Autor Thema: Euer "Spielleiter - Style"  (Gelesen 8724 mal)

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Offline Schlangengott

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Re: Euer "Spielleiter - Style"
« Antwort #50 am: 25.06.2008 | 13:15 »
Zitat
Gerade den Versuch, RPG als ein Unterhaltungsmedium anzusehen, daß paralell zu Filmen und Büchern zu sehen ist finde ich geradezu hirnrissig.
Im Gegensatz zu 'erzählenden Medien', welchen eine stark gerichtete Kommunikation (Buch -> Leser, Film -> Zuschauer) zu Grunde liegt, lebt doch das Rollenspiel eben genau davon, daß die Kommunikation in alle Richtungen läuft und weitgehen ungerichtet ist.

Ich interessiere mich sehr für die Interessen meiner Spieler und bau sie mit ins Spiel ein, denn ich ich will ja alle unterhalten. Das cineastische Element beschrieb nur das stattfinden einer "spannenden Handlung" - wie diese Handlung zustande kommt ist die Sache von Spielleiter und Gruppe...klar, bin ich auf die Spieler ganz stark angewiesen, das läuft dann anders als im Buch...
"Die Menschen sterben und sind nicht glücklich"

Albert Camus

"Auf jeden Fall ist dieser "Auteur" (Schlangengott) ein echtes Phänomen. Eine Art Rollenspielentwickler-Kaspar-Hauser-Kaiser-Caligula-Chimäre. Da DARF, nein da MUSS man gespannt sein."

Zornhau

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Re: Euer "Spielleiter - Style"
« Antwort #51 am: 25.06.2008 | 14:04 »
Gerade den Versuch, RPG als ein Unterhaltungsmedium anzusehen, daß paralell zu Filmen und Büchern zu sehen ist finde ich geradezu hirnrissig.
Im Gegensatz zu 'erzählenden Medien', welchen eine stark gerichtete Kommunikation (Buch -> Leser, Film -> Zuschauer) zu Grunde liegt, lebt doch das Rollenspiel eben genau davon, daß die Kommunikation in alle Richtungen läuft und weitgehen ungerichtet ist.

Meiner Meinung nach ist das das Besondere an diesem erzählenden Medium, aber kein Argument dagegen, dass es ein erzählendes Medium ist. Es ist postmodernes Geschichtenerzählen: es dient nicht mehr dem Traditionserhalt und es macht jeden Beteiligten zum Erzähler und Zuhörer. Es ist höchst flüchtig, nicht vernünftig aufzuzeichnen, und es ist interaktiv. Wenn Fernsehen usw. interaktiv gemacht würde, wäre es dann kein erzählendes Medium mehr? Ist ein Theaterstück weniger erzählend, wenn das Publikum einbezogen wird?

Robin
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Offline Hr. Rabe

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Re: Euer "Spielleiter - Style"
« Antwort #52 am: 25.06.2008 | 14:51 »
Ich interessiere mich sehr für die Interessen meiner Spieler und bau sie mit ins Spiel ein, denn ich ich will ja alle unterhalten. Das cineastische Element beschrieb nur das stattfinden einer "spannenden Handlung" - wie diese Handlung zustande kommt ist die Sache von Spielleiter und Gruppe...klar, bin ich auf die Spieler ganz stark angewiesen, das läuft dann anders als im Buch...

Ich wollte nicht implizieren, daß du der pure Erzähl-Onkel bist, mir war durchaus bewust (besser: Ich hab es angenommen), daß du dir der Anwesenheit deiner Spieler im Klaren bist.
Aber als Regiseur, der tatsächlich das ZIEL hat, eine coole Geschichte zu erschaffen, setzt du im Streitfall immer die Erzählung vor den Input der Spieler.
Persönlich ecke ich (wenn es nicht eine absichlich so ausgemachte Blödelrunde ist) eben genau immer dann an, wenn ich als Spieler mitbekomme, wie genau diese Entscheidung getroffen wird.
''Geschichte'' in irgendeiner Interpretation, die über 'einen temporalen Zusammenhang der Ereignisse' hinausgeht hab ich nicht.
Weder als SL, noch als Spieler verschwende ich auch nur den Funken eines Gedanken daran. In meiner Welt ist RPG Planspiel und definiert sich aus der Ergebnisoffenheit. Das kann dann natürlich nur mit einer möglichst interresanten und konfliktreichen Welt auch Spass machen.

Aber ich fange an zu schwafeln...
Fakt ist aber, daß deine Aussage, es könne eigentlich nur Regiseure geben, ziemlich falsch ist. ;D


Meiner Meinung nach ist das das Besondere an diesem erzählenden Medium, aber kein Argument dagegen, dass es ein erzählendes Medium ist. Es ist postmodernes Geschichtenerzählen: es dient nicht mehr dem Traditionserhalt und es macht jeden Beteiligten zum Erzähler und Zuhörer. Es ist höchst flüchtig, nicht vernünftig aufzuzeichnen, und es ist interaktiv. Wenn Fernsehen usw. interaktiv gemacht würde, wäre es dann kein erzählendes Medium mehr? Ist ein Theaterstück weniger erzählend, wenn das Publikum einbezogen wird?

