Autor Thema: Würfelsystem  (Gelesen 3645 mal)

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alexandro

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Re: Würfelsystem
« Antwort #25 am: 19.04.2012 | 19:51 »
Um das Lernmodell abzubilden, ist das ja eben genau passend ;)
Nein, ist es nicht.

Denn die XP-Kosten bilden das nämlich bereits ab:
Wenn es 2XP kostet die Fertigkeit von 1 auf 2 zu steigern, und 10XP die Fertigkeit von 9 auf 10, dann spiegelt dass genau das wieder: eine Verlangsamung des Kompetenzzuwachses während des Lernprozesses, lernen in die Breite, statt in die Höhe.

Macht man zusätzlich die Wahrscheinlichkeiten noch gaussverteilt, dann ist das doppelt gemoppelt und führt zu... seltsamen...Ergebnissen mit den abnehmenden Kompetenzspannen, z.B. dass ein College-Athlet ("Laufen 5") 50% mehr Leistung bringt, als ein Hobby-Jogger ("Laufen 1"), während der Marathon-Champion ("Laufen 10") nur noch 10% besser ist, als der durchschnittliche College-Athlet. So etwas wird dann schon arg Slapstick-artig.

Zitat
Angenommen Du willst z.B. hochklassiges Zubehör für den Profiradsport dann kostet dieses unverhältnismäßig viel mehr Geld als Komponenten, die einfach "nur" sehr gute Qualität aufweisen, weil der Tuning-Aufschlag gewaltig ist. Preis-Leistungsmäßig ist es also extrem unattraktiv, aber man muss eben richtig zahlen um der Beste zu sein - und das machen dann auch wieder alle, die an der Spitze kämpfen...  So ist's im RPG mit der bell curve auch umgesetzt, viele niedrige Fertigkeiten ("günstige Angebote") sind ergo Preis/Leistungs-mäßig besser, aber wer vom Skill her bei den Besten der Besten sein will, muss richtig XP investieren ;)
Mit dem richtigen Zubehör kannst du aber dann aber auch richtig was aus deinem Rad rausholen - die "Effizienzkurve" flacht nicht ab, wie bei der Gausskurve.

Zitat
Keine Ahnung worauf Du raus willst...? Nach Fertigkeit differenzieren?! Meinst Du nach dem Wert der Fertigkeit?
Ich meine, dass das Ergebnis des Wurfes vom Fertigkeitswert abhängig ist: also z.B. wenn jemand mit "Naturwissenschaften 1" eine chemische Komponente analysiert, bekommt er (bei einem erfolgreichen Wurf) sehr allgemeine Informationen, über die grobe Kategorie der Verbindungen, zu denen die Probe gehört. Macht jemand mit "Naturwissenschaften 10" dasselbe, so erhält er umfassende Informationen über den genauen Aufbau der Probe, verwandte Verbindungen, Wirkungen auf biologische Organismen und (wenn schädlich), wie man sich dagegen schützt.

Auf diese Weise (statt die Qualität vom Wurf abhängig zu machen) wird "Fähigkeit" (kann der Charakter Erfolg haben) von "Fertigkeit" (was leistet der Charakter eigentlich) entkoppelt.

Offline OldSam

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Re: Würfelsystem
« Antwort #26 am: 19.04.2012 | 22:16 »
Macht man zusätzlich die Wahrscheinlichkeiten noch gaussverteilt, dann ist das doppelt gemoppelt und führt zu... seltsamen...Ergebnissen mit den abnehmenden Kompetenzspannen, z.B. dass ein College-Athlet ("Laufen 5") 50% mehr Leistung bringt, als ein Hobby-Jogger ("Laufen 1"), während der Marathon-Champion ("Laufen 10") nur noch 10% besser ist, als der durchschnittliche College-Athlet.

