Im Faden über homo- und bisexuelle Charaktere gibt es einige Ansätze zur Diskussion über das weitläufigere Thema der Identifikation mit Charakteren. Ich finde das recht spannend, weil es offensichtlich sehr unterschiedliche Wahrnehmungen auf diesem Gebiet gibt. Da es in jenem Faden aber Off-Topic ist und außerdem etwas untergeht, eröffne ich hier einen neuen Faden zum Thema.
Also: inwieweit identifiziert ihr euch mit Charakteren in Büchern? Inwieweit werdet ihr Teil der Handlung? Welche Wahrnehmungen habt ihr beim Lesen?
Ich selbst komme über eine Stufe des Mitempfindens nicht hinaus. Ich werde in keinem Fall zu einem der Charaktere, egal, wie sympathisch ich den Charakter auch finde. Ich kann zwar mit-leiden, aber das sehe ich nicht als Identifikation an. Was in Büchern passiert, passiert immer anderen. Ich-Erzählungen sind für mich eben Berichte von Personen, die mir erzählen, was ihnen passiert ist. Romane in zweiter Person gibt es nicht genug, als dass ich sagen könnte, ob mir das mehr Identifikation gibt...
Im Gegensatz dazu kann meine Frau z.B. mit Ich-Erzählungen gar nichts anfangen, weil sie sich ebenfalls nicht identifiziert, sich aber durch das Personalpronomen dazu aufgefordert fühlt. Ein weiterer interessanter Effekt, von dem sie berichtet: wenn die Charaktere einen geschlossenen Raum betreten und wieder verlassen, dann kommt sie aus dem Raum nicht mehr heraus. Sie schleppt ihn sozusagen weiter mit sich rum. (Klingt für mich auch komisch, aber eine bessere Beschreibung kann ich nicht geben.) Sie findet Romane, in denen es ständig rein und raus geht, unlesbar.
Jetzt seid ihr dran.
Robin