Robin

Hm, das wird jetzt ein wenig Off-Topic und Philosophisch, aber kann man nicht nur dann ein erzählendes Medium sein, wenn es etwas zu erzählen gibt?
Wenn ich das 'Zu erzählende' erst in dem Moment 'erschaffe', in dem es ausgesprochen wird (eigentlich sogar erst, wenn es von deinen Zuhörern akzeptiert wird) kann ich doch gar nicht mehr erzählen, weil es nichts zu erzählen gibt, bis ich damit anfange, oder?
Heisenbergsches-Geschichtenerzählen?

Andererseits konnte ich mit moderner und postmoderner 'Kunst' auch noch nie was anfangen, vieleicht bin ich da zu spießig für... ;)

Aber: Wenn Das Puplikum in ein Theater mit einbezogen wird, herscht eben —zumindest die zwei Mal die ich das mitbekommen habe— immernoch die Klare Trennung zwischen Erzähler und Zuhörer/-seher. Außerdem besteht immernoch eine Erzählung hinter dem Medium, die auch ohne das Medium bestand hätte.

Gruß,
Hr. Rabe
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Offline Schlangengott

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Re: Euer "Spielleiter - Style"
« Antwort #53 am: 25.06.2008 | 14:57 »
Zitat
Aber als Regiseur, der tatsächlich das ZIEL hat, eine coole Geschichte zu erschaffen, setzt du im Streitfall immer die Erzählung vor den Input der Spieler.

Zitat
Aber: Wenn Das Puplikum in ein Theater mit einbezogen wird, herscht eben —zumindest die zwei Mal die ich das mitbekommen habe— immernoch die Klare Trennung zwischen Erzähler und Zuhörer/-seher. Außerdem besteht immernoch eine Erzählung hinter dem Medium, die auch ohne das Medium bestand hätte.

Es wird auch für dich schwierig eine ganz offene Handlung zu kontruieren, die so vorher noch keiner kommen sehen hat, nicht einmal du selber. Als Spielleiter konstruierst du - genau wie als Mensch - immer deine eigene Handlung, auch wenn neue Ergebnisse diese Handlung modifizieren und/oder ändern - totale Neutralität ist für einen Spielleiter nicht möglich, so wie es für einen Menschen nicht möglich ist, dass wenn ihm jetzt Dinge wiederfahren, er diese nicht versucht an etwas sinnhaft anzuknüpfen was in seiner Vergangenheit war und die nun auf eine mögliche Zukunft hinsteuern. Da sind wir subjektiv - selbst wenn wir eine realative Offenheit haben was neue Impulse angeht...

...da müsstest du schon den Posten Spielleiter als ganzes abschaffen...


...und wer nimmt dann schon in Anspruch objektiv zu sein...???
« Letzte Änderung: 25.06.2008 | 15:04 von Schlangengott »
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Re: Euer "Spielleiter - Style"
« Antwort #54 am: 25.06.2008 | 15:04 »
Es wird auch für dich schwierig eine ganz offene Handlung zu kontruieren, die so vorher noch keiner kommen sehen hat, nicht einmal du selber. Als Spielleiter konstruierst du - genau wie als Mensch - immer deine eigene Handlung, auch wenn neue Ergebnisse diese Handlung modifizieren und/oder ändern - totale Neutralität ist für einen Spielleiter nicht möglich, so wie es für einen Menschen nicht möglich ist, dass wenn ihm jetzt Dinge wiederfahren, er diese nicht versucht an etwas sinnhaft anzuknüpfen was in seiner Vergangenheit war und die nun auf eine mögliche Zukunft hinsteuern. Da sind wir subjektiv - selbst wenn wir eine realative Offenheit haben was neue Impulse angeht...

Ich sag dazu jetzt einfach mal platt: Doch, kann ich!  8)

Auf jeden Fall bemühe ich mich aber genau darum einen möglichst rein durch Kausalität bestimmten Verlauf der Ereignisse durch die Wechselwirkung zwischen Welt und Spielercharaktere zu erzeugen. Das ist woraus ich meine SPASS ziehe. (um mal zu den Typisierungen von dem Georgious zurückzukommen)
Da wir aber im Normalfall 5 Riesenchaoten mit übersteigertem Geltungsbedürfniss sind, klappt das am Spieltisch auch ziemlich gut ;)
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Re: Euer "Spielleiter - Style"
« Antwort #55 am: 25.06.2008 | 15:16 »
Herr Rabe:
Zitat
Hm, das wird jetzt ein wenig Off-Topic und Philosophisch, aber kann man nicht nur dann ein erzählendes Medium sein, wenn es etwas zu erzählen gibt?
Wenn ich das 'Zu erzählende' erst in dem Moment 'erschaffe', in dem es ausgesprochen wird (eigentlich sogar erst, wenn es von deinen Zuhörern akzeptiert wird) kann ich doch gar nicht mehr erzählen, weil es nichts zu erzählen gibt, bis ich damit anfange, oder?