Ok, jetzt weiss ich was Du meinst, ja, mit der grundsätzlichen Überlegung hast Du natürlich recht - aber: Den tatsächlichen Effekt für das Spielsystem kann man gar nicht so allgemein vorhersagen, denn es hängt ja sehr stark von der Implementation ab!  ...z.B. in welchen Skalen-Bereichen sind die Werte angesiedelt, wie funktioniert die Steigerung im Detail, inwieweit spielen Attribute mit rein u.ä., da müssten wir jetzt schon spezifische Systemvergleiche vornehmen, um sinnvolle Aussagen zu treffen... Deine Beispielwerte sind vermutlich nur fiktiv zur Grob-Illustration der Idee, oder? Scheint mir nämlich sehr übertrieben zu sein, wenn ich ein paar Testrechnungen mache ;)

Wenn ich das z.B. ganz stumpf in den ersten nutzbaren Bereich der gezeigten 3d6-Tabelle übertragen würde, also mit Jogger 5 - College 10 - Profi 15, käme sogar raus, dass das gezeigte Problem gar nicht auftritt, weil die Leistungssteigerung vom Jogger zum College und von dort zum Profi jeweils gleichmäßig ca. 45% sind =) ...in dem Fall würde es also komplett auf die Kosten der Steigerung ankommen, aber das ist natürlich auch nur ein fiktives (und grad günstiges) Beispiel, da es ja in der Praxis von verschiedenen Dingen abhängt und oft auch nicht in diesem Skalenbereich liegt.

Überall wo das Problem in der Praxis tatsächlich vorliegt, wird es jedoch deutlich kleiner bzw. tritt teils gar nicht auf, wenn es durch entsprechende Implementationen sinnvoll gelöst wurde - als konkretes System-Beispiel: GURPS hat ab dem 3. Steigerungsschritt, also sobald eine etwas erhöhte Kompetenz vorliegt, lineare/konstante hohen Kosten für den weiteren Anstieg (soll ausdrücken "es ist nur am Anfang leichter", was natürlich auch schon eine Vereinfachung ist).

Schließlich muss man bedenken, dass selbst "nur" 10%, in der Spitze eben oft doch eine ganze Menge sind!
Wenn z.B. ein Top-Sprinter die 100m in 10 Sek. läuft ist er bei 10% eben auch schon eine ganze Sekunde schneller als jemand, der mit 11 Sek. "nur" ein sehr guter Sprinter ist. Man muss bedenken, dass die Leute für jede 1/10 Sek. hart trainieren müssen...

Alles in allem spricht man hier jedenfalls aus meiner Sicht schon über Luxusprobleme, wenn man das mit der üblichen linearen Grobkörnigkeit vergleicht ;)


Mit dem richtigen Zubehör kannst du aber dann aber auch richtig was aus deinem Rad rausholen - die "Effizienzkurve" flacht nicht ab, wie bei der Gausskurve.

Es ging ja um die Perspektive des Beispiels, die Effizienz flacht nämlich was das Preis/Leistungs-Verhältnis angeht ganz offensichtlich deutlich ab. Aber auch was die reine Leistung angeht könnte man so einen Vergleich anstellen:  Wenn Du z.B. einen Vergleich machst wie effektiv ein gutes Fahrrad gegenüber einem Jogger ist, dann würde im Vergleich das sehr gute Fahrrad in seiner Effizienz nicht mehr so stark skalieren können wie es das Fahrrad grundsätzlich gegenüber einem Jogger kann.
Das Top-Zubehör einen Leistungszuwachs bringt steht ja außer Frage, aber es geht beim Tuning eben um Details, da werden dann im Radsport eben hier und da nochmal 20g Gewicht eingespart, aber die grundsätzliche Funktions-Effizienz kann man mit Top-Ware gegenüber sehr guter Ware nicht mehr viel steigern (u.a. deswegen gewinnt z.B. ein Jan Ullrich ja auch auf einem guten Rennrad aus dem Laden gegen einen Amateursportler mit custom-tuned High-End-Rad :p).


Auf diese Weise (statt die Qualität vom Wurf abhängig zu machen) wird "Fähigkeit" (kann der Charakter Erfolg haben) von "Fertigkeit" (was leistet der Charakter eigentlich) entkoppelt.

Finde ich prinzipiell gut, also wenn man das stärker entkoppelt (würde ich aber auch nicht zuviel machen), aber dabei geht's ja mehr um Ergebnisinterpretation, wie setze ich das gewürfelte Resutat um, hat IMHO also nur am Rande mit linear progression vs. bell curve zu tun ;)
Bei Systemen mit bell curve wird das ja quasi implizit dadurch schon mitgenommen, dass ein höherer Grundskill auch eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine größere Ergebnisqualität mit sich bringt - eben durch die Normalisierung usw. Wenn man mehr in der Richtung will kann man ja jederzeit sowas festlegen wie "Informationslevel 2" setzt einen Fertigkeitswert von 14 voraus, "Infolevel 3" braucht FW 18 etc. - wie man es halt haben will...

« Letzte Änderung: 19.04.2012 | 22:43 von OldSam »

Offline ArneBab

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Re: Würfelsystem
« Antwort #27 am: 19.04.2012 | 22:22 »
Beispiel für den Kampf:

Kampfphase1: Villain B zählt seine Punkte im Skill Nahkampf (2.) und dem dazugehörigen Attribut Reflex (6.) zusammen (8.). Zudem würfelt er auf einem W10 eine (7.) und kommt somit auf (15.) Punkte für seine Attacke.
Das ist nicht ganz, was ich mit Vorlagen meinte. Die Vorlagen sind Geschichten ohne Regelteil. Um das Beispiel mal zu einer Vorlage zu machen:

Ein halb-gefährlicher Feind greift den Helden an. Der Held wehrt den Hieb mit etwas Glück und Können erfolgreich ab. Dann greift der Held an und trifft. Dank seiner sehr guten Waffe trennt der Treffer seinem Feind den Arm ab. Der Feind geht zu Boden und ein schwächerer Mensch wäre durch den Schock wohl gestorben. Doch trotz seiner Konstitution lässt ihn der Schmerz ohnmächtig werden und er verblutet binnen kürzester Zeit, weil niemand in der Nähe ist, der ihm helfen kann oder möchte.

Der Held geht unbeschadet seiner Wege.

---

Jetzt machen wir das ganze noch etwas spannender:

Kontrahenten:
- Gretzer: zäh, recht schnell und ein Mittelmäßiger Kämpfer. Waffe: Langdolch.
- Horon: Schnell und ein guter Kämpfer. Waffe: Gutes Breitschwert.

Gretzer, ein kleiner Straßenräuber, greift den Helden Horon auf einem Feldweg an. Er sticht mit seinem Langdolch zu, doch Horon wehrt den Hieb gekonnt mit seinem Breitschwert ab. Im nächsten Atemzug lässt Horon sein Schwert herabfahren und die mächtige Klinge trennt Gretzers Arm ab. Seine Zähigkeit bewahrt Gretzer davor, alleine schon von dem Schock zu sterben, doch sie genügt nicht, um ihn vor der Ohnmacht zu bewahren. Êr verblutet binnen kürzester Zeit, weil niemand in der Nähe ist, der ihm helfen kann oder möchte.

Horon geht unbeschadet seiner Wege.

Wichtig in Kämpfen sind Reflexe, Zähigkeit, gelerntes Können und die Qualität der Waffe.

---

Mit dieser Struktur kannst du die regeltechnische Umsetzung erstmal aus deiner Zielsetzung herausnehmen, so dass du wirklich prüfen kannst, welches Regelwerk den Fluss des Kampfes am besten umsetzt.

Wenn du ein echtes Beispiel dafür willst, schau dir mal den nicht-kursiven Teil hier an: http://1w6.org/deutsch/module/ersch-pfungsregeln-erre#beispiel

Ich habe Jahre nach einer eleganten Realisierung für diese Szenen gesucht (auch wenn ich die Szenen nur immer in der Vorstellung hatte und nicht auf Papier, wie ich es bei neuen Regeln machen würde). Allerdings sind die Szenen keine vollkommene Umsetzung dieses Prinzips, weil sie bereits von einem Grundregelwerk ausgehen und es verwenden, um die Charaktere genauer zu definieren. Ich habe das Modul explizit für das Regelwerk geschrieben, um mit dem Regelwerk eine bestimmte Art von Geschichten erlebbar zu machen.

Würde ich ganz von vorne anfangen, hätte ich die Charaktere in etwa so definiert:

Naga und Krom stellen sich in einer engen Schlucht 10 Verfolgern entgegen. Naga ist schmächtig, aber eine Meisterin der schmalen Klinge. Krom ist ein bulliger Barbar und mit seiner schweren Keule ein herausragender Kämpfer. Die Verfolger sind einfache Stadtwachen mit Schwertern und Lederrüstung.
« Letzte Änderung: 19.04.2012 | 22:58 von ArneBab »
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«

Offline Gummibär

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Re: Würfelsystem
« Antwort #28 am: 21.05.2012 | 06:21 »
Zitat von: OldSam
College 10 - Profi 15
Bei der genannten linearen Verteilung führt das dazu, dass der College bei einem vergleichenden Wurf zu 1+2+3+4 = 10 % (!!!) gegen den Profi gewinnt, zu 5 % gibt es Unentschieden. Bei einer gaussähnlicheren Verteilung wie z.B. 2w6 würde der College, der mit 5 Punkten ja DEUTLICH unter dem Profil liegt, seltener gewinnen, das wäre also realistischer.

Klar schafft der Profi bei der Gauss-Verteilung die 100m in 10s nur zu 99%, während der College bereits auf 97 % kommt. Aber d.h. nicht, dass der Profi nur wenig besser ist. Der Vorteil des Profis liegt darin, dass er eine um 5 Punkte schwierigere Probe immer noch zu 97 % schafft und er bei einer vergleichenden Probe in deutlich weniger als 10 % der Fälle geschlagen wird.

Zitat von: alexandro
Ich meine, dass das Ergebnis des Wurfes vom Fertigkeitswert abhängig ist: also z.B. wenn jemand mit "Naturwissenschaften 1" eine chemische Komponente analysiert, bekommt er (bei einem erfolgreichen Wurf) sehr allgemeine Informationen, über die grobe Kategorie der Verbindungen, zu denen die Probe gehört. Macht jemand mit "Naturwissenschaften 10" dasselbe, so erhält er umfassende Informationen über den genauen Aufbau der Probe, verwandte Verbindungen, Wirkungen auf biologische Organismen und (wenn schädlich), wie man sich dagegen schützt.
Das bedeutet dann aber, dass es nur ein „alles oder nichts“ gibt. Der Biologie-Professor findet also entweder „jedes kleinste Detail“ raus oder tappt „völlig im Dunkeln“. Sehr unglaubwürdig. Man kann doch auch einen Teil der möglichen Informationen herausfinden.

Zitat von: The Fnord
Was ich zumindest ausschließen kann, wäre ein Würfelsystem wie bei der WoD, etc. Das ist mir eindeutig zu ungenau. Am besten wäre etwas, dass leicht von der Hand geht (Einsteigerfreundlich) und trotzdem einigermaßen realisitsch ist. Es sollten allerdings gängige Würfel zum Einsatz kommen (also keine W30 oder Spezialwürfel).
Ebenfalls schließe ich alles aus, was mit Level-Systemen zusammenhängt.

Meine Spielwelt kann man allgemein als Fantasy klassifizieren. Monster töten, Evildoers verhauen, zaubern... Der übliche Kram eben.
Das hört sich jetzt so weit nach meinem Regelsystem an... :D ;)

Ist allerdings noch nicht fertig. Falls du an einer Zusammenarbeit interessiert bist, kannst du mir ja mal ne PN schreiben.

Zitat von: The Fnord
Deswegen habe ich jetzt auch Interlock genommen. Ist manchmal etwas ungenau, aber es bietet genau das, was ich für mein Setting suche. Proben auf Attribute+Skills, ein enorm tödliches Kampfsystem und eine breite Palette an optionalen Regeln, die man benutzen kann, aber nicht muss.
So tödlich ist mein Kampfsystem bisher nicht, aber wenn man einfach den Schaden erhöht oder die Lebenspunkte senkt, dann ist Tödlichkeit eigentlich mit jedem System machbar, oder?

Zitat von: JPS
Ich empfehle keine ansteigenden Fertigkeitskosten. Charaktere die in einer Sache herausragend sind aber in allen anderen schlecht sind auch nicht ganz realistisch und spielerisch unbefriedigend.
Das gabs schon bei Arcane Codex... Führt dann dazu, dass ein edler Krieger Schwerter 10, Aufmerksamkeit 10, Kraftakt 10 und Reiten 10 hat, und dazu Beeindrucken 0, Einschüchtern 0, Etikette 0, Klettern 0, Springen 0, Rennen 0, Zechen 0. Sowas ist totaler Murks.
Du greifst Teichdragon & Co. an und äußerst jetzt Unverständnis, wenn sich einer von ihnen zu Wort meldet?

Gut gemacht.  :gaga:

The Fnord

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Re: Würfelsystem
« Antwort #29 am: 21.05.2012 | 15:34 »
Zitat
Ist allerdings noch nicht fertig. Falls du an einer Zusammenarbeit interessiert bist, kannst du mir ja mal ne PN schreiben.
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