Dank Fanpatch ist das Spiel kein vermurkster Bugklumpen mehr. Nun ist es das beste Taktikspiel für Schwertkampfkommandotrupps, das mir bislang untergekommen ist. Weil es als RPG vermarktet wurde, hatte ich erst andere Erwartungen, die dann entsprechend enttäuscht wurden. Aber ich hatte es rechtzeitig geschafft, den Klappentext zu verdrängen und mich vielmehr auf das eigentliche Spiel einzulassen und dann zog der Spielspaß ein.
Der Einstieg ist ausgesprochen lahm, aber sobald es ans Kämpfen geht, macht das Spiel richtig Laune. Es ist gut balanciert, ich kam ohne nerviges Gegrinde immer genau so voran, dass die Bosskämpfe fordernd blieben und das Kanonenfutter den Spielfluss nicht übermäßig ausbremste. Sehr schön, genau auf die Art mag ich das. Nur die vom Fanpatch aufgehobene Levelgrenze (ursprünglich war bei Stufe 10 Schluss) zieht das Spielniveau zum Schluss nach unten. Wenn man mit Level 12, 13 oder so die letzten Gänge aufwischt, ist man viel zu stark für das, was noch als Gegner aufgeboten wird.
In vielen Spielen überstrahlen die Magier alle anderen Heldentypen und auch im Tempel passiert das in den höheren Erfahrungsstufen, doch den Großteil des Spiels haben die Nahkämpfer dank vieler, vieler taktischer Optionen endlich mal ein abwechslungsreiches und wirkungsvolles Dasein. Dadurch spielen sich die Kämpfe abwechslungsreicher und halten mein Interesse viel lebhafter fest als das teilweise dröge Zauberspruchpingpong der "Baldur's Gate"-Reihe. Es ist im Tempel zwar etwas fuchsig, die passenden Heldentalente auszuwählen, denn das Spiel setzt erbarmungslos eine innige Vertrautheit mit dem DnD-Regelwerk voraus, aber mit etwas Leseaufwand kommt man dann doch dahinter und die Riesenlisten, die komplett ungefiltert sehr nützliche und überflüssige Talente aneinanderreihen, verlieren bald ihren Schrecken.
Die Spieldauer war für ein Programm, das fast nur auf Spielmechanik und kaum auf eine Erzählung setzt, mit etwa 15 Stunden ausreichend und beim heutigen Preis (~5€ bei Gog.com) kann ich wirklich nicht meckern. Nur manchmal habe ich mir mehr Erkundungsanreize gewünscht. Es gibt so gut wie nichts in den detailfroh gestalteten Kulissen, das sich anklicken ließe, die Interaktion beschränkt sich auf Türen, ein paar Truhen und eine halbe Handvoll Regale im ganzen Spiel. Ja, es ist kein wirkliches Rollenspiel, aber es sieht nunmal so aus und so vollends kann ich meinen Erwartungen nicht entfliehen.
Tempel bietet Kampf auf Kampf, das muss man mögen, sonst wird es keine Liebe. Ich hatte in den zwei Wochen des Durchlaufs großen Spaß. (Das Spiel eignet sich auch gut für Leute, die nicht irrsinnig viel Zeit pro Tag für Computerspiele aufwenden mögen.)