Autor Thema: seinen Spielern vertrauen  (Gelesen 12866 mal)

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Offline Boba Fett

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #50 am: 29.04.2006 | 11:20 »
Letztendlich läuft es doch darauf hinaus:
"Know your Players!"

Man muss wissen, wie die eigenen Mitspieler "ticken". Dann weiss man auch, was man ihnen "zumuten" und was man ihnen "zutrauen" kann. Wenn man das weiss, dann weiss man auch, was an Player-Empowerment möglich ist.
Und man muss auch wissen, wozu die Leuts Lust haben...
Paranoia bei Dramaturgen wird auch nichts werden...
Aber das ist letztendlich doch auch die Vorraussetzung für klassisches Spiel.
Denn wenn ich den Leuten in der klassischen Spielhierarchie ein System, Setting oder ein Abenteuer vorsetze, was keinen interessiert, dann wirds nix. Also muss ich wissen, was die Leute wollen, können und womit ich sie packen kann.

Wenn PE Systeme inkonsitent werden, dann doch nur, weil die Spieler das machen. Dann muss man überlegen warum - nicht wollen, nicht können, oder ist es genau das, was gewünscht ist. Auch mal sowas.
Wenn sie sich hinterher über die eigene Inkonsistenz ärgern, dann muss man halt eine gemeinschaftliche Regel über das einhalten von Konsistenzen aufstellen. Vielleicht ein Veto, was jemand (nicht der SpL) einwerfen kann, was dann aber Punkte für die Benachteiligung gibt, die man später wieder ausgeben kann. Oder sowas.

Letztendlich geht es darum, dass alle Leute gemeinsam spielen wollen.
Es sitzten da also knapp ein halbes Dutzend Leute am Tisch und die müssen einen gemeinsamen Weg finden.
Das kann sein, dass einer das Zepter in die Hand gedrückt bekommt, das kann auch demokratisch ablaufen, oder anarchisch.
Welches der beste Weg ist, muss jeder selbst beschliessen. Demokratie funktioniert auch nicht immer.
Monarchie aber auch nicht!


Bei den Leuten, die hier verteilte Erzählgewalt ablehnen, verstehe ich nicht so ganz, wie sie mit ihren Leuten zocken können.
Denn eigentlich suche ich doch Menschen zum Mitspielen, denen ich etwas zutraue. Wenn ich denen schon das bischen Fähigkeit an Selbstreflektion nicht zutraue, wieso spiele ich dann mit ihnen?
« Letzte Änderung: 29.04.2006 | 11:22 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Ein

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #51 am: 29.04.2006 | 11:27 »
@boba
Dem ersten Teil deines Posts kann ich vollzustimmen, aber der letzte Absatz ist offen gesagt einfach totaler Blödsinn. Es gibt mehr Möglichkeiten seine Spieler zu partizipieren, als Erzählgewalt zu verteilen.

Offline Enkidi Li Halan (N.A.)

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #52 am: 29.04.2006 | 11:37 »
wenn du deinen Spielern nicht zutraust die Story mitzuerzählen...dann vertraust du ihnen nicht.
Genau.

Als SL gehe ich davon aus, dass meine Mitspieler mündige Erwachsene sind, die einen ähnlichen Anspruch an die Spielsitzung haben, wie ich. Dass wir eine gemeinsame Vorstellung von Dramatik, Spannung und einer coolen Story haben. Ist das nicht der Fall, kann man die Runde mangels übereinstimmender Basis eh gleich knicken.
Wenn diese Vorraussetzung aber gegeben ist, dann habe ich in meiner Runde vier oder fünf Leute dasitzen, die genau das wollen, was ich auch will. Der Zufall will es, dass ich SL bin, aber grundsätzlich könnte diesen Job jeder in meiner Runde machen (mit Unterschieden in der thematischen Gewichtung, sicherlich, aber ein jeder hätte die 'technischen' Vorraussetzungen, SL zu sein). Wenn wir jetzt also anfangen zu spielen - wieso sollten sich plötzlich diese vier potentiellen SLs von einer Sekunde auf die andere in einen unmündigen Haufen Freaks verwandeln, die keinerlei Gefühl mehr für Story, Logik und Dramaturgie haben?
Natürlich wissen sie nicht, was ich als SL mir für den Plot überlegt habe, oder welche Geheimnisse es aufzudecken gibt - das verrate ich ihnen auch nicht. Dennoch: warum sollten sie nicht Einfluss auf die Story haben? Warum sollen sie nicht Szenen komplett übernehmen, oder NSCs spielen oder Vorschläge machen, in welche Richtung sich der Plot ab diesem Punkt weiter entwickeln könnte? Warum sollte ich ihnen nicht zuhören und auf sie eingehen? Was kann denn schlimmstenfalls passieren? Dass ihre Vorschläge meinen Plot sprengen oder in eine andere Richtung bringen? Ja und?
Wenn mir das nicht passt, sage ich, dass der konkrete Vorschlag gerade nicht so recht passt, und meine Spieler respektieren das (denn ich habe als SL ja noch immer eine gewisse Authorität, ein Veto) - sie arbeiten ja nicht gegen mich, sie wollen doch nicht zwanghaft das Abenteuer sprengen (und wenn sie das wollen, war das Abenteuer nicht das richtige für sie und ich bin als SL selbst schuld!).
Warum sollte ich ihnen nicht lose Zügel bei der Darstellung eines NSCs lassen? Was hindert mich denn daran, den NSC-Spieler kurz mit nach draußen zu nehmen und ihm ein paar Tips und Hinweise zu geben, wie er den NSC so darstellt, dass das zu meinem Plot passt?

