Autor Thema: Mein Problem mit "Abenteuerspielen"  (Gelesen 41021 mal)

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Offline Falcon

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Re: Mein Problem mit "Abenteuerspielen"
« Antwort #150 am: 8.06.2006 | 01:04 »
Fredi schrieb:
Zitat
Zitat
Zitat von: Falcon am Gestern um 15:00
Skyrocks Erklärung hab ich nun schon in vielen Sympathiebekundungen fürs Rollenspiel gelesen
Echt? Ich fand, dass Skyrock das unglaublich gut auf den Punkt gebracht hat. [...] Die Texte, in denen du das schon mal so gelesen hast, möchte ich auch gerne mal sehen, denn mir ist so was noch nicht untergekommen. Hast du vielleicht mal einen Link?
Nein, damit kann ich dir leider nicht dienen. Das ist viel zu weit verstreut in den Jahren zusammen gekommen. Das ist auch sicher mündlicher Austausch dabei und nicht alles schriftlich, das wollte ich nicht extra erwähnen.

Aber ich habe direkt ein aktuelles bsp. von Bitpicker:
Zitat
Ich kann das Überraschende an dieser Erkenntnis nicht so ganz nachvollziehen;
Und das ist es auch was mir seltsam vorkam, gerade weil du von 20Jahren Abenteuerrollenspiel gesprochen hast. Das ist für mich eben einer der selbstverständlichsten Triebfedern des RPG. Klar, Skyrock hat das sehr gut auf den Punkt gebracht, da stimme ich dir zu, aber ansonsten ist mir das nicht erwähnenswert genug gewesen, daß ich DIR das auch hätte posten müssen. So irrt man sich eben.

insgesamt finde ich deinen Post vom 6.6.06 um 15:46 auch um einiges klarer und besser auf den Punkt gebracht als den Ersten. Einzig der Kernpunkt der Sache, sich an einer Herausforderung aufzuziehen ohne eine persönliche Bindung zum Char aufzubauen (was mir zugegebenermaßen nur sehr schwer gelingt, daher bin ich auch nicht müde es weiter zu versuchen), also eine künstliche emotionale Bindung zu schaffen, finde ich bemerkenswert.
Ich könnte niemals so Spaß am Rollenspiel haben und im PC Spiel erwarte ich sie nicht (und kriege sie ja auch nur in den seltensten Fällen -> Nachteil des PC Spiels).

EDIT: jaja, die Satzstellung.
« Letzte Änderung: 8.06.2006 | 01:11 von Falcon »
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Eulenspiegel

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Re: Mein Problem mit "Abenteuerspielen"
« Antwort #151 am: 8.06.2006 | 02:29 »
Legt eure Definitionen auf meine Aussagen an und sagt mir ob ich Immersionist bin. Ich weiß es nicht.
Ich würde sagen, du bist Sim/Gam Hybride.

Und was die Langeweile bei Tavernensitzungen angeht: Manche stehen halt lieber auf Action-FIlme und andere stehen lieber auf "Gute Zeiten, schlechte Zeiten".
Aber bei beiden tritt eine Identifikation mit dem Protagonisten auf.

Macht aus meiner Sicht aber nichts, denn ob es nun Immersion oder Identifikation ist, die einen mit dem Charakter verbindet, wo wir wohl übereinstimmen, ist der Punkt, dass diese Verbindung im Falle eines CRPGs eher nicht existiert.
a) Ich würde sagen, dass Identifikation und Immersion im Prinzip das gleiche ist. (Immersion ist praktisch eine sehr starke Identifikation. Bzw. Identifikation ist eine schwache Immersion.)

b) Es gibt durchaus CRPGs, wo zumindest ich eine starke Identifikation mit der Hauptperson hatte: Gothic und Deus Ex. (Und teilweise auch bei Baldurs Gate und Arcanum. - Allerdings hier schwächer, weil man eine ganze Gruppe und nicht nur eine einzelne Person gesteuert hat.)

