Autor Thema: [Offen] Begriffsdiskussionen - war: [Forge] Spielstile USA vs. Deutschland  (Gelesen 14687 mal)

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Offline Settembrini

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Zitat
Wäre es nach Deiner Definition erst Simulation, wenn der SL, nachdem die Spieler völlig vom Fokus seiner Überlegungen abweichen, die SCs einfach nur in der Gegend herumlaufen lässt und nichts weiter passiert?

Ja. Aber ein Simulateur wird als soziales Eingeständnis die Ergebnislosigkeit des Tuns in ein paar Sätzen abhandeln. Aber er wird nicht die Spielwelt verändern, damit etwas passiert.

Zitat
Also ist Pendragon für Dich auch exemplarisch für den "deutschen Spielstil"?

Prinzipiell ist das die Richtung in die ich denke. Aber in Deutschland wurde Runequest und damit später Pendragon anfangs nicht rezipiert. Sonst hätte es DSA nie gegeben, denn alles was die 1. Edition DSA an D&D geändert hat, hatte Runequest schon besser gemacht (Paraden, Rüstung schützt vor Schaden, nicht vor Treffern usw.). Zudem habe ich den Verdacht, daß obwohl beim deutschen Stil Detail erwünscht ist, die mathematische Erklärung dieser Details kaum Freunde hat. Und Pendragon hat ja einiges an Königreichverwaltungsregeln, sowie Modelle für Rittergüter und Nachwuchszeugung. Alles in allem ist ja daraus Harnmaster erwachsen, und das hat in Deutschland nun kaum Freunde. Aber ich denke der deutsche Story-Romantikspielleiter geht die meisten Systeme so an, daß möglichst "stimmungsvolles" Spiel entsteht, somit transponieren sie Systeme die für anderes Gedacht sind in dieses Spielmuster.
So geschehen z.B. bei Cthulhu und bei vielen Shadowrun Meistern. Und Arthussage bietet sich da gut an, da die Romantisierung der eigenen Geschichte in Deutschland zumindest in den Achtzigern noch nicht Massentauglich war. Aventurien und Midgard zeichnen sich ja insbesondere durch das Fehlen einer spezifisch dem deutschen Mittelalter anglehnten Teiles auf der Spielwelt. Die Briten von Warhammer romantisieren gerne mit der Hlg. röm. Reichsidee dt. Nation und dem Kaiser herum.
Beim weiteren Nachdenken ist aber der Deutsche Orden und die Hanse mit dem Bornland schon früh romantisiert und thematisiert worden. Eigentlich eine tolle Leistung, wenn ich es mir nochmal überlege. Weiß jemand auf die Schnelle, wer das Bornland beschrieben hat?

Zitat
Also ist es immer Story, wenn es eine vobereitete (Meta-)Handlung gibt, es sei denn, der Fokus liegt mit Sicherheit auf Wettbewerb oder die vorbereitete Handlung entspricht 100%ig einer völlig neutralen Simualtion? Wie beurteilst die das absolute Diktat der Regeln bzw. Würfel in der Runde? Wie gesagt, es gibt keine Manipulation von Ergebnissen, ausser sie sind im Regelsystem vorgesehen (z.B. durch den Vorteil "Glück").
Vielleicht ist das doch nicht so klar wie ich dachte. Geskripteter Metaplot mit Wettbewerb über die Regeln ist ja klassisches D&D, also GAM. Aber L5R hat meines erachtens nach nicht die Möglichkeit zu einer Simulation in meinem Sinne zu werden. Außer man erfindet viele Regeln dazu. Aber klar, daß könnte Wettbewerb sein. Ihr nutzt Eure Fähigkeiten um Aufgaben zu bestehen, deren Ergebnis nur von Euch und den Werten abhängt, das wäre klar Wettbewerb. Solange Ihr immer scheitert, wenn es die Würfel sagen.