Ich vertraue meinen Spielern so, wie sie mir vertrauen. Denn der Unterschied zwischen Spielleiter und Spieler besteht in unserer Gruppe letztendlich nur darin, wer auf dem bequemen Sessel sitzt. Ansonsten hat jeder am Tisch die gleichen Rechte und Pflichten, was das spielen angeht.
Wir wechseln in unserer Gruppe öfters den SL, d.h. jeder von uns ist sowohl mit dem spielen als auch mit dem spielleiten vertraut. Jeder weiß, wie weit er gehen kann, ohne den Plot des jeweiligen SLs zu gefährden - und wenn's mal unklar ist, ob eine Handlung zur SL-Story passt, Gott - dann fragt man halt kurz nach, als Spieler...
 

Offline Arbo

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #53 am: 29.04.2006 | 11:53 »
Also, meine zwei drei Cents.

Erzählgewalt abgeben ist nichts neues. Das gibt es m.E. schon, seitdem Charaktere "Gefährten" mitführen dürfen. Zumindest sehen wohl einige Systeme es vor, dass Spieler neben ihrem SC auch einen S-NSC führen dürfen.

Ansonsten sehe ich es wie EIN (das erste Posting von ihm). Es ist in erster Linie eher von Geschichtsgewalt oder Plotgewalt auszugehen, die man teilen kann.

Alles andere benötigt bestimmte Regeln (Gestaltungsrechte - ick hör dir trappsen ;) ), damit das kein Murx wird. Ich will nicht abstreiten, dass es sowas vielleicht geben kann, aber überall da, wo verschiedene Meinungen/Interessen aufeinander treffen, da muss es zu irgendwelchen Übereinkünften kommen.

Was mir bisher etwas zu kurz gekommen ist, ist die Tatsache, dass die Motivation von Spielern unterschiedlich sein kann. Während der eine gerne das Zepter in die Hand nehmen möchte, will das der andere nicht - er fühlt sich da vielleicht sogar auch überfordert. Ich schreibe das, weil SL zu sein doch auch mit Arbeit verbunden ist. Mit anderen Worten: Wenn jemand die Erzählgewalt haben möchte, muss er auch ein Stück weit Verantwortung und Kompetenz besitzen. Sonst wird das auch nur Murx. Und wenn jemand gezwungen wird, Erzählgewalt ausüben zu müssen, ist das genau so schädlich.

Hinzu kommt noch folgender Aspekt: Jedes mal, wenn die Erzählgewalt wechselt, bin ich als Spieler auch mit einem neuen SL konfrontiert. Die Frage ist, ob sich da nicht vielleicht die Art des Spieles negativ entwickelt - manche Dinge einfach zu kurz kommen, andere dagegen überbetont werden, das "Charakterspiel" oder das "Spiel" zu kurz kommt usw. (siehe dazu auch Thalamus letzte Beiträge).

Btw.: Vertrauen muss ich meinen Spielern auch so - das hat erstmal nix damit zu tun, ob ich Erzählgewalt teilen möchte. Je mehr ich meinen Spielern und sie mir als Spielleiter vertrauen, desto besser der Spielfluss (weil sinnlose Regeldiskussionen ggf. unterbleiben) und desto besser auch das Klima - die Spielfreude.

-gruß,
Arbo
« Letzte Änderung: 29.04.2006 | 11:55 von Arbo Moosberg »
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Offline Thalamus Grondak

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #54 am: 29.04.2006 | 12:56 »
Bei den Leuten, die hier verteilte Erzählgewalt ablehnen, verstehe ich nicht so ganz, wie sie mit ihren Leuten zocken können.
Denn eigentlich suche ich doch Menschen zum Mitspielen, denen ich etwas zutraue. Wenn ich denen schon das bischen Fähigkeit an Selbstreflektion nicht zutraue, wieso spiele ich dann mit ihnen?
Warum? Genau wie Ein verstehe ich nicht, was diese Aussage für einen Sinn haben soll? Was ist dagegen zu sagen, wenn alle so spielen wollen?
Aber nein, das kann ja nicht sein. Es gibt ja eine bestimmte Art des richtigen Spielens, dessen Weisheit nur einige heir gepachtet haben.
Merkt ihr garnicht, wie ihr hier vorraussetzt, das jeder Spieler das bedürfniss hat Erzählgewalt zu übernehmen?
Das stimmt einfach nicht, also verkauft es bitte nicht als einzige Warheit.
Von Anfang an habe ich hier geschrieben, das das kein Thema ist, wenn alle so spielen wollen, aber einige hier bestehen ja so sehr darauf, das das Unterdrückung ist der Spieler ist, das ich mich manchmal Frage ob hier Autoritätskomplexe schwehlen.

@Fredi
Ich weiß nicht so recht ob ich darau noch reagieren soll.... Zum wohle der Diskussion ist es besser das zu lassen.

