Szene 1 - Grauen im Weingut
Ein abgelegenes Weingut in der französischen Champagne; es ist Nacht, der Himmel wolkenverhangen. Nur ab und an lugt die helle Scheibe des Vollmondes zwischen den träge treibenden Wolken hervor. Es regnet in Strömen.
Auf der aufgewühlten, schlammigen Straße fährt ein dunkler Wagen vor, dessen Scheinwerferlicht für einen kurzen Moment die Schwärze der Nacht durchschneidet, ehe es erlischt. Aus dem Wagen steigt ein älterer Herr in einem Regenmantel, darunter blitzt eine weiße Robe auf, deren Saum sich schnell mit dem schlammigen Wasser vollsaugt, das in tiefen Pfützen auf der Straße steht. Es ist Paul Duvall, Nekromant. Er ist hier, um eine Aufgabe zu erfüllen.
Aus dem Wagen schälen sich zwei weitere Gestalten, Pauls ungeliebter Sohn Henry, den wie immer der süßliche Duft feinsten Wheeds umgibt, und Jaques, sein bevorzugter Schüler. Lange Jahre hat er die beiden in die geheimen Künste der Nekromantie eingewiesen und in der heutigen Nacht an seine Seite gerufen, als Unterstützung für die Mission, die vor ihm liegt.
Ein weiteres Wesen entspringt dem Fond des Wagens; ein schwarzer Kater, der, als seine Pfoten die nasse Straße berühren, missmutig zusamenzuckt und sich eilig unter das Auto duckt, um dem Regen zu entkommen. Ihm folgt eine zierliche junge Frau, deren elegant gekleidete Gestalt in der ländlichen Einöde des Anwesens fehl am Platze wirkt. Über Zoés Kopf öffnet sich ein Regenschirm - Henry, ihr Halbbruder, ganz der Gentleman. Sie bückt sich, um Ameni, ihren Kater auf den Arm zu heben, hängt sich bei Henry ein und folgt ihm zu Paul und Jaques, deren Blick auf dem düsteren Steinhaus am Ende der Straße liegt.
Zwischen Henry und seinem Vater Paul entbrennt ein kurzes Wortgefecht, bei dem deutlich wird, wie wenig die beiden Männner voneinander halten. Paul offenbart den Versammelten, warum er sie her gebracht hat; in dem Landgut ist in dieser Vollmondnacht ein Zirkel zusammengekommen, die ein Ritual durchführen wollen. das Ziel des Rituals ist es, Essenz für einen unbekannten Zweck zu sammeln, und dies muss verhindert werden. Paul ist sich sicher, dass es sich bei den Ritualteilnhemern um Amateure handelt, denen das Handwerk schnell gelegt werden kann; seinen Sohn Henry, seinen Schüler Jaques, Zoe und Ameni hat er nur als "Backup" mitgenommen, für den unwahrscheinlichen Fall, dass bei seinem Versuch, das Ritual zu vereiteln, etwas schief gehen sollte. Da er keinen besonderen Plan hat und auch sonst nicht sonderlich vorbereitet wirkt, erntet er Skepsis von den Umstehenden. Da er aber partout nicht davon abkommen will, den "Plan" alleine durchzuführen, macht er sich etwa eine halbe Stunde vor Mitternacht auf dem Weg zu den Gebäuden. Seine Begleiter steigen wieder ins Auto und warten.
Natürlich ist Paul nicht - wie angekündigt - bereits nach fünf Minuten wieder zurück. Auch nicht nach zehn oder zwanzig. Im Wagen entbrennt eine kurze Diskussion darüber, was zu tun ist. Henry hat wenig Lust, seinem Vater zu folgen, aber nach einigem Hin und Her überwiegt Jaques' und Zoés Sorge, dass dem alten Mann etwas zugestoßen sein könnte. Wenig später haben sich die vier durch den strömenden Regen zum Anwesen gekämpft und die Tür zum großen Wohnhaus geöffnet. Das Haus ist still und verlassen, kein Laut zu vernehmen. Ameni durchfährt ein Unbehagen, etwas ist nicht in Ordnung. In der Tat verspüren auch die anderen, dass sich in der gesamten Umgebung Essenz zu sammeln scheint. Henry und Jaques spüren die Präsenz eines noch nicht lange zurück liegenden Todes; in einem kleinen Wohnraum des hauses stoßen sie auf drei schrecklich zugerichtete Leichen, einen Mann, eine Frau und ein Kind - wohl die Bewohner des Hauses. Glyphen sind in ihre Haut geritzt, doch die Zeit reicht nicht aus, die Leichen genauer zu untersuchen. Das Ritual - irgendwo in der Nähe mus es in vollem Gange sein, und wenn die Kultisten nicht vor dreifachem Mord zurückschrecken, können sie so amateurhaft nicht sein.
