Gründe. Grundregelwerke verkaufen sich signifikant besser als Quellenbände.

Für hinreichend obskure Systeme gilt das wohl nicht mehr, wenn die Alternative ein 5e-Ableger ist.
Sicher gibts 5e-Kram in gut und schlecht, aber wenn man sich da halbwegs brauchbar anstellt, dürfte das rein wirtschaftlich die bessere Variante sein.

Wer kann sich denn bitte herausnehmen und festlegen was jetzt zu welchem Setting passt und was nicht?

Lass mich kurz überlegen...
Jeder ;)

Klar ist das in den allermeisten Fällen reine Geschmackssache und nicht sonderlich reflektiert, aber: machste nix.
Wenn es da eine feststellbare allgemeine Strömung gibt, kann man die als Autor entweder bedienen oder sagen "ihr seht das alle falsch" und wesentlich weniger verkaufen.
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Offline Jiba

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Savage Worlds passt gut zu Broken Compass oder Avatar.

Naja, Broken Compass ist ja schon ein Universalregelwerk, genau wie Savage Worlds eines ist. Ich würde lieber alle Savage-Settings mit Broken Compass spielen als umgekehrt.

Und "Avatar" ist gerade eines der Beispiele, wo viel Wert darauf gelegt wurde, sowohl das Setting als auch das System passgenau an die Vorlage anzupassen. Interessantes, neues Settingmaterial, das die Vorlage sinnvoll erweitert, kommt noch oben drauf. Also das ist tatsächlich ein Spiel, das seine Sache gut macht.
« Letzte Änderung: 30.11.2022 | 21:29 von Jiba »
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Space Pirate Hondo

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Nehmt doch fertige Regeln und macht ein Settingbcuh dazu.

Das funktioniert nicht. Ein bekanntes Regelwerk (z.B. DnD5e) für bekannte Settings zu nutzen kam in der letzten Zeit doch schon in Mode, aber diese leicht modifizierten Systeme sind einfach nur Müll.

Ein großes Positivbeispiel, wo das eigene Regelwerk wirklich sehr gut das Setting vermitteln kann, ist The One Ring. Das hat nicht nur Mittelerde draufstehen, sondern es fühlt sich auch so beim Spiel an. Die Autoren haben sich da wirklich Gedanken gemacht, wie man ein eigenes System entwickelt, was zusätzlich das Gefühl des Settings auch in Regelform vermittelt.

Offline YY

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Das funktioniert nicht. Ein bekanntes Regelwerk (z.B. DnD5e) für bekannte Settings zu nutzen kam in der letzten Zeit doch schon in Mode, aber diese leicht modifizierten Systeme sind einfach nur Müll.

Oft ist das der Fall, aber das ist kein Automatismus.
Gut, da sind die Umbauten auch schnell mal etwas größer, aber der "Pull-Faktor" des bekannten und erfolgreichen Regelwerks bleibt i.d.R. auch bei größeren Umbauten bestehen.

Man muss es eben "nur" gut machen, aber das ist natürlich eine Nullaussage - die gilt aber für neu entwickelte Systeme genau so.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Noir

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Lass mich kurz überlegen...
Jeder ;)

Klar ist das in den allermeisten Fällen reine Geschmackssache und nicht sonderlich reflektiert, aber: machste nix.
Wenn es da eine feststellbare allgemeine Strömung gibt, kann man die als Autor entweder bedienen oder sagen "ihr seht das alle falsch" und wesentlich weniger verkaufen.

Ich stimme dir grundsätzlich zu. Aber ich glaube nur selten wirkliche "Strömungen" in eine bestimmte Richtung zu erkennen. Es sind meist nur einige wenige laute Individuen, die meinen, sie hätten Ahnung. "WAS?! Doctor Who mit 5e?! DAS PASST JA ABSOLUT NULL!!!!!111111ELFELFELF!!!!" - und fast immer gehen diese Sätze einher mit der Eigenschaft "Hat das betreffende Buch nicht gelesen." ;)

Offline YY

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Es sind meist nur einige wenige laute Individuen, die meinen, sie hätten Ahnung.