@Dorin
Worum geht es hier denn genau?
Du schreibst in deinem Eingangspost: Vertrauen=Erzählgewalt abgeben.
Ich versuche nur klar zu machen, das diese Schlußfolgerung Unsinn ist, und wenn du einem SL vorwirfst er würde seine Spieler nicht als mündig ansehen, nur weil er auf klassische weise Rollenspiele spielt, dann finde ich das weder Fair noch richtig.
So wie Fredi mir Vorwirft ich würde meine Meinung mit falschen Argumenten unterstützen, so werfe ich der "Erzählgewaltfraktion" vor ihren Spielstil auf eine Art zu propagieren, die alle anderen Stile als "schlecht" darstellt, weil sie mit so negativen Begriffen wie "unmündigkeit" verteidigt werden.
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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #55 am: 29.04.2006 | 13:18 »
Merkt ihr garnicht, wie ihr hier vorraussetzt, das jeder Spieler das bedürfniss hat Erzählgewalt zu übernehmen?
Da hat er Recht, der Thalamus  ;)
Erzählgewalt an Spieler abzugeben hat natürlich nur dann Sinn, wenn die Spieler das auch wollen und damit klar kommen. Es gibt auch sehr, sehr viele Spieler (vielleicht sogar die Mehrzahl), die sich in der Rolle des "reagierenden Spielers" sehr wohl fühlen - weil es weniger Arbeit macht, weil sie es nur so gewohnt sind oder aus welchen Gründen auch immer. Für diese Spieler ist die von Thalamus beschriebene "klassische" SL-Rolle wahrscheinlich optimal.
Probleme treten - wie immer - nur dann auf, sobald man in der Gruppe einen oder mehrere Spieler hat, die das nicht so sehen, die mehr Entscheidungs- und Mitbestimmungsrecht fordern. Oder wenn der SL von sich aus von seinen Spielern mehr Beteiligung am Plot/dem Erzählsfluss/der Story fordert.

Grundsätzlich stimme ich allen zu, die sagen: jedem so wie es gefällt. Aber: es schadet ja auch nicht, einmal andere, freiere Techniken des Leitens/Erzählens/Spielens auszuprobieren. Vielleicht ist ja auch für die "klassischen" Spieler was dabei, das ihnen gefällt. Wenn man ihnen nicht die Möglichkeit gibt, sowas mal auszuprobieren, ist das nicht fair. 

Offline Thalamus Grondak

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #56 am: 29.04.2006 | 13:37 »
Wenn man ihnen nicht die Möglichkeit gibt, sowas mal auszuprobieren, ist das nicht fair. 
Das kann man so oder so sehen. Wenn der SL diese Art zu spielen nicht möchte finde ich nicht, das man es ihm anlasten kann, wenn er die Spieler nicht so spielen lässt. Auch Rollenspiel ist nur ein Spiel, wenn auch eins bei dem man auf der Sozialen Seite mehr Falsch machen kann, als bei irgendweinem anderen Spiel. Aber nach dem Prinzip jedem Spieler sollte es gefallen, fällt da natürlich auch der SL rein. Es spricht ja nichts dagegen, das die Spieler die so spielen wollen sich für diese Art Spiel eine passendere Gruppe suchen.
Unfair ist es IMHO nur dann, wenn alle Spieler nur so spielen wollen, und es, z.B. weil man nur wenige Rollenspieler kennt, keine möglichkeit gibt, sich eine andere Gruppe zusammen zu suchen. Dann müsste man eine alternative finden, das man z.B. mal so und mal so spielt, damit jeder auf seine Kosten kommt.
Womit ich jedem Grundsätzlich Recht geben würde, ist die Aussage "Wenn euch beim Spiel aus etwas fehlt, solltet ihr es trotz aller Skepsis mal probieren!".
Alle anderen Begründungen, nach dem Motto wenn du das jetzt nicht ausprobierst, dann bist du diktatorisch, Stur, Dumm und intollerant und vertraust deinen Spielern nicht, finde ich absolut überzogen und unpassend.

Die Frage die sich hier eigentlich stellt ist dann ja eher:
Wenn man mit verteilter Erzählgewalt spielen möchte, vertraut man dann dem Improvisations und kombinationstalent der Spieler um das relativ Frei zu tu, oder geht man lieber auf Nummer Sicher und reglementiert diese verteilte Erzählgewalt entsprechend?
Das ist eetwas vorüber man Diskutieren kann.
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Offline Arbo

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #57 am: 29.04.2006 | 14:49 »
Ähm, weil es vielleicht unter gegangen ist: Auch im klassischen Rollenspiel kann die "Abgabe von Erzählgewalt" gewollt sein, indem bspw. der Spieler die "Gefolgsleute" oder "Tiere" seines SCs führt. Das ist also a) nix neues und steht b) nich im Widerspruch zum klassischen Rollenspiel (Was auch immer man darunter verstehen möchte!).

Und noch eine Überlegung: Klar, jeder soll so spielen wie er möchte. Aber gerade beim Rollenspiel kann das Spiel an sich darunter leiden, wenn es nicht über bestimmte Grundsätze einen gewissen Konsens gibt - da hätte dann nämlich eine Gruppe permanent auf Kosten einer Minderheit ihren Spaß und das geht bei einem gesellschaftlichen Spiel - wie es das Rollenspiel nun einmal ist - zumindest nicht langfristig gut. Das Abgeben von Erzählgewalt ist so ein einschneidender "Grundsatz". Selbst wenn sich nur 2 von 5 Spielern mit der Erzählgewalt abwechseln würden könnte das schon wieder negative Auswirkungen haben, falls es den anderen nicht behagt.

@ Thalamus:

Zitat
Wenn man mit verteilter Erzählgewalt spielen möchte, vertraut man dann dem Improvisations und kombinationstalent der Spieler um das relativ Frei zu tu, oder geht man lieber auf Nummer Sicher und reglementiert diese verteilte Erzählgewalt entsprechend?
Das ist eetwas vorüber man Diskutieren kann.

Jup - ist eigentlich die Kernfrage bei dem Ganzen.