Bei War Craft 3 hatte ich auch schon Identifikationen mit einzelnen Protagonisten. (OK, ist zwar ein Strategie-Spiel, aber die Schicksalsschläge der Helden haben mich schon emotional berührt.)

Offline Bitpicker

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Re: Mein Problem mit "Abenteuerspielen"
« Antwort #152 am: 8.06.2006 | 09:56 »
@Eulenspiegel: Ja, wie gesagt, es sind Punkte auf derselben Skala, aber Identifizierung über ein Ich-Gefühl ist eben niedriger darauf angesiedelt als volle Immersion, und Mitgefühl in dritter Person ist wiederum noch etwas niedriger.

Die anderen Kritikpunkte am CRPG, die ich oben genannt habe, wiegen für mich übrigens schwerer als die mangelnde Identifikation. Hauptsächlich beengt mich die Einschränkung durch den programmierten Plan und der übliche Zwang zur Wiederholung.

Robin
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Offline Fredi der Elch

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Re: Mein Problem mit "Abenteuerspielen"
« Antwort #153 am: 8.06.2006 | 10:11 »
Hey Skyrock,

ich denke, ich verstehe das mit dem Gewinnen und Verlieren. Es ist mehr so ein „Most Valuable Player“-Ding. Man ist ein Team und man will zusammen gewinnen, aber man will auch zeigen, dass man der beste Spieler im Team (oder wenigstens ein unentbehrliches Mitglied) ist. Cojones. Step-On-Up eben. :)

Und Robin hat schon Recht: ich würde das jetzt nicht Immersion nennen (denn auf der Ebene läuft auch meine Identifikation mit meinen Charakteren – mitfühlen, aber nicht sie sein wollen – care, not live there, mein reden seit längerem. Und ich habe immer wieder zu hören bekommen, ich sein eben kein Immersionist.) Aber wie er auch schon sagt: Wurscht eigentlich. Mir ist egal, was nun genau Immersion ist, ich kann mit dem Begriff sowieso wenig anfangen. Und ein anderer Thread wäre das auch noch.

Also: Danke, dass du dir so viel Zeit genommen hast, deine Sicht darzustellen. Vielleicht ist es ja für alle anderen offensichtlich und ich bin der einzige Trottel hier. Aber ich habe ja auch kurz versucht darzustellen, warum mir persönlich der Zugewinn an „Bedeutsamkeit“ (oder wie immer man das nennen mag) bei einer Herausforderung durch Identifikation mit einem Charakter eben immer als weniger wichtig erschien: ich bin eben selbst, als Person, im sportlichen Wettstreit mit meinen Freunden, auch als Personen, schon so in der Herausforderung drin, dass mir die Charakteridentifikation wenig an Zugewinn bringt. Deswegen dort (wo ich mal soziale Komponente will) das Brettspiel als Methode der Wahl. Mir war also nicht so klar, dass es anderen Leuten in Bezug auf die persönliche Herausforderung was bringen kann (mir war schon klar, dass Charakteridentifikation etwas bringen kann, das haben die Immersionisten ja immer behauptet. Aber dass es auf der Ebene „Ich als Spieler gegen Dich als Spieler“, die IMO stark Meta-Ebene und gar nicht Immersion ist, auch was bringen kann… DAS war mir nicht so deutlich).

(kleiner Einschub: komisch eigentlich. Wenn es um Herausforderung geht, bringt mir die Identifikation mit einem Charakter nicht viel und ich wundere mich, dass es anderen was bringt. Wenn es um thematisches Spiel geht, bringt mir die Nähe zu den Charakteren aber sehr wohl etwas und ich wundere mich, warum das für andere Leute nicht völlig offensichtlich ist [und sie mich immer fragen, warum ich denn keine philosophischen Diskussionen führe]. Tja, Perspektivwechsel ist schwer. ;) Aber dennoch: Stoff zum Nachdenken. Und da soll mal einer sagen, dass Diskussionen nicht zum Nachdenken anregen…)

Danke Skyrock! :D
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Zitat von: 1of3
D&D kann immerhin eine Sache gut, auch wenn es ganz viel Ablenkendes enthält: Monster töten. Vampire kann gar nichts.