Ist Theater oder Comedy weniger Theater oder Comedy, wenn es sich um Improvisation handelt, die auf Zurufen basiert?

Abgesehen davon ist ein Spielleiter ebenso wie ein Spieler immer ein bisschen vorbereitet, auch wenn die Vorbereitung nur darin besteht, erst zu denken, dann zu reden. Viele beschäftigen sich auch vorher mit dem Setting und dem Plot, ihrem Charakter usw. - damit gibt es eine noch zu erzählende Vorgabe. Aber als SL drücke ich z.B. diese Vorgabe nicht durch, sondern sie kommt nur zum Tragen, wenn sie während des Spiels ihren Sinn erfüllen kann.

Meine Frau erzählt meinen Kindern derzeit eine Fortsetzungs-Gutenachtgeschichte. Diese denkt sie sich beim Erzählen aus. Ist doch auch Geschichtenerzählen, oder? Wieso müssen die Inhalte präexistent sein? Das war mal interessant, als es beim Geschichtenerzählen noch um Kulturtransport ging. Das war damals, als Kultur noch Tradition bedeutete, nicht 'veränderbarer Ist-Zustand der akzeptablen Verhaltensweisen'. Heute gibt es im Großen und Ganzen nichts mehr zu tradieren, also ist es kein Wunder, dass alle Erzählformen beginnen, mehr zu experimentieren. Und Kausalität dabei zu beachten, ist auch möglich.

Herr Rabe:
Zitat
Wenn Das Puplikum in ein Theater mit einbezogen wird, herscht eben —zumindest die zwei Mal die ich das mitbekommen habe— immernoch die Klare Trennung zwischen Erzähler und Zuhörer/-seher. Außerdem besteht immernoch eine Erzählung hinter dem Medium, die auch ohne das Medium bestand hätte.

Schlangengott:
Zitat
...da müsstest du schon den Posten Spielleiter als ganzes abschaffen...

Und genau wenn das erreicht ist, ist die letzte künstliche Barriere zwischen Erzähler und Zuhörer eingerissen. Sowas gibt es auch schon; ich habe zum Beispiel schon vor zwanzig Jahren mit Freunden Tarotkarten als Inspirationsquelle für gemeinsames gleichberechtigtes Geschichtenerzählen benutzt. Auch das Spiel 'Ja, Herr und Meister' nutzt einen ähnlichen Mechanismus, allerdings gibt es hier immer noch einen hervorgehobenen Spieler, der die Rolle des Meisters hat (Meister im eigentlichen Sinne, nicht als Spielleiter).

Robin
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Re: Euer "Spielleiter - Style"
« Antwort #56 am: 26.06.2008 | 17:14 »
Der Mensch ist vor allem das Wesen auf diesem Planeten was immer einen Sinn machen muss - jede Geschichte da draußen hat ihre Pointe...ODER aus jeden einzelnen aneinander gereihten Details wird da draußen eine Pointe gezogen werden...egal, ob der Wert der damit vermittelt wird traditionell ist oder nicht...zum Ende hin muss der Mensch Sinn machen...er ist ein Sinn schaffendes Wesen und kann nur überhaupt als ein solches Räume konstruieren in den er Leben kann...Sinn und Werte gehen Hand in Hand...und wenn wir bei Werten sind, geht es auch immer um Kultur...

...deshalb ist es auf den letzten Punkt hin nicht wichtig wie ihr eine Geschichte erzählt: Ihr könnt dies traditionell tun, ihr könnt aber auch die Geschichte in ihre Einzelteile zerlegen und schauen ob ihr während des Spiels zu einer Story findet - am Ende werden die Teilnehmer immer versuchen die Puzzle-Teile aneinander und zueinander zu legen - auch wenn jeder da seine eigene Wahrheit, seinen eigen Sinn hat - am Ende ist es die Herausforderung an jede Geschichte Sinn zu stiften und diese Sinnfindung der Geschichte - sollte, meiner Meinung nach, zwischen Spielleitern und Spielern aufgeteilt werden...
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Re: Euer "Spielleiter - Style"
« Antwort #57 am: 30.06.2008 | 12:33 »
Ich leite frei Schnauze und denke mir den ganzen Wust entweder beim Spielen oder beim Pissen aus. Ich schmücke wichtige Details und lasse unwichtige Dinge einfach aus, um die Spieler nicht zu verwirren.