Autor Thema: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?  (Gelesen 6311 mal)

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #25 am: 29.12.2009 | 11:44 »
Die ganz alten D&D-Abenteuer sind teilweise anders aufgebaut. Es wird ein Szenario ohne vorgeschriebenen Endpunkt und die Spieler können darin dann spielen (z.B. Keep on the Borderlands)
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #26 am: 29.12.2009 | 11:53 »
Andererseits gab es recht bald parallel zu dem Wargegame von D&D Konkurrenz durch CoC und RQ, die eher literarisch an die Sache herangingen und bei denen es darum ging eine Hintergrundgeschichte zu lüften. Ich sehe aber in beiden Fällen das "was" schon eingeschränkt. Absolut freies "was" geht nicht, da es das Spiel sprengt. ("Ich habe keine Lust in die Keep vorzudringen, sondern bleib hier in der Taverne.")

Offline dunklerschatten

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #27 am: 29.12.2009 | 12:15 »
Zitat
Absolut freies "was" geht nicht, da es das Spiel sprengt. ("Ich habe keine Lust in die Keep vorzudringen, sondern bleib hier in der Taverne.")

Mh ich weiss nicht, also so würde ich das jedenfalls so nicht unterschreiben.

Wenn die Gruppe keine Lust hat auf die Dinge einzusteigen, die der SL präsentiert, dann läuft es eben ganz anders und es können dabei trotzdem alle Spass haben.
Das habe ich schon einige Male erlebt und das waren oft die besten Spielabende.
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Offline Woodman

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #28 am: 29.12.2009 | 12:22 »
Wenn man nach Sachen im Stil von Keep on the Borderlands fragt kriegt man aber meist nur eine kurze Liste von alten kaum noch zu findenden Modulen, und wenn man sich etwas haarspalterisch anstellt könnte man ja behaupten so ein Modul wäre eher eine Art mini-Setting als ein Abenteuer  ;)
Aber ich glaube wir können uns darauf einigen, dass man, wenn man in den nächsten Rollenspielladen geht und ein beliebiges Abenteuer aus dem Regal zieht, gute Chancen hat eine relativ fest vorgegebene Rahmenhandlung geliefert zu bekommen.

Und zurück zum eigentlichen Thema, ich glaube, man muss darauf achten, das "was" nicht zu detailliert festzulegen, dann hat man im Rahmen einer Story mit einer definierten Endbedingung recht viel Handlungsspielraum, wenn aber im Prinzip Anfang und Ende jeder Szene feststehen wirds irgendwann doch arg langweilig, zumindest für mich.

Eulenspiegel

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #29 am: 29.12.2009 | 12:24 »
Du fragst nicht "was", sondern "was passiert".
Von mir aus kannst du die beiden Sorten auch Wie-RPGs und Was-passiert-RPGs nennen.

Namen sind letztendlich Schall und Rauch. Hauptsache, es ist klar, was gemeint ist.

Da kann ich nur sagen für mich ist das reine "Wie" mit einem festgelegten "Was" recht langweilig.
Für dich mag das ja auch der Fall sein. Und für dich darf das was gerne auch offen sein.
Aber es gibt eben auch andere Spielstile.

Aber wenn ich mal fragen darf: Wieviel Prozent eurer letzten Abenteuer sind gescheitert?

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #30 am: 29.12.2009 | 12:31 »
@Ein:
Mein Einwurf war nur eine Anmerkung zu Woodmans Posting und kein Widerspruch.
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Offline dunklerschatten

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #31 am: 29.12.2009 | 13:11 »
Zitat
Aber es gibt eben auch andere Spielstile.

Zweifelsohne und ich will da auch keinen schlecht reden.

Zitat
Aber wenn ich mal fragen darf: Wieviel Prozent eurer letzten Abenteuer sind gescheitert?

Klar darfst du fragen, hier geht es ja um Kommunikation ;)
Die Antwort ist aber nicht ganz einfach, unter der Prämisse das bei uns das höchste Ziel "Spass" / "Freude am Spiel" im Sinne ALLER ist würde ich behaupten das max. 5% der Abenteuer gescheitert sind.

