Achtung, dies ist ein längeres Posting.
Auf "
http://tanelorn.net/index.php/topic,25973.0.html" habe ich ein Problem mit einer gewalttätigen Gruppe geschildert;
ist jetzt schon hübsch lange her, drei Monate, und diesen Sonntag wurde dann das Grande Finale gespielt.
Grofafo-Mitglied Zacko hat gebeten, dass ich berichte, wie es ausgegangen ist, daher...
Hier das Ergebnis:
Alle sieben Spieler waren anwesend - wohl, weil es das letzte Mal war, sonst fehlte praktisch immer einer oder zwei.
War etwas komplex zu handlen, sieben ist für meine organisatorischen Fähigkeiten schon eigentlich einer zu viel, aber bitte.
Die Gruppe ging nach einer Seereise an Land und musste laut einer Abmachung mit dem Kaiser, vermittelt durch die Wudan-Kirche, ein dem Kronrat gestohlenes Zauberbuch im örtlichen Tempel zurückgeben, von wo es dann in die Hauptstadt transportiert würde.
Im Gegenzug haben sie den Kaiser von der Backe.
Moralpredigt untergebrachtIm Tempel (es gingen nur zwei Frauen rein) stand ihnen dann ein bereits bekannter kaiserlicher Agent mit zwanzig Mann von der Armee gegenüber; finster drauf, weil sie ihn mal reingelegt hatten. Sie zögerten mit der Übergabe des Buches, weil sie glaubten, sobald sie es nicht mehr hätten, würde er sie töten, forderten erst den Abzug der Soldaten (worüber er lachte und ihnen die Rede verklickern konnte, die ich ihnen unbedingt aufs Auge drücken wollte: Dass sie es sich mit allen verscherzt hatten, keine Freunde mehr hätten und keine Forderungen stellen könnten). Druckmittel "Wir geben dir sonst das Buch nicht" kratzte ihn nicht.
Was er aber eigentlich wollte, war erstens, sicherstellen, dass der Priester das Buch bekommt, zweitens, ihnen Briefe abnehmen, die sie als Freunde des Kaisers ausweist (dem hatten sie mal geholfen, aber Freunde des Kaisers, das waren sie nicht mehr, das hatten sie verwirkt).
Eine von den beiden ging wieder raus (die andere blieb als Geisel) und holte die Briefe - blieb dann lieber draußen, und ein Kollege kam mit den Briefen rein und übergab.
ErpressungsversuchAllerdings versuchte er einen Trick: Er sagte, dass er aus dem Buch zwei Seiten rausgerissen hätte, die würde er nur nach freiem Abzug später per Bote schicken - als kleine Rückversicherung. Der Agent sei doch wohl nicht so dumm, zu glauben, er würde das komplette Buch einfach so bekommen?
(Das mit den Seiten stimmte nicht, die waren komplett vorhanden)
Der Agent gab darauf ein Zeichen, und die Bogenschützen legten - alle - auf den Frechdachs an. Sie mussten halten, während der Agent in aller Gemütsruhe das Buch durchblätterte und suchte, welche Seiten da fehlten. Ohne Seitenzahlen schwierig, und es schien klar, dass das dauern würde.
Ich beschrieb, wie einigen der schwächeren Bogenschützen schon bald die Kraft ausging, und sie zu zittern begannen - gleich würde sich der erste Pfeil lösen.
Als klar wurde, dass ich es ernst meine, schrie der in absehbarer Zeit zum Nadelkissen mutierende Spieler auf und schwor, das Buch wäre komplett.
Das wurde von der Magierin bestätigt und die Gruppe durfte gehen, nachdem der Agent nochmal klargestellt hatte, dass die Chars sich sehr unbeliebt gemacht hatten und dem Kronrat nie mehr in die Quere kommen sollen - beim nächsten Mal würden sie sofort ausgeschaltet werden.
Und: Sollte sich später herausstellen, dass das Buch doch nicht vollständig wäre, dann würde das gesamte Dorf, aus dem drei der Chars stammen, ausradiert und bis zum letzten Knecht niedergemacht werden. Mit Bote schicken wäre zu späte - jetzt lügen und das Blut aller Nachbarn an den Händen haben ... Letzte Chance, die Wahrheit zu sagen ... die Gruppe blieb dabei und durfte gehen.
EndgameDie Gruppe reiste dann nach Norden, zur Konfrontation mit dem "bösen" Magier; es begann langsam, immer heftiger zu regnen, und die Gruppe musste ihre Schusswaffen ordentlich einpacken, damit der Regen sie nicht unbrauchbar machte. Der ganze Plan, den sie hatte, fußte auf der Verwendung von magischen Pfeilen, präperiert mit einem Betäubungsgift.
