Ich möchte euch hier mal unsere letzte Primetime Adventures Runde vorstellen. Wir haben über Teamspeak gespielt und trotzdem eine der coolsten Produktionen ever entwickelt.
Das Setting ist die Budapester Metro, als Vorlage hat uns der ungarische Film Kontroll gedient, den aber nur ich gesehen hatte. Die Protagonisten waren Fahrkartenkontrolleure, die in einer Gruppe halt in den U-Bahnen die Fahrkarten der Passagiere kontrollierten.
Die Charaktere waren folgende:
- Sergej, ein Adrenalin Junkie, der immer auf der Suche nach dem Kick ist (Issue). Connection: Zugführer (lässt ihn auf den Zug), Sanitäter (Behandelt öfte seine Verletzungen); Edges: Trainsurfer
- Ustvan Orbosh, ein farbiger und äußerst kräftiger Typ mittleren Alters. Sein Issue: er hasst Leute, die ihm keinen Respekt zeigen und da in manchen Situationen voll aus
- Karoly Nagy ist der älteste und erfahrenste Kontrolleur, der es nicht lassen kann jedem auf die Nase zu binden, dass "früher alles besser war". sein Issue: penetrant, versucht durch seinen Beruf, sein geringes Selbewußtsein aufzuwerten (nur in der Uniform traut er sich bestimmte Sachen), Connection Sicherheitspersonal
Das waren die Charaktere. In der zweiten Session tritt noch ein anderer Protagonist auf, aber nur kurz, weil er von einem Freund gespielt wurde, der aus Peru zugeschaltet war. Leider hatte er zu Beginn technische Schwierigkeiten und musste verfrüht weg.
Ich sollte vorher noch erwähnen, dass wir uns darauf geeinigt hatten, keine Serie zu produzieren, sondern nur einen Film. Den Protagonisten wurden für diesen Film 2 Punkte Screen Presence zugeteilt. Der gesamte Film wurde in zwei Spiel-Sessions gespielt.
Der erste Teil befasste sich hauptsächlich mit alltäglicheren Dingen der Fahrkartenkontrolle und so. Hervorheben will ich hier vor allem, dass es in der U-Bahn in letzter Zeit häufiger zu Selbstmorden gekommen ist. Zunächst scheint es so, als ob es Selbstmorde sind, doch es wird sich als falsch herausstellen.
Eine der wohl wichtigsten Szenen des ersten Teils ist eine Fahrkartenkontrolle in einer U-Bahn, wo die Protagonisten direkt mit ihren Issues konfrontiert werden. So steht Ustvan zum Beispiel einer Gruppe japanischer Touristen gegenüber, die auf seine Aufforderung in keinster Weise eingehen und nur nervige Fotos schießen. Karoly kontrolliert die Karte einer sehr alten Dame, die jedoch abgelaufen ist. Auch die Senilität und Gutmütigkeit lässt ihn nicht davon abbringen, die arme alte Frau mit einem Bußgeld und einer Verwahnung zu versehen.
Alles in allem „passiert“ hier noch nicht wirklich was. Die Protagonisten werden vertieft, Spannungen bauen sich untereinander auf. Aber dennoch war der erste Teil dadurch nicht langweilig, was nicht zuletzt auch an dem genialen Cliffhanger, den ein Spieler eingeleitet hat, liegt:
Ich bekomm die coole Beschreibung und die Schnitte nicht mehr ganz auf die Reihe (da muss man dabei gewesen sein ;-)). Die Protagonisten sind in einer U-Bahn und kontrollieren, als plötzlich ein alter, verschrobener Mann vor sich hinsagt: „Es wird etwas schreckliches geschehen!“ Einen Sekundenbruchteil später, bricht der Tunnel zusammen, die Bahn entgleist. Es gibt viele Verletzte, auch die Charaktere sind etwas mitgenommen… doch der komische Mann ist nirgends mehr zu sehen.
Hier endete der erste Teil und wir einigten uns, Next-Week-on´s zu posten.
In der Woche darauf wurde der zweite Teil gespielt. Ein paar Worte vorweg: Das Spiel kam erst schleppend in Gang, wurde dafür nachher aber umso geiler und temporeicher.
Es wurde seeeehr viel über die Szenen, mögliche Zusammenhänge und Konflikte kommuniziert. Das fand ich recht interessant, weil wir gegen Ende quasi, wie Drehbuchautoren diskutierten, in welche Richtung das ganze gehen könnte/würde. Auch während der Szenen kamen immer wieder Vorschläge, was passieren könnte, was noch geiler wäre usw.
