Die Tür öffnet sich und gibt den Blick auf den nächsten Besucher frei - einen hochgewachsenen, ausnehmend gutaussehenden Mann mit schwarzem Haar und stahlblauen Augen. Der erlesenen Kleidung nach zu urteilen ist er ein Edelmann. „Erlesen“ ist in der Tat ein treffender Ausdruck für seine Aufmachung. Auch das Wehrgehänge mit den beiden Pistolen und den beiden Rapieren das er trägt ist wundervoll gearbeitet und passt perfekt zum Rest seiner Kleidung – ebenso wie der goldene Pin an seinem Revers.
Der hervorragend gepflegte Eindruck, den er macht wird jedoch leider ein wenig getrübt durch den Umstand, daß seine Kleidung tropfnass und voller Tinte ist. Auch wenn er es recht gut verbirgt, so ist sein Unbehagen über diese Tatsache für einen geübten Beobachter unverkennbar.
Lässig an den Türrahmen gelehnt steht er da, den Mund zu einem leicht zynischen Schmunzeln verzogen.
Als er sich in Bewegung setzt, geht ihm noch einmal der Abend durch den Kopf, der letztlich zu seiner Anwesenheit geführt hat. Viel Wein war im Spiel gewesen.
Der Gesichtsausdruck des Edelmannes verfinstert sich für einen Augenblick, als er daran zurückdenkt. Ja, ZU viel Wein – sonst hätte er sich niemals auf diese unsinnige Wette eingelassen.
„Doppelt oder nichts“ hatte sein Mitspieler gesagt. Was, wenn nicht der Wein hatte ihn dazu bewogen, auf „dreifach oder nichts“ zu erhöhen? Und das bei der horrenden Summe, die schon auf dem Tisch lag – alle anderen Mitspieler waren schon lange ausgestiegen. Und dann dieser vollkommen blödsinnige Vorschlag „Señor, da ich nicht genug Gold mit mir führe, mache ich Euch ein Angebot: Sollte ich verlieren, werde ich Euch einen Gefallen tun – was es auch sei, Juan Alejandro di Montoya y Alvarèz steht Euch für einen Dienst zur freien Verfügung.“
Ein solches Angebot einem Fremden zu machen konnte nur als Dummheit erster Kajüte bezeichnet werden. Wahrscheinlich hätte er es auch trotz des Weines nicht gemacht, wenn nicht das Fräulein am Nachbartisch so bewundernd geblickt hätte. Verwegen, mutig, tapfer hatte er sein wollen, hatte sie beeindrucken wollen. Und er war sich so sicher gewesen, zu gewinnen - ihre Gunst und das Spiel.
Dann hatte sein Gegenüber seine Karten aufgedeckt, und nun musste er die Suppe auslöffeln, die er sich eingebrockt hatte – das war kein Mann, bei dem man seine Spielschulden prellen konnte.
Von dieser Stimmung ist in seinem Gesicht jedoch nichts – nun ja, fast nichts – zu sehen. Als er seines Gastgebers gewahr wird, lächelt er jovial und vollführt eine vollendete höfische Verbeugung.
„Seid gegrüßt Señor, möge Theus Euch allzeit gewogen sein.“
Bewundernd blickt er sich um. „Ein wahrhaft beeindruckendes Etablissement nennt Ihr da Euer Eigen. Die Ausstattung ist traumhaft, das Personal erstklassig, und Küche und Keller können sich mit denen von Königen messen. Allerdings scheint es mir, als hättet Ihr ein kleines Problem mit der Sicherheit.“
Bei diesen letzten Worten deutet er entschuldigend auf seine ruinierte Kleidung.
"Ein paar maskierte stürmten in den Raum, und schossen ein wenig um sich. Leider trafen Sie genau das Aquarium, neben dem ich mit meiner Begleitung saß. Was Ihr hier seht ist das Ergebnis von Wasser und der Körperflüssigeit eines erschreckten Tintenfisches. Ein anderer Fisch biß meiner Begleitung ins Dekolleté, was sie zum Anlaß nahm, sich schnellstmöglich zu entfernen."
Ein Seufzer.
"Ausgesprochen bedauerlich. Wäre der Fisch mir nicht zuvorgekommen, hätte ich sicher die Gelegenheit zu einem kleinen Knabbern an dieser delikaten Stelle bekommen. Wenn ich Euch als Stammgast einen Rat geben darf: Unternehmt bitte etwas gegen dieses Gesindel. Das war nicht der erste Zwischenfall dieser Art und langsam bin ich der ruinierten Kleidung und der verpatzten Tête-à-têtes ein wenig überdrüssig."
Er setzt sich lässig aber elegant auf den Stuhl und fährt fort.
„Aber das nur am Rande. Kommen wir zum wesentlichen. Ihr wißt sicher um das Spiel, daß ich gegen den berühmten Señor Juhanito verloren habe. Er sagte mir, ich solle Euch treffenum meine Schulden zu begleichen - der ihm zustehende Dienst würde an Euch übertragen werden. Und wie versprochen: Hier bin ich. Es war ein ehrenhaftes Spiel, ich habe verloren und Juan Alejandro di Montoya y Alvarèz pflegt seine Schulden zu bezahlen.