Auf einer Waldlichtung im Kobold-Gebiet hat der Magier einen magischen Nexus errichtet, ein Drahtgebilde, in dem durch ein Ritual magische Kraft deutlich verstärkt wird, aber weder von außen nach innen noch von innen nach außen wirken kann.
Mit ihm drinnen: Sein alter Genosse, ein junger Killer; draußen: Zwei Zwerge, die ihm als Leibwächter zur Verfügung gestellt wurden, und (verborgen, um eine Tötung aus dem Hinterhalt auszuschließen) der Bruder eines vom Problemspieler ermordeten Sheriffs.
Der Nexus war für die Magierin spürbar als magisches Loch im Universum, magische Ströme zogen dorthin.
Die Spieler lavierten sich kompetent durch einen von Fallen gespickten Pfad dorthin und traten auf die Lichtung. Die Magierin warf zuerst ein Salzfass in Richtung brodelndem Topf, um das Ritual durch Zugabe einer falschen Komponente zu stören - Ping - abgeprallt an der zweiten der drei Gitterreihen. Einer schoss seinen ersten magischen Pfeil ab, Patzer, Armbrust geborsten, aber eine Kollegin packte ihre aus und übergab sie ihm.
Der Magier (im Körper einer entführten Frau, die zu befreien Aufgabe der Gruppe ist) wandte sich ihnen zu und deckte mit einer Bemerkung den Schützen als von ihm eingeschleusten Falschspieler auf, um die Gruppe zu spalten - Fehlanzeige, der Bursche schoss gleich nochmal, traf den Magier auch ins Bein. Der neutralisierte das Gift auf magischem Weg und ging hinter seinem Kessel in Deckung, während die Gruppe gegen die Zwerge antrat.
Guter KampfHier muss ich der Gruppe Lob aussprechen: Einfallsreicher Kampf, wie ich ihn mir schon früher öfter gewünscht hätte. vielleicht weil es dezidiert als die letzte Session, als Schlusskapitel, ausgewiesen war - da trauten sie sich unterhaltsamere Sachen als sonst.
Dem einen Zwerg - er hatte einen Kriegshammer - wich der Problemspieler aus und stieg dann rasch auf den Kriegshammer, als der unten war - damit hatte er klar die Oberhand und machte den Gegner kampfunfähig.
Der zweite Zwerg rannte auf einen anderen Spieler zu, der erreichte zuerst die Tür im Nexus-Käfig und riss sie überraschend auf, dem Zwerg ins Gesicht. Dann folgte ein Standardkampf, in dem es dem Spieler gelang, den Zwerg an beiden Beinen schwer zu verwunden - out.
gutes DuellDer Rächer forderte den Problemspieler zum Duell - dieser nahm an (!) ohne die anderen um Hilfe zu rufen (!) - zumindest vorerst. Die beiden waren gleich gematcht (Spiegel-NPC) und kämpften recht ausgeglichen - als nach einiger Zeit der Problemspieler die anderen zu Hilfe rief, reagierten diese nicht mehr - sie wollten seine Ehre nicht verletzen.
Letzten Endes gewann er das Duell auf ehrliche Art und Weise - und schenkte dem Unterlegenen sogar das Leben (hört, hört!)
Die Magierin neutralisierte sich selbst, als sie versuchte, durch die Nexusgrenze zu zaubern (Backlash).
OpferbereitschaftEine Spielerin opferte eines ihrer magischen Artefakte und riskierte eine Verletzung ihres rechten Armes, sprengte damit ein Loch in den Drahtkäfig und schuf so etwas wie eine zweite Tür. Die einen drangen ein, der Doppelagent, der sich für die Gruppentreue entschlossen hatte, gab Feuerschutz und erwischte den Magier mit einem glücklichen Kopfschuss - out.
Der Killer erwischte eine Spielerin mit einem vergifteten Wurfmesser, aber er fing auch zwei Pfeile ein und ging ex, sie wurde gerettet. Die Gruppe drang bis ins Innerste vor und schüttete den Topf um, um das Ritual auf jeden Fall zu beenden, egal was für eines es sein mochte.
Ergebnis:Kein Opfer in der Gruppe; die Entführte verstümmelt, aber gerettet; der "böse" Magier tot, seine Wachen alle außer Gefecht, aber gar nicht ermordet.
Die Gruppe hat mit all ihren schlechten Angewohnheiten gebrochen.
Zwar wurde mein mühsam aufgebauter
Blutdurst nicht gestillt - nicht ein Char über die Klinge gesprungen! - aber ich freue mich über den Spielstil, den ich genau so eigentlich immer gewollt habe.
Also:
Ein schöner Erfolg, und das wohl hauptsächlich durch die guten Tipps von Euch und den Mitgliedern eines Ami-Forums und äußerst detaillierter Vorbereitung (Vorbereitungszeit war in etwa Spielzeit x 2).
Nächstes Mal dann eine neue Gruppe, ein neues Genre, neue Chancen, neues Glück.