Teilweise entstanden so schon auf dem Reißbrett zukünftige Szenen à la „Dann muss aber unbedingt noch eine Szene kommen, in der…“ oder „Ja geil, ich weiß schon was cooles, was daraus werden kann!“
Diese Phase hat mir persönlich viel Spaß gemacht. Das ganze bekam richtig Form und alles hatte nachher einen sehr coolen Zusammenhang… Doch nun gut geschwafelt, ich fasse die Ereignisse noch mal zusammen:
Nach einem kurzen Intro, in dem Sergej im Bad, noch gekennzeichnet von dem Unfall, anfängt zu grinsen und sagt: „Na, endlich passiert hier mal was!“ Karoly kommt mit einigen Verwundeten herein und hört dies, was dazu führt, dass Sergej vom Boss eine schöne Abmahnung bekommt („Die Metro ist durch die vielen Selbstmorde schon in Verruf gekommen, da können wir einen Mitarbeiter wie dich in den Schlagzeilen erst recht nicht gebrauchen!“).
Es folgt eine Szene, die ich etwas ausführlicher beschreiben möchte:
Ustvan, Karoly und Sergej fahren die Rolltreppe herunter auf dem Weg zur Arbeit, als Sergej den komischen Mann, der kurz vor dem Unfall aufgetaucht ist, auf der Rolltreppe nach oben bemerkt. Dieser grinst nur und scheint die Protagonisten gar nicht zu bemerken, also springt Sergej herüber und verfolgt ihn, verliert ihn jedoch kurz darauf aus den Augen. Derweil sind Ustvan und Karoly unten am Bahnsteig. Neben ihnen steht ein Passagier. Als der Zug gerade kommt, taucht aus dem toten Kamerawinkel eine vermummte Person auf und schubst den Typen vor den Zug. Die gleiche Szene wird von einer Überwachungskamera eingefangen, da ist jedoch von dieser Vermummten Person nichts zu sehen und der Passagier wird von irgendetwas unsichtbaren auf die Gleise geworfen. Zurück in der normalen Kameraeinstellung rennen Ustvan und Karoly dem Unbekannten hinterher. Nach einer kurzen Verfolgungsjagd, werfen sie ihn zu Boden. Die Kamera fängt nur die Gesichter der beiden ein, als sie die Kapuze zurückziehen: Entsetzen, Furcht, Ungläubigkeit! Ausblende… dann ist das Gesicht des auf dem Boden liegenden zu sehen: Sergej, jedoch ist sein Gesicht krampfartig entstellt. Schnitt!
Sergej kann seine Freunde davon überzeugen, dass sie ihn nicht verpfeifen, sondern dass er nicht ganz Herr der Lage war.
Soweit erst einmal. Die weiteren Ereignisse und die Auflösung, die wir uns zurecht gelegt haben, kommt irgendwann in den kommenden Tagen.
Zusammenfassend möchte ich noch erwähnen, dass wir im ersten Teil uns quasi strikt an die Idee von PtA gehalten haben. Reihum wurden Szenen erschaffen, die sich jeweils auf einen Konflikt zuspitzten. Die Konflikte wurden meist schon zu Beginn der Szene als mögliche Option erwähnt. Dann spielten wir die Szene und entschieden uns dann in gemeinsamer Übereinkunft für einen Konflikt. Die Stakes wurden festgelegt und dann wurde gewürfelt.
Im zweiten Teil haben wir zunächst dieselbe Schiene verfolgt. Doch je mehr es sich dem Schluss näherte, je mehr das Ganze zu einer komplexeren Einheit wurde, desto mehr distanzierten wir uns davon. Viele Szenen tauchten auf, die ohne jeglichen Konflikt waren. Aber sie MUSSTEN einfach sein. Auch hielten wir die Reihenfolge der Szenenerschaffung nicht mehr ein, weil einige Spieler keine Ideen mehr hatten. Also wurde gemeinsam gebrainstormt und dann ausgespielt.
Auch wenn somit der zweite Teil sich nicht mehr ganz so strikt an PtA gehalten hat, so hat er doch (zumindest mir) einen Riesen Spaß gemacht! Die ganze Story wurde sehr komplex und dass, obwohl vorher kein Plot ausgearbeitet worden war. Es gab keinen SL, der die „Fäden in der Hand hatte“.
Aber mehr in ein paar Tagen! (Allerdings wollte ich eh mehr das Rumherum beschreiben, wie es zu dem gekommen ist, was letztlich rausgekommen ist. Die Story war zwar auch sehr geil, ist aber etwas schwierig wiederzugeben...)