Ein Gedanke noch: Du hast was von Cyberpunk geschrieben. In THS sind KIs und Virtuelle Realität eher alltagstauglich, wenig abenteuerlich. Ich finde, da wirst Du schon Hