Autor Thema: [Forge] Gemeinsamer Vorstellungsraum und individuelle Vorstellungsräume  (Gelesen 11982 mal)

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Offline Dom

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Fredi, was du schreibst, hört sich plausibel an. Ich würde die gegebene Definition von "Norm" genau so verstehen.

Ansonsten: Interessant ist, glaube ich, vor allem die Frage von Vermi:
Zitat
Was mich sehr interessieren würde wären deine Schlussfolgerungen aus diesen Beobachtungen für das Design von Abenteuern und Rollenspielen.
Also quasi: Was bringt uns das? ;)

Offline Lord Verminaard

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Moderationspost: Fredi und cmdlightning: Das reicht jetzt. Zickt euch meinetwegen per PM weiter an. Gaukelmeister hat sich viele Gedanken gemacht und ein sehr interessantes Thema gestartet, und darüber wird hier geredet und nicht darüber, wer von euch beiden evtl. ein Arsch ist. Vielleicht ist es eine gute Idee, wenn ihr beide erstmal andere zu Wort kommen lasst. Danke für die Aufmerksamkeit.
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Eulenspiegel

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Ich sehe es so, dass der SIS selber keine Konvention ist. - Man kann sich aber auf Konventionen innerhalb des SIS einigen. - So wäre es zum Beispiel eine Konvention, wenn man sagt: "Die Orks bei uns sind immer grün." oder auch: "Die Bösewichter sind bei uns immer sofort als Bösewichter zu erkennen."

Konventionen können also helfen, bei einer Gruppe einen größeren SIS aufzubauen. (Weil man nicht mehr jedes Detail des SIS einzeln regeln muss, sondern viel über Konventionen geregelt wird.) - Der SIS selber ist aber keine Konvention.

Offline Gaukelmeister

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Aber diese Spannung, die du ansprichst, liegt primär nicht in den unterschiedlichen Vorstellungswelten der Spieler begründet, sondern in den unterschiedlichen Interpretationen des Geschehens durch die SCs.
[...]
Wenn man das ganze jetzt mit der "Denkblase" spielt, wissen alle Spieler, was Sache ist, und sehen, wie sich da ein möglicher Konflikt aufbaut

Die Sache mit der Denkblase, hätte ich gerne näher erklärt: Wird die Blase an die Köpfe der Spieler oder an die Köpfe der Charaktere drangezeichnet? (also Spieler- oder Charakterüberlegungen?)

Ich muss noch genauer darüber nachdenken, ob Du mich schon überzeugt hast. Was hältst Du von folgender Fortentwicklung des Priester-Beispiels: Priester flieht; Charakter A, Charakter B und Charakter C denken etwas Unterschiedliches darüber. Die Spieler stellen ihre Charaktere so dar, dass sich innerhalb der Spielwelt ein Konflikt aufbaut. Damit werden die Gedanken der Charaktere Teil des SIS. Bis hierhin bin ich, glaube ich, genau dort, wo Du mich hinhaben wolltest: SC Konflikte ab ins Spiel. Was ist jetzt, wenn einer der Spieler nicht das dargestellt hat, was sein Charakter wirklich denkt (man kann sich gut vorstellen, dass einer der Charaktere seine wahre Meinung nicht äußern will)? Würdest Du sagen, dass der Spieler diese Information OOC auch noch mitteilen sollte? MMn könnte dies zumindest in vielen Situationen zu einem Abbau der Spannung führen (nicht der Spannungen zwischen den Spielern!). Mein Beispiel funktioniert mit allen Situationen, in denen ein Charakter sich irgendwie verstellt. Wenn dies allen Spielern immer bekannt ist, ändert dies in jedem Fall die Wahrnehmung der laufenden Ereignisse. Ich glaube, dass diese Änderung manchmal unerwünscht ist.

In manchen Situationen wissen die Spieler auch nicht, was sie vom Verhalten eines bestimmten Charakters (NPC oder PC) halten sollen. Hier können schnell abweichende Meinungen auf Spielerebene entstehen (NPC/PC ist unsicher, ist verschlagen, will uns reinlegen, hat Angst ...). Diese Unsicherheit der Spieler prägt in der Folge natürlich auch die Darstellung der Charaktere (und führt zu den interessanten PC-Diskussionen). Sich hier sofort auf Spielerebene zu verständigen würde, glaube ich, in vielen Fällen kreative Möglichkeiten verbauen.

Ein Problem sehe ich dann, wenn ein Spieler sich auf seine eigene Lesart derart festlegt, dass er nicht mehr bereit ist, zusätzliche relevante Informationen zu berücksichtigen. Falls aber die Situation am Anfang wirklich offen ist, muss man sie auch auf Spielerebene unterschiedlich interpretieren dürfen. Ich glaube sogar, dass dies in vielen Interaktionen vom SL gewollt ist: wenn er jedes Mal die wirklichen Motive der NPCs mitteilen müsste, wäre es um gewollte Überraschungsmomente dahin. – Jetzt bin ich tatsächlich an einem Punkt angelangt, der mMn anschaulich macht, dass eine möglichst umfassende Angleichung der einzelnen IIS und damit die Maximierung des SIS nicht immer gewünscht. Der SL im klassischen Sinne hat in seinem IIS viele Infos, die er den anderen Spielern nicht einfach möglichst sofort mitteilen sollte – damit wäre dann jedes Abenteuer dahin. Oder?

[...] Spannungen zwischen den Spielern.
Das ist nicht mein Spielziel.

Falls ich in diesem Punkt missverständlich gewesen sein sollte: Mir geht es nicht um Spannungen zwischen den Spielern, sondern um Spannung (wie in „spannende Geschichte“).

Was mich sehr interessieren würde wären deine Schlussfolgerungen aus diesen Beobachtungen für das Design von Abenteuern und Rollenspielen.

Hierzu habe ich mir bisher keinerlei Gedanken gemacht. Ich werde dies nachholen und dann auf Deine Nachfrage antworten. (Deine Links werde ich mir noch anschauen – jetzt will ich möglichst rasch auf die vielen Punkte eingehen, die auch ohne Zusatzliteratur schon aufgekommen sind.)

[...] ich denke, es gibt auch sowas wie implizite Einigung auf Inhalte [...]

Die gibt es auf jeden Fall und die ist extrem wichtig! Ich bin mir halt nicht sicher, wie weit man den Begriff der Implikation fassen kann, so dass man alle Infos des SIS, die wir plausibler Weise drin haben wollen, als implizit mitgeteilt oder mitkommuniziert begreifen kann. Aber vielleicht lässt sich ein sinnvoller und sehr weit reichender Implikationsbegriff entwickeln, mit dem das ginge. Dann könnte man „shared“ vielleicht im Sinne von mitgeteilt/kommuniziert verstehen. Kann ich gerade nicht absehen. 

[...] das steht oben aber nicht, denn du schreibst: "Hinzu kommt, dass auch miteinander inkompatible Vorstellungen der einzelnen Spieler in Ordnung sind, solange diese Vorstellungen mit dem SIS kompatibel sind."  Anders formuliert bedeutet das: "Nur dann, wenn ein IIS mit dem SIS inkompatibel ist, kann es zu Schwierigkeiten kommen."

Du machst mich auf ein Problem aufmerksam, das ich so klar noch nicht gesehen habe. Ich weiß nicht genau, unter welchen Umständen abweichende IIS problematisch sind. Das ließe sich aber gewiss systematisieren. Z.B. kann es nur problematisch sein, wenn es Informationen betrifft, die für die weiteren Ereignisse Bedeutung haben. Außerdem scheint mir, dass es eine sozusagen asymmetrische Problemlage gibt. Derjenige Spieler, der Gestaltungskompetenzen für einen bestimmten Bereich (A) besitzt, wird sich mit seiner individuellen Vorstellung im Konfliktfall durchsetzen (es sei denn, die Gruppe ändert plötzlich die Gestaltungsrechte). Hieraus ließe sich die praktische Konsequenz ziehen, dass sich Spieler in den Details ihres IIS für Revisionen offen halten sollten, die in den Gestaltungsbereich anderer fallen.

Dieser Punkt erscheint mir wichtig zum Verständnis der Relation von IIS und SIS. Vielleicht lässt sich auf diesem Wege auch erkennen, wie es zu Spannungen zwischen den Spielern kommen kann – nämlich dann, wenn sie in ihrem IIS Bereiche modellieren, deren Gestaltung letztlich anderen obliegt. Solange man offen für die neuen Informationen ist, bekommt man kein Problem. Wenn man allerdings starr bleibt, bekommt man ein Problem. In diesem Fall maßt man sich nämlich Gestaltungsrechte an, die einem gar nicht zukommen. (das ist noch nicht ganz bis zum Ende durchdacht, erscheint mir aber ein produktiver Anfang zu sein)

Die "fiktive Welt" ist allerdings ein Problem. Ich würde sie gar nicht definieren, da ich in ihr als Konzept keinen wirklichen Gewinn gegenüber SIS und IIS sehe und sie sowieso schwer zu definieren ist.

Du legst Deinen Finger in die Wunde. Ich kann Dir erst einmal nur meine Intuition entgegenhalten, dass es etwas jenseits der einzelnen IIS und des SIS gibt – eben das, was ich probeweise als fiktive Welt bezeichnen möchte. Ganz ohne jeglichen Backup ist meine Intuition natürlich nicht. Deswegen folgende Überlegung: die Spieler einigen sich darauf, dass ihre Spielwelt durch irgendetwas außerhalb ihrer selbst definiert wird (bspw. „Wir spielen in Forgotten Realms.“). In diesem Fall ist die fiktive Welt nicht einzig und allein durch die Vorstellungen der Spieler definiert, sondern durch Dritte. Stellen wir uns vor, dass die Spieler noch nie über eine bestimmte Sache nachgedacht haben (dass es bspw. in den Realms den Drachenkult gibt). Nun liest einer der Spieler im Campaign Setting einen Abschnitt über den Drachenkult. MMn hat dieser Spieler soeben eine Entdeckung gemacht: er hat herausgefunden, dass es in der fiktiven Welt, in der seine Runde ihr Rollenspiel angesiedelt hat, den Drachenkult gibt. Er hat dies entdeckt, herausgefunden – das heißt: es gab etwas zu entdecken oder herauszufinden. Dies soll nicht heißen, dass er sich mit seinen Mitspielern nicht darauf einigen könnte, dass es in ihrer Spielwelt keinen Drachenkult gibt. Aber dann würden sie eben in den Realms ohne Drachenkult spielen – und wenn sie mit anderen darüber sprechen würden, die auch in den Realms spielen, müssten sie darauf hinweisen, dass sie zwar in den Realms spielen, aber den Drachenkult rausgeschmissen haben.

Die Techniken und Methoden mit denen Spieler der Fiktion bestimmte Eigenschaften verleihen, die für das Spieldesigen essentiell sind, sind ein Themenkomplex, der danach schreit direkt angegangen und diskutiert zu werden.

Wie gesagt, zu Designfragen kann ich noch nichts Produktives beitragen. Aber anschließend an die Ausführungen zur fiktiven Welt, würde ich darauf hinweisen wollen, dass Regelwerke durchaus auch Teile der fiktiven Welt festlegen können, die dann durch die Spieler entdeckt werden können (die also unabhängig von den Spielern existieren). Beispielsweise könnten die Spieler entdecken, dass in einer bestimmten Fiktion Dinge möglich sind, die sie bisher für unmöglich gehalten haben (z. B.: ein Troll kann einen aufgesetzten Kopfschuss mit einer Panzerfaust überleben). Sofern die Spieler die im Regelwerk stehenden Regeln vorher als verbindlich anerkannt haben, müssen sie ihre Vorstellungswelt ändern. (Natürlich haben sie auch bei Regeln die Möglichkeit, sie rauszuschmeißen oder zu verändern.)

Ansonsten: Interessant ist, glaube ich, vor allem die Frage von Vermi:Also quasi: Was bringt uns das? ;)


Bisher bringt es mir ein wesentlich klares Verständnis des SIS, der einzelnen IIS, der fiktiven Welt sowie den Relationen zwischen diesen Elementen. Auf lange Sicht ist das garantiert auch fürs Handwerkliche ein Gewinn.
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Pyromancer

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Die Sache mit der Denkblase, hätte ich gerne näher erklärt: Wird die Blase an die Köpfe der Spieler oder an die Köpfe der Charaktere drangezeichnet? (also Spieler- oder Charakterüberlegungen?)

Bei der Denkblase geht es um Charaktergedanken. Bei WGP hält man sie sich an den Kopf und sagt dann, was der eigene Charakter gerade denkt. Das ist ein extrem cooler Mechanismus!

Zitat
Ich muss noch genauer darüber nachdenken, ob Du mich schon überzeugt hast. Was hältst Du von folgender Fortentwicklung des Priester-Beispiels: Priester flieht; Charakter A, Charakter B und Charakter C denken etwas Unterschiedliches darüber. Die Spieler stellen ihre Charaktere so dar, dass sich innerhalb der Spielwelt ein Konflikt aufbaut. Damit werden die Gedanken der Charaktere Teil des SIS. Bis hierhin bin ich, glaube ich, genau dort, wo Du mich hinhaben wolltest: SC Konflikte ab ins Spiel. Was ist jetzt, wenn einer der Spieler nicht das dargestellt hat, was sein Charakter wirklich denkt (man kann sich gut vorstellen, dass einer der Charaktere seine wahre Meinung nicht äußern will)?

Moooment...
Klar, die Charaktere untereinander können sich anlügen und betrügen und hintergehen und gegeneinander intrigieren, aber welchen vernünftigen Grund könnte denn ein Spieler haben, andere Spieler über die Gedanken seines Charakters anzulügen?

Zitat
Würdest Du sagen, dass der Spieler diese Information OOC auch noch mitteilen sollte?

Ja. OOC-Informationsaustausch ist eine der meist-unterschätzten Techniken im Rollenspiel.

Zitat
MMn könnte dies zumindest in vielen Situationen zu einem Abbau der Spannung führen (nicht der Spannungen zwischen den Spielern!). Mein Beispiel funktioniert mit allen Situationen, in denen ein Charakter sich irgendwie verstellt. Wenn dies allen Spielern immer bekannt ist, ändert dies in jedem Fall die Wahrnehmung der laufenden Ereignisse. Ich glaube, dass diese Änderung manchmal unerwünscht ist.

Manchmal kann diese Änderung tatsächlich unerwünscht sein; in den allermeisten Fällen trägt sie aber positiv zum Spiel bei

Zitat
In manchen Situationen wissen die Spieler auch nicht, was sie vom Verhalten eines bestimmten Charakters (NPC oder PC) halten sollen. Hier können schnell abweichende Meinungen auf Spielerebene entstehen (NPC/PC ist unsicher, ist verschlagen, will uns reinlegen, hat Angst ...). Diese Unsicherheit der Spieler prägt in der Folge natürlich auch die Darstellung der Charaktere (und führt zu den interessanten PC-Diskussionen). Sich hier sofort auf Spielerebene zu verständigen würde, glaube ich, in vielen Fällen kreative Möglichkeiten verbauen.

Hm.
Diese Diskussionen entstehen doch nicht durch die unterschiedlichen IISs, sondern durch im SIS vorhandene unterschiedliche Ansichten der Charaktere.

Zitat
Ein Problem sehe ich dann, wenn ein Spieler sich auf seine eigene Lesart derart festlegt, dass er nicht mehr bereit ist, zusätzliche relevante Informationen zu berücksichtigen. Falls aber die Situation am Anfang wirklich offen ist, muss man sie auch auf Spielerebene unterschiedlich interpretieren dürfen.

Auf jeden Fall. Aber wenn Spieler A sagt: "Mein Charakter glaubt, dass X", und Spieler B sagt: "Mein Charakter glaubt aber, dass Y", dann sind diese unterschiedlichen Interpretationen Teil des SIS.

Zitat
Ich glaube sogar, dass dies in vielen Interaktionen vom SL gewollt ist: wenn er jedes Mal die wirklichen Motive der NPCs mitteilen müsste, wäre es um gewollte Überraschungsmomente dahin. – Jetzt bin ich tatsächlich an einem Punkt angelangt, der mMn anschaulich macht, dass eine möglichst umfassende Angleichung der einzelnen IIS und damit die Maximierung des SIS nicht immer gewünscht. Der SL im klassischen Sinne hat in seinem IIS viele Infos, die er den anderen Spielern nicht einfach möglichst sofort mitteilen sollte – damit wäre dann jedes Abenteuer dahin. Oder?

Das wird maßlos überschätzt. Einige meiner spannendsten Rollenspielmomente der letzten Jahre waren in "Dogs in the Vineyard"-Runden. Das ist ein Rollenspiel, in dem der SL dazu aufgefordert wird, den Spielern alle Informationen in der ersten halben Stunde des Abenteuers vor die Füße zu werfen.  ;)

Aber um mal ein konkretes Beispiel zu bringen, wo ich mir selbst nicht so sicher bin, wie das mit dem IIS und SIS läuft:

Es war eine Con-Runde, die Charaktere waren laut Hintergrundgeschichte schon eine Weile gemeinsam unterwegs, es fällt aber auf, dass eine Spielerin am Anfang kurz mit der SL auf die Seite geht. Dann passieren einige merkwürdige Dinge, und der Charakter A besagter Spielerin verhält sich extrem verdächtig, klaut dann auf einmal das abenteuer-relevante Artefakt und reitet davon. Ein anderer Charakter B nimmt die Verfolgung auf und schafft es schließlich, den fliehenden Charakter A einzuholen und mit einer Armbrust in Schach zu halten. Die beiden unterhalten sich, und A tischt eine halbwegs plausible, nur leicht fadenscheinige Erklärung für ihr Verhalten auf und bittet B, sie gehen zu lassen.
In diesem Moment resultierte die Spannung wirklich daher, dass niemand am Tisch (außer der Spielerin von A und der SL) wusste, was wirklich abgeht, und dass  niemand wusste, welche Entscheidung für B die richtige wäre.

Aber ich sehe hier nicht, wie diese Spannung aus unterschiedlichen IISs resultiert. Klar, Teile des IIS von Spielerin A sind hier noch nicht Teil des SIS, aber eben genau dieses Nicht-Vorhandensein von Informationen ist Teil des SIS. Oder nicht?
Und daher kommt in diesem Falle die Spannung.  wtf?

Offline Gaukelmeister

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Klar, die Charaktere untereinander können sich anlügen und betrügen und hintergehen und gegeneinander intrigieren, aber welchen vernünftigen Grund könnte denn ein Spieler haben, andere Spieler über die Gedanken seines Charakters anzulügen?

Von Anlügen würde ich hier erst einmal nicht reden, weil das die ganze Diskussion in unnötige moralische Fahrwasser geraten lässt. Meistens geht es ja auch gar nicht darum, dass man explizit noch einmal sagt, dass der Charakter sich gerade nicht verstellt. Man spielt einfach seinen Charakter aus - fertig. Die anderen Spieler machen sich dann ein Bild von diesem Charakter. Und den Grund, warum dies durchaus interessant sein kann, lieferst Du in Deinem Beispiel selbst: Wenn ich alle Geheimnisse kenne, gibt es eben keine Geheimnisse mehr. Da ich DITW nicht kenne, kann ich dazu nichts sagen. Aber ich will zurzeit auch noch nicht die starke These vertreten, dass man unterschiedliche Wissensstände oder abweichende Einschätzungen haben sollte. Derzeit begnüge ich mich mit der schwächeren These, dass es diese Abweichungen gibt und dass sie teilweise (häufig?) zum Spielspaß beitragen können.

Manchmal kann diese Änderung tatsächlich unerwünscht sein; in den allermeisten Fällen trägt sie aber positiv zum Spiel bei

Kannst Du mir sagen, wie genau Du Deine starke These begründen willst?

Diese Diskussionen entstehen doch nicht durch die unterschiedlichen IISs, sondern durch im SIS vorhandene unterschiedliche Ansichten der Charaktere.

Dem habe ich genau zu widersprechen versucht. Natürlich gibt es Situationen, in denen die Spieler sich einig sind und nur auf Charakterebene unterschiedliche Perspektiven ausgespielt werden. Aber es gibt auch das Phänomen, dass die Charaktere mit einem NPC umgehen, dessen Verhalten den Spielern nicht ganz klar ist. Natürlich könnte man sich jetzt auch wieder vorstellen, dass die Spieler sich unmittelbar darauf einigen, dass das Verhalten nicht ganz klar ist (sprich, dass die Gründe und Motive des NPCs im Dunkeln bleiben). Aber wieso sollte man stets zu dieser Einigung kommen? Vielleicht erkennt ein Spieler sofort, was da vor sich geht - oder glaubt zumindest, dass er die Lage durchschaut hat. Die anderen tappen im Dunkeln oder laufen in andere Richtungen. Ich sehe nicht, dass es in den meisten Situationen zu einem besseren Spielergebnis führen würde, wenn die Spieler erst einmal ihre IIS miteinander abgleichen.

[...] Das wird maßlos überschätzt.
Da würde ich doch gerne mehr hören. Ich weise gerade auf Situationen hin, in denen ich zumindest nicht sofort eine Abstimmung der gemeinsamen Vorstellungen haben möchte. Da ich bisher in den meisten meiner Spielrunden die Erfahrung gemacht habe, dass unterschiedliche Wissensbestände der Spieler und unterschiedliche Charakterperspektiven, die nicht gleich offenbart werden, zu einer Mehrung des Spielspaßes führen (nicht nur bei mir, sondern auch beim meinen Mitspielern), reicht mir Dein globaler Hinweis nicht aus. Noch einmal: Wie steht es mit Detektivstorys, Intrigen, Lügen, Betrug, Verstellung, Komplott etc. - Du magst das ja alles langweilig finden, aber ich wage zu behaupten, dass es einige Spieler gibt, die gerade solche Aspekte als einen Gewinn betrachten.

Aber ich sehe hier nicht, wie diese Spannung aus unterschiedlichen IISs resultiert. Klar, Teile des IIS von Spielerin A sind hier noch nicht Teil des SIS, aber eben genau dieses Nicht-Vorhandensein von Informationen ist Teil des SIS. Oder nicht?
Und daher kommt in diesem Falle die Spannung.  wtf?

Ich bin mir nicht ganz sicher, was das "Nicht-Vorhandensein" genau bedeutet. Aber Folgendes ist auf jeden Fall vorhanden: Spieler A hat irgendeine Info über seinen Charakter, die niemand anders - außer der der SL - hat. Diese Information ist Teil des IIS von Spieler A. Diese Info ist nicht Teil des SIS. Die anderen Spieler wissen aber auch nicht, dass Spieler A ein Geheimnis hat (sonst wäre vielleicht nur halb so spannend). Aber selbst, wenn sie es wüssten, ändert dies nichts daran, dass die Spieler unterschiedliche Wissensbestände haben und deswegen wesentliche Unterschiede in ihren IIS vorliegen.

By the way: Wahrscheinlich kennt fast jeder Rollenspiel Situationen, in denen die Trennung von Spielerwissen und Charakterwissen irgendwie defekt ist. Für viele Spieler führt diese Erfahrung dazu, dass sie bestimmte Infos nicht haben wollen, weil sie sich dann nicht mehr unbelastet auf die kohärente Darstellung ihres Charakters einlassen können. Ich will nicht sagen, dass das besonders gut oder schlecht ist. Aber ich glaube, man kommt nicht daran vorbei, dass es dieses Phänomen gibt.
« Letzte Änderung: 2.12.2007 | 23:38 von Gaukelmeister »
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Pyromancer

  • Gast
Ich denke, man muss hier klar zwei Fälle unterscheiden:

1) Die IISs der Spieler sind größer als der SIS, aber im Großen und Ganzen mit diesem und untereinander kompatibel. Das schließt den Fall ein, dass ein Spieler oder die SL Geheimnisse hat.

2) Die IISs der Spieler widersprechen sich und sind inkompatibel.

Dass Fall 1) der Standard, unvermeidbar und in manchen Fällen wünschenswert ist, darüber sind wir uns glaube ich einig.

Du behauptest nun, dass Fall 2) auch wünschenswert sein kann, zumindest jedoch nicht schädlich ist. Hab ich dich richtig interpretiert? Falls ja schreib ich später mehr.  :)

Preacher

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Das es eine persönliche Wahrnehmung der Fiktion gibt, ist klar. Dass diese persönliche Wahrnehmung nicht bei allen Spielteilnehmern identisch ist, ist auch jedem klar, der mal in der Schule einen Text interpretieren musste.

'tschuldigung, da muss ich nachhaken:
Ich hatte den Eingangspost so verstanden, daß die Fiktion erstmal auf der individuellen Ebene entsteht und eben nie in ihrer Gänze kommuniziert werden kann. Insofern hinkt mEn der Vergleich mit Textinterpretation: Bei der Textinterpretation liegen allen Interpretierenden die gleichen Daten vor, der zu interpretierende Input kommt von außen. Die Fiktion im Rollenspiel entsteht aber zuerst auf der individuellen Ebene. Das ist ein grundlegender Unterschied.

Oder bin ich da auf dem Holzweg?

Joe Dizzy

  • Gast
Ich hatte den Eingangspost so verstanden, daß die Fiktion erstmal auf der individuellen Ebene entsteht und eben nie in ihrer Gänze kommuniziert werden kann. Insofern hinkt mEn der Vergleich mit Textinterpretation: Bei der Textinterpretation liegen allen Interpretierenden die gleichen Daten vor, der zu interpretierende Input kommt von außen. Die Fiktion im Rollenspiel entsteht aber zuerst auf der individuellen Ebene. Das ist ein grundlegender Unterschied.

Dann war halt die Henne vor dem Ei da.

Das eine vor das andere zu stellen, ist lediglich ein Behelfsmittel damit man sich den ganzen Vorgang vor Augen führen kann. Letztendlich ist die persönliche Vorstellung und die vermittelte Vorstellung der Ereignisse ein gegenseitiges Wechselspiel, dass sich weder eindeutig noch allgemeingültig auf Ursache und Wirkung herunterbrechen lässt.

(Die Textinterpretation hatte ich nur als allen geläufiges Beispiel erwähnt, um zu zeigen wie jeder etwas anderes denken kann und dabei trotzdem über das Gleiche reden.)

Offline Dr.Boomslang

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@Gaukelmeister
Ich finde deine Überlegungen zu diesem noch unbearbeiteten Thema sehr sinnvoll und richtig. Ich mische mich aber erstmal nicht großartig in die Diskussion ein (weil du auch so ganz gut voran kommst ;) ).

Zwei Punkte will ich aber doch mal ansprechen, ich denke da kann ich helfen.

Der erste Punkt ist die Sache mit der Definition des SIS zwischen "gleicher Vorstellung" und "kommunizierter Vorstellung". Das ist beides nicht die klarste Lösung. Da liege ich glaube ich ganz auf Doms Linie. Wir haben dazu gemeinsam auch schon mal etwas entwickelt.

Ich bin mir halt nicht sicher, wie weit man den Begriff der Implikation fassen kann, so dass man alle Infos des SIS, die wir plausibler Weise drin haben wollen, als implizit mitgeteilt oder mitkommuniziert begreifen kann.
Ich gehe in diesem Punkt nach dem vor was aus dem Lumpley Prinzip hervorgeht und würde mich nicht an einer Interpretation des Begriffs "Shared" aufhalten. Nach dem L-Prinzip kommt es auf Einigung der Spieler an. Man könnte dies nun natürlich auch auf "einig sein" erweitern und dann wäre zufällige Einigkeit wieder mit drin.
Ich plädiere aber für eine Interpretation des L-Prinzips nach der es ein "Mittel der Einigung" geben muss. Es ist dann natürlich wünschenswert wenn man zumindest theoretisch auf dieses Mittel weisen und sagen kann: "Hier hat die Einigung auf einen Inhalt stattgefunden", selbst wenn diese implizit stattgefunden hat, also ohne Verhandlung (im weitesten Sinne: also Informationsübertragung, die sich auf die Einigung selbst bezieht).

Es kommt also weniger auf die Kommunikation eines Inhaltes an, als viel mehr auf die Einigung darauf. Eine Einigung auf einen Inhalt kann auch ohne die direkte Kommunikation dieses Inhaltes stattfinden, aber eben nicht durch zufällige Übereinstimmung. Das ist also meiner Ansicht nach genau die Definition die wir brauchen.

Dazu ein einfaches Beispiel:
"Es ist ein sonniger, wolkenloser Tag. Ich sehe zum Himmel. Welche Farbe hat er?"
Ich behaupte hier findet eine Einigung über die Farbe des Himmels in unserer gemeinsamen Vorstellung statt. Man wird in diesem Fall kaum behaupten können, die Farbe sei irgendwie verdeckt kommuniziert worden, es sei denn man definiert Kommunikation eines Inhaltes auch als Verweis auf eine Information die auch ohne die Kommunikation bereits beim Empfänger vorhanden ist. Ich glaube aber nicht, dass dies das konventionelle Verständnis von der Kommunikation eines Inhaltes ist und auch nicht das Verständnis das hier zugrunde gelegt wurde.
Ich glaube aber die Farbe die wir beide uns vorstellen ist mit einer viel höheren Wahrscheinlichkeit identisch, als das bei zufälliger Übereinstimmung zu erwarten wäre. Das nenne ich Einigung. Das Mittel der Einigung ist in diesem Falle zum großen Teil gemeinsame Erfahrung, also im weitesten Sinne Konvention, und ein Verweis auf diese gemeinsame Grundlage aus der wir extrapolieren können. In diesem Fall ist die gemeinsame Quelle (unsere Erfahrung über) die Realität, das ist aber nicht die einzig mögliche Quelle dieser Konventionen. Im weitesten Sinne beinhaltet diese Quelle alles was ich als gemeinsames Wissen voraussetzen kann.
Dieser Zugriff auf die gemeinsame Konvention, wird sehr wohl direkt kommuniziert und damit auch provoziert. Dadurch kann man ein Mittel der Einigung zumindest grob eingrenzen und erkennen, auch wenn die Einigung selbst implizit ist, weil sie durch die Klarheit der Konvention vorausgesetzt wird.


Mein zweiter Punkt betrifft den Unterschied zwischen IIS und SIS und was für Probleme und Chancen darin liegen. Ich glaube hier liegt eine ganz zentrale Dynamik des Rollenspiels verborgen.
Wie du schon sagst, und da stimme ich völlig zu, kann es erwünscht sein dass zwischen IIS und SIS Differenzen entstehen oder aufrecht erhalten werden, es kann aber auch unerwünscht sein und zu Problemen führen. Diese Fälle müsste man genau untersuchen.
Die unerwünschten Fälle lassen sich wie ich das im Moment überblicken kann schon mal in zwei grobe Kategorien einordnen.
Eine davon hast du selbst genannt: Es werden Bereiche im IIS gestaltet, die durch folgenden Austausch mit dem SIS revidiert werden müssen. So eine Revidierung kann unerwünscht sein, vor allem wenn dabei etwas weggenommen werden muss was man schon als sicher angesehen hat. Das Problem ist also: Teile des IIS gestalten auf die der SIS noch Einfluss nehmen kann.
Die zweite Kategorie ist irgendwie der umgekehrte Fall: Teile des IIS nicht (oder nicht ausreichend) gestalten oder kommunizieren, die auf den SIS Einfluss nehmen sollen. Dies beschreibt Vermi in seinem Artikel über Imaginativen Kontext, als "zu wenig Dichte des imaginativen Kontext". Den Artikel solltest du dir mal ansehen.

Dann noch ein Nachwort zu fiktiven Welt. Lass die erstmal weg. Das ist genug für ein eigenes Thema.

Offline Gaukelmeister

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Ich versuche im Folgenden, mein Neuverständnis des SIS zu artikulieren. (Die Anmerkungen von Dom und Dr. Boomslang haben hier einen entscheidenden Anstoß gegeben.) Die Schnittmengendefinition erscheint mir nicht mehr sinnvoll. Leider sind meine Überlegungen in Teilen noch hoffnungslos unscharf. Umso mehr hoffe ich auf weitere Stellungnahmen von Euch.

Ich habe inzwischen auch den Eindruck, dass die Schnittmengen-Definition des SIS nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Ihr großer Pluspunkt ist natürlich, dass es völlig eindeutig ist, was zum SIS gehört – nämlich die und nur die Vorstellungen, die jeder Spieler in seinem IIS hat. Das ist ein klares Konzept – und möglicherweise kann man damit auch irgendwelche sinnvollen Dinge anstellen. Nur welche, weiß ich gerade nicht.

Geht man von der Schnittmengen-Definition aus, ist alles Reden davon, dass irgendein IIS inkompatibel mit dem SIS ist, Unsinn – das habe ich erst heute realisiert. Denn sobald ein Spieler eine Vorstellung A hat, die mit der Vorstellung B inkompatibel ist, gibt es keine Vorstellung B mehr im SIS (es sei denn, der Spieler hat gleichzeitig die inkompatiblen Vorstellungen A und B – aber diese und andere Komplizierungen lasse ich einmal außen vor).

Die Schnittmengendefinition leistet nicht das, was die Idee des SIS eigentlich einfangen soll. SIS ist ein Konzept, das erklären soll, wie es dazu kommt, dass die Spieler gemeinsam eine Imagination/Fiktion entwickeln, obwohl jeder seine eigene Vorstellungswelt hat. Das Problem mit der Schnittmengendefinition ist, dass mit ihr nicht erklärt werden kann, wie die Spieler ihre IIS miteinander koordinieren. Denn die Schnittmenge kommt sozusagen immer einen Schritt zu spät. Existenz haben nur die IIS. Der SIS enthält keinerlei zusätzliche Infos. (Hoffentlich ist das einigermaßen nachvollziehbar ausgedrückt.)

Das Verhalten der Spieler orientiert sich nicht an der mathematischen Schnittmenge der einzelnen IIS, sondern an ihren Überzeugungen darüber, worauf man sich gemeinsam beziehen will. Mir scheint, dass dies der Kritikpunkt von Dom und Dr. Boomslang ist oder dass dies zumindest in den Kontext dieser Kritik gehört. Auf diesem Wege liegt ein Verständnis des SIS, dass sich nicht in einer bloßen Wiederholung von Elementen der einzelnen IIS erschöpft. Mein erster Formulierungsversuch wäre: Der SIS ist die Fiktion, deren Inhalt bestimmt ist durch das, worauf die sich die Spieler bisher als gemeinsamen Bezugspunkt geeinigt haben und was sie gerechtfertigter Weise als stillschweigend zugehörig betrachten dürfen.

Der entscheidende Unterschied zum Schnittmengenverständnis besteht darin, dass nicht mehr vom tatsächlichen Vorhandensein bestimmter Vorstellungen die Rede ist, sondern von den gerechtfertigten Überzeugungen darüber, auf welche Informationen man sich geeinigt hat und welche Informationen stillschweigend als Bestandteile der gemeinsamen Fiktion anzunehmen sind.

Welche Funktion hat der SIS? Der SIS soll gewährleisten, dass die IIS der Spieler so aufeinander bezogen und miteinander koordiniert werden, dass die gemeinsame Entwicklung einer gemeinsamen Fiktion möglich ist.

Wenn der SIS diese Funktion hat, ist die Schnittmengendefinition unbrauchbar. Denn diese Definition sagt nur, was de facto gerade Bestandteil aller IIS ist. Dies ist zwar konzeptuell klar, aber praktisch unbedeutend, weil man nicht wissen kann, was de facto Bestandteil aller IIS ist.

Die Rede davon, dass es zu Konflikten zwischen einem IIS und dem SIS kommen kann, ergibt nur einen Sinn, wenn der SIS irgendetwas über die einzelnen IIS Hinausgehendes ist.

Geht man von der Schnittmengendefinition aus, können nur die einzelnen IIS miteinander im Konflikt liegen.

Definiert man den SIS aber als die Menge der Informationen, auf die sich die Spieler entweder geeinigt haben oder von denen sie annehmen dürfen, dass sie stillschweigend Bestandteil der gemeinsamen Fiktion sind, bekommt man die nötige Bewegungsfreiheit, um von Abweichungen zwischen den einzelnen IIS und dem SIS zu sprechen.

Außerdem ist der so definierte SIS tatsächlich in der Lage, die Koordinierung der IIS zu gewährleisten. Denn auch wenn ein Spieler nicht genau wissen kann, wie der IIS aller anderen Spieler gerade aussieht, kann er wissen, worauf sich die Spieler geeinigt haben und was darüber hinaus gerechtfertigter Weise als stillschweigend vorausgesetzt angesehen werden kann.

Der SIS wird hier nicht mehr durch die IIS der Spieler definiert, sondern durch die Überzeugungen darüber, was man gerechtfertigter Weise als gemeinsame imaginäre Grundlage ansehen darf. Der SIS ist der Ansatzpunkt der Spieler, um von ihren Gestaltungsrechten Gebrauch zu machen.

(O.K., das war zugegebenermaßen nur ein Anfang – aber als solcher vielleicht brauchbar. Was haltet Ihr davon?)

@ Tobias D.
Da ich gerade mein klares, aber wie ich jetzt finde, unbrauchbares Verständnis des SIS zugunsten eines brauchbaren, aber weniger klaren Verständnisses getauscht habe, bin ich nicht mehr ganz sicher, wie ich unsere Diskussion rekonstruieren würde. Aber vor dem bisherigen Hintergrund unserer Diskussion würde ich sagen, dass Fall 2 häufig vorliegt. Z.B.: die SCs stehen vor einer Geheimtür. Die Spieler sind fest davon überzeugt, dass sich hinter der Geheimtür ein verschollener Schatz befindet. Der SL weiß, dass dies falsch ist. Dies ist nicht einfach nur eine zusätzliche Info, sondern eine der Vorstellung der Spieler entgegenstehende Info. Anderes Beispiel: Die Spieler glauben, dass von den Dorfbewohnern keine Gefahr ausgeht. Der SL weiß, dass die Dorfbewohner in der Nacht versuchen werden, die SC zu töten. Mit dem Informationsvorsprung ist hier auch eine Inkompatibilität verbunden. Selbstverständlich muss dies nicht so sein. Häufig ist es für die Spannung ausreichend, dass ein unterschiedlicher Wissensstand vorliegt (wenn die Charaktere bspw. ein Rätsel lösen müssen, reicht es aus, dass nur der SL die Lösung kennt).
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Online Maarzan

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Danach läge der SIS ja unter einer Art FogofWar.
Wir hätten verschiedene IIS und einen momentanen Fokus, welcher einen Teil des zu schaffenden SIS deutlich beleuchtet (als dann echte resultierende Schnittmenge) und zum Rand zunehmend unschärfer wird (scheinbarer SIS). Das Erkennen von dem, was deutlich im Fokus ist, wirkt auf den IIS direkt zurück (Das Dorf hat einen Anführer namens XY, weil der uns gerade so vorgestellt worden ist, ein Bolzen im Bein ist ungünstig, weil dies laut Regeln einen Abzug zur Folge hat, welcher weitere Aktionen mit dem Bein fast unmöglich macht), der neblige Rest fließt interpretierend und frei ergänzend ein (das rote oder blaue Kleid, oder Abschätzungen von "Was ist groß", wenn dies nicht noch geprüft/beleuchtet wird wird).
Man erhält also einen bestimmten Teil des SIS, der allen klar ist - ich würde schätzen, um so deutlicher, um so besser/deutlicher das Regelwerkzeug ist  oder je länger man diesen Teil des SIS schon beackert hat. Darum herum liegt ein Bereich, der nur grob eingebaut wurde und noch Interpretationsfreiheit erlaubt und es so im Detail auch noch Widersprüche zwischen den IIS gibt, die aber nicht unbedingt zum Tragen kommen brauchen, solange keiner mehr einen Fokus darauf setzt.

Probleme kann es dann geben, wenn eine solche unscharfe Stelle später doch noch einmal genauer betrachtet wird und es zu einem Widerspruch in den Erwartungen kommt, der wegen der scheinbar bereits erfolgten Behandlung nicht sofort als zu behandelnder Konflikt erkannt wird, wie es z.B. bei einem neuen Bereich des SIS der Fall wäre.
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Geht man von der Schnittmengen-Definition aus, ist alles Reden davon, dass irgendein IIS inkompatibel mit dem SIS ist, Unsinn – das habe ich erst heute realisiert. Denn sobald ein Spieler eine Vorstellung A hat, die mit der Vorstellung B inkompatibel ist, gibt es keine Vorstellung B mehr im SIS
Stimmt! :o Da sieht man wie neu dieses Thema ist. Das ist bis jetzt keinem aufgefallen, obwohl du die Definition ja schon im ersten Post gegeben hast. Die Schnittmenge der IIS ist in der Tat nicht das was der SIS meint. Der SIS ist erstmal unabhängig von der aktuellen Vorstellung der Spieler. Sonst könnte ja auch ein Spieler einseitig den SIS ändern, indem er sich etwas anderes vorstellt. Solche Aktionen sind aber gar nicht vorgesehen.

Man hätte es aber wissen können, denn Forge definiert den SIS als den "fiktionalen Inhalt der durch Kommunikation etabliert wird". Das L-Prinzip fügt noch einen wichtigen Punkt hinzu, indem es von "Einigung" und einem "Mitteln der Einigung" spricht, woran man erkennen kann, wie diese Kommunikation abläuft und wie letztlich Fakten etabliert werden. Dies sind die zentralen Punkte.
Ich habe das aber auch erst jetzt gesehen, wo du es sagst.

Der SIS ist die Fiktion, deren Inhalt bestimmt ist durch das, worauf die sich die Spieler bisher als gemeinsamen Bezugspunkt geeinigt haben und was sie gerechtfertigter Weise als stillschweigend zugehörig betrachten dürfen.
Das ist dann auch im Wesentlichen der Inhalt des L-Prinzips, ohne die Definition von System, aber plus die genaue Unterscheidung zwischen Arten der Einigung in explizit und implizit (die ich früher schon mal in einer Diskussion über "System" vorgenommen habe). So lange dieser Unterschied egal ist, schlage ich vor weiter einfach von "Einigung" oder "etablierten Fakten" zu sprechen.

SIS ist also die Menge aller fiktionalen Inhalte, auf die sich eine Gruppe geeinigt hat, und die die Spieler so als gemeinsame Basis ihrer individuellen Vorstellungen nutzen können. Es geht in der Tat nicht darum, dass man sich ständig das gleiche vorstellt wie die anderen Spieler, sondern darum dass man weiß, dass die anderen Spieler sich das gleiche vorstellen, wenn sie sich auf den SIS beziehen und falls sie einig sind. Dies kann durch gemeinsame Konventionen oder eben explizite Koordination sein, wobei man argumentieren kann, dass immer Kommunikation beteiligt ist.
Das gemeinsame Wissen der Spieler um die Einigung ist dabei ebenso bedeutend wie das gemeinsame Wissen um die fiktiven Inhalte selbst.
(Ich weiß das hast du größtenteils schon gesagt, ich wiederhole nur nochmal um das nachzuvollziehen und vielleicht zu ergänzen.)

So lassen sich auch die etwas unklaren "Inkompatibilitäten" als Probleme der Einigung identifizieren. Weiterhin gilt aber das bereits darüber gesagte.

Dann kann's ja weiter gehen :)

PS: Da fällt mir noch was zur Beziehung von IIS zu SIS ein. Die Frage die sich mir stellt ist wie weit der fiktive Inhalt im IIS vom SIS abweichen darf. Es könnte ja sogar sein, dass ein Spieler etwas aus dem SIS vergisst und es demnach nicht mehr Teil seines IIS ist. Kann man dann noch sagen, dass die Spieler sich einig über diesen Inhalt sind, er also noch Teil des SIS ist? Dafür würde sprechen, dass sich der Spieler eventuell noch an die Einigung auf diesen Inhalt erinnern kann, wenn er wieder vorkommt und diesen dann problemlos und unbemerkt wieder in seinen IIS übernimmt. Dagegen würde sprechen, dass kaum Einigkeit über etwas herrschen kann, dass sich die Spieler nicht gleich vorstellen.
Ich würde es aber so interpretieren, dass nur Einigkeit herrschen muss, wenn ein Spieler sich einen Fakt vorstellt, nicht aber dass er ihn sich auch die ganze Zeit vorstellen muss. Es gibt aber sicher Fälle in denen ein Fakt so relevant ist, dass eine folgende Einigung auf der Kenntnis des Fakts beruht und somit nicht zustande kommen kann, wenn der Fakt grade nicht im IIS verfügbar ist.
Wir können also nicht wissen wie viel sich die Spieler tatsächlich grade vom SIS vorstellen und das ist auch gar nicht so bedeutend. Der SIS wäre bei dieser Interpretation gar keine eigentlich aktuelle Vorstellung mehr, sondern mehr ein Wissen über bestimmte Fakten.
« Letzte Änderung: 4.12.2007 | 02:04 von Dr.Boomslang »

Offline Gaukelmeister

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Ach, ich freue mich! Wir kommen voran  :)

Man hätte es aber wissen können, denn Forge definiert den SIS als den "fiktionalen Inhalt der durch Kommunikation etabliert wird".

Gut, dass Du darauf noch einmal hinweist. Genau so stelle ich mir die Sache im Augenblick vor: Die Spieler etablieren gemeinsam eine Fiktion. Das Entscheidende ist, dass diese Fiktion, sobald sie einmal erschaffen ist, ein Eigenleben entwickelt. Das heißt, ihre Existenz ist nicht auf Gedeih und Verderb an jeden einzelnen IIS gebunden. Nur weil ein Spieler den Namen des Königs vergisst, ändert sich nicht der SIS – also die gemeinsam etablierte Fiktion.

SIS ist also die Menge aller fiktionalen Inhalte, auf die sich eine Gruppe geeinigt hat, und die die Spieler so als gemeinsame Basis ihrer individuellen Vorstellungen nutzen können. Es geht in der Tat nicht darum, dass man sich ständig das gleiche vorstellt wie die anderen Spieler, sondern darum dass man weiß, dass die anderen Spieler sich das gleiche vorstellen, wenn sie sich auf den SIS beziehen und falls sie einig sind.

Das ist das Entscheidende: die Spieler etablieren einen Bezugspunkt für ihre je eigenen Vorstellungen, der jenseits der konkreten Vorstellungen jedes einzelnen angesiedelt ist.

Das gemeinsame Wissen der Spieler um die Einigung ist dabei ebenso bedeutend wie das gemeinsame Wissen um die fiktiven Inhalte selbst.

Hiermit werden die zufälligen Übereinstimmungen aus dem SIS ausgeschlossen (blaues Kleid – rotes Kleid). Ein Spieler kann sich nicht an diesen zufälligen Übereinstimmungen orientieren (solange sie nicht kommuniziert werden).

Da fällt mir noch was zur Beziehung von IIS zu SIS ein. Die Frage die sich mir stellt ist wie weit der fiktive Inhalt im IIS vom SIS abweichen darf. Es könnte ja sogar sein, dass ein Spieler etwas aus dem SIS vergisst und es demnach nicht mehr Teil seines IIS ist. Kann man dann noch sagen, dass die Spieler sich einig über diesen Inhalt sind, er also noch Teil des SIS ist?

Ich neige im Augenblick dazu, den SIS als das Ergebnis einer Einigung zu verstehen. Ich nehme einfach mal Georgios’ Literaturanalogie wieder auf. Demnach kann man sich den gemeinsamen fiktionalen Bezugspunkt (SIS) wie einen Text vorstellen, der auf dem Tisch liegt. Sobald ein Teil des Textes fertiggestellt ist, bleibt er bestehen, selbst wenn einer der Spieler sich nicht mehr genau erinnert, worauf man sich geeinigt hat. Der SIS ist nach diesem Verständnis nicht abhängig davon, dass die Spieler sich jetzt, in diesem Moment einig sind, sondern davon, dass die Spieler sich einig gewesen sind und damit die Fiktion festgelegt haben. Wäre es anders, bekäme man ganz ähnliche Probleme wie mit der Schnittmengendefinition: ein Spieler hätte die Macht, den SIS einseitig zu verändern; der SIS taugte nur noch bedingt als Orientierungsgröße (da man ja nie sicher sein kann, ob jemand gerade den Konsens aufgekündigt hat) etc.

Dagegen würde sprechen, dass kaum Einigkeit über etwas herrschen kann, dass sich die Spieler nicht gleich vorstellen.

Wie gesagt: entscheidend ist nicht die aktuelle Einigkeit, sondern ein zurückliegender Einigungsprozess, durch den bestimmte Dinge als verbindlich anerkannt worden sind. Natürlich kann man hier wieder Veränderungen vornehmen, aber das kann nur durch einen neuen Einigungsprozess geschehen – und nicht etwa durch die Vergesslichkeit eines Spielers.

Der SIS wäre bei dieser Interpretation gar keine eigentlich aktuelle Vorstellung mehr, sondern mehr ein Wissen über bestimmte Fakten.

Genau, der SIS ist keine Vorstellung mehr - aber er ist auch kein Wissen über bestimmte Fakten, sondern ein vom konkreten Vorstellen abgelöstes Produkt. Das ist der ganze Trick! Zur Koordinierung der IIS kann er natürlich nur herangezogen werden, wenn die Spieler ihn kennen.

Danach läge der SIS ja unter einer Art FogofWar.

FogofWar? – hilf mir auf die Sprünge.

Wir hätten verschiedene IIS und einen momentanen Fokus, welcher einen Teil des zu schaffenden SIS deutlich beleuchtet (als dann echte resultierende Schnittmenge) und zum Rand zunehmend unschärfer wird (scheinbarer SIS). [...]

Vielleicht kannst Du das noch einmal genauer erklären. Meinst Du, dass der SIS unterschiedlich detailliert festgelegt ist und sich deswegen in Bereiche ausdifferenziert, die unterschiedliche Möglichkeiten der weiteren Gestaltung enthalten? Oder geht es Dir in erster Linie darum, dass die Spieler unterschiedlich aufmerksam auf bestimmte Bereiche des SIS sind? Ich habe den Eindruck, dass Du auf einen wichtigen Punkt hinweist, bekomme den aber noch nicht ganz zu fassen.

SIS ist natürlich einfach die Schnittmenge aller Vorstellungen.

Da würde ich jetzt doch gerne ein bisschen mehr zu hören. Immerhin habe ich mich darum bemüht, einige Argumente dazu anzuführen, dass man den SIS nicht als Schnittmenge verstehen sollte (s.o. und letzten Beitrag).

Aber noch einmal zur Klarstellung: Natürlich kann man die Schnittmenge aller IIS bilden. Diese Schnittmenge ist klar definiert. Doch ich habe wie gesagt inzwischen Zweifel, dass man diese Schnittmenge als SIS auffassen sollte - und allgemeiner gesagt sehe ich gerade nicht den Nutzen des Schnittmengen-SIS. Zur Begründung s. o.

Die Definition der SYS als Schnittmenge der IIS ist insofern sinnvoll, als dass sie die Zahl der Themen beinhaltet, über die sinnvoll kommuniziert werden kann (eine gemeinsame Kommunikationsbasis ist die Grundvorraussetzung für Kommunikation. Das ist weithin akzeptierter Grundsatz der Kommunikationstheorie.).

Das stimmt so nicht. Natürlich können wir nur sinnvoll miteinander reden, wenn wir eine gemeinsame Basis haben. Aber selbstverständlich ist es auch möglich, neue Gegenstände in den Diskurs einzuführen. Also: der SIS beinhaltet nicht alle Themen, über die sinnvoll diskutiert werden kann. Der SIS ist eine dynamische Größe, die im Spielverlauf permanenten Veränderungen unterliegt.

Ich finde aber eigentlich die SYS und IIS-Definition lenkt nur vom eigentlichen Thema ab.

Wenn ich Dich richtig verstehe, ist für Dich das „eigentliche“ Thema, welche Effekte die Dynamiken der IIS und des SIS aufs Spielgeschehen und das Spielerleben haben. Das sind natürlich wichtige Themen – über die ja auch schon einiges gesagt worden ist. Allerdings wehre ich mich dagegen, nur den zweiten ohne den ersten Schritt zu tun. Ich will erst einmal klar sehen, wie sich die IIS zueinander verhalten und was sich sinnvollerweise unter dem SIS verstehen lässt. Die Anwendung auf Spielstile und Ähnliches finde ich auch wichtig (deswegen diskutiere ich ja auch so lebhaft mit Tobias D.). Aber die begriffliche Klärung bildet zunächst mein „eigentliches“ Thema.

Zu der ganzen Normsache schweige ich einfach mal. Bisher habe ich nicht verstanden, inwiefern das einen Erkenntnisfortschritt mit sich bringen könnte.

@ allgemein
Wer über den Sinn oder Unsinn von Rollenspieltheorie diskutieren möchte, möge dies bitte in einem anderen Thread tun.
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Offline Dr.Boomslang

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Die Definition der SYS als Schnittmenge der IIS ist insofern sinnvoll, als dass sie die Zahl der Themen beinhaltet, über die sinnvoll kommuniziert werden kann (eine gemeinsame Kommunikationsbasis ist die Grundvorraussetzung für Kommunikation. Das ist weithin akzeptierter Grundsatz der Kommunikationstheorie.).
Ich weiß nicht ob du nun ein "Wissenschaftler der wirklich relevanten Fächer" bist, aber falls das so sein sollte musst du dich jetzt leider nochmal von einem Informatiker belehren lassen.
Wenn du dir nämlich mal die Grundlage der Kommunikationstheorie ansiehst, dann wirst du erkennen, dass die Schnittmengendefinition unzureichend ist. Ich bin mir da sicher weil ich zufällig grade ein Buch zu dem Thema gelesen habe und da geht es genau um diesen "common ground" der aus einer gemeinsamen Basis hervorgeht.
Ich kann es dir aber auch nochmal erklären weil es recht einfach ist, wenn man es sieht.

1. Es ist Information B allen Mitgliedern einer Gruppe bekannt (Soweit so Schnittmenge).
2. Es ist allen Mitgliedern dieser Gruppe bekannt das 1. gilt.
3. B->S (und das ist auch allen Mitgliedern bekannt bzw. mehr oder weniger sicher)

Dann ist B eine Basis für alle Schlussfolgerungen S die damit gemeinsame Grundlage sind. Ein trivialer Fall enthält dann nur die Basis selbst als gemeinsame Grundlage (B->B). Aber wie du ja selbst schon sagtest, sind auch andere Implikationen der gemeinsamen Basis wichtig und eventuell Teil des SIS.
Ohne 2. würde das ganze nicht funktionieren und das ist in unserem Fall die Einigung die ich oben besprochen habe.

Man kann nun noch weiter argumentieren, dass der SIS nun noch ein bisschen was anderes ist als diese gemeinsame Grundlage, aber die Unterschiede werden eher fein sein. Man kann sich z.B. auf die konkrete aktuelle Vorstellung der Spieler beziehen und überlegen ob das als 1. gilt und was noch als 1. gelten könnte.
Ich habe ja oben quasi gesagt damit 1. für den SIS gilt reicht es, wenn ein Spieler etwas weiß, sich es aber grade nicht konkret vorstellt. Im Prinzip finde ich es sogar wichtiger, dass sich ein Spieler an die Einigung erinnern kann, dass also etwas so lange Teil des SIS bleibt wie die Einigung der Gruppe in Bezug auf diesen Fakt besteht.
Aber das ist noch etwas unausgegoren.

Aber das hier beantwortet meine Fragen eigentlich schon größtenteils:
Wie gesagt: entscheidend ist nicht die aktuelle Einigkeit, sondern ein zurückliegender Einigungsprozess, durch den bestimmte Dinge als verbindlich anerkannt worden sind. Natürlich kann man hier wieder Veränderungen vornehmen, aber das kann nur durch einen neuen Einigungsprozess geschehen – und nicht etwa durch die Vergesslichkeit eines Spielers.
Stimmt, das macht die Sache klar. Einigung und ihre Aufkündigung (was man auch eine neue Einigung nennen kann) muss mit einer Kommunikation einher gehen und kann nicht rein gedanklich geschehen, was nicht ausschließt dass die Einigung implizit ist, sie muss nur an eine Kommunikation gebunden sein. Somit ist der SIS eigenständig, aber natürlich nicht völlig unabhängig von den IIS.


Zu Forge nur so viel: Vielleicht macht man das auch bei den wirklich relevanten Fächern anders, aber in dem kleinen Bereich den ich kenne beschäftigt man sich mit dem was schon vorher in dem Fach gemacht wurde, sei es nun um zu erkennen dass es toll oder total blöd ist. Dahinter steht wohl der Ansatz zu vermeiden, dass man etwas wichtiges außer Acht lässt, nur weil man keine Ahnung hat, oder sich für viel schlauer hält als alle vor einem, oder weil ja schon die "eigene" Wissenschaft die ganze Welt viel besser erklärt.
« Letzte Änderung: 4.12.2007 | 11:36 von Dr.Boomslang »

Offline Gaukelmeister

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Natürlich ist die SYS dynamisch, weil beständig neue Informationen hinzukommen. Das steht der Definition als Schnittmenge aller IIS zu jedem beliebigen Zeitpunkt doch gar nicht entgegen. Mir ist nicht klar warum Du das ablehnst.

Das habe ich nicht getan: ich habe Deine These kritisiert, dass der SIS (wieso schreibst Du SYS?) alle Themen enthält, über die man sinnvoll sprechen kann. Ich habe nicht gesagt, dass die Schnittmengendefinition Quatsch sei, weil der SIS dynamisch ist.

Es wurde soweit ich mich erinnern kann mehr als einmal in Frage gestellt, ob die Definition von Begriffen überhaupt sinnvoll ist, ohne zu wissen, wozu diese eigentlich dienen sollen.

Natürlich geht es hier nicht darum, einfach mal so irgendwelche Begriffe zu definieren. Ich versuche Begriffe zu entwickeln, die den Phänomenen angemessen sind, die wir dadurch zu beschreiben und erklären versuchen. Deswegen bin ich beispielsweise von der Schnittmengendefinition abgerückt – meine Argumente könntest Du weiter oben nachlesen. Wenn Du Lust hast, könntest Du Dich mit denen auch auseinander setzen.

Vielleicht ist es auch etwas Müsig über gemeinsam und individuelle Vorstellungsräume zu diskutieren, bevor man überhaupt weiß, was ein Vostellungsraum ist. [...]

Ich würde Dich bitten, genau anzugeben, an welchen Stellen Du die Metapher des Vorstellungsraumes unklar findest. Der globale Hinweis auf etwaige philosophische Diskussion hilft nicht so recht weiter, wenn der konkrete Hinweis auf ein Problem fehlt, dass die laufende Diskussion betrifft. (Aber wenn es Dir wirklich wichtig ist, was hältst Du von „mentale Repräsentation“? Willst Du jetzt darüber diskutieren, was Propositionen sind? Dafür sollten wir einen eigenen Thread starten!)

Schon der Begriff Vorstellung ist derartig philosophisch, dass mich manchmal ein leichtes Schauern überkommt, wenn diverse Theoretiker mit einer mathematischen Pragmatik an die Sache herangehen, die am liebsten eine einfache Formel aus allem machen.

Abgesehen davon, dass der Vorstellungsbegriff tief und fest in den alltäglichen Sprachgebrauch eingebettet ist und es deswegen schlicht falsch ist, ihn primär als philosophischen Begriff aufzufassen, trifft Deine Kritik in keiner Weise die bisherige Diskussion. Du bist derjenige, der derzeit eine mathematisch klar definierte Interpretation des SIS vertritt (Schnittmenge). Einige andere inklusive mir haben die mathematische Klarheit eingetauscht gegen einen noch nicht abschließend definierten Begriff, der den Phänomenen angemessener ist.

@ allgemein
Ich weiß nicht, ob ich mich unverständlich ausgedrückt habe: Bitte diskutiert Sinn und Unsinn von Rollenspieltheorie im Allgemeinen und Forge im Besonderen anderswo. Vielleicht gönnen wir Turning Wheel einfach das letzte Wort dazu in diesem Thread – und wer unbedingt eine Replik geben will, öffnet halt einen neuen Thread.

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Mein HeimInternet ist momentan tot, daher etwa später.

Meine Überlegungen zum SIS beruhen auf Beobachtungen, dass der SharedIS nicht unbedingt so shared ist, wie es Idealerweise der Fall sein sollte. Im Laufe eines Spiels wandert eine Menge Kram in den SIS, aber die Genauigkeit mit der die jeweiligen Elemente betrachtet werden variiert doch deutlich. Manche Dinge werden exakt bemessen und auch mit ähnlicher Sorgfalt kommuniziert, andere nur recht vage umrissen und beiläufig erwähnt– daher auch die Nebelassoziation: im Nahbereich noch deutlich, werden Dinge mit zunehmendem Abstand zunehmend undeutlicher und Details werden durch persönliche Vermutungen zu einem guten  Teil sogar unterbewusst aufgefüllt.
Das fällt in den meisten Fällen auch gar nicht weiter auf, weil diese Vermutungen im Folgenden nie belastet werden. Negativ auffallen tun solche Sachen dann, wenn der Fokus doch einmal auf diese bisher als Nebensächlichkeit eingestuften Elemente fällt (Color wird Handlungselement) und nun plötzlich Differenzen zwischen den IIS aufgedeckt werden, welche dort nicht vermutet werden- schließlich hat man sich ja schon einmal damit befasst.
Um so härter können Nachverhandlungen werden, da diese Elemente ja schon als im eigenen Sinne abgehandelt einsortiert worden sind und darauf aufbauend der IIS oft schon weiter ausgebaut worden ist im Vertrauen auf scheinbar festgelegte Elemente.
Dazu vermute ich Zusammenhänge zwischen der Schärfe und dem Durchmesser dieser Klarzone auf der einen und der Art des formellen Regelsystems bzw. eines tradierten informellen Regelsystems durch langzeitiges Zusammenspiel auf der anderen Seite
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Offline Gaukelmeister

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Ich werde zunächst kurz auf Maarzan antworten und dann den Stand meiner bisherigen Überlegungen zum jetzigen Zeitpunkt der Diskussion in kondensierter Form präsentieren. Anschließend nehme ich noch einen Ausblick vor.

Im Laufe eines Spiels wandert eine Menge Kram in den SIS, aber die Genauigkeit mit der die jeweiligen Elemente betrachtet werden variiert doch deutlich. Manche Dinge werden exakt bemessen und auch mit ähnlicher Sorgfalt kommuniziert, andere nur recht vage umrissen und beiläufig erwähnt

Genau, die Bereiche des SIS werden unterschiedlich detailliert eingeführt und sind dementsprechend unterschiedlich offen und flexibel für weitere Gestaltungen.

[...] und Details werden durch persönliche Vermutungen zu einem guten  Teil sogar unterbewusst aufgefüllt.

Auch hier stimme ich zu: die Spieler entwickeln möglicherweise falsche Annahmen darüber, auf was man sich geeinigt hat. Man sollte aber auf jeden Fall zwei Fälle unterscheiden:
a) der IIS eines Spieler ist reichhaltiger als der SIS – aber der Spieler weiß das;
b) ein Spieler geht fälschlicherweise davon aus, dass bestimmte Elemente des SIS festgelegt worden sind.

Negativ auffallen tun solche Sachen dann, wenn der Fokus doch einmal auf diese bisher als Nebensächlichkeit eingestuften Elemente fällt [...] und nun plötzlich Differenzen zwischen den IIS aufgedeckt werden, welche dort nicht vermutet werden- schließlich hat man sich ja schon einmal damit befasst.

Hier würde ich präzisieren wollen: das Problem sind nicht die Differenzen zwischen den IIS, sondern die unterschiedlichen Annahmen bezüglich des SIS. In meinen Augen sollte man das unterscheiden.

Dazu vermute ich Zusammenhänge zwischen der Schärfe und dem Durchmesser dieser Klarzone auf der einen und der Art des formellen Regelsystems bzw. eines tradierten informellen Regelsystems durch langzeitiges Zusammenspiel auf der anderen Seite

Das hört sich irgendwie plausibel an – vielleicht könntest Du das detaillierter ausführen?

Im Folgenden präsentiere ich mein aktuelles Bild der Lage, so wie es sich im Verlauf der Diskussion herausgebildet hat.

Begriffsbestimmungen:
1. Ein IIS enthält alle (inhaltlichen) Vorstellungen des Spielers über die Fiktion, deren Gestaltung den Gegenstand des Spielprozesses bildet.
2. Der SIS ist der fiktionale Rahmen, auf den sich die Spieler (implizit oder explizit) geeinigt haben. Der SIS ist also das Produkt eines Einigungsprozesses.
3. Eine Funktion des SIS besteht darin, eine hinreichend große Überschneidung zwischen den IIS der Spieler zu ermöglichen, um die gemeinsame Gestaltung und Fortentwicklung der Fiktion zu gewährleisten. (hier ist es natürlich interessant zu klären, ab wann eine Überschneidung „hinreichend groß“ ist)

Dies bedeutet:
4. Der SIS ist nicht die Schnittmenge der einzelnen IIS.
5. Der SIS ermöglicht Überschneidungen zwischen den einzelnen IIS.
6. Dem SIS kommt eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber den einzelnen IIS zu. („gewisse Unabhängigkeit“ ist natürlich noch zu ungenau)

Relationen  der einzelnen IIS untereinander:
7. Zwischen den einzelnen IIS gibt es Überschneidungen und Unterschiede (sprich: die Spieler stellen sich dasselbe vor oder sie stellen sich nicht dasselbe vor).
8. Die Bereiche, in denen sich einzelne IIS voneinander unterscheiden, sind entweder kompatibel oder inkompatibel miteinander.
9. Die Spieler können sich wechselseitig über ihre IIS verständigen.

Relationen zwischen dem IIS und dem SIS:
10. Der Spieler kennt den SIS mehr oder wenig vollständig.
11. Es ist möglich, dass ein Spieler Informationen als Teil des SIS ansieht, die nicht Bestandteil des SIS sind.
12. Im IIS sind die Elemente des (faktischen oder dafür gehaltenen) SIS mehr oder weniger vollständig integriert.
13. Der IIS kann hinsichtlich einiger oder aller Bereiche detaillierter als der SIS sein.
14. Der IIS kann hinsichtlich einiger oder aller Bereiche weniger detailliert sein als der SIS.
(Mischformen sind möglich.)
15. Abweichungen und Unterschiede zwischen dem IIS und dem SIS können dem Spieler bewusst oder nicht bewusst sein.
16. Die Bereiche, in denen sich ein IIS vom SIS unterscheidet, können entweder kompatibel oder inkompatibel miteinander sein.

Worauf man im Spiel achten sollte:
17. Inkompatible Überzeugungen über den SIS sind problematisch (sofern sie sich auf spielrelevante Bereiche beziehen).
18. Unklarheiten über die Gestaltungsrechte des SIS sind problematisch.
19. Inkompatibilitäten zwischen einzelnen IIS sind kein Problem, solange man sich über den SIS und die Gestaltungskompetenzen einig ist. (selbstverständlich könnte es sein, dass unterschiedliche IIS Ausdruck unterschiedlicher Annahmen über den SIS sind – aber das eigentliche Problem ist die Uneinigkeit bezüglich des SIS, nicht das Abweichen der IIS untereinander)

Um Probleme zu vermeiden, sollte man Folgendes tun:
20. Es sollte jedem Spieler der aktuelle Stand des SIS (bezüglich der relevanten Bereiche) klar sein.
21. Es sollte jedem Spieler klar sein, wer welche Gestaltungskompetenzen hat. Man muss wissen, (a) wer welche Veränderungen vornehmen darf und sich (b) für alle möglichen Veränderungen des SIS offen halten, die von anderen legitimer Weise vorgenommen werden können.

Das sind viele Thesen ohne unmittelbare Begründung. Einige Begründungen finden sich in der vorangehenden Diskussion. Anderes erscheint mir unmittelbar plausibel. Ich würde mich darüber freuen, wenn wir darüber nachdenken könnten, wo diese Bestimmungen ein gutes Fundament für die weitere Diskussion bieten und wo nicht. Deswegen bitte ich um konkrete Nachfragen, sofern irgendetwas nicht klar sein sollte, und um Kritik und alternative Vorschläge. Des Weiteren ist es bestimmt notwendig, Ergänzungen vorzunehmen.

Ergänzungsbedarf sehe ich insbesondere (i) bezüglich der Dynamik: Wie funktioniert die Wechselwirkung zwischen IIS und SIS im Detail? Kann man sagen, dass der Default-Case die unmittelbare Anpassung des IIS an die Veränderungen des SIS ist? Unter welchen Umständen findet diese Anpassung nicht, nur unvollständig oder sogar fehlerhaft statt? Wie ist der Weg vom Auftauchen einer Vorstellung im IIS bis zur Integration neuer Informationen im SIS? Muss jede Information, die in den SIS integriert wird, vorher in einem der IIS präsent gewesen sein? etc. und (ii) mit Blick auf Dysfunktionalitäten: Unter welchen Umständen sind Diskrepanzen in den Annahmen über den SIS problematisch? Können unterschiedliche Annahmen über den SIS auch Positives mit sich bringen?

Man könnte auch versuchen, Erlebnisqualitäten zu beschreiben, die sich mit bestimmten Abweichungen zwischen den IIS verbinden (können).

Mit Blick auf die Tatsache, dass man als Spieler auch Rezipient einer Fiktion ist, lässt sich gewiss plausibel machen, wieso die individuelle, von den anderen abweichende Ausgestaltung des eigenen Vorstellungsraumes in der Regel einen Gewinn im Erleben mit sich bringt.

Ihr seht, es gibt noch jede Menge Dinge zu erledigen. Einige der zuletzt angesprochen Punkte sind natürlich auch schon Bestandteil der Diskussion gewesen. Ich gehe aus Platzgründen darauf jetzt nicht direkt ein, würde es aber begrüßen, wenn wir die zwischendurch fallen gelassenen Fäden nun wieder aufnehmen und auf einer etwas klareren Grundlage diskutieren. Ich freu mich drauf.
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Hier würde ich präzisieren wollen: das Problem sind nicht die Differenzen zwischen den IIS, sondern die unterschiedlichen Annahmen bezüglich des SIS. In meinen Augen sollte man das unterscheiden.

Stimmt.

Ansonsten:

Regeln sind im weitesten Sinne wie eine Sprache, sie erlauben es zunächst eben diese Kommunikation über den SIS schneller und genauer zu betreiben, als es mit Händen und Füßen geschehen könnte.
Wer schon lange miteinander spielt, hat diese Sprache schon für sich und diese Gruppe schon entwickelt bzw. kann auf ähnlcihe Kontsrukte zurückgreifen.
Je nach Sprache und ihrem Wortschatz kann diesefür unterschiedlcihe Zwecke unterschiedlich geeignet sein. (Wieviele Worte für Schneegibt es bei den Eskimo?)
Natürlich gibt es Fälle, wo man es so genau gar nicht wissen will, besondere Interessen Mißverständnisse sogar bevorzugen oder man einfach die falsche Sprache oder eine überzüchtete Kunstsprache gewählt hat, die wieder zu behindern anfängt.

Insgesamt ist das aber wohl der Grund warum System matters. Zu dem ergebnis kann man auch irgendwie anders kommen, aber die Kommunikation und Methoden erleichtern einerseits gewisse Vorgänge und legen sie so auch nahe. 
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@Maarzan
Ich stimme Dir zu: Regeln können die Integration von Informationen in den SIS erstens beschleunigen und zweitens die Detailliertheit oder genaue Beschaffenheit der Informationen (mit-)bestimmen.

Hier noch ein paar Anmerkungen zu offenen Fragen und liegen gebliebenen Problemen:

2) Die IISs der Spieler widersprechen sich und sind inkompatibel.
[...]
Du behauptest nun, dass Fall 2) auch wünschenswert sein kann, zumindest jedoch nicht schädlich ist.

Zurzeit lege ich mir die Sache wie folgt zurecht: Wichtig ist, dass die Spieler sich über den SIS (in seinen spielrelevanten Bereichen/Details) einig sind. Solange allen klar ist, wie der SIS beschaffen ist, kommt es nicht zu Problemen. Inkompatible IIS sind nicht unmittelbar ein Problem, sondern nur als Indiz dafür, dass die Spieler sich über den SIS uneinig sind. Deswegen gebe ich Dir Recht: ich vertrete die These, dass inkompatible IIS nicht (per se) problematisch sind.

Nun kann man sich natürlich fragen, welche positiven und negativen Konsequenzen für den Spielprozess und für den Spielspaß mit inkompatiblen IIS verbunden sein können. Auf eine mögliche Problemkonstellation habe ich bereits hingewiesen: ein Spieler ist sich zwar darüber bewusst, dass bestimmte Informationen noch nicht Teil des SIS sind – er hat diese Informationen aber in seinem IIS präsent und geht davon aus, dass der SIS entsprechend gestaltet werden wird. Problematisch ist dieser Fall genau dann, wenn der Spieler selbst gar nicht die Gestaltungsrechte für diesen Bereich besitzt. Stellen wir uns bspw. vor, dass Charakter A gerne NPC B heiraten möchte, weil der Spieler von Charakter A glaubt, dass NPC B seinem Charakter Zutritt in die gehobenen Gesellschaftskreise verschaffen kann. Der Spieler besitzt allerdings nicht die Gestaltungsrechte für NPC B und dessen gesellschaftliches Ansehen (diese Gestaltungsrechte besitzt Spieler B). Wenn sich nun nach der Hochzeit herausstellt, dass NPC B gar nicht Mitglied der königlichen Familie ist, sondern eine Hochstaplerin, die Charakter A in eine Falle locken wollte (was ihr gelungen ist!), wäre es denkbar, dass der Spieler von Charakter A unzufrieden/sauer ist, weil sich die ganze Situation anders darstellt, als er sich das vorgestellt hat (anders als in seinem IIS).

