Deterministisches DSAWenn man sich in Foren zu DSA umhört, dann wird als eine der häufigsten Kritikpunkte angeführt, dass Talentproben mit drei W20 zu lange dauern. Gleichzeitig sind DSA-Spieler meist recht froh darüber, dass drei Eigenschaftswerte in die Probe einfließen, und das Glückselement bei Fertigkeitsproben eher gering ist; hier spielen Modifikationen oft eine größere Rolle als das Gelingen der Probe an sich.
Das führt zur Frage: Warum überhaupt würfeln?
Gut entworfene Spiele ziehen meiner Meinung nach ihren Reiz aus taktischen Entscheidungen und geschicktem Resourcen-Einsatz (man denke an Schach oder Diplomacy). Das Setzen auf Zufallselemente zur Spannungserzeugung wird da in der Rollenspielszene meiner Meinung nach überbewertet.
Daher folgender Regelvorschlag:
Würfelproben werden abgeschafft. Wenn überhaupt wird nur gewürfelt, um das Unmögliche möglich zu machen, oder eine Aktion besonders stark ausfallen zu lassen. Diese Option ist allerdings limitiert, und stellt somit eine Resource dar, mit der geplant umgegangen werden sollte.
Um Meinungen und Kritik jenseits von DSA-Bashing wird ausdrücklich gebeten.
Wie die Umsetzung im Detail aussehen könnte:
Anmerkung 1: Diese Vorschläge zielen darauf ab, eine große Kompatibilität mit bestehendem Material zu erhalten.
Anmerkung 2: Die Vorschläge sind noch nicht im Spiel getestet worden, Fein-Tuning wird vermutlich noch an vielen Stellen nötig sein.
Anmerkung 3: Manche Vorschläge enthalten doch ein Glückelement für herausstechende Situationen (sich anstrengen, Glück haben). Dieses ließe sich natürlich auch durch einen fixen Wert ersetzen; aber hier scheint mir die Varianz und Spannung durch den Würfelwurf angemessen.
1) Ersetzen von Ausdauer- und Lebenspunkten durch ErschöpfungspunkteDieser Schritt ist eigentlich optional, macht aber viele der nachfolgenden Änderungen einfacher und eleganter. Die Erschöpfungspunkte werden gesammelt statt verloren (null Erschöpfungspunkte ist gut, volle Erschöpfungspunkte ist schlecht). Eine erste Abschätzung der maximalen Erschöpfungspunkte liegen dabei beim halben Lebenspunkte- bzw. Ausdauerpunktewert (also grob in der Kante von 12 bis 20). Das Erschöpfungsmaximum ist wohl einer der kritischsten Werte, und muss vermutlich anhand von Testspielen noch genauer angepaßt werden.
Unterschieden wird zwischen leichten und schweren Erschöpfungspunkten, wobei der Unterschied vor allem in der Regenerationszeit liegt.
(Angedacht: Bei einer Nacht Schlaf werden 8 leichte EP regeneriert. Bei der Regenration zählt ein schwerer EP wie zwei leichte EP, wobei leichte EP vor schweren EP regeneriert werden. Auch hier ist Fein-Tuning durch Testspiele wohl dringend notwendig.)
Ist die Zahl der maximalen Erschöpfungspunkte erreicht, dann ist der Held am Ende seiner Kräfte: Er kann sich nicht mehr anstrengen (siehe später). Erhält der Held in diesem Zustand weitere leichte Erschöpfungspunkt, dann wird entsprechend leichte Erschöpfung in schwere Erschöpfung umgewandelt.
Erreicht die Zahl der schweren Erschöpfungspunkte das Erschöpfungsmaximum, so ist der Held dem Tode nah.
2) Eigenschafts- und FertigkeitsprobenEs wird nicht mehr gewürfelt. Stattdessen wird der Wert des Helden einfach mit einem vom SL vorgegebenen Schwierigkeitswert verglichen. Ist der Wert des Helden größer hat er Erfolg, ansonsten scheitert er (was keine absolute Niederlage bedeuten muss, aber beispielsweise Erschöpfung verursachen kann - je nach Interpretation des Spielleiters).
Für Fertigkeits- und Zauberproben:
Jedem Eigenschaftswert ist ein Fertigkeits-Modifikator zugewiesen.
Ein Wert von 12 entspricht dabei einem Modifikator von 0, ein Wert von 13 dem Modifikator +1, ein Wert von 10 dem Modifikator -1, usw.
Das Können in einer Fertigkeit errechnet sich aus der Summe des Fertigkeitswerts und den Modifikatoren der drei beteiligten Eigenschaften. (Bei guten Eigenschaftswerten 14/14/14 ergibt sich ein Bonus von +6, bei durchschnittlichen Werten 11/11/11 ergibt sich ein Malus von -3.)