Arbo
« Letzte Änderung: 29.04.2006 | 14:59 von Arbo Moosberg »
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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #58 am: 29.04.2006 | 19:42 »
@boba
Dem ersten Teil deines Posts kann ich vollzustimmen, aber der letzte Absatz ist offen gesagt einfach totaler Blödsinn. Es gibt mehr Möglichkeiten seine Spieler zu partizipieren, als Erzählgewalt zu verteilen.
Ja, da habe ich mich auch etwas blöd ausgedrückt.
Ich bezog mich auf das "nicht zutrauen" und "fehlende Konsistenz" als Kritik.
Es gibt aber ja auch mehrere Gründe, warum man Erzählgewalt verteilt, oder nicht.
Wir spielen auch mit zentraler Erzählgewalt. Der Grund: Der Vorschlag (und das mit Versuch) wurde von den Spielern abgelehnt. - nicht vom Spielleiter... Ich würde gern, nur ich soll nicht, oder so.
Da alleine passt es schon nicht - was ich oben schrieb...
Es ging mir allein um das mangelnde Vertrauen und das da dann irgendwas nicht stimmen kann.
Dass es auch andere Gründe geben kann, hätte ich erwähnen können. Sorry! ;)

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Offline Michael

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #59 am: 2.05.2006 | 12:12 »
Bei mir sieht es ähnlich aus wie in vielen Runden, viele der Mitspieler wollen gar kein Erzählrecht, ein paar wenige freuen sich wenn sie es haben, und einer kriegt keins ):-D
Letzterer aber aufgrund der anderen Mitspieler und diversen Erfahrungen der ganzen Runde.

Ansonsten sage ich mal, man braucht Spieler die das wollen ansonsten brauch man nicht mit verteilter Erzählgewalt spielen. Dann spiele ich lieber klassiches Rollenspiel TM, als wenn ich drei Spieler am Tisch habe, die gucken wie ein Fisch, wenn sie erzählen dürfen
Zitat von: Ahasverus am Heute um 09:42
Im Grunde spielen wir die meiste Zeit also eine Art Wargame und erzählen uns dazwischen Stundenlang Geschichten wie es zum nächsten Kampf kommt. *leichte ironie*

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Plansch-Ente

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #60 am: 2.05.2006 | 14:42 »
Ich habe das Thema jetzt mal mit einigen Leuten besprochen und das Ergebnis war doch irgendwie ernüchternd:

Von den Leuten mit denen ich geredet habe, hatten erstmal 90% keine Ahnung wovon ich überhaupt rede. Im Sinne von "Hä? Erzählmöglichkeit auch an die Spieler weitergeben? Wie jetzt?". Der Rest hatte schon davon gehört. Bei denen, die schon davon gehört hatten war das ganze recht normal verteilt. Die eine hälfte würde es gut finden, die andere hälfte hielt nichts von dieser Idee. Richtig interessant wurde es aber erst nachdem ich die Leute, die davon bisher noch nichts gehört hatten, "aufgeklärt" hatte. Hier schienen weit mehr Leute kein Interesse daran zu haben als Spieler Erzählmöglichkeiten zu bekommen oder als Spielleiter Erzählmöglichkeiten abzugeben.
Ich muss dazu sagen, das ich keine repräsentative Umfrage gestartet habe *gg*. Sprich: Dieser Eindruck entstand während eines Gesprächs mit dem Thema "Rollenspiel" als ich das "Problem" der Erzählmöglichkeit angesprochen hatte.

Ich denke mal, das diese Art des Rollenspiels (sprich: verteilte Erzählmöglichkeit) einfach nicht sonderlich berühmt ist.
« Letzte Änderung: 2.05.2006 | 14:45 von Plansch McEnte »

Offline Merlin Emrys

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #61 am: 2.05.2006 | 15:44 »
Als SL gehe ich davon aus, dass meine Mitspieler mündige Erwachsene sind, die einen ähnlichen Anspruch an die Spielsitzung haben, wie ich. Dass wir eine gemeinsame Vorstellung von Dramatik, Spannung und einer coolen Story haben. Ist das nicht der Fall, kann man die Runde mangels übereinstimmender Basis eh gleich knicken.
Ach? So ein Mist aber auch... was sag ich denn dann jetzt den Minderjährigen und Ex-Minderjährigen in meinen Runden bloss? Werfe ich ihnen vielleicht am besten grad so an den Kopf, daß sie noch überhaupt nicht das Reflexions- und Abtraktionsvermögen haben, das unbedingt erforderlich ist, damit man so eine Runde nicht gleich eh knicken kann, und daß das mit Spasswollspielern und Beinahekindern schon gar nichts werden kann und wir in all den Jahren blossen Illusionen aufgesessen sind, wenn wir geglaubt haben, daß das, was wir da treiben, etwas mit Rollenspiel zu tun hat?
Hummeln können...

