Das Handelsspiel
Dezember 1569
Walsingham ist beunruhigt über die hastige Abreise Ridolfis als simpler Passagier. Mit dem Junker-SC heckt er einen Plan aus, wie eine Gruppe Spione auf einer Schaluppe der Reise des florentinischen Händlers folgen könnte und selber durch Handel eigenen Profit machen könnte. Der Junker denkt an Ladekapazitäten und damengerechte Unterbringung – eine Schaluppe kommt für seine Gefährten kaum in Frage. Walsinghams Mittel genügen jedoch nicht, eine Barke, Karavelle oder Brigantine auszustatten. Doch er hat Kontakte, und stellt Empfehlungsschreiben aus.
Die Spieler dürfen nun mit seinen Kontakten verhandeln, auf dass sie in eine vage definierte Unternehmung auf 2 Jahre investieren mögen.
Captain Hawkins möchte über Handel plaudern (vs Charisma, mit einem Bonus +2 für seinen guten Willen); es gelingt dem Bootsmann mit Mühe, eine Zusage für 1000 Silbertaler (Pesos, Achterstücke – Normwährung des Regelwerks) zu erhalten, gegen 5% Gewinnbeteiligung.
Der Earl von Leicester hat wenig Zeit, in bewegen elegante Worte. Etikette vs Ausdruckskraft, auch aus ihm kitzeln die Spieler nur 1000 Silbertaler für 5% heraus.
Bei der Muscoviter Handelsgesellschaft gibt man sich knausriger. Trotz zwei Erfolgen auf Handel vs Gelehrtheit für den Businessplan bietet man nur 1000 Silbertaler für stolze 10% Beteiligung.
William Cecil Baron Burghley, ein Juristerei-Nerd, kann mit Rechtswissenschaft vs Gelehrtheit nicht überzeugt werden. Er ist über die Ridolfi-Sache im Bilde und glaubt, Walsingham habe mit der Entführung und Freisetzung Ridolfis grob gestümpert.
Für 3000 Silbertaler bleibt eine bewaffnete Karavelle unerschwinglich – nur ein holländischer Huker ohne Geschütze ist im Budget. Immerhin sind überhaupt Schiffe innerhalb weniger Wochen zum Erwerb verfügbar – die englische Wirtschaft leidet durch die vielen für Protestanten geschlossenen Häfen des Spanischen Weltreichs.
Mit Walsinghams Hilfe und eigenen Ersparnissen beladen die Personnagen ihr Schiff mit Handelswaren: 20t englisches Tuch, 2t Werkzeug aller Art, 20t Kisten mit Nägeln.
Die Spieler vergeben untereinander Posten an Bord (der Junker wird Kapitän) und müssen Mannschaft für die fehlenden Stellen anheuern: 1 Kalfaterer, 1 Proviantmeister, 10 Seeleute. Um gute Leute zu bekommen, ist jeweils ein Wurf auf Empathie vs Ausdruckskraft erforderlich.
Neu in der Gruppe ist eine hoffnungslos verschuldete walisische Baronin mit einem Raben, die an Feen glaubt und die Zukunft aus Karten zu lesen weiß.
Sie beschließt, ihre Chancen im Anheuern des Kalfaterers zu verbessern, indem sie vorher, per Ritual an einem einsamen Ort, Unwiderstehliche Verführerin, den einzigen von ihr beherrschten Feenzauber, einsetzt. Ob das eine gute Idee ist?
[Spielmechanik: magische Rituale werden durch Ziehen von einem speziellen Tarot-Deck durchgeführt. Es gibt "aufrechte" Karten, die für das Gelingen des Rituals erforderlich sind, und Karten, die als "verkehrt" markiert sind. Letztere stehen für den Zorn der höheren Mächte über die Vermessenheit des anrufenden Priesters. Wird eine gewisse Schwelle verkehrter Karten überschritten, erleidet der Priester einen Rückschlag! Er kann jedoch nach einer verkehrten Karte nicht entscheiden, mit dem Ziehen aufzuhören, nur nach einer aufrechten.
