Nach dem Wochenende und ein paar Reflexionen bin ich zu einem Schluss gekommen, der mir in gewisser weise neu ist. Nämlich, dass ich, zumindest soweit ich diesen Spielstil nach all der Verwirrung und der nebulösen Begriffsfindung bisher verstanden habe, eigentlich ein Anhänger des "Thematischen Spiels" bin, das ich einfach mal als eine Form des Rollenspiels bezeichne in dem menschliche Probleme und Fragestellungen im Mittelpunkt des Spiels stehen. Auslöser war, dass mich Jestocost auf dem Treffen darauf aufmerksam machte, dass der Vampire Char, von dem ich ihm erzählte, eigentlich ein thematischer Charakter ist. Ich habe darüber nachgedacht und zu dem Schluss gekommen, dass das wohl stimmt. Ich habe weiter nachgedacht, über meine anderen Charaktere und bin zu dem Schluss gekommen, dass da ein Muster vorhanden ist, nämlich dass die charaktere, die mir irgendwie nahe gehen, die zu spielen mir spass macht, alle irgendwie mit Themen verhaftet sind, die ich spannend finde.
Bei meinem Ventrue Ritter geht es primär um seine Christlich-Feudalen Werte und wie er sie in seinem neuen Dasein als ein über die Menscheit erhobenes (oder entartetes?) Wesen beibehällt. Im Grunde also um die Zentrale Frage nach Macht und Verantwortlichkeit. Bei meinem Halbelfen-Söldner ging es um ein Ego, dass gegen die Welt anrennt. Im Grunde also auch darum, wie weit ein Individuum wirklich Autonom sein kann. Bei meiner Inais Judicaterin ging es um den Zwiespalt zwischen Mitleid und Gerechtigkeit, bei meinem Dogs Charakter ging es im Grunde um den unbedingten Glaubem um das Gute im Menschen (und dessen Erschütterung). Und bei dem Charakter, der Namensgebend für meinen Account ist, also Minneyar, der eine art Übermensch von seiner Macht her ist, geht es einmal um die frage nach Handlungsmaßstäben für ein fast gottgleiches Wesen, und auf der anderen Seite auch um den Konflikt zwischen dem Bedürfnis aktiv zu werden und der Frage andererseits ob ein übermensch überhaupt in der lage ist positiv gestaltend in Globale Konflikte einzugreifen.
Viele momente im Rollenspiel die mir sehr gut gefielen drehten sich im grunde um die Themen meiner Charaktere - umgekehrt haben mich oft Abende gelangweilt, die das nicht taten. Desweiteren muss ich auch feststellen, dass ich die Aussage von Fredi "Ich spiele um etwas über meine Mitspieler herauszufinden" irgendwie doch unterschreiben kann. Das ist ja gerade das, was Spannend ist - wie wird er Handeln? Und das ist auch das, was mich nervt. Nämlich wenn ein SL mir in meine Handlung reinredet, die ja doch mein, mein und nochmal mein ermessen sein sollte. Doch welchen Schluss ziehe ich daraus? Komme ich jetzt auf DIE LISTE?
Ich weiss nicht. Mögen auch die Momente wo das Spiel wirklich thematisch wurde ein existentieller Bestandteil des für mich positiven Rollenspiels sein, geht es mir doch im Spiel weiterhin hauptsächlich um meinen Charakter, also mein Alter-Ego in der Spielwelt. Es geht mir darum, emotionen zu erfahren, ein intensives Erlebnis zu haben. Das Thema, dass einen Bezug von mir zum Charakter darstellt ist das eine, es ist wichtig, denn der Charakter bin in gewisserweise ich hinter einer Maske. Das Thema und seine Konflikte sind somit ein Quell von Emotionen. Also irgendwie eine Technik. Aber Athmosphäre, wie sie durch zahlreiche kleine Dinge entsteht, die zusammenwirken und ein die Phantasie und Sinne ansprechendes Ganzes ergibt, ist ein weiteres. Eine weitere Technik. Auch müssen Rollenspielsitouationen nicht unbedingt Thematisch sein, um einen starken emotionalen wiederhall zu erzeugen, ausser natürlich man fasst so etwas wie "Wie ist es, wenn man plötzlich gewaltsam seine Familie verliert" oder ähnliche Dinge als "thematisch" auf.
Was ziehe ich daraus für einen Schluss? Keine Ahnung. Der Grundgedanke von Spielen wie Pta macht mich immernoch nicht an und ich halte einen Spielleiter, auch einen der die Handlung zum großen Teil steuert (bzw. strukturiert) immernoch für Sinnvoll. Mir ist es wichtig, nicht nur Erzähler zu sein, sondern in Form meines alter-egos *in* direkt in der Handlung zu sein, statt nur ein Zuschauer zu sein. Ich verachte Colour immer noch nicht, im Gegenteil. Aber ich habe das Gefühl, mir könnte es etwas bringen mich mit thematic Play zu beschäftigen. Ich sollte nochmal Ditv spielen vielleicht. Auf jedenfall ist mir klar geworden, dass thematisches Spiel nichts mit dem halb esoterischen halb pseudoininterlektuellen zu tun hat, als das ich es bisher verstanden habe. Und dass thematisches Spiel garnicht so selten ist, aber selten bewusst stattfindet.
So, jetzt sagt mir bitte nicht, dass ich alles falsch verstanden habe!