[/sarkasmus off]

Bei den Leuten, die hier verteilte Erzählgewalt ablehnen, verstehe ich nicht so ganz, wie sie mit ihren Leuten zocken können.
Denn eigentlich suche ich doch Menschen zum Mitspielen, denen ich etwas zutraue. Wenn ich denen schon das bischen Fähigkeit an Selbstreflektion nicht zutraue, wieso spiele ich dann mit ihnen?
Weil sie das Spiel bereichern? Noch dazu gerade in einer Weise, in der ich selbst es nicht kann?
Ich kenne die Hintergrundwelt und das Regelsystem, ich bin stockkonservativ und ein Korinthenk***... und ich schätze es, zuzuhören, wie die anderen, teils unbeleckt von jeder exakten Kenntniss der offiziellen und inoffiziellen Vorgaben mit der Welt in einer Weise "spielen", zu der ich nicht fähig bin. Naja, ich schätze es meist, es gibt Grenzen. Aber innerhalb dieser Grenzen sind die anderen umso bereichernder, je anders sie sind.
Nur: Es gibt eben Grenzen. Es gibt Dinge iwS, die ich, wenn ich Vorbereitungen getroffen habe, gerne verläßlich beibehalten möchte. Wenn ich leite, spielen wir in "meiner" Welt. Wenn einer der Jüngeren leitet, kann auf Basis desselben Hintergrunds eine andere, eben "seine" Welt entstehen, und das ist auch okay. Sie muss nicht in allen Dingen "meiner" Welt entsprechen; es wäre sogar in mancher Hinsicht ärmer, wenn sie es täte.

Wenn Vorstellungen ausreichend kongruent sind, können die Welten sehr wohl miteinander verschmelzen. Ich habe eine Runde, in der wir die Funktion des Spielleiters auf "Kann ich weitermachen?" reduziert haben, und das klappt prima - aber auch nur, weil alle Mitspieler im grossen und ganzen vergleichbar denken und handeln. Manche Dinge können in dieser Runde nicht passieren - das ist ihr Vorteil und ihr Nachteil.

Letztendlich läuft es doch darauf hinaus:
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Richtig. Aber das kann dazu führen, dass ich bestimmten Mitspielern bestimmte Vollmachten nicht erteilen möchte - weil manche Verhaltensweisen wie das Salz in der Suppe sind: Toll, wenn die Dosierung stimmt, aber es gibt auch ein "zuviel"...

Offline Vanis

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #62 am: 2.05.2006 | 15:52 »
Nur mal so am Rande erwähnt: Selbst Spieler, die eine aktive Erzählrolle ablehnen, beeinflussen die Handlung so oder so, ob sie wollen oder nicht. Mit JEDER Handlung, die Scs bringen, durch JEDE Entscheidung der Scs, wird die Handlung des Spiels beeinflusst..und hilfe, oh Gott oh Gott das auch noch inplay. Allein Fragen wie "Gibt es eigentlich einen Schied in der Stadt, der mir eine besondere Waffe herstellen kann"  oder "Gibt es eigentlich ein Dorf oder eine Siedlung in der Nähe" - hören sich vielleicht harmlos an - erschaffen aber im Prinzip ganz unbewusst neue Hintergründe, NSCs usw. Soll heißen: Verteilte Erzählgewalt gibt es in jeder Runde, bewußt oder unbewußt. Die Frage ist nur, ob ich das im Vorfeld mit den Spielern abkläre und sie wirklich aktiv einbinde, oder ob das so nebenher passiert.
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Offline 1of3

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #63 am: 2.05.2006 | 20:56 »
Nein. Was du beschreibst ist vielleicht der Vorschlag einen Schmied dahinzusetzen. Erzählgewalt ist eben das zu tun.

Offline Dash Bannon

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #64 am: 2.05.2006 | 20:57 »
Nein. Was du beschreibst ist vielleicht der Vorschlag einen Schmied dahinzusetzen. Erzählgewalt ist eben das zu tun.

richtig!
es IST ein Unterschied zu fragen 'Ist da ein Schmied'
oder zu sagen
'Hier ist ein Schmied'
Es gibt drei Arten etwas zu tun. Die richtige Art, die falsche Art und die Dash Bannon Art.

Eulenspiegel

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #65 am: 2.05.2006 | 21:06 »
Na der Spieler könnte ja fragen: "Ist hier ein Schmied? Wenn nein, dann lasse ich mich hier nieder und baue eine Schmiede."
Und schon hat das Dorf einen neuen Schmied.

Und noch etwas: Wenn in unseren Gruppen der SL keine Erzählgewalt abgibt, hat das nichts mit mangelndem Vertrauen zu tun: Jeder von uns in der Gruppe war schon mal SL. Und ich würde jedem in der Gruppe zutrauen, Erzählgewalt auch als Spieler zu nutzen. Es macht uns aber keinen Spaß.

Online Maarzan

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #66 am: 2.05.2006 | 21:13 »
Bei den Leuten, die hier verteilte Erzählgewalt ablehnen, verstehe ich nicht so ganz, wie sie mit ihren Leuten zocken können.
Denn eigentlich suche ich doch Menschen zum Mitspielen, denen ich etwas zutraue. Wenn ich denen schon das bischen Fähigkeit an Selbstreflektion nicht zutraue, wieso spiele ich dann mit ihnen?

Es ist ja nicht nur die Frage, traue ich meinen Mitspielern, sondern auch, haben diese die nötigen Informationen dazu einen kompatiblen Eingriff in die Spielwelt zu machen.
Diese Informationen dann wirklich verständlich zu transferieren ist eine Menge Arbeit und diese Informationen werden von einem Gutteil der Leute auch gar nicht gewollt, z.B. Leuten, die nicht so viel in das Spiel investieren wollen/können oder die das Spiel eher aus ihrer Rolle oder der Herausforderung sehen und diese Informatiomen für ihren Spielstil daher als hinderlich ansehen.

Und Vertrauen kommt auch von Vertrautheit und um diese Spielerkompatibilität zu erreichen braucht man schon eine Menge gemeinsame Spielgeschichte oder ein sehr dickes Fell um über die Startprobleme hinweg zu kommen. Aber dann führt ein traditionelles Spiel vielleicht trotzdem schneller zu einem befriedigenden Spielerlebnis.