Dieselbe Situation könnte allerdings vom Spieler des Charakters A auch als besonders gelungen empfunden werden – in diesem Fall akzeptiert er die Gestaltungsrechte von Spieler B und genießt dessen gelungenen Gebrauch derselben. Das sich die Situation plötzlich ganz anders darstellt, als er sich das vorgestellt hat, macht für den Spieler gerade den besonderen Reiz der gemeinsamen Gestaltung der Fiktion aus.

Da ich behaupte, dass auch dieses zweite Szenario denkbar ist, hast Du auch in diesem Punkt Recht: Ich gehe davon aus, dass Fall 2 wünschenswert sein kann.

Hab ich dich richtig interpretiert? Falls ja schreib ich später mehr.  :)

Ja, hast Du. Also schreib bitte mehr  ;)

Bei der Textinterpretation liegen allen Interpretierenden die gleichen Daten vor, der zu interpretierende Input kommt von außen. Die Fiktion im Rollenspiel entsteht aber zuerst auf der individuellen Ebene.

Inzwischen sehe ich endlich, dass diese Bemerkung einen der wesentlichen Aspekte des Themas betrifft (manchmal braucht man ja ein bisschen länger, um zu verstehen, wo die interessanten Probleme sich verstecken).  Ich bin mir tatsächlich noch nicht darüber im Klaren, wie die Dynamik der IIS und des SIS ist (dazu hatte ich am Ende meines letzten Beitrags ja auch noch Diskussionsbedarf angemeldet).

Georgios hatte dazu geschrieben:

Letztendlich ist die persönliche Vorstellung und die vermittelte Vorstellung der Ereignisse ein gegenseitiges Wechselspiel, dass sich weder eindeutig noch allgemeingültig auf Ursache und Wirkung herunterbrechen lässt.

Der erste Teil ist natürlich richtig: IIS und SIS stehen in Wechselwirkung miteinander. Ich frage mich aber, ob man nicht doch noch mehr zu dieser Wechselwirkung sagen kann. Man könnte das Problem erst einmal von der aus Frage angehen: Wie gelangen Informationen in den SIS? Sollte die Antwort hierauf lauten, dass nur Informationen, die einer der Spieler in seinem IIS präsent hat, Teil des SIS werden können, dann wäre damit der Ausgangspunkt für das Wechselspiel festgelegt.

Ein anderer Aspekt des Themas betrifft den Umstand, dass jeder Spieler den SIS, sobald er etabliert ist, als Bezugspunkt für die Modellierung seines IIS nutzt. (dies ist ja gerade eines der wesentlichen Merkmale des Rollenspiels: dass man seine individuellen Vorstellungen durch die anderen Spieler beeinflussen lässt)

Wenn ich es mir so überlege, ergibt vielleicht folgende Überlegung Sinn:
Informationen können in beide Richtungen fließen: vom IIS in den SIS und umgekehrt.
Der Informationsfluss erfolgt dabei auf folgende Weise: vom IIS eines Spielers in den SIS und von dort in die IIS der anderen Spieler.

Das heißt: der SIS wirkt auf die IIS eines Spielers deswegen, weil andere Spieler an der Gestaltung des SIS mitwirken. Ist das plausibel?

Aber es gibt doch gar keinen Einigungsprozess. Ein Spielteilnehmer (Sender) kommuniziert etwas und die Empfänger sammeln diese Information. Von Einigung auf Verbindlichkeiten kann hier gar keine Rede sein. Eine tatsächliche Einigung findet doch nur dann statt, wenn im Kommunikationsverlauf offenbar wird, dass jemand eine mangelhafte Diskussionsbasis hat.

Natürlich hast Du Recht, wenn unter einem Einigungsprozess die explizite Einigung im Spielprozess verstanden wird. Aber gehe – im Anschluss an Dr. Boomslangs Vorschlag – erst einmal von einem weiteren Einigungsbegriff aus, der erstens auch implizite Einigung mit einschließt und zweitens auch das Zusprechen von Gestaltungsrechten betrifft. Wenn man sich darauf geeinigt hat, dass ein Spieler bestimmte Gestaltungsrechte hat, dann muss man im Spiel natürlich nicht mehr über Situationen diskutieren, in denen jemand Gebrauch von seinen Rechten macht.

Wie immer freue ich mich über Eure begrifflichen Präzisierungen, kritischen Anmerkungen, weiteren Fragestellungen und Nachfragen.
 
« Letzte Änderung: 7.12.2007 | 18:41 von Gaukelmeister »
Who is Who  Enthüllungen, Halbwahrheiten und Eitelkeiten - der Mensch hinter der Maske

Eulenspiegel

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Zur Entstehung des SIS:
Du hast sicherlich Recht, dass es häufig Daten aus dem IIS sind, die in den SIS wandern.
Manchmal können es aber auch Daten von komplett außerhalb sein, die in den SIS wandern. Beispiel sind zum Beispiel Zufallsencounter: Es wird ausgewürfelt, dass die Heldengruppe zufällig drei Orks sieht. - Die drei Orks waren nie Teil irgendeines IIS. - Stattdessen sind sie direkt in den SIS gewandert.

Joe Dizzy

  • Gast
Beim Wechselspiel zwischen gemeinsamer und persönlicher Vorstellung sollte man auch nicht vergessen, wie dieser Vorgang bei Spielen funktioniert, die z.B. auf einer TV-Serie basieren. Hier existiert die gemeinsame Vorstellung durch die TV-Serie und erst daraus wird die persönliche Vorstellung zusammengesetzt.

Wenn man zusätzlich bedenkt, dass so manche Spielhintergründe von einer Gruppe ähnlich behandelt werden (bekanntestes Beispiel: Metaplot), dann muss man zumindest einräumen, dass die persönliche Vorstellung nur in bestimmten Fällen am Anfang steht.

Ich denke für die Beobachtungen und Überlegungen über diese Vorgänge der Vorstellung macht es in den meisten Fällen nur einen geringen Unterschied, ob man beim einzelnen Spieler oder dem gemeinsamen Spiel ansetzt. Man sollte sich lediglich vor Augen halten, wie stark die Schlußfolgerungen, die man daraus zieht, im konkreten Fall einer Spielrunde angepasst werden müssen.

Offline Gaukelmeister

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Wir hätten dann jetzt also drei Möglichkeiten identifiziert, wie der SIS ausgestaltet wird:
(i) Ein Spieler bringt etwas in den SIS ein (das er in seinem IIS hat).
(ii) Es gibt bestimmte Mechanismen (z.B. Zufallsbegegnungen), die zu einer Gestaltung des SIS führen, ohne dass vorher die IIS der Spieler konsultiert werden müssen (die Spieler müssen nur den Mechanismus anwenden).
(iii) Durch die Festlegung auf eine bestimmte Fiktion, die den Rahmen und den Ort des Spielgeschehens darstellt (z.B. eine TV-Serie), findet eine Gestaltung des SIS statt, die partiell unabhängig von den IIS der Spieler ist, aber in der Folge auf die IIS einwirken kann.

Mich würde interessieren, ob damit die Möglichkeiten der SIS-Gestaltung ausgeschöpft sind oder ob es noch weitere gibt.

Mir scheint Punkt (iii) mit Überlegungen verwandt zu sein, die weiter oben unter dem Stichwort von der "fiktiven Welt" vorgebracht worden sind (Dr. Boomslang möge mir verzeihen, dass ich diesen Begriff nun doch wieder aufgreife  ;) ). Ich hatte diesen Begriff gebraucht, solange ich noch von der Schnittmengendefinition des SIS ausgegangen bin. Sobald man aber den SIS von den konkreten Vorstellungen der Spieler abkoppelt, lassen sich die Informationen, die ich gerne in die fiktive Welt/die Fiktion packen wollte, (zumindest teilweise) als Teil des SIS verstehen.

Ich denke für die Beobachtungen und Überlegungen über diese Vorgänge der Vorstellung macht es in den meisten Fällen nur einen geringen Unterschied, ob man beim einzelnen Spieler oder dem gemeinsamen Spiel ansetzt. Man sollte sich lediglich vor Augen halten, wie stark die Schlußfolgerungen, die man daraus zieht, im konkreten Fall einer Spielrunde angepasst werden müssen.

Hier verstehe ich nicht ganz genau, worauf Du hinaus willst. An welche Schlussfolgerungen denkst Du?
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Kinshasa Beatboy

  • Gast
Zitat
Wir hätten dann jetzt also drei Möglichkeiten identifiziert, wie der SIS ausgestaltet wird:
(i) Ein Spieler bringt etwas in den SIS ein (das er in seinem IIS hat).
(ii) Es gibt bestimmte Mechanismen (z.B. Zufallsbegegnungen), die zu einer Gestaltung des SIS führen, ohne dass vorher die IIS der Spieler konsultiert werden müssen (die Spieler müssen nur den Mechanismus anwenden).
(iii) Durch die Festlegung auf eine bestimmte Fiktion, die den Rahmen und den Ort des Spielgeschehens darstellt (z.B. eine TV-Serie), findet eine Gestaltung des SIS statt, die partiell unabhängig von den IIS der Spieler ist, aber in der Folge auf die IIS einwirken kann.

Da habt Ihr Euch ja nen fettes Thema ausgesucht. Wollte eigentlich meinen Mund halten, aber vielleicht hilft Euch ja bereits nen Stichwort: Transactive Memory bzw. Transaktives Gedächtnis. Da gehts um die Entwicklung eines Gruppengedächtnisses. Hat nur bedingt was mit Vorstellung zu tun, funktioniert aber vielleicht ähnlich. Hier nen Beispiellink (sogar mit Informatik, Boom) zum Thema:

http://www.wjh.harvard.edu/~wegner/pdfs/Wegner%20Computer%20Network%20Model%201995.pdf

Over & out.

EDIT: Schauts Euch einfach mal an. Vielleicht passt es inhaltlich nicht vollständig, lässt sich aber irgendwie anpassen. Der Typ jedenfalls ist nen ziemlicher Brocken, sitzt mittlerweile mit nem riesigen Institut in Harvard und rotzt seit Jahren regelmäßig Paper in Science raus. Da steckt also schon nicht nur Blödsinn hinter.
« Letzte Änderung: 9.12.2007 | 00:37 von Kinshasa Beatboy »