Artjom
Schon allein der Name lässt die ehrlichen Bewohner der Pfahlbauten am XXX erschaudern. Die schwimmende Stadt, beherrscht vom grausamen Korsaren Zholan, ist unberechenbar. Sie ankert an unterschiedlichsten Stellen, treibt flussab, wird von Sklaven in Ruderbooten in Seitenarme oder flussauf gezogen, und verbreitet, wo sie auftaucht, Tod und Verderben. Ihre Bewohner morden, plündern und rauben, was ihnen unter die Finger kommt, und würden bestimmt auch brandschatzen, wenn die allgegenwärte Nässe dieses Unterfangen nicht zur Aussichtslosigkeit verdammen würde.
Die Stadt besteht aus einer Ansammlung von Kähnen, Flößen, Stegen und Brücken, die mit Tauen und Ketten aneinander befestigt sind. Das ganze Gebilde ist in ständiger Veränderung begriffen. Teile der Stadt lösen sich für unabhängige Plünderfahrten, andere kehren zurück und machen an anderer Stelle fest. Wenn die Stadt umzieht tut sie dies oft in Einzelteilen, da das ganze Gebilde zu unbeweglich und instabil wäre. Auch spiegeln die wechselnden Nachbarschaften die wechselnden Allianzen innerhalb der undurchschaubar wirkenden Korsarenhierarchie wieder. Ganze Stadtviertel können nachts in den Fluten verschwinden, wenn von langer Hand vorbereitete Intrigen ihren krönenden Abschluß finden.
Trotz des gewalttätigen Rufes ist die Stadt Anlaufpunkt und Hoffnungsträger für Menschen, die sonst nichts zu verlieren haben und ein Leben in Gesetzlosigkeit dem Hungertod vorziehen. Die meisten Flüchtlinge, die Artjom überhaupt erreichen, enden schnell als Schuldsklaven, doch erzählt werden die Geschichten der Wenigen, die es durch Glück, Zufall und Können zu Wohlstand gebracht haben. Auch ist Artjom ein Knotenpunkt für exotische Handelswaren und Informationen jeder Art, so dass es auch nicht ganz verrufene Händler und Glücksritter in die schwimmende Stadt zieht.
Angeblich befindet sich im untersten Deck von Zholans Palastboot, in einer dreifach gesicherten Kammer, vor der zu jeder Tages- und Nachtzeit ein nie schlafender, zweiköpfiger Wächter steht, die Engelsträne, ein Artefakt, mit dem kundige Hände in der Lage wären, die ewigen Wolken zu vertreiben und die Sonne wieder scheinen zu lassen. Der Pirat hat jedoch kein Interesse daran, an den derzeitigen Zuständen, von denen er wie kaum ein anderer profitiert, irgend etwas zu ändern.