Auf die Abenteuer in Systemen mit klarem "Missionscharakter" bezogen würde ich schätzen das 50-60 % quasi "gescheitert" sind.

Aber die AB´s mit Missionscharakter machen bei uns nur ca. 25% der Gesamtmenge aus. Meistens läuft es darauf hinaus das mit "offenen Ende" gespielt wird.
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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #32 am: 29.12.2009 | 13:21 »
@d.schatten
Zitat
Mh ich weiss nicht, also so würde ich das jedenfalls so nicht unterschreiben.
Wenn ein Spieler in der Taverne bleiben will, der zweite in die Keep will und der dritte Kräuter sammeln geht, nur dann ist das "Was" offen. Wenn sich die Spieler einig sind, dann setzen sie von sich aus schon wieder das "Was".

Wenn sie sich aber nicht einige werden, dann ist das "Was" zwar offen, aber es kommt, wie unsere Erfahrung zeigt, schlicht kein Spiel zustande.

@6
Ich wollte eigentlich auch nur zeigen, dass von Anfang an die Leute kein offenes "Was" wollten. Mittlerweile frage ich mich auch, ob "Rollenspiel" im Stile des frühen D&D wirklich Rollenspiel oder nur Wargaming in Personal Scale ist.

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #33 am: 29.12.2009 | 14:17 »
@Ein:
Das war ziemlich sicher Wargaming in Personal Scale. Allerdings hatte das damalige Wargaming (pre Avalon Hill) wesentlich mehr mit Planspielen als mit den späteren KoSims zu tun. Von daher könntest Du sagen, dass die damaligen Wargames eher Rollenspiel im strategischen Scale waren.
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #34 am: 29.12.2009 | 15:04 »
Auch wenns jetzt OT wird: Kannst du das etwas näher mit den prä-KoSim-Wargames erläutern? Was waren die Spielelemente, die es für dich zu Rollenspielen machten?

Online Maarzan

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #35 am: 29.12.2009 | 15:06 »
Ein paar Anmerkungen:

Um das Spiel als Spiel insbesondere für den SL handhabbar zu machen ist es notwendig den Handlungsraum geographisch, ggf auch thematisch zu begrenzen.

Um als Gruppe zu spielen, was üblicherweise der Fall ist, wird dann spätestens ein thematischer Fokus gesetzt, ggf. sogar ein paar weitere Parameter, z.B. keine inpartykills, alle gehören einer Gesinnung oder einer Spielweltfraktion an. Dieser Fokus muss übrigens nicht unbedingt vom Spielleiter vorgegeben werden.

Das kann man als was bezeichnen, aber da es Grundlage nahezu aller Spiele beliebigen Stils ist, halte ich es für unsinnig dies jetzt in die Diskussion herein zu ziehen.

Was aus diesen Startparametern erwächst, ist beim Was-wird.Spiel aber offen und Ergebnis des freien Spiels der Elemente.
Das Wie-geschiehts-Spiel hat aber ein bestimmtes Grundgerüst im Hinterkopf, welches für ein befriedigendes Spielererlebnis getroffen werden müssen und Der Spaß kommt nicht aus dem Erkunden der Möglichkeiten sondern dem gekonnten Ausfüllen dieses Rahmens.

So weit ich das hier verstanden habe, geht es um die Trennung bzw. den Konflikt zwischen Leuten welche ebendiese Ergebnisoffenheit wünschen und denen, welche Qualitäten / das Teil-/Endergebnisse der entstehenden Handlung gesichert sehen wollen.

Zitate:
*Dieses Prinzip wird schon lange auf das Rollenspiel übertragen - da geht es weniger darum, ob die Charaktere es schaffen (denn wenn sie sich nicht bodenlos blöd anstellen, werden sie das schon), sondern eben wie sie es schaffen.
*Ich mag Spannungsbögen. Wenn der Spannungsbogen eingehalten wird, kann ich auch daran mitwirken, ihn in der richtigen Situation zu eskalieren oder eben auch nicht. Wenn das WAS schon feststeht, können alle daran arbeiten, das Gerüst auch mit einer richtig geilen Story zu füllen. Das geht nicht, wenn man einfach nur so ins Blaue spielt.


