Morality, Humanity, Spiritual Attributes, nennt den Krempel wie ihr es gern hättet. Ihn vielen Spielen finden sich Mechanismen, die eigentlich dazu dienen sollen, innere Konflikte zu motivieren. Leider funktionieren nur die wenigsten dieser Mechanismen wirklich gut (Spielleiterwillkür, keine sinnvolle Verknüpfung von Mechanik und Setting, usw.), siehe auch
hier. Besonders nervt mich das bei der nWoD an, weil ich dieses System abgesehen von dem netten, aber irgendwie aufgepropften Moral-Mechanismus für sehr spielbar und vor alllem spielenswert halte.
Da ich heute im Büro hauptsächlich damit beschäftigt bin, Kompilierungsvorgänge zu beobachten und mein Rechner damit nahezu voll ausgelastet ist, hatte ich Zeit, mal ein wenig darüber nachzudenken, wie ich selbst einen Moralmechanismus gestalten würde. Dazu vielleicht erst einmal einige Grundgedanken:
1. Ich möchte nicht, daß der Spielleiter entscheiden darf, was moralisch richtig oder falsch ist. Ich möchte den inneren moralischen Konflikt (wenn auch nicht das allgemeine Thema) individuell vom Spieler festlegen lassen.
2. Der SL muß erkennen können, wie mein moralischer Konflikt aussieht, so daß er in der Lage ist, meinen Charakter in entsprechende Situationen zu versetzen.
3. Ein innerer Konflikt reicht. Vielleicht überwinde ich diesen irgendwann und suche mir einen neuen. Vielleicht auch nicht. Da das Ganze in meinem Fall primär im Rahmen der WoD eingesetzt werden soll, sind gewisse Randbedingungen ja sogar schon festgelegt. Für den Vampir geht es um den schmalen Grad zwischen Mensch und Tier, für den Werwolf um die innere Harmonie zwischen animistischem Geist und menschlich-physischer Natur. Für den normalen Menschen geht es wahrscheinlich am ehesten darum, wie nah oder fern er, vom Denken und Handeln her, der „normalen“ Gesellschaft ist.
4. Ich habe im jedem Konflikt zwei extreme Positionen, zwischen denen ich hin und her pendeln kann.
5. Der Spieler soll dafür belohnt werden, daß er seinen inneren Konflikt angeht.
Wie könnte ein entsprechender Mechanismus nun aussehen? Zum Beispiel für Vampire?
Fangen wir mal mit einer Skala an. Wir teilen diese in elf Stufen (0-10) ein, auf Stufe 10 landet Menschlichkeit, auf Stufe 0 Tier. Die 5 liegt genau in der Mitte und ist somit ein guter Startwert. Jetzt ist der Spieler gefordert: Er soll sich fünf Dinge überlegen, die den Charakter „zum Menschen“ (a.k.a. „Dinge, die ich nie machen würde“) machen, und fünf Dinge, die ihn „zum Tier werden“ lassen. Diese Dinge müssen nicht nach „Stärke“ sortiert werden. Sie sollten sich nur nicht in ihrer Bedeutung zu stark überschneiden.
Die letztendliche Liste geht nun in Kopie an den SL, der sich alsdann zu bemühen hat, den Spieler mit Situationen zu konfrontieren, die entweder
a) Etwas auf die Probe stellen, was der Spieler als menschlich definiert hat.
b) Den Charakter mit etwas konfrontieren, was ihn möglicherweise zum Tier werden läßt.
In beiden Fällen kann der Charakter eine Stufe seiner Menschlichkeit verlieren. Bei a) passiert das, wenn er die Grenze, die der Spieler definiert hat, übertritt. Bei b) passiert das, wenn er dem inneren Tier freien Lauf läßt. Verliert der Charakter Menschlichkeit, so streicht er eine „menschliche“ Eigenschaft aus und ersetzt sie durch eine „tierische“. Sinkt die Menschlichkeit auf Null, so erliegt der Charakter vollständig dem Tier.
Bewältigt der Spieler den Konflikt, ohne das sein Charakter Menschlichkeit verliert, so hat eben diese gesiegt. Jetzt einfach eine Stufe auf die Menschlichkeit zu addieren wäre der einfachste Mechanismus, aber zumindest bei der WoD gehen mit hoher Menschlichkeit einige Vorteile einher, also wollen wir es dem Spieler etwas schwieriger machen:
Absolviert der Charakter eine Anzahl von Konflikten in Höhe seiner Menschlichkeit, ohne das er auch nur ein einziges Mal Menschlichkeit verliert, so steigt seine Menschlichkeit auf die nächste Stufe an, er streicht eine „tierische Eigenschaft“ und fügt eine „menschliche hinzu“.
Das wäre es für's Erste. Anmerkungen? Fragen? Kritik?