Optional: Wenn das zu harsch erscheint, dann kann man die Modifikatoren auch spreizen: Je Punkt über 12 gibt's +1, für jeden Punkt unter 10 gibt's -1. Aber bei den in DSA4 üblichen Heldenwerten erscheint mir das fast schon zu vorteilhaft.
3) Sich anstrengen (optionales Glückselement)Helden haben die Möglichkeit, kurzzeitig über sich selbst hinauszuwachen. Indem sie einen Punkt leichte Erschöpfung in Kauf nehmen ist es ihnen möglich, für eine Handlung ihr Können um W6 zu erhöhen, um so einen Schwierigkeitswert womöglich doch noch zu überwinden, oder einen besonders deutlichen Erfolg zu erzielen. Je Handlung kann ein Held nicht mehr als einen Punkt Erschöpfung in Kauf nehmen.
4) Glück haben (optionales Glückselement)Optional kann man zusätzlich mit Glückpunkten spielen (Bennies nicht unähnlich). Dabei erfolgt "Glück haben" analog zum "Sich anstrengen" (einen Glückspunkt ausgeben = ein zusätzlicher W6).
Besonders interessant scheint die Spielweise, einen Glückspool für die gesamte Gruppe zu haben. Hier erscheinen Spieler/2 Glückspunkte je Spielabend, und zusätzlich Spieler/2 Glückspunkte je Kampf angemessen.
Hier sind auch viele weitere Optionalregeln denkbar:
- ausgegebene Glückpunkte wandern in den Pool des SLs und umgekehrt
- Vergabe von Glückspunkten als Anerkennung besonderer Aktionen
- Die Möglichkeit, den Glückspool der Gruppe um eins zu erhöhen, indem der eigene Held einen Punkt schwere Erschöpfung erleidet.
- Patzer und gute Aktionen: Gewürfelte 1en reduzieren den Können-Wert des Helden um 5 (Patzer), bei einer 5 oder 6 wird der Glückspunkt nicht verbraucht (gute Aktion)
- durch die Ausgabe von Glückpunkten können leichte Erschöpfungspunkte außer der Reihe abgebaut werden
Naja, wie bei Bennies halt - da hat das Tanelorn wohl mehr Erfahrung als ich.
5) Kampf:Jetzt auch würfellos.
Wenn der Attackewert größer ist als der Paradewert, dann wird ein Treffer gelandet. Der Schadenswert des Treffers orientiert sich dabei an den bisherigen Schadenswerten: Der Getroffene erhält Erschöpfungspunkte in Höhe des halben durchschnittlichen Schadenswerts (abgerundet). Ein Schwert mit W6+4 würde also 4 Punkte schwere Erschöpfung verursachen. (Generell kann mit der Faustregel 2 Lebenspunkte = 1 Punkt schwere Erschöpfung gespielt werden.)
Wenn man mit Anstrengen spielt: Beide Kämpfer können sich entscheiden, ihre Werte durch sich anstrengen zu erhöhen (erst der Angreifer, dann der Verteidiger).
Wenn man mit Glück spielt: Danach kann von beiden Seiten Glück eingesetzt werden, um den Wert weiter zu erhöhen (wieder erst der Angreifer, dann der Verteidiger).
Eventuell kann es sich hier lohnen, die Modifikatoren für taktische Optionen (wie für Angriffe von der Seite oder in Überzahl) zu erhöhen.
Anmerkung: Hier zeigt sich der Vorteil, schwere und leichte Erschöpfung auf der gleichen Leiste vorzuhalten. Indem ein Held schwere Erschöpfung erleidet kann er sich gleichzeitig weniger anstrengen. (Dies macht u.a. die Modifikatoren für niedrige Lebenspunkte überflüssig, und auch die Modifikatoren für Wunden würde ich weglassen.)
Zusammenfassung: - Das System erhält die Komplexität von DSA4
- Das Spieltempo erhöht sich durch den Wegfall häufiger und unübersichtlicher Würfelwürfe.
- Die Helden können sich auf ihr Können verlassen. (Beispielsweise wird ein Held, der beim FlimFlam auf ein Können von 7 Punkten kommt, immer eine bewegliche Lichtkugel mit der Helligkeit einer Fackel erzeugen können.) Dies ermöglicht gerade bei Zaubern, sich Effekte statt Fertigkeitswerte, Proben und Erschwernisse zu merken, und so den Spielfluss zu steigern.
- Gewürfelt wird nur noch in besonderen Momenten, bei denen etwas auf dem Spiel steht und sich auch der Held wirklich ins Zeug legen muss.
- Indem Erschöpfung als "aktive" Resource eingeführt bietet das Spiel zusätzliche taktische Möglichkeiten, während gleichzeitig das Buchführen etwas abgenommen hat.