Offline Dr.Boomslang

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Re: Mein Problem mit "Abenteuerspielen"
« Antwort #154 am: 8.06.2006 | 16:03 »
Mal ganz abgesehen von der sozialen Sache, der Immersion, Identifikation und dem ganzen tollen Zeug. Wenn man das Rollenspiel nur mal als taktische oder sonstige Herausforderung betrachtet, dann bleibt da doch trotzdem noch ein wesentlicher Qualitätsunterschied zu anderen Formen des "Abenteuer"-spiels wie z.B. zu Computerspielen.
Die Vorstellungskraft bietet doch als Medium viel mehr Möglichkeiten als ein festes Programm das (derzeit) kann. Ich spiele im Idealfall mit kreativen und flexiblen Personen und dadurch sind die Problemstellungen und Taktiken zur Lösung doch viel vielfältiger und interessanter. Am Computer erreiche ich das annähernd durch Multiplayerspiele, aber auch dort werden die Möglichkeiten merklich vom Medium begrenzt und nicht von den teilnehmenden Spielern.

Vorrausetzung für diese Flexibilität im Rollenspiel ist allerdings (logischewrweise) eine gewisse Flexibilität der Spieler. Spielt man ein extrem explizites System, das man nur Schritt für Schritt in seiner Mechanik ausreizt, dann erreicht man da auch irgendwann die Grenzen dieses Systems. Irgendwann "knackt" ein Powergamer eben jedes System. Wenn es sich (spätestens) dann nicht verändert oder anpasst, wird Potential verschenkt.
Dies ist ein Punkt der schon lange bekannt ist. Benutzt man nur feste Mechaniken als wesentlichen Spielinhalt, kann man meist gleich Computer spielen und hat dann viele weitere Vorteile ohne wesentlichen Verlust.

Was ich hier beschreibe ist natürlich eine "SIS-intensive" Form des Spiels, man argumentiert aus der gemeinsamen Vorstellung heraus. Dabei verwendet und verändert bzw. schafft man ein stark implizites System.

Du als SIS-Purist hast wahrscheinlich garnicht über diese Möglichkeit nachgedacht, aber es gibt Leute die so spielen, ich habs gesehen :)

Offline Skyrock

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Re: Mein Problem mit "Abenteuerspielen"
« Antwort #155 am: 8.06.2006 | 17:22 »
Zitat von: Eulenspiegel
Ich würde sagen, du bist Sim/Gam Hybride.
Bitte tu mir einen Gefallen und laß hier GNS draußen :P
Ich habe es jetzt nach vielen Monaten harter, ernsthafter Arbeit aufgegeben, den Threefold im Ron-Edwards-Remix zu verstehen, mal ganz davon abgesehen dass ich die Breite der "Schubladen" für zu unterschiedlich und die Trennung zwischen G, N und S für zu schwammig halte um daraus einen praktischen Nutzen für mein Spiel ziehen zu können.
(Bevor ich damit die Verteidiger der Theorie auf den Plan rufe: Nein, das ist kein plumpes Theoriebashing. Ich finde die anderen Teile des Big Model und die meisten Spiele die in der Schmiede entstehen interessant, aber GNS halte ich für von Grund auf vermurkst und eher der Verwirrung als der klaren Kommunikation dienlich.)

