Es ist nun fast genau auf den Tag ein Jahr her. An diesem Tag hatte ich mich nach verschiedenen whats apps mit einem Freund erstmals wieder ernsthaft mit dem Gedanken befasst, ob es denn irgendwie möglich wäre die alte Truppe und Kampagne wieder zu starten.
Diese Entschlussfassung fiel dann auch relativ schnell. Um aber niemanden zu enttäuschen falls daraus doch nichts würde habe ich erstmal im stillen Kämmerlein hin und her überlegt. Die alten Unterlagen aus dem Keller hervorgekramt, mich ein paar Tage später beim Tanelorn angemeldet und im Netz sonstige Seiten zusammengesucht die mir auf dem Weg helfen könnten.
So ist innerhalb von 2 Monaten aus einem „ich glaube nicht das das funktionieren wird“ Projekt, im Rahmen eines ersten Treffens im März zur Charaktererstellung echte Realität geworden.
Und da stehen wir nun heute. Die alte Truppe beisammen, Verbindung zu den neuen Charakteren und der Welt in der sie sich bewegen, Spielspaß wie in alten Zeiten, 10 Abende und rund 60 Stunden netto Spielzeit, 37 relevante NSC, eine aufgedeckte Bedrohung für das Land und bei jedem Charakter einen mehr oder weniger damit verwobenen Handlungsstrang seines Backgrounds.
Das war bis hierhin ein tolle Erfahrung. Mit vielen persönlichen Lerneffekten. Neben dem über allem stehenden absoluten positiven Top, dass wir alle wieder zusammen spielen und viel Spaß haben, würde ich für mich im Sinne dieses Threads persönlich folgende Tops und Flops zusammenfassen nach einem Jahr:
Top
1. Story/Plot funktioniert gut und ist vermutlich das was mir am besten liegt. „Ich bin so gespannt wo das alles hin führt“ O-Ton Spieler. Auch das Schaffen und ausspielen von NSC, die ja auch einfach die Gesichter der Welt sind funktioniert gut und immer besser. Darum hatte ich mir am Anfang die meisten Sorgen gemacht.
2. Gutes Management der Zeitproblematik. Toll dass wir eine storyintensive Kampagne trotz seltenen Terminen schaffen. Reisen eher als Montagen, aber dennoch immer mal wieder Teile ausgespielt um ein Gefühl für die Welt zu schaffen.
3. Ausgewogenheit zwischen düsteren Momenten und auflockernden Momenten
4. Alle identifizieren sich mit den Charakteren und der Welt. Obwohl ich sie nicht ganz vorbereiten konnte, war der Tipp: Einfach starten und machen Gold wert. Die Welt hat sich im Detail durch die Abenteuer so sehr gegenüber dem Urentwurf geändert und Facetten gewonnen – da hätte ich noch Monate dran entwickeln können.
5. Nach und nach kehrt eine gewisse Flexibilität und ein Gefühl für Ideen zurück. Hier hat und hilft mir auch der Austausch und oftmals das „angestupst „ werden hier im Tanelorn sehr. So habe ich inzwischen Abenteueraufhänger für das gesamte Jahr grob im Kopf.
6. Ganz allgemein: Wie herrlich es ist, endlich wieder kreativ tätig sein zu können. Das hat mir echt all die Jahre gefehlt. Ich spüre wie ich vom Kopf her in mancher Beziehung dadurch auch wieder flexibler geworden bin über die letzten Monate. Ein schöner Prozess auch als Mensch.
Flop
1. Die Kampfgestaltung ist noch deutlich verbesserungswürdig und kickt selten. Der Schwierigkeitsgrad passt noch nicht so ganz. Bisher waren nahezu alle Kämpfe letzten Endes zu leicht für die Gruppe. Dadurch mangelt es etwas an Bedrohungslevel und erinnerungswürdigen Begegnungen. Aufgabe für Jahr 2. Hier habe ich aber schon ein oder zwei Ideen. Der Thread wird wohl also noch etwas von mir befüttert werden.
2. Mein persönlicher Zeitaufwand was die Vorbereitung der jeweiligen Abende angeht ist viel zu groß. Ich war ohnehin immer der vorbereitende SL. Aber das jetzt in Kombination mit meiner gerade anfangs mangelnden Erfahrung muss ich noch deutlich verbessern. Mir macht das zwar grundsätzlich Spaß, aber die Zeit habe ich dafür eigentlich nicht.
3. Ich weiß noch nicht mal, ob das unbedingt ein Flop ist. Ich habe eben viel ausprobieren wollen und das auch umgesetzt. Dadurch habe ich mich bei manchen Dingen auf verzettelt. Beispiel Musikuntermalung. Hier habe ich anfangs für jeden Abend auch noch eine eigene Playlist zusammengestellt. Das hat zwar auch Spaß gemacht, aber war letzten Endes unnötiger Zeitaufwand. Das mache ich jetzt so nicht mehr, sondern nutze allgemeine Fantasyplaylists. Nur noch zur Untermalung besonderer Momente nutze ich dann individuelle Musik.
Die Tops überwiegen die Flops also bei weitem und könnten noch länger werden.. Dank den letzten Beiträgen hier im Forum und weiteren Gesprächen, hat sich die bei mir fortwährende Sorge darum, ob alles zu railroadig ist eigentlich in den letzten Wochen auch enorm gelegt. Gerade wenn ich unsere Spielart mit Kaufabenteuern, diversen Podcast oder youtube Streams vergleiche.
Ein schönes, das erste Jahr abschließende, Highlight war natürlich der Kontakt zu Sphyxis, der mir tatsächlich auch noch alte Daten zur Verfügung stellen konnte, die ich nicht mehr hatte. Und diese werde ich dann auch in der ein oder anderen Form tatsächlich sogar in der aktuellen Kampagne unterbringen, weil es so dermaßen gut passt.
Tatsächlich fällt mir kaum etwas ein, was ich in meinem ersten Azubijahr anders machen würde. Alles fühlt sich organisch und gut an. Es gibt natürlich immer mal Fragen die mich beschäftigen oder ich spannende finde. Diese werfe daher auch immer mal gerne in den Raum bzw. das Tanelorn.
Letzen Endes stelle ich fest, dass sich auch in 20 Jahren das Hobby Rollenspiel nicht allzu sehr verändert hat. In seinem Kern geht es um ein paar Freunde/-innen, die zusammen ein paar spaßige Stunden verbringen möchten und dabei den Alltag vor der Tür zu lassen. Und daran schließt sich eigentlich auch mein letztes Top an. Wir hatten alle vorab gesagt, dass das nicht mehr werden würde wie früher, aber wir froh sind einfach nochmal zu spielen. Tatsächlich wissen wir es aber viel mehr zu schätzen wie früher was wir da haben. Und so ist zumindest bei mir ein Effekt - vielleicht auch Vergangenheitsverklärung - eingetreten, dass bei mir momentan das Gefühl mitschwingt, dass ich es sogar besser wie früher empfinde.