Ich wollte eigentlich auch nur zeigen, dass von Anfang an die Leute kein offenes "Was" wollten. Mittlerweile frage ich mich auch, ob "Rollenspiel" im Stile des frühen D&D wirklich Rollenspiel oder nur Wargaming in Personal Scale ist.

Das ist meines Erachtens weniger eine Frage der Präferenz der Kunden gewesen als der Machbarkeit der (gewerblichen) Produktion.
Linear strukturierte Abenteuer sind wohl deshalb häufiger, weil sie deutlich weniger Arbeit sind und auch den Schreibpräferenzen von denjenigen entgegen kommen zu scheinen, welche sich bereit erklären so etwas zu Papier zu bringen (und oft wohl auch lieber ein Buch geschrieben hätten).

Den Regeln nach war (A)D&D und andere frühe RPG deutlich länger Sandbox und so habe ich es auch in der Praxis erlebt. Das "Powers to kill & loot" Festival ist eher jüngeren Datums. Das Schisma sieht man ja auch noch in DSA mit zunächst Sandboxregeln um dann von Storytellern kastriert und mit Nacherzählabenteuern gefüttert zu werden.

Wobei ich nicht weis, wie du jetzt hier von Weg/"Was wird" vs Ziel/"wie passierts"-Spielen auf Rollenspiel oder nicht kommst.



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Ein

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #36 am: 29.12.2009 | 15:24 »
Nun ja, Rollenspiel in der heute vorherrschenden Form (von mir aus Wie-geschieht-es) ist spätestens seit 1984 (Dragonlance) auch in der heilen D&D-Welt vorgedrungen. Amüsanterweise gingen ab diesem Punkt die Verkaufszahlen von D&D bergab.

Diesen Rückgang könnten man nun darauf zurückführen, dass die alte Generation von Rollenspielern mit Wargaming-Hintergrund abgehängt wurde und die neueren Generationen eine andere Form von Rollenspiel bevorzugten.

Wobei das natürlich reine Spekulation wäre, wenn nicht die OldSchool-Bewegung existieren würde, die genau diesen Umstand beklagt.


Online Maarzan

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #37 am: 29.12.2009 | 15:38 »
Klar, unmodern ist Sandbox auf die Breite der verbleibenden Rollenspielgemeinde gesehen, insbesondere der öffentlich wahrnehmbaren, sicher geworden.
Die trotzdem nicht enden wollenden Probleme am Spieltisch und anschließenden Diskussionen im Internet um Railroading etc deuten aber darauf hin, dass gewisse Elemente und Freiheiten bzw. Wünsche danach nicht unbedingt tot sind.
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alexandro

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #38 am: 29.12.2009 | 16:13 »
Wenn ich das richtig verstehe geht es hier um Abenteuer mit einem festgelegten Endpunkt (Frage: "Wie kommt man dorthin?")  vs. solche die nur über einen festgelegten Anfangspunkt verfügen (Frage: "Was passiert dann?")

Beispiele für ersteres hat Ein schon gebracht, ich möchte mal auf letzteres in einem Beispiel näher eingehen und so erklären warum es mir besser gefällt

Vampire: die Maskerade. Die SC bekommen von einem Vampir-Ober-Mufti den Auftrag "Brecht in Haus ABC ein, entführt Sterblichen XY und bringt ihm mir!".

Im Wie-getriebenen Spiel wäre damit die Aufgabe klar: die SC versuchen (mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln) den Sterblichen zu entführen, ohne dass sie dabei die Maskerade brechen, evtll. Rivalen abzuhängen und den Sterblichen schließlich beim Ober-Vampir abzuliefern (wo sie für ihre Taten gelobt oder zusammengefaltet werden). Laaaaaaangweilig!