Die Karte "Der Narr" schenkt neue Einblicke in den Magiepfad. Außerdem ist die erste gezogene Karte von Bedeutung – sie gibt ein anscheinend zufälliges Ereignis vor, das die Manifestation des magischen Effekts begleitet und vom Zauberer/Priester als Zeichen des übernatürlichen Wirkens erkannt werden kann. Die exakte Mechanik der Zaubersprüche ist den Spielern gegenüber jedoch geheim. Selbst ob das Übernatürliche mehr ist als bloße Einbildung ist das Geheimnis des Spielleiters.]
Die Spielerin zieht 4 aufrechte Karten, ohne ihre Schwelle verkehrter Karten zu überschreiten, und den Narren! Ihre erste Karte ist jedoch die verkehrte Version von VIII L'Hermite!
Mit 4 Bonuswürfeln wird ein fähiger Kalfaterer angeheuert, jedoch weiß die Spielerin noch nicht, dass dieser ihr später gefährlich werden wird.
Die Spieler heuern den Proviantmeister und die 10 Seeleute an, ohne mit übersinnlichen Mächten zu spielen.
Januar in Dieppe
Dieppe - französischer Hafen am Ärmelkanal, hugenottische Minderheit, auffallend viele Engländer. Die SC-Spionin ist vorausgereist, während ihre Gefährten sich um die Ausstattung des Hukers kümmern. Sie erfährt, dass Ridolfi tatsächlich in Dieppe war, einen Agenten mit dem Kauf eines Handelsschiffs beauftragt hat und dann nach Douai in den Spanischen Niederlanden geritten ist.
Später, ihre Gefährten haben inzwischen angelegt, hören sie ein Gespräch junger Engländer, die an das "Englische Kolleg" an der Universität (gestiftet von Philipp II.) in Douai reisen wollen. Seltsam!
Als der zurückgekehrt Ridolfi beobachtet wird, der eine Bark ausstattet, bringt der Bootsmann-NSC beim Saufen in Erfahrung, dass dessen nächstes Ziel Antwerpen sein wird.
Die Spieler-Personnagen haben ihre Ladung gelöscht rüsten eine Drehbasse (Kaliber 1 Pfund) sowie 4 Hagelgeschütze (Kaliber 2 Pfund) auf ihr Schiff. Sie erwerben außerdem neue Waren: 20t Getreide, 1t Eau de Vie de Sydre (ein lokaler Obstbrand, der damals noch nicht als Calvados bekannt ist) und 5t guten Wein.
Februar in Antwerpen
Antwerpen – ein geschäftiger Inlandshafen (es gibt seltsamerweise sogar eine portugiesische Handelsniederlassung), die Stadt ist voller Protestanten jeglicher Couleur: Kalvinisten, Mennoniten, Wiedertäufer ... Sie untersteht Wilhem dem Schweiger, Statthalter von Oranien, der sich langsam von seinem spanischen Lehensherrn löst.
Gerücht aus der Heimat: "Der katholische Aufstand im Norden Englands hat sich inzwischen aufgelöst, die Anführer sind außer Landes geflohen."
Die Spionin und die Baronin folgen Ridolfi, der über die Inlandskanäle nach Brüssel reist, während die Schiffe in Antwerpen ihre Ladung löschen. Es gelingt den Damen an der Provinzgrenze Durchlass zu bekommen (sie merken aber nicht, dass ihnen nun ebenfalls ein Spion folgt) und in Brüssel unter falscher englisch-katholischer Adelsidentität Zugang am Hof des Herzogs von Alba zu erlangen (selbst der Spion ist überzeugt und lässt ab)! Dort erfahren sie, dass Ridolfi dank eines Empfehlungsschreiben ausgestellt von William Allen, dem Leiter des Englischen Kollegs in Douai, vom Herzog zu einer geheimen Unterredung empfangen wurde. Lässt er sich nun etwa ein weiteres Empfehlungsschreiben ausstellen?
Zurück in Antwerpen bringt man den nächsten Zielhafen Ridolfis in Erfahrung – Lissabon.
Neue Waren: 2t modische Kleidung und 20t an Stoffballen.