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Offline Dash Bannon

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #67 am: 2.05.2006 | 21:17 »
Es ist ja nicht nur die Frage, traue ich meinen Mitspielern, sondern auch, haben diese die nötigen Informationen dazu einen kompatiblen Eingriff in die Spielwelt zu machen....

bitte?
es ist die Spielwelt der Spieler (und des SLs) sie brauchen keine Informationen für einen 'Kompatiblen' Eingriff..kompatibel zu was?
zur Vorstellung des Spielleiters?
zu der Vorstellung irgendeines Autors?
Es ist nicht die Welt des Autors die Welt exisitert für die Spieler (auch der SL ist Spieler) und sie alleine bestimmen was für diese Spielwelt kompatibel ist
Es gibt drei Arten etwas zu tun. Die richtige Art, die falsche Art und die Dash Bannon Art.

Online Maarzan

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #68 am: 2.05.2006 | 21:32 »
bitte?
es ist die Spielwelt der Spieler (und des SLs) sie brauchen keine Informationen für einen 'Kompatiblen' Eingriff..kompatibel zu was?
zur Vorstellung des Spielleiters?
zu der Vorstellung irgendeines Autors?
Es ist nicht die Welt des Autors die Welt exisitert für die Spieler (auch der SL ist Spieler) und sie alleine bestimmen was für diese Spielwelt kompatibel ist

Kompatibel zu der Ausgangssituation, auf der gerade aufgebaut wird. Diese müßte also von allen von Grund auf, oder von einer gemeinsamen externen Basis gemeinsam entwickelt worden sein, oder es gibt eben Leute mit diesem Informationsdefizit. Entsprechend müßten in jedem Schritt die Hintergründe geklärt werden um diesen gemeinsamen Informationsstand zu halten. (Wie es z.B. zwei Spielleiter geimesam machen würden) Ansonsten phantasieren die Leute aneinander vorbei und verlieren sich alle in ihren eigenen, aber letztlich einsamen funktionsunfähigen Gedankenwelten.
Letztendlich ist so etwas mit einer gemeinsam gebauten Maschine oder einem Programm zu vergleichen, denn um in einer solchen Welt sinnvolle Entscheidungen zu treffen, was meines Erachtens Kernpunkt des Rollenspiels ist, muss diese Welt funktionieren.
Teamwork erfordert Austausch und Snhnittstellen, nicht Besitz oder EGO.




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Offline Dash Bannon

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #69 am: 2.05.2006 | 21:38 »
womit wir beim Thema wären:
vertraut man seinen Spielern genung um ihnen zuzutrauen dass sie die Geschichte so entwickeln dass alle Freude daran haben..
oder glaubt man sie machen die Story kaputt weil sie nicht wissen, dass der SL irgendwo im stillen Kämmerlein ne ganz andere Geschichte geplant hat
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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #70 am: 2.05.2006 | 21:46 »
@Marzaan:

Wie wäre es mit einer dynamischen Ausgangssituattion, die durch die Eingaben aller Beteiligten modifiziert wird?

Beispiel:
Beim allerersten Südwest-Derby (Besetzung: Morebytes, Nighstky, Korvin, Axx und ich):
Morebytes hat geleitet. System war Liquid, das Setting ein von morebytes entwickelter Dark Future/Cyberpunk-Hybrid (Blade Runner meets Tim Burtons Batman), das Genre war "Action-Thriller".

Die Runde hat zum ersten mal gespielt - Morebytes und ich kennen uns schon ewig und spielen schon lange zusammen, ansonsten hat noch keiner je mit den anderen zusammen gespielt.

Wir haben die ganze Zeit auch ohne Regeln für Player Empowerment Plotelemente, Schauplätze und Figuren eingebracht, welche von Morebytes aufgegriffen wurden und in seinen Plot und seine Welt eingebaut.

Paradebeispiel: Smitty.
Komplett ohne Absprache hab ich irgendwann zu Nightsky gesagt "Komm, lass uns Smitty besuchen gehen. Die kleine Ratte weiß bestimmt irgendwas." Nighstky ist gleich drauf eingestiegen, unsere Chars haben sich IC über ihre Erfahrungen mit diesem Smitty ausgetaischt: "Oh mann, weißt Du noch damals, als..."   "Und was die Kneipe wo der immer rumhängt für ein Drecksloch ist. Dem sollte man mal das Gesundheitsamt auf den Hals hetzen"

Tja, und irgendwann waren wir dann bei Smitty, Morebytes hatte inzwischen ein Bild von dem Guten und dann war wieder klassisches Spiel. Andere NSC oder Locations sind ähnlich von uns eingeführt worden
.
Plotelemente waren dann Dinge wie [SC2 zu SC 1] "Boss, Sehen sie sich mal an, was wir in der Wohnung des Verdächtigen gefunden haben" - und dann auch das einfach erfunden.

Und wir haben dabei den Plot weitergesponnen und nicht gesprengt. Hätte Morebytes nicht das Vertrauen in uns gehabt, dann wäre diese Runde nicht so gut geworden - und das war auf jeden Fall eine der geilsten Runden, die ich je gespielt habe.

Alle eingebrachten Elemente waren "kompatibel", stimmig, passend, wir haben uns keinen unfairen Vorteil verschafft (wir haben den Bösewicht) und niemand hat "aneinander vorbei phantasiert".