Dann lass uns die doch mal mindestens so lange (und gegebenenfalls selbst dann) ignorieren, bis es um konkrete Produkte und Aussagen geht, die man einordnen kann.
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Persönlich würde ich ohnehin ein Stück weit sagen, daß mir "offizielle" Settings aus anderen Medien normalerweise weniger bringen als eigens fürs Rollenspiel geschriebene Originale, die ihre Inspiration dann gerne wieder sichtbar aus solchen Quellen holen dürfen, aber doch eigene Anpassungen vornehmen. Ein klassisches Beispiel wäre Pacesetters altes Spiel "Star Ace", das sich ganz unverfroren bei den Themen der Star-Wars-Originaltrilogie bedient (den Rest gab's damals ja noch längst nicht) -- man spielt auch da freche Rebellen gegen ein fieses Imperium und es gibt Raumkämpfe komplett mit Jägern und größeren Schiffen, imperiale Bodenkampfmaschinen auf Beinen, machtähnliche Psikräfte und sogar eine Art von Laserschwert in der Ausrüstungsliste neben anderen Waffen. Aber das findet halt alles in seinem eigenen Universum mit eigenen Alienvölkern und anderen politischen und kulturellen Hintergründen statt, ist also bei aller Vertrautheit doch auch wieder "neu" und natürlich von vornherein als bespielbarer Hintergrund gedacht statt "nur" nachträglich angepaßt...

Offline aikar

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Ich stimme dem Einleitungstext zu.

Ich würde noch ergänzen: Lizenz-Rollenspiele haben auch einen Wert als Einsteigssysteme. Gerade Spieler:innen, die noch nie ein Rollenspiel gespielt haben fühlen sich oft wohler, die Helden ihrer bekannten Filme/Bücher oder zumindest in der selben Welt zu spielen, anstatt etwas gänzlich neues und eigenständiges.

Aber was mir halt persönlich nicht gefällt ist dieses Verkaufen von neuen Grundregelbüchern zu jeder Nische. Alien. Dune. Broken Compass.

Nehmt doch fertige Regeln und macht ein Settingbcuh dazu. Savage Worlds passt gut zu Broken Compass oder Avatar. Oder Dragon Prince, geht auch damit.
Jein.
Klar denke ich mir oft das selbe, "Warum kommt XY mit neuem System raus und nimmt nicht einfach System Z, das mir gefällt".
Es ist aber nun mal so, dass nicht jedem die selben Systeme gefallen und mit diesem Ansatz viele gute Sachen gar nie erschienen wären. Genauso wie hier oft kritisiert wird, dass "Alles" mit 5e rauskommt, fange ich persönlich nichts (mehr) mit Savage Worlds an und bin sehr froh, dass Broken Compass erschienen ist, weil es mich deutlich mehr anspricht. Und auch wenn ich die Avatar-Umsetzung etwas zu crunchy finde, finde ich PbtA die deutlich bessere Entscheidung als es SW gewesen wäre. Dragon Prince läuft übrigens auf der neusten Version des Cortex Systems und das ist in seinen Ursprüngen nur unwesentlich jünger als Savage Worlds, also warum sollte da SW den Vorzug kriegen? Und PbtA ist jetzt auch schon lange genug etabliert.

Inzwischen scheint mir der Trend außerdem eher weg von "Neue Rollenspiellinie - Neues Regelsystem" zu gehen und hin zu "Neue Rollenspiellinie bei Verlag X => Variante des Rollenspielsystems von Verlag X" (2D20, YZE, Genesys,...).

Das funktioniert nicht. Ein bekanntes Regelwerk (z.B. DnD5e) für bekannte Settings zu nutzen kam in der letzten Zeit doch schon in Mode, aber diese leicht modifizierten Systeme sind einfach nur Müll
Das würde ich nicht verallgemeinern. Ich war z.B. ausgesprochen positiv überrascht, wie gut das Alien-Rollenspiel die entsprechende Stimmung unterstützt. Und im Grunde ist es nur YZE+Stresswürfel. Dune habe ich noch nicht probegespielt, aber da scheint vom Drüberlesen einiges an Hirnschmalz rein geflossen zu ein, um die 2D20-Engine anzupassen. Auch Abenteuer in Mittelerde wird gemeinhin als sehr gute Umsetzung betrachtet.
« Letzte Änderung: 1.12.2022 | 08:15 von aikar »
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Offline Raven Nash

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Meine Erfahrung ist eher, dass die meisten Franchises mit völlig beliebigem System benutzt werden können. Die meisten Filme/Serien haben ohnehin so wenig Substanz im Setting, dass es völlig egal ist, welches System man dranflanscht.

TOR unterscheidet sich da, weil es eben soviel Substanz gibt.

Ich hab lange genug StarWars gespielt - aber das Setting ist in sich so chaotisch, dass da inzwischen drei offizielle Systeme funktionieren und die 5e Umsetzung sich mindestens genauso gut liest.