Die Spieler diskutieren, ob Piraterie nicht auch eine gewinnträchtige Unternehmung wäre. Sie beschließen aber, dass der Huker dafür ungeeignet ist und sie mit Handel bisher erfolgreich sind.
Die Baronin fühlt sich unangenehm beobachtet. Der Bootsmann muss unterwegs den Kalfaterer zusammenstauchen, der auffällig häufig in der Nähe der Baronin zu tun hat.
Die Wellen von Vigo
Die Personnagen geraten auf dem Atlantik in einen wüsten Sturm aus Westen, der sie auf die Küste Nordspaniens zutreibt. Es misslingt ihnen, dagegen anzukämpfen, die Felsenküste ist nah! Der Kapitän meint eine Passagen zu einem Strandabschnitt zwischen den Felsen auszumachen (Wurf verpatzt!), wo keine ist. Das Schiff setzt unsanft zwischen Felsen und Sand auf (1W6 Schadenspunkte: 4, der Rumpf hat nur noch 1,5 Punkte), Wasser dringt ein, der Zustand ist kritisch. Kalfaterer und SC-Zimmermann dichten ab, die Mannschaft versucht vergeblich das schaukelnde Schiff von den Felsen zu bekommen (weiterer 1W6 Schaden: eine 1! Es bleibt ein halber Strukturpunkt am Rumpf), weitere Notreparaturen sind erforderlich. 5T an Stoffballen werden entsorgt. Niemand hält Wache – der Sturm ist abgeflaut und Anwohner melden das Schiff und eine spanische Garnison schickt 20 Soldaten aus, ohne dass die Spieler etwas bemerken.
Die Baronin sondert sich ab, um außerhalb der Blicke der Zweifler ein Ritual durchzuführen. Sie will die Feen bitten, das Schiff sanft ins Meer zurückzuspülen. Den exakten Zauber dafür kennt sie nicht, aber sicher gibt es Feen, die das bewirken können. Otarin? Sirene? Hydra? Leviathan! Für letzteren ist es eine geringe Kraft, eine Flutwelle zu schicken. Die erste Karte ist die aufrechte Variante von XX Le Jugement, ein gutes Omen! Sie sammelt auf gut Glück 6 aufrechte Karten und zieht kaum verkehrte. Dann kehrt sie zum Schiff zurück, um zu warten, bis der Leviathan sich regt.
Jetzt erst bemerkt sie, dass ihr zahmer Rabe über einem Trupp spanischer Soldaten kreist, der sich im Anmarsch befindet.
Der Kapitän kann durch eine motiviernde Rede die erschöpfte und demoralisierte Mannschaft noch einmal anspornen. Wie durch ein Wunder stellt ein zuvor bei der verwzeifelten Arbeit verunglückter Matrose fest, dass sein Bein doch nicht gebrochen war - ist das ein übernatürliches Zeichen oder der Effekt der berauschenden Rede das Kapitäns? Jedenfalls erreicht die Flut ihren Höhepunkt, hebt das marode Schiff und treibt es einen Kanal zwischen den Felsen entlang auf den Ozean in die Freiheit.
Zuflucht in Porto
Das Schiff muss in eine Werft! Die portugiesischen Hafenbehörden kontrollieren streng das scheinbar holländische Schiff, es gelingt dem Kapitän jedoch, brav ein Ave Maria zu beten.
Die Spieler informieren sich über die Reparaturkosten und beschließen, das Schiff lieber abzustoßen und ein neuer zu erwerben. Inzwischen haben sie nämlich die Mittel für eine unbewaffnete Karavelle! Sie haben Glück, ein Handelsunternehmen kann ihren Wunsch erfüllen, es kostet neben dem Geld nur 1 Monat Wartezeit. Die Spieler ihre bereits erworbenen Geschütze mit auf das neue Schiff.