Da muss ich doch echt mal den Elch spielen: Wieso könnt Ihr so sicher sein, daß und vor allem WIE es nicht klappt, wenn Ihr es nie versucht habt?

Online Maarzan

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #71 am: 2.05.2006 | 22:21 »
womit wir beim Thema wären:
vertraut man seinen Spielern genung um ihnen zuzutrauen dass sie die Geschichte so entwickeln dass alle Freude daran haben..
oder glaubt man sie machen die Story kaputt weil sie nicht wissen, dass der SL irgendwo im stillen Kämmerlein ne ganz andere Geschichte geplant hat

Es geht nicht um die Story bzw. was noch kommt, es geht um das, was erst teilweise aufgedeckt ist - also war - aber noch unbekannte Anhängsel hat, welche den Sinn späterer Aussagen und Handlungen beeinflussen. Diese Elemente müssen nicht einmal von einem Spielleiter kommen.
Aber wenn Spieler A die Gruppe mit einem Kriminalfall beglückemn will und einige wichtige Hinweise einstreut ohne deren Hintergrund komplett zu erklären, gibt es eben ein Problem wenn Spieler B diese für einen anders gelagerten Spionagefall nutzt (vielleicht weil er sie für Color genommen hat) und Spieler C&D dann in den Fall reinstraucheln, möglicherweise unterstützt von Gedanken der Charktere von A & B und erkennen, daß das am Ende nicht aufgehen kann, weil sich A & B eben nicht abgesprochen haben.

@ Preacher
Es gibt sicher in jeder Welt eine Menge Dinge, die noch nicht festliegen, sondern im Wahrscheinlichkeitsraum der Möglichkeiten schwirren. Und daraus kann sich sicher ohne Probleme bedient werden.
Ich versuche die Spieler sogar vor meinen Spielen dazu zu bewegen, ein paar solcher Hintergrundselemente schon zu kreiieren, um die Charaktere enger an die Spielwelt zu binden und ihnen so etwas von Tiefe oder Leben einzuhauchen.

Probleme gibt es, wenn etwas mit einem Element kollidiert, welches notwenig ist, um zur aktuellen Situation zu führen. Den Fund am Tatort kann als recht typisches Beispiel dazu zählen. Um die Tat wirklich im Rollenspiel aufklären zu können, muss es einen Tathergang gegeben haben, auch wenn z.B. nur der Effekt selbst sichtbar ist.
Ansonsten weiß keiner, was passiert ist und es kann daher auch keiner mehr für Handlung/Entscheidung oder Auflösung sinnvolle Aussagen treffen. Es gab doch einmal einen Film, wo sich ein Haufen Privardetektive aus allenmöglichen Romanen getroffen haben und dann der Gastgeber ermordert wurde... .

Ich habe meine technischen schlechten Erfahrungen  (technisch im Gegensatz zu Vertrauensproblemen) bei (nicht nur gescheiterten) Versuchen mit freien Rollenspielen, sowie Versuchen mit Spielleiterrotation, Doppelspielleitern und gemeinsamen Weltenbau gesammelt. Wenn es bei letzteren selbst mit vorhergehenden (letztendlich wohl zu oberflächlichen) Absprachen und Diskussionen nicht klappt, sehe ich für spontane Spiele noch schwärzer. Und es lag ja nicht mal unbedingt an bösem Willen, man hat zum Teil einfach aneinander vorbeigeredet, weil man halt jeweils nur gerade interessante Ideen vor Augen hatte und erst Wochen später festgestellt hat, das man ein paar Grundsteine anders hatte und daher in den Effekten gar nicht kompatibel werden konnte.

Reine Authorstance ist da vielleicht etwas weniger anfällig, aber ich denke jemand, der z.B. einen Detektiv als Charakter oder als Herausforderung gespielt hätte, wäre sicher nicht so erfreut gewesen, wenn er glaubt, daß er auf wandernde, mutierende Ziele schießen muß, bzw. es gar keinen zu entdeckenden Tathergang gibt, bzw. eh noch keinen Täter gibt und alles noch im freien Fluß ist.
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Offline Dash Bannon

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #72 am: 2.05.2006 | 22:44 »
die Möglichkeit das etwas nicht aufgeht besteht aber immer und hat wenig damit zu tun wer den nun erzählt. Natürlich kann eine verteilte Erzählgewalt dazu führen, dass die Story nicht 100% stimmt, muss aber nicht.

Man sollte sich absprechen..dem stimme ich in soweit zu, als dass vorher klar sein sollte was gespielt wird. Soll ein Verbrechen aufgeklärt werden oder gibts ein Spionageabenteuer?
Und natürlich kann es sein, dass ein Spieler ein Plotelement des Spielers B anders weiterverwertet als dieser es vielleicht geplant hat..

Aber genauso wie ich von einem SL erwarte das er den Spieler vertraut erwarte ich auch von den Spielern, dem etwas anderen Mitspieler (dem SL) zu vertrauen, vor allem wenn es sich um ein Kriminalabenteuer handelt, das natürlich einen etwas 'verwinkelten' Hintergrund hat.
Und dann hält man sich vielleicht mit dem Empowern zurück, weil man in dieser Situation (Tatortbeschreibung und das sichern von Beweisen an selbigem) darauf vertraut das der SL hier Pläne hat, die dem Spielspaß der Gruppe dienen.

