Oldschool ist sicher eine aktuelle Mode. Woher sie kommt weiß ich nicht so recht, ich schätze mal es hat ein bisschen was mit "Früher war alles besser" zu tun, es wird aber auch etwas mit Generationen zu tun haben. Diejenigen die damals noch oder gerade nicht mehr bestimmte Systeme gespielt haben sind jetzt an einem Punkt in ihrer Rollenspielkarriere angekommen an dem sie zu ihren Ursprüngen zurück kehren um diese mit all dem zu vergleichen was sie zwischen drin kennen gelernt haben.
Oldschool kann man einerseits unter dem Gesichtspunkt des Stils (also unabhängig vom System) und andererseits unter dem Gesichtspunkt der Regeln, Mechaniken und anderen technischen Details betrachten.
Für mich überwiegt als außen stehender Betrachter ganz klar die Seite die Zornhau hier auch angesprochen hat, die kultartige Verehrung bestimmter simpelster Regelmechanismen und Abenteuerstrukturen. Was also die technische Seite angeht kann man ohne weiteres sagen Oldschool = D&D in seinen frühen Inkarnationen.
Das Oldschool Regelprinzip geht ungefähr so: Das System ist im wesentlichen ein rudimentäres Kampfsystem, das ansonsten nach belieben von den Benutzern erweitert werden soll. Alles was nicht Kampf ist wird unter "Schiedsrichterentscheid" mit Hilfe der fiktionalen Situation geklärt. Eventuell kommen noch Würfel zum Einsatz um Entscheidungshilfe für den SL zu spielen und etwas Variation zu bringen. Tabellen sind auch ganz groß.
Bei der konkreten Umsetzung hält man sich in der Praxis immer an die Urväter (also D&D). Wie sollte auch jemand Oldschool erkennen, wenn es nicht die Nachahmung von etwas Altem wäre?
Man kann sich auch über Oldschool als Stil unterhalten. Ein Stilbegriff muss dabei natürlich zwangsläufig etwas konstruiert und künstlich wirken, da man ja nur von konkreten Techniken abstrahiert und so nichts wirklich konkretes beschreibt, das wirklich existiert (hat). Einheitliche Stile gibt es ja auch gar nicht, es gibt eben nur Leute die mit bestimmten Systemen in einer bestimmten Art spielen. Genauso ist es mit Oldschool und dementsprechend kann es hier sehr unterschiedliche Ansichten geben.
Aus meiner Sicht ist das was ich oben zum System geschrieben habe auch für Oldschool allgemein prägend. Das System besteht aus Kampfsystem + X, wobei X ein Haufen Do-it-Yourself-Kram ist den meist der SL ad hoc oder in Heimarbeit entwickelt. Es wird viel Wert gelegt auf die Kreativität des einzelnen, sowohl beim Lösen von Problemen innerhalb des Spiels, als auch beim Weiterentwickeln der Welt und des Systems selbst.
Ich habe woanders schonmal gesagt bei Oldschool ginge es darum die Anwendung des Systems (z.B. Würfeln) zu vermeiden indem man seine Fantasie benutzt. Das mag nicht ganz richtig sein, beschriebt aber ganz gut eine gewisse Geisteshaltung.
Man kann nun diesen Stil sehr kultisch verehren, und man kann leicht falsch beurteilen woher das tatsächlich kam. Ich habe nie wirklich selbst Oldschool gespielt und auch keines der alten Systeme. Ich glaube trotzdem nicht dass dieser Stil damals bewusst so verstanden wurde. Das Verständnis von einem Oldschool-Stil ist nur rückblickend mit heutigen Wissen denkbar und beschreibt den Unterschied zu heute gängigen Konzepten.
Man muss immer bedenken dass dieser Stil erst ein Querschnitt von Traditionen darstellt die ihrerseits aus Notwendigkeit im Umgang mit den damaligen Systemen entstanden.
Ich halte einen entscheidenden Teil von Oldschool in Wirklichkeit für sehr modern, nämlich den die Spielgruppe als Keimzelle des gesamten Spielgeschehens zu sehen und zwar ausdrücklich inklusive (Weiter-)Entwicklung von Welt und System. Bei dieser Erkenntnis kommen letztlich alle an. Ein weiterer wichtiger Punkt ist es Spielentwicklung und Spiel miteinander zu verbinden. Entwicklung entlang der konkreten Notwendigkeiten der einzelnen Gruppe.
Was ich allerdings auch für seltsam bis schädlich halte ist das Festhalten an den überlieferten, altehrwürdigen Techniken, Mechanismen, Regeln etc. Einerseits ist das nur zu verständlich, denn wie kann man leichter alte Emotionen wieder hervor holen als durch alte Erinnerungsstücke? Andererseits ist das natürlich im besten Fall eine Sackgasse was die Entwicklung betrifft, im schlechtesten Falle führt es zur Verwechslung von Inhalt und Form, bzw. Verwechslung von tradierter, funktionaler Spielweise mit den verwendeten Mechanismen, die in Wirklichkeit nichts weiter sind als antike Werkzeuge.