Mai 1570 in Lissabon
Das Schiff wird zuerst von einem Pestarzt inspiziert, dann bietet der Hafenmeister diskret an, gegen 30 Silbertaler seinen Neffen vorbeizustücken, der das Schiff präsentabel für den Hafeninquisitor machen kann, falls man zu viele katholische Devotionalien auf See verloren haben sollte. Die Spieler nehmen an und bekommen einen Altar mit ausgewetztem Kniebrett, Heiligenbildchen, Bibel und Psalmbuch, Rosenkranz und Kruzifixe. Als am Abend die sehr beschäftigte Portugiesische Inquisition auftaucht, hat alles seine Ordnung. Ein Dominikaner inspiziert den verdächtig neuen Einband des Psalmbuchs, aber der Inhalt erweist sich als so zerfleddert, das schon lose Seiten darin sind. Ein Ave Maria weiß der Kapitän ja bereits herunterzubeten und alle sind zufrieden.
Lissabon scheint nicht ganz so viel Handelsaktivität aufzuweisen wie zu erwarten für ein Reich, dass sowohl in der neuen Welt als auch mit Indien handelt. Ursachen sind wohl die Pestepidemie von letztem Sommer, aber auch die aggressive Verfolgung mit Juden vermischter christlicher Handleshäuser, der Besitztümer die Inquisition gerne konfisziert.
Hafengerüchte: "Pius V. hat im Februar eine päsptliche Bulle erlassen, Regnans in Excelsis, mit welcher er die Königin von England exkommuniziert und all ihre katholische Untertanen von ihrer königlichen Treuepflicht entbindet. Leider zu spät für die Unterstützung der Rebellion!"
Ridolfis Schiff liegt vor Anker und wartet auf dessen Rückkehr. Er ist bereits vor einem Monat flussaufwärts gereist. Will er vielleicht nach Madrid? Die Spieler entscheiden sich gegen einen Plan, Ridolfi nach Spanien zu folgen, zu groß ist das Risiko für Ärger mit den Behörden oder gar der Inquisition. Sie senden mit einem Schiff aus den Niederlanden einen verschlüsselten Brief an Walsingham mit einem Zwischenbericht.
Als Ridolfi endlich zurückkehrt, werden wieder seine Matrosen ausgehorcht. Diese freuen sich über den Zufall, immer wieder ihren radebrechenden Saufkumpan, den Bootsmann-SC, in anderen Häfen anzutreffen. Offenbar ist Ridolfis nächstes Ziel Neapel, mit Handlesstopps in Malaga und Marseille.
Die Spieler verzichten darauf, Quecksilber (exorbitant teuer!) oder Olivenöl (am Mittelmeer überall verfügbar) zu laden, schlagen aber zu bei einem guten Angebot für Stahl aus Avilá, 15t. Daraus werden Toledo-Klingen geschmiedet!
Marseille
Die Personnagen durchqueren bei schlechtem Wetter die Straße von Gibraltar, ohne von den Galeeren der Korsaren behelligt zu werden. Ohne Halt in spanischen Häfen segeln sie direkt nach Marseille.
Zahlreiche Gerüchte können gesammelt werden:
"Die Türken fordern die Übergabe Zyperns von Venedig, sie haben 80 Galeeren in Bereitschaft";
"Venedig schickt seine Flotte aus!";
"Ali Pascha hat 200 Galeeren und 8 Galeassen bei Rhodos gesammelt";
"Venedigs Flotte wurde durch eine Typhus-Epidemie bereits in Zara aufgelöst".
Die Spieler stocken ihre Mannschaft auf und erwerben 10 Musketen, in deren Gebrauch sie die Mannschaft trainieren. Man macht sich Sorgen über sklavenfangende Barbaresken.
Sie diskutieren, den Spanner-Kalfaterer zu ersetzen, behalten ihn dann aber doch. Stattdessen wollen sie einen Navigator anheuern, da ihre eigenen Personnagen keine guten Werte für diese Tätigkeit haben. Patzer! Sie stellen die größte Pfeife ein, die in Marseille zu bieten hat, im Glauben, es handle sich um den besten Mann, der zwischen Gibraltar und Korsika zu finden ist.
Neue Waren: weißes Levante-Wachs und exquisiter französischer Wein.
Die zweite Sitzung war von viel Buchhaltung (Schiff, Mannschaft, Handel) geprägt (vorbereitet wäre auch Piratentätigkeit gewesen). Dennoch waren die Spieler voll bei der Sache – schließlich können sie aufrüsten, je mehr Geld sie haben.