@DitV und andere: Solcherlei Systeme sind geradezu dazu gedacht, Traditionen Aufzubrechen. Sicher können diese deduktiv erschaffenen Spielen meine induktiven Beobachtungen falsifizieren. Deswegen wurden sie gemacht. Um das "echte" NARR nach Forge zu ermöglichen. Aber das spielen die wenigsten. Die meisten Story-Fans wollen eher "Stimmungsspiel", was Ronny unlängst zu ganz gemeinen Äußerungen führte...
« Letzte Änderung: 16.03.2006 | 16:18 von Settembrini »
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@Settembrini:
Wie passt eigentlich die deutsche Brettspielesszene zu Deiner Theorie?
Zur Erklärung: Die mit weitem Abstand weltgrößte Brettspielemesse gibt es jedes Jahr im Oktober in Essen. Alle Brettspielehersteller von Rang und Namen treffen sich dann dort. Auf keiner anderen Messe oder Con findet man so viele Hersteller. Der Spiel-des-Jahres-Pöppel ist der wichtgste internationale Preis für Brettspiele. Wenn also ein Brettspiel den Pöppel bekommt, kannst Du davon ausgehen, dass das Spiel ein internationaler Erfolg werden wird. Das wichtgsten Online-Brettspielportal ist Brettspiele ist die BrettspielWelt. Wenn Hersteller aus anderen Ländern Brettspiele auf den Markt bringen, dann sind meistens die deutschen Anleitungen bereits mit dabei oder eine komplett deutsche Version wird kurz darauf auf den Markt geworfen... im Gegensatz zu aktuellen deutschen Spielen, die im günstigsten Fall eine englische Version auf den Markt werfen. So weit ich weiss, existiert in Deutschland die einzige Magic-Liga, bei der ähnlich der Bundesliga Teams gegen andere Teams antreten, um den deutschen Teammeister zu küren. Das wichtigste Brettspielprintmagazin ist die Spielbox. Wenn Du nach Rezensionen zu Brettspielen suchst, findest Du mehr deutsche Artikel als Englische.
Fast alle Brettspiele sind reine Wettbewerbe. Es giwinnt normalerweise immer nur ein Spieler.

Wie passt das zu Deiner Grundthese, dass in den USA der Wettbewerbgedanke höher stehen würde als in Deutschland?
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Wie passt das zu Deiner Grundthese, dass in den USA der Wettbewerbgedanke höher stehen würde als in Deutschland?

Oh, ich wäre nie so vermessen, über ganz Deutschland zu Urteilen! Nein, die FETTE THESE bezieht sich auf RollenspielMEISTER. Ich denke der Deutsche Michel mag wohl den Wettbewerb ganz gerne, würde es im Rollenspiel mehr davon geben, könnten diese erfolgreicher sein.

ABER: Bedenke die spezifischen Eigenschaften von EUROGAMES, KoSims sind hier seltenst Entwickelt und selten gespielt worden, selbst zu ihren Hochzeiten.
Und naja, die Fantasy/SciFI nahe Jugend ist eben zu MAGIC und Batteltech von den FETTEN Meistern "vertrieben" worden, bzw. garnicht erst bei denen angekommen. Und das freut viele "Story" Meister, weil sie weiter "anspruchsvoll-stimmungsvoll" "spielen" können.
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ABER: Bedenke die spezifischen Eigenschaften von EUROGAMES, KoSims sind hier seltenst Entwickelt und selten gespielt worden, selbst zu ihren Hochzeiten.
Die klassischen KoSims sind eher Simulationen mit jeder Menge Tabellen auf denen man würfeln kann, während sich Eurogames durch einfache, "elegante" Regeln mit "innovativen" Spielzielen auszeichnet.
Bei beiden Spiele"gattungen" steht weiterhin der Wettbewerb im Vordergrund. (Siehe als Musterbeispiel Puerto Rico für ein Eurogame)

PS: Die neueren KoSims zeichnen sich sehr stark durch die Eurogamisierung aus und werden dadurch immer beliebter... auch oder gerade in Deutschland. (Aktuelles Beispiel: Twillight Imperium 3rd.Ed. Etwas älteres Beispiel: Vinci)
Zitat
Und naja, die Fantasy/SciFI nahe Jugend ist eben zu MAGIC und Batteltech von den FETTEN
Meistern "vertrieben" worden, bzw. garnicht erst bei denen angekommen.
Den Magic-Boom gab es in Amerika in ähnlicher Weise wie hier. Wieso sollte dann der Boom hier in Deutschland laut Deiner These eine andere Wirkung haben als in den USA? Warum sollten die FETTEN Meister hier einen größeren Einfluss haben als in den USA?
Zitat
Und das freut viele "Story" Meister, weil sie weiter "anspruchsvoll-stimmungsvoll" "spielen" können.
Ergo Marginalisierung des Hobbys.
Die meisten Meister damals fanden den Magic-Boom eher hinderlich, weil er nämlich dafür sorgte, dass auf Cons keine Stimmung aufkommen konnte. ("Verkauft oder tauscht Ihr Magic-Karten?") Auf dem Teck-Con wurde damals sogar ganze Räume für Magic gesperrt.
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Die meisten Meister damals fanden den Magic-Boom eher hinderlich, weil er nämlich dafür sorgte, dass auf Cons keine Stimmung aufkommen konnte.