Im Was-Spiel gäbe es noch folgende Alternativen:
- die Charaktere haben Mitleid mit dem Sterblichen, besorgen ihm eine neue Identität und lassen ihn verschwinden (und versuchen irgendwie den Zorn des Obervampirs zu trotzen).
- die Charaktere stellen fest dass der Obervampir bei dem Treffen bei dem er ihnen den Auftrag gibt nur einen Leibwächter-Ghul dabei hat und wahrscheinlich (da er die Angelegenheit geheim halten will) niemandem erzählt hat wo er hingeht. Sie nutzen die Gelegenheit um ihn anzugreifen und ihn zu vernichten/Diablerie zu begehen.
- die Charaktere entführen den Sterblichen, rufen ihren Auftraggeber zum Treffpunkt und lassen dort den Sterblichen ausgesaugt liegen. Dann rufen sie die Polizei (am besten wenn die Charaktere Kontakte haben und wissen, welche der Polizisten resistent gegen Beeinflussung/Ghule des Prinzen sind) und schauen wie er sich da rauswindet (selbst wenn er es schafft bringt das wertvolle Infos über seine Möglichkeiten, welche sie an seine Feinde verkaufen können)
usw.usf.

Das sind alles komplett unterschiedliche WASe, welche allein auf den Ideen der Spieler fußen und komplett andere Konsequenzen haben (statt nur zu fragen "Wie befolge ich den Auftrag des SLs?").

Offline Teylen

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #39 am: 29.12.2009 | 16:33 »
Ich denke es waere eher so das, um bei den Beispiel zu bleiben.

Beim "Wie" orientierten Spiel die Charaktere zum Obervamp gerufen werden, der sagt ihnen "Bringt mir den Sterblichen" und sie handeln dann. Wie auch immmer, aber so grob halt in die Richtung / daraus motiviert.

Beim "Was" orientierten Spiel sitzen die Charaktere im Elysium zusammen und denken sich "Was machen wir hier eigentlich". Sie koennten zum Obervamp gehen und fragen ob sie was tun koennen, oder sie suhlen sich etwas in ihrem Vampir Dasein oder ein Spieler bringt - von einem andern Spiel geklaute ^^; - Bennies ein damit sie die Stadt gegen einen Sabbat Angriff verteidigen duerfen.
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alexandro

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #40 am: 29.12.2009 | 16:45 »
Das wäre auch OK.

Zumindest habe ich das immer so gehandhabt, dass NSCs (zumindest bei Vampire) den Charakteren nicht einfach irgendwelche Aufträge ans Bein binden, sondern dass die SC sich aktiv darum bemühen erstmal genug Vertrauen zu genießen in die Pläne eines bestimmten NSC einbezogen zu werden (wo sie dann dieses Vertrauen erfüllen oder mißbrauchen können  >;D).

Zumindest in der Kampagne mache ich das so (das Beispiel war eher auf ein einzelnes Abenteuer gemünzt), da macht das aber auch nichts aus weil die Charaktere implizit auf die Stadt festgelegt sind und da einfach genug interessante Dinge passieren - egal was sie machen. Die Chance dass sie abhauen und ein Lamafarm in Peru gründen sind relativ gering.

Wenn man also "Was?" mit "Die SC sind Vampire in einer Stadt." definiert, ja dann ist das festgelegt und es geht nur um das "Wie?" (die Art der Abenteuer/Erlebnisse in dieser Stadt).   ::) ::) ::)

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #41 am: 29.12.2009 | 17:50 »
Schöne Diskussion!  :)

Erstmal @Giftmord: Kirilow hat die Argumentation aufgebracht, dass - wenn alles auf einen Endkampf hinausläuft - der Giftmord beim Bankett scheitern muss.
Jetzt habe ich für mich die Möglichkeiten mal konstruiert:
- Was Nr.1: Die Charaktere eiern durch den Dungeon, stellen den Schurken und machen seinen Umtrieben ein Ende. Da wird das mit dem Bankett schwierig, weil es in dem Abenteuer ja darum geht, den Schurken zu stellen und aufzuhalten. Ein Bankett im Dungeon wäre... hm. Ulkig. Aber wenn die Chars wissen, dass der Oberschurke ein furchtbares Schleckermaul ist, und ihm mit einem Bankett eine Falle stellen, dann wäre das ein sehr cooles "Wie".  ;)
- Was Nr. 2: Die Charaktere wühlen sich durch ein undurchsichtiges Intrigenspiel und stoppen den bösen Herzog, bevor der die gesamte Königsfamilie ausrotten und die Macht an sich reißen kann. Da ist ein Giftmord beim Bankett definitiv ein sehr probates "Wie".

Ein vernünftiges Gerüst lässt das Ende ziemlich offen. Der Konflikt wird bewältigt - ob der Schurke aufgehalten, die Prinzessin gerettet oder der Ring in die Popofalte des Todes geschoben wird. Es kommt nur darauf an, wie. Und wie gut - konnte der Schurke entkommen? wurde die Prinzessin geschändet? ist einer der Chars mit in die Popofalte des Todes gefallen?
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Jiba

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #42 am: 31.12.2009 | 15:54 »
Meine Gedanken dazu...

...als ich das Thema gelesen habe, dachte ich mir auch, dass ich insgesamt eher zum "Wie"-Spielziel tendiere, habe aber beim Lesen der ganzen Beiträge gemerkt, dass das ganze etwas schwieriger ist. Ich hätte dazu eine Frage:
Wäre es Spielern, denen ein offenes "Was" wichtiger ist als das "Wie" auch wichtiger, sich im Spiel von Situationen überraschen zu lassen?

Oder...

Vertragen sich starke Meta-Planungs-Ansätze in einigen Spielen (Western City, PtA) mit dem offenen "Was"?

Oder...

Verträgt sich offenes "Was" mit Flags?

Warum ich mich das frage: Spiele wie "Primetime Adventures" verlagen von der Spielgruppe ein relativ eng umrissenes "Was". Es wird vorher ein roter Faden entworfen, bestimmte SCs sind in bestimmten Episoden wichtiger als andere, die Spieler sind dazu angehalten, auf ihre Issues hin zu spielen und im Regelwerk steht sogar, dass der entsprechende SC nach seiner Spotlight-Episode gewachsen sein sollte. Nur weil einzelne Szenen ergebnisoffen sind, gibt es doch eine gewisse "Was"-Festlegung (bei "Western City" wird, würde ich sagen, sogar noch genauer geplant)... hier steht also eher das "Wie" im Vordergrun und das Spiel macht trotzdem viel Spaß...
Auch Flags, die vom SL aufgegriffen werden, legen das "Was" fest. Wenn ich klar mache, was für Geschichten ich mit meinem Charakter erleben will, schließe ich damit andere Geschichten automatisch aus. Bei einer meiner regelmässigen Runden gibt es das Problem, dass der SL so versessen auf ein offenes "Was" ist (ein anderer Spieler auch), dass er fast gar keine Wünsche und Ideen der Spieler übernimmt, damit nichts von vornherein festgelegt ist und das Spiel nicht eingeschränkt ist - er will, dass sich die Dinge vollkommen offen entwickeln. Das hat auch schon zu Frust geführt, z.B. als unser Showdown vollkommen in die Hose gegangen ist und unsere SCs wie die Idioten dastanden (obwohl wir in einem heroischen Mantel-und-Degen-Setting eigentlich erwarten dürften, dass wir rocken...).

Ich kann verstehen, dass ein vollkommen eng festgelegtes Was den Spielspaß einschränken kann, aber ein absolut freies Was führt zu Orientierungslosigkeit. Ich glaube die meisten Gruppen spielen irgendwo dazwischen und dabei variert der Grad an Statik beim "Was" je nach Situation.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Eulenspiegel

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #43 am: 31.12.2009 | 16:14 »
Warum ich mich das frage: Spiele wie "Primetime Adventures" verlagen von der Spielgruppe ein relativ eng umrissenes "Was". Es wird vorher ein roter Faden entworfen, bestimmte SCs sind in bestimmten Episoden wichtiger als andere, die Spieler sind dazu angehalten, auf ihre Issues hin zu spielen und im Regelwerk steht sogar, dass der entsprechende SC nach seiner Spotlight-Episode gewachsen sein sollte. Nur weil einzelne Szenen ergebnisoffen sind, gibt es doch eine gewisse "Was"-Festlegung (bei "Western City" wird, würde ich sagen, sogar noch genauer geplant)... hier steht also eher das "Wie" im Vordergrun und das Spiel macht trotzdem viel Spaß...
Also ich kenne es von PtA so, dass nur die Rahmenhandlung vorgegeben ist.
Ob der Detektiv es aber schafft, den Mörder zu entlarven, oder ob der Mörder am Ende entkommen kann oder ob der Detektiv gar einen Unschuldigen überführt, das war bei PtA bereits zu beginn ungewiss.

Ein Was-Spiel ist:
"Ein Politiker wurde ermordet. Ihr seid Polizisten des Morddezernats und sollt herausfinden, wer ihn ermordet hat. Was passiert?" (Überführt ihr den Mörder oder kann der Mörder entkommen oder seid ihr gar selber die Mörder?)

Ein Wie-Spiel ist:
""Ein Politiker wurde ermordet. Ihr seid Polizisten des Morddezernats und sollt herausfinden, wer ihn ermordet hat. Am Ende des Spiels überführt ihr den Mörder. Wie stellt ihr das an?"

Und PtA erinnert mich da doch eher an ein Was-Spiel.

Zitat
Auch Flags, die vom SL aufgegriffen werden, legen das "Was" fest.
Jain. Ich denke, Flags legen eher das Wie fest.

Ich weiß zwar noch nicht, was passiert, aber dank meines Flags weiß ich, wie es passiert.

Online Maarzan

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Re: Spannungselement: Nicht "was", sondern "wie"?
« Antwort #44 am: 31.12.2009 | 16:22 »
Nur kurz zur Übersicht, wie ich sie sehe:

Startsituation -> Handlungs-Zielwahl -> Vorgangsbehandlung -> Vorgangsauflösung

Gewisse Festlegungen im ersten Punkt gibt es immer, im zweiten auch oft und das in allen Spielstilen. (das erste eigentlich  immer, das zweite oft vor dem Spiel oder zumindest dem Spielabschnitt)

Wäre es Spielern, denen ein offenes "Was" wichtiger ist als das "Wie" auch wichtiger, sich im Spiel von Situationen überraschen zu lassen?

Zumindest vom Ergebnis :) . Auch beim offenen Was wird geschehen kann es in den ersten zwei Stufen relativ fixe Festlegungen geben. Nur ab dann wird dann doch nach möglichst offener Handlung gefragt.

Vertragen sich starke Meta-Planungs-Ansätze in einigen Spielen (Western City, PtA) mit dem offenen "Was"?

In den mir bisher bekannten Varianten nicht. Nur Meta geht schon, aber dann eben auch nicht als Rollenspiel sondern als "Geschichten spinnen", nahezu rein meta, aber ergebnisoffen)

Verträgt sich offenes "Was" mit Flags?
Flags würde ich erst einmal als der Stufe 2 zugehörig empfinden. In dem Sinne ja. Ich bin mir aber nicht sicher ob alle dasselbe unter Flags benutzen verstehen. (bitte kurze Definition)

Ich kann verstehen, dass ein vollkommen eng festgelegtes Was den Spielspaß einschränken kann, aber ein absolut freies Was führt zu Orientierungslosigkeit. Ich glaube die meisten Gruppen spielen irgendwo dazwischen und dabei variert der Grad an Statik beim "Was" je nach Situation.

Freies Spiel unter Ausformung von Stufe 2 ist nicht orientierungsloser als das gewohnte Standardspiel, vielleicht noch weniger, wenn man diese Stufe auch wirklich vorher gemeinsam ausgeformt hat (im gegensatz zur allgemeienn Annahme das kommt schon irgendwie hin, bzw. man nimmt das an, von dem man glaubt, das der Speileliter nun geplant hat.

Freies Spiel nach Stufe 1 erfordert tatsächlich ein ganz anderes proaktives Herangehen an das Spiel. Da kommt nichts bei herum, außer man sorgt selbst dafür und da es ein gemeinsames Spiel ist, muss man zusätzlich die Mitspieler motivieren einen dabei zu unterstützen. Da wartet man eben nicht in der Kneipe auf den Herold, der verkündet dass es für die befreite Prinzessin das halbe Königreich gibt - da entführt man die Prinzessin selbst und ist Entführer und Befreier in einer Person.  
Enstprechend gibt es keine Bedienung der Interessen oder Fertigkeiten, die Welt steht offen und man sucht sich seine Opfer Nische zur Anbietung seiner Kenntnisse (oder man sucht sich überhaupt erst diese Kenntnisse).
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