Zitat von: Eulenspiegel
Und was die Langeweile bei Tavernensitzungen angeht: Manche stehen halt lieber auf Action-FIlme und andere stehen lieber auf "Gute Zeiten, schlechte Zeiten".
Ich wäre damals verdammt froh gewesen wenn es GZSZ gewesen wäre: Bei GZSZ gibt es wenigstens noch wichtige NSCs ohne Plotimmunität die man angehen kann, und es gibt haufenweise Konflikte und Intrigen - kurz gesagt, Challenge!
Bei dieser Stimmungsspielrunde gab es wirklich nichts außer stimmungsvoller Atmosphäre und Immersion.

Zitat von: Fredi der Elch
ich denke, ich verstehe das mit dem Gewinnen und Verlieren. Es ist mehr so ein „Most Valuable Player“-Ding. Man ist ein Team und man will zusammen gewinnen, aber man will auch zeigen, dass man der beste Spieler im Team (oder wenigstens ein unentbehrliches Mitglied) ist. Cojones. Step-On-Up eben.
Das ist eine Gewinner-Verlierer-Definition die ich so unterschreiben kann :)
Bei einem Fußballspiel arbeiten alle Mannschaftsmitglieder zusammen, aber jeder will der sein der das entscheidende Tor schießt, für seine geniale Vorbereitung von den Kommentatoren gelobt wird oder den Angriff des feindlichen Stürmers vereitelt. Und keiner will der Depp sein der das Eigentor macht, den Ball dem Gegner vor die Füße spielt oder im Zweikampf so hoch pokert dass er die rote Karte sieht.



Noch ein Gedanke dazu, warum es so wenig offensichtlich ist warum die emotionale Investition den Wettbewerb intensiviert:
Ich denke der Hauptgrund ist einfach dass es zu viele Rollenspiele gibt die sich in die eigene Tasche lügen, was das Spielziel angeht. Viele Rollenspiele die mechanisch auf ARS ausgerichtet sind erzählen einem in den How-to-play-Texten dass es beim Rollenspiel keine Gewinner und Verlierer gäbe, Atmosphäre und Story toll sind und Powergaming schlecht. (Über die Gründe warum das so ist sollte in einem der vielen Stimmungsspielthreads gesprochen werden - zumindest was die Publikationen angeht (nicht unbedingt wie diese Publikationen genutzt werden) halte ich das für eine Tatsache.)

Diejenigen Leute die die Rhetorik schlucken haben gar keinen oder kaum Wettbewerb, womit es erst gar nicht zu Step on up kommen kann, womit ihnen auch nicht bewußt werden kann dass sich der Wettbewerb durch die emotionale Investition ihres Charakters intensivieren läßt.

Viele derjenigen Leute die sich "auf nur bares ist wahres" besinnen werfen das ganze Charakterspiel und die ganze Storytellerrhetorik über Bord, womit sie nur HeroQuest ohne Spielbrett und mit Quellenbüchern erhalten. Auch diese Leute kommen gar nicht erst auf die Idee dass sich der Wettbewerb durch emotionales Investment intensivieren läßt da sie zwar Step on up haben, ihre Charaktere aber letztlich nur hohle Pöppel wie in einem Monty-Haul-Computerspiel bleiben.

Um den Punkt mit der Intensivierung des Wettbewerbs durch emotionales Investment verstehen zu können braucht man Spieler die begreifen dass es beim ARS um Wettbewerb geht und dass Identifikation mit dem Charakter wichtig ist.
Zumindest meine Erfahrung mit der Spielersuche sagt mir dass es schwer ist Spieler zu finden die in Reaktion auf den Widerspruch in ihrem Regelwerk weder in das eine noch in das andere Extrem verfallen sind.

@Boomslang:
Applaus! :D Das ist exakt das was ich mit den Schlagwörtern "Flexibilität" und "Freiheit", wozu mir aber keine ähnlich griffige Erklärung wie die mit dem Charakterspiel oben eingefallen ist
Aus der Höhle des Schwarzwaldschrates - Mein Rollenspielblog

Ein freier Mensch muss es ertragen können, dass seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muss es sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
- Ludwig von Mises