Es geht beim Empowern ja auch nicht unbedingt darum dass die Spieler den Fund eines Beweisstückes, dessen Analyse und die daraus resultierende Schlussfolgerung komplett selbst beschreiben.
Aber sie können beschreiben, dass da jemand vom Tatort wegläuft, dass sie einen Fetzen roten Stoffes finden usw...
und auch der SL hat ja nachwievor Erzählrecht und wenn das so überhaupt nicht zur Story passen will, kanns ja erstmal ins Leere laufen oder zu einem 'passenderen' Beweis führen.
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Offline Vanis

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #73 am: 2.05.2006 | 23:07 »
Nein. Was du beschreibst ist vielleicht der Vorschlag einen Schmied dahinzusetzen. Erzählgewalt ist eben das zu tun.

Nur weil die Erzählgewalt in Form einer Frage und obendrein auch noch inplay daherkommt, heißt das noch nicht, dass es sich hierbei nicht wirklich um Erzählgewalt handelt. Was würde es mir als SL bringen, solche Einwürfe abzublocken?

Auf der anderen Seite finde ich es aus Spielersicht überhaupt nicht schlimm, auf bestimmte Bereiche der Handlung keinen Einfluss zu haben. Ich will im Rollenspiel meinen Char ausspielen und über dessen Hintergrund, Kontakte und Ideen usw. Einfluss auf die Handlung nehmen.

Es ist halt doch Ansichtssache, ob es mehr Spaß macht, ein Drehbuch zusammen zu schreiben, oder zusammen einen interaktiven Film zu erleben. Mir persönlich macht letztere Möglichkeit mehr Spaß. Ein gewisses Informationsdefizit auf Spielerseite erzeugt für mich einfach Spannung. Das hat nichts mit mangelndem Vertrauen zu tun (ich vertraue den Spielern, dass es ihnen um Spaß geht und dass sie coole Einfälle haben, die die Handlung weitertreiben), sondern mit der bewussten Entscheidung, dass sich der SL ein spannendes Abenteuer ausdenkt und die Spieler Spaß dran haben, dieses durch ihre Einfälle zu ergänzen und zu lösen.
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Offline Arkam

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Re: seinen Spielern vertrauen
« Antwort #74 am: 3.06.2006 | 13:05 »
Hallo zusammen,

ich vertraue den meisten meiner Spieler vorbehaltslos. Bei manchen meiner Spieler halte ich lieber ein Auge auf ihren Handlungen und Charaktere weil ich das Gefühl bekommen habe das sie fuschen wollten, aber das ist eine andere Geschichte und soll hier nicht erzählt werden.
Wir haben alle das Rollenspiel als spielleiterbasiertes, crunchiges und regelorientiertes Spiel kennen gelernt.
In dieser Art des Spiels sind wir geübt und der wirkliche Bedarf an Diskussionen wie gespielt werden soll hält sich auf einem annehmbaren Niveau. Wir sind alle berufstätig weshalb uns für das Hobby Rollenspiel nur weniger Zeit als gewünscht bleibt.
Andere Arten zu spielen lehne ich mit diesem Hintergrund nicht ab aber es stellt sich für mich die Frage wieviel Aufwand ich betreiben kann.
Meine Erfahrungen mit erzählorientiertem Rollenspiel habe ich mit Chroniken der Engel nach dem Arkanasystem gemacht. Wir haben alle bei dem Wort Rollenspiel ein mehr oder weniger spielleiterbasiertes, crunchiges und regelorientiertes Spiel erwartet und nichts davon bekommen. Für den Einsatz der Arkana Karten hätten wir als Gruppe Vereinbarungen zum gemeinsamen Erzählen schließen müssen und dafür hatten wir bei genügend Alternativen an spielleiterbasiertes, crunchiges und regelorientierten Systemen keinen Bedarf.
Wie ich den diversen Posts entnommen habe scheint es ja Regeln zu geben die das gemeinsame Erzählen klarer als das Arkana-system unterstützen. Dafür müßte ich aber auf Verdacht als Spielleiter ein System besorgen, einen Erzählansatz finden und dann noch Leute finden die bereit wären einen Teil ihrer knappen Rollenspielzeit für ein Experiment zu opfern. Die finde ich in meiner Gruppe nicht.

Was also bleibt ist solchen Diskussionen wie der jetzigen zu folgen und zu versuchen innerhalb eines spielleiterbasierten, crunchigen und regelorientierten Rahmen Freiräume zu eröffnen.

Etwa indem ich bei Abenteuern die Szenerie aufstelle und den Charakteren volle Freiheit für ihre Handlungen lasse. In meinem derzeitigen Herr der Ringe Abenteuer etwa ist das von mir als Detektivabenteuer gedachte Abenteuer zu einem Militärabenteuer geworden.
Indem ich Handlungen die logisch sind aber von den Regeln nicht unterstützt werden durch Improvisation doch ermögliche. Auch Handlungen die auf Spielerwissen basieren können so einfließen. Bei einem Angriff von Riesenwasserläufern etwa wollte ein Spieler Seife ins Wasser schmeißen um die Oberflächenspannung zu senken und die Viecher damit zum Untergehen zu bringen. Wir haben uns darauf geeinigt das sein Charakter nicht genügend alchimistische Kenntnisse besitzt aber im Notfall eben das Stück Seife doch über Bord geht.
Indem ich auf Feedback und spezielle Wünsche der Leute eingehe und Szenen und Aufträge in meine Kampagne einbaue die die Spieler haben möchten.

Das ist aus meiner Sicht nicht besser oder schlechter als ein erzählorientiertes Rollenspiel aber eben auch eine parallel existierende vernünftige Art zu spielen.

Gruß Jochen
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