Die Ströme steigender Essenz führen zu einem Nebengebäude, vor dem eine Treppe zu einem Keller hinabführt; ein geräumiger Weinkeller, wie man sie in der Gegend oft findet. Henry unf Jaques gehen voran, dicht gefolgt von Zoé und Ameni. Schon bald ist flackernder Lichtschein zu sehen, fremdsprachige Beschwörungsformeln hallen durch das Gewölbe. In einem großen Raum haben sich dreizehn in weiße Roben gehüllte Kultisten versammelt, ein riesiger Beschwörungskreis leuchtet auf dem Boden. Der schwere Geruch von Parfüm und Duftölen hängt in der Luft, gemischt mit Weindämpfen, die von schweren Messingbecken in den Ecken des Raumes aufsteigen. In der Mitte des Kreises kniet Paul reglos auf dem Boden, während ein Mann immer lauter und eindringlicher Ritualformeln von sich gibt. Es ist kurz vor Mitternacht, und Essenz flirrt fast greifbar in der Luft.
Keine Zeit zu verlieren - das Ritual, welches obskure Ziel auch immer es haben mag, muss verhindert werden. Während sich Zoé im Hintergrund hält, greifen Henry und Jaques wie auf ein Kommando an; Jaques schleudert seine Machete auf den Ritualführer, der mit einem röchelnden Schrei zusammenbricht. Panik und Verwirrung bricht unter den anderen Kultisten aus, doch es ist zu spät. Pauls Körper beginnt zu zucken, als sich Essenz um ihn herum ballt. Seine Züge verändern sich auf schrecliche Art und Weise, nehmen die Züge eines riesigen Löwenkopfes an. Die Kreatur ähnelt altägyptischen Abbildungen, ist aber quicklebendig und offensichtlich sehr, sehr schlecht gelaunt. Während die Kultisten in wilder Furcht in alle Richtungen davon stieben, greift sich der Dämon den Körper des Ritualführers, reißt ihm den Kopf ab und wirft seinen Kopf in eine der unzähligen Weinpressen, die im Gewölbe stehen. Mit einem unschönen Geräusch wird der Kopf zermalmt, und Blut spritzt grell über den Boden.
Henry, dessen nekromantische Sinne noch immer die Seele seines Vaters im Körper der Löwen-Kreatur spüren, versucht verzweifelt, Paul zu retten, doch dies misslingt. Der Dämon hat nun die volle Kontrolle über seinen neuen Körper.
Unterdessen eilt Zoé die Kellertreppe hinauf, den fliehenden Kultisten dicht auf den Fersen. Als sie einen jungen Mann stellt und versucht, ihn zwecks späterer Befragung unter ihre Kontrolle zu bringen, verwandelt sich der Mann überraschend in eine Katze und springt davon - genau so wie die anderen Kultisten. Bast!
Vom wütenden Brüllen des Dämons verfolgt, stürzen die vier hinaus in den Regen, sprinten zum Wagen und versuchen zu fliehen. Die Kreatur kommt taumelnd aus dem Gebäude und bricht auf dem Platz vor dem Haus zusammen. Zoé setzt den Wagen zurück und überfährt den Dämon - sicher ist sicher. Als er sich tatsächlich nicht mehr rührt, steigen Herny und Jaques aus, um den Körper zu untersuchen. Noch während sie zu ihm eilen, verwandelt sich die Leiche zurück in Paul; ein hell funkelndes Licht steigt auf und verglüht am nächtlichen Himmel. Der Dämon ist verschwunden. Bestürzt, ratlos, aber am Leben, verlassen Henry, Jaques, Zoé und Ameni den Schauplatz der Ereignisse.