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Stimmung vor Wettbewerb, ist es was deutsche Meister wollen.
Nee.
Die Maigc-Spieler haben gestört, weil sie zu jeder Runde mehrmals gelaufen sind um Leute aus der Runde zum Karten tauschen zu animieren. Magic gespielt wurde zu dem Zeitpunkt eh weniger. Die Räume glichen damals eher der deutschen Börse zur Hauptzeit als einem Rollenspielcon.
Deutlicher: Leute, die mit der Rollenspielrunde nichts zu tun hatten kamen teilweise im Minuten- oder Sekunden(!)takt  an den Tisch, um zu fragen, ob jemand Magickarten tauschen wolle. Wenn dann einer der Spieler tatsächlich ja gesagt hatte, wurde der Rollenspieltisch wenn man nicht aufpasste komplett von Magicspielern, die Karten tauschen wollen okupiert.
Das hatte absolut nichts mit Stimmung vor Wettbewerb zu tun.
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Hallo zusammen,

erst Mal schauen ob ich begriffen habe wozu ich mich äußere.
Settembrinis These ist das die deutschen Spielleiter überwiegend eine Geschichte erzählen wollen und dazu bereit sind Regeln außer Acht zu lassen oder zu brechen. Alternativ werden Spielerentscheidungen so gebogen das die Entscheidungen wieder zur Geschichte des Spielleiters führt.
Diese Tendenz hält er für negativ weil sie aus seiner Sicht potentielle Spieler verschreckt.

Das große Problem dabei ist aus meiner Sicht das für mich eine Geschichte zum Rollenspiel dazu gehört. Interessant wird dann wenn es darum geht welchen Anteil und mit wieviel Gewicht man Einfluß auf die Geschichte nehmen kann. Ich versuche jetzt Mal die GNS Typen auf diesen Faktor hin abzuklpfen.

Gamist: Wenn man es ganz streng nimmt hat ein Gamist eigentlich keine Einflußmöglichkeit auf die Geschichte. Denn wenn diese ordentlich ausgearbeitet ist verzweigt die Geschichte sich je nachdem wie die Herausforderung bestanden wurde. Man kann zwar eventuell seine Chancen verbessern aber Ausbrüche aus der Story sind nicht erwünscht oder gar eingeplant.
Naravist: Ich muß dazu sagen das ich mit diesem Spielstil bisher keine praktischen Erfahrungen habe von da aus sind Korrekturen und Verbesserungen erwünscht. Hier wird von Konflikt zu Konflikt entschieden wer als nächstes über einen kleinen Teil der Geschichte bestimmt.
Simularist:Über die Methode Farben, also nicht spielrelevante Beschreibungen, über reale Tatsachen oder Regeln zu spielrelevanten Dingen zu machen gewinnen hier die Spieler Einfluß.

Ich würde die Verwerfungslinie eher zwischen Gamist: Gib mir einen Dungeon oder gib mir den Tod :-) und dem Simularist: Gib mir eine Motivation oder ich kümmere mich um die nette Schankmarkt. :-) sehen.
Inzwischen wendet sich der Naravist mit einem leichten Schütteln ab Skills!, Ausrüstungslisten! und Extrakampfregeln! NEIN wie primitiv. :-)))
Ok die obrigen Aussagen sind überspitzt, sollten satirisch und nur zur hälfte ernst genommen werden. Gerade die Beschreibungen naravistischer Runden hat mich auf einige nette Ideen zur Spielerbeteiligung gebracht.

Und auch wenn in Deutschland auf vielen Produkten Storytelling draufsteht ist meiner Ansicht nach eher Simulation drin. Ansonsten kann ich mir die eigentlich doch recht ausgefuchsten Regeln nicht erklären.
Da wird natürlich jeder Gamist als besonders störend empfunden und lang und breit in Foren beklagt. Umgekehrt gilt das natürlich auch wenn plötzlich sich die beschriebene Spielrealität ändert stößt das vielen Gamisten heftig auf.

Gruß Jochen
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