Dragon Prince hat mit der 4. Staffel das Cortex System hinter sich gelassen, IMHO. Alles, was im Regelbuch als "Spielgefühl" verkauft wird, ist jetzt faktisch obsolet, weil die Serie (endlich) erwachsen geworden ist. Dafür kann man jetzt jedem Charakter eine 5e Klasse zuordnen.  >;D
Mal davon ab, dass ein System ohne richtiges Kampfsystem sowieso die falsche Wahl dafür war...
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Offline Zanji123

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was ich bei "Rollenspielen die auf eine IP basieren" immer witzig finde sind die Flame Wars die auftreten wenn bestimmte Systeme genutzt werden

"Star Wars D6 ist super und fängt das Flair voll ein" "Neeee Star Wars Saga Edition ist viel besser" "WAAAAAS das ist D&D 3 mit Änderungen das ist einfach nur kacke" "ja aber du spielst doch gerne KOTR oder? und darauf basiert das" "egaaaal das von FFG ist viel besser!!!!!!1111elfelfelf"

(und nein ich empfinde z.b. auch nicht das TOR jetzt umbedingt mehr Substanz hat als ein SW mit dem originalen Expanded Universe)

mir ist das Regelwerk darunter eigentlich ziemlich egal (ob es jetzt auf D20 basiert oder sonstwas) es muss nur gewisse qwirks aus den Spielen / Filmen gut einfangen. Ein WoW RPG das auf Spellslots setzt ist halt etwas komisch wenn die Neuspieler ein Mana System gewohnt sind und die Mana Kosten der Skills ihrer Lieblingsklasse 1:1 sagen könnten nur um dann rauszufinden, dass das "offizielle TTRPG" auf Spellslots setzt.

Das RPG zum Everquest MMO ist z.b. eigentlich ein Standard D20 System hat aber ein Mana System wie im Spiel und sogar witzigerweise einen "Bug/Glitch" ins TTRPG übertragen. Der Barde konnte (mit perfektem Timing) mehrere Bardensongs gleichzeitig aktiv haben sodass die Party von mehr als einem Song Boni bekommen hat. Profis schafften da wohl an die 4 Lieder gleichzeitig die dann perfektes Timing voraussetzen. Dies hat man so in TTRPG implementiert (per "Performance" / "play instrument" Skill der pro song einfach schwieriger wird).
Nerds die die Welt und das Spiel kennen finden das toll da die das aus dem Videospiel kennen :)
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Offline Raven Nash

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(und nein ich empfinde z.b. auch nicht das TOR jetzt umbedingt mehr Substanz hat als ein SW mit dem originalen Expanded Universe)
Hätte ich besser "in sich konstistenter Substanz" formulieren sollen?  >;D

Grade SW ist eine IP, die so viele Geschmacksrichtungen hat, dass eben faktisch jedes System irgendwie funktioniert. Aber in seiner Größe ist das ein Sonderfall.

Zitat
Nerds die die Welt und das Spiel kennen finden das toll da die das aus dem Videospiel kennen
Also die, die das Spiel noch kennen, müssten es eigentlich langsam aufgrund zunehmender Demenz vergessen.  ~;D So wie Ultima Online...

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Offline Zanji123

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Hätte ich besser "in sich konstistenter Substanz" formulieren sollen?  >;D

Grade SW ist eine IP, die so viele Geschmacksrichtungen hat, dass eben faktisch jedes System irgendwie funktioniert. Aber in seiner Größe ist das ein Sonderfall.
Also die, die das Spiel noch kennen, müssten es eigentlich langsam aufgrund zunehmender Demenz vergessen.  ~;D So wie Ultima Online...

:) der satz war jetzt generell auf "RPGs die auf Videospiel IPs basieren" gemünzt. Wenn da also im System irgendwelche gameplay referenzen auf das Videospiel drin sind find ich das immer ziemlich nice
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Offline 1of3

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Mir ist Variante 2 deutlich lieber. Gut, PbtA funktioniert nur so. Masks ist Young Justice, Urban Shadows ist Dresden Files, Fellowship ist nicht Herr der Ringe, sondern Thundercats 2011 (kann man sich täusche). Und wer ein Rollenspiel in Wizarding Britain macht, hat Harry Potter nicht verstanden.

Mir scheint es also regelmäßig so, dass die beiden Merkmale gerade nicht miteinander harmonieren.

Offline unicum

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2. Sorgen die Regeln dafür, ein bestimmtes Spielgefühl zu erzeugen, dass dem Vibe, dem Style, der Erzählweise oder den emotionalen Beats der Vorlage Rechnung trägt?

Ich musste gerade beim lesen dieser Zeile an MERS denken, wo ich ohne Probleme einen Feuerballwerfenden Magier spielen konnte,...
Etwas das imho zum Feeling von mittelerde so garnicht passt. Nichtmal der Balrog hat Feuerbälle geworfen.

Aber naja ich hab zwar MERS gespielt aber so weit weg von den Herrn Der Ringe location das es einfach "just another EDO World" war (und nicht Mittelerde).