Einerseits kann ich Bitpickers Ansatz nachvollziehen. Zuletzt habe ich auch so gespielt. Ich war der einzige SL der Gruppe und gleichzeitig der einzige Designer der Spielwelt. Die Spieler wussten nichts, außer das was ich ihnen an Charakterwissen gesagt habe.
Dieser Ansatz kann sehr gut funktionieren, weil keine Trennung von Charakter und Spielerwissen nötig ist, der Hintergrund muss nichteinmal feststehen, Ungereimtheiten können leicht verschleiert werden, es gibt viel für die Spieler zu entdecken.
Zu den Nachteilen gehört dass das ganze sehr arbeitsintensiv ist, denn man muss sich entweder alles selbst ausdenken oder das Quellenmaterial komplett vor den Spielern fernhalten, was wie Bitpicker schon sagte spätestens dann nicht mehr möglich ist wenn man Spieler hat die selbst mal SL sind. Ein Kompromiss wäre es verschiedenen SL innerhalb einer festen Gruppe verschiedene Bereiche zuzuteilen von denen sie dann Ahnung haben, ich weiß nicht ob sowas wirklich funktionieren kann.
In allen diesen Fällen soll der Hintergrund in erster Line ein Geheimnis sein das es aus Sicht der Charaktere zu entdecken gilt. Wie gesagt finde ich das eine gute und spannende Möglichkeit die in erster Linie dann funktioniert wenn der SL auch selbst Autor der Welt ist, wenn also mit einer eigenen Welt gespielt wird.
Wenn ich einen Hintergund aber kaufe, dann möchte ich dadurch Anregungen und Ideen für meine Gruppe bekommen, aber ich will keine Vorschrift wie alles innerhalb der Welt festliegt, ich will keine Faktensammlung. Durch den Hintergund soll mir in erster Linie Arbeit abgnommen werden, d.h. es solllen Zusammenhänge ausgearbeitet sein, die ich möglicherweise benötige, die ich mir aber selbst nicht ausdenken will. Trotzdem müssen diese Dinge aber möglichst unspezifisch sein und dürfen mich nicht komplett auf einen Plot festlegen.
In einem Hintergrundquellenbuch kann ich sowohl auf irgendwelche SL-Geheimnisse zum Metaplot, als auch auf Stimmungstexte und Geschichten verzichten. Ich bevorzuge im Stil eine Art Dossier über die Spielwelt aus Sicht der Spielwelt. So müssen die darin erwähnten Sachen nicht als Fakten hingenommen werden und die Beschreibung verbraucht sich nicht durch das "verplotten", sondern ist eher zeitlos als Inspirationsquelle zu gebrauchen.
Im Hintergund dürfen zwar ruhig schon Konflikte und Geheimnisse angedeutet werden, es darf jedoch nie als Fakt dargestellt werden. Ich finde es z.B. nicht problematisch, eher sogar wünschenswert, wenn es komplett wiedersprüchliche Informationen zu bestimmten Teilen der Welt gibt, diese aber alle so gut ausgearbeitet sind, dass sie wahr sein könnten. Es ist dann immer am SL selbst die Wahrheit festzulegen oder anzudeuten, das Quellenmaterial darf das dann aber auch nicht vorweg nehmen, sondern muss die verschiedenen Möglichkeiten unterstützen. Letzteres hat eigentlich noch kein mir bekanntes Produkt erreicht.
Die White Wholf Produkte z.B. erfüllen diese ganzen Kriterien aber ansonsten eigentlich recht gut. Der große Kritikpunkt den ich daran habe ist, dass sie oft sehr mit dem "Geheimnis"-Aspekt arbeiten, d.h. es gibt zwar eine Wahrheit, die soll aber innerhalb der Welt unbekannt sein, wenn man jedoch als Leser des Quellenmaterials das ganze objektiv betrachtet weiß man eigentlich was richtig oder falsch ist.
Ich finde im Prinzip sollten Spieler das Quellenmaterial komplett lesen dürfen. Dies kann verschiedene Zwecke erfüllen. Erstens gewinnen die Spieler dadurch Wissen über die Spielwelt das sie brauchen um ihre Charaktere glaubwürdig zu Spielen und dazu gehört nicht nur das Wissen das der Charakter selbst hat, der SL muss ihnen das nicht mühsam vermitteln. Zweitens können die Spieler Zusammenhänge besser würdigen, es macht ihnen mehr Spaß mit entsprechenden Hintergrundwissen in der Welt zu spielen (Beispiel aus dem ersten Post). Und drittens finde ich es auch nicht unwichtig, dass die Spieler sich genauso an der Welt beteiligen können wie der SL. Sie können eigene Ideen zu bestimmten Entwicklungen oder Ereignissen haben und sie selbst sehen dadurch die Spielwelt auch mehr als ihr eigenes Produkt und nicht als unabhängige Faktensammlung, was doch extrem häufig entweder zu Streit um diese Fakten oder einfach zu Unbeteiligtheit und Desinteresse führt.