Natürlich gibt es verschiedene Spielstile und natürlich eignen sich unterschiedliche Systeme auch mehr oder weniger dazu.
Grim & Gritty oder Hard & Gritty ist letztendlich doch ein Spielstil, in Settings bei dem "nur die Stärksten überleben" und Fehler, die man macht sehr schnell auch tödlich enden können.
Meistens wird dieser Spielstil mit einem düsteren, manchmal "primitiven" Setting gepaart, in dem das Recht des stärkeren gilt.
Heraus kommt dabei dann ein Rollenspiel für "echte Kerle", also nichts für Weicheier...
Propagiert wird dabei meist der Realismus und die Härte und Kälte der Welt und der Regeln.
Ich glaube (das alles ist imho, also darf jeder eine andere Meinung dazu haben!), dass die meisten (relativiert, Ausnahmen sind also bewusst möglich!) Grim & Gritty oder Hard & Gritty Systeme letztendlich auch nur vom sogenannten "Style over Substance" leben.
Style over Substance steht normalerweise für die Einstellung der Einwohner eines Settings.
Hier wird SoS allerdings für das ganze Setting angewendet - meist unbewusst.
Meine These ist, dass die meisten G&G (Grim & Gritty bzw. Hard & Gritty) Systeme / Runden / Spieler die dem G&G zugeschriebenen Eigenschaften propagieren, diese in allerletzter Instanz aber nicht konsequent durchsetzen.
Ich zähle mich selbst durchaus dazu.
Das heisst, es soll hart und gemein und tödlich und kalt wirken, es soll aber nicht so sein...
Die Spielwelt soll finster und gefährlich wirken, aber nicht in letzter Konsequenz so existieren.
Style over Substance
Warum? Weil es einfach keinen Spaß machen würde, in einer solchen Welt zu spielen.
Denn dann hätten die dort exstierenden Charakter andere Probleme, als sich mit "Abenteuern" rumzuschlagen.
Finsteres Mittelalter - Seuchen, plagen, Leibeigenschaft, Hunger - wer will denn bitte schon einen Leibeigenen spielen, der Tag für Tag auf den Feldern seines Herren rumkreucht und Kartoffeln erntet und dann mit 25 an der Pest (oder Keuchhusten) stirbt...?
Wer möchte denn in einem Cyberpunk-Genre erst von den Konzernen vertrieben werden, dann in einem Slum drogensüchtig ums Essen kämpfen und wahrscheinlich 2 Monate später mit Messerstichen in der Gosse liegen und verbluten...?
Ich bekenne: Ich nicht!
Ich möchte Shadowrun dann lieber doch im "Happy-Elfen-Punk" spielen, wo es düster wirkt, aber nicht ist.
Ich möchte einen Spielleiter, der mir dir Illusion gibt, dass ich in einer echt dunklen und üblen Welt spiele, der aber dafür sorgt, dass mein Charakter dann doch in einer soweit intakten Welt agiert, dass er noch abenteuerlustig seine "Runs" abziehen kann.
Ich will auch nicht, dass mein Charakter beim ersten Bauchschuss aus einer 9mm Pistole an inneren Blutungen stirbt, sondern ich will nur glauben, dass er es könnte, während dessen mein Spielleiter dafür sorgt, dass er es nicht tut, denn sonst würde man ja nie eine Kampagne spielen...
Ich möchte einen coolen Charakter in einer finsteren Welt - und das kann ich nicht haben, wenn ich mich ständig ums Überleben kümmern muss.
Dann kann ich danach darüber lästern was die "Weicheier von DSA" (ironisch gemeint, bitte nicht übel nehmen und keinesfalls ernst oder als meine Meinung werten!!!) doch langweiliges spielen, währenddessen ich ja der coole und harte bin, weil ich ja nicht mal Happy-Elfen-Punk spiele, sondern Cyberpunk 2020 (oder SLA, oder GURPS, oder ExMachina, oder oder oder) spiele, was ja nur die ganz harten Kerle spiele.
Und dann kann ich hinterher darüber schwadronieren, wie cool es doch war, als ich die 9mm abbekommen habe, was aber noch ganz scharf vorbeiging, so dass ich dann mit einem Streifschuss weiterspielen konnte...
Grim und Gritty (oder Hart und Gritty) ist eine Illusion und die besten Kampagnen, sind die, wo der Spielleiter es versteht diese Illusion aufrecht zu erhalten.
Und deswegen spiele ich sehr gern G&G Systeme! Weil ich weiss, dass sie nicht G&G sind, aber so aussehen.
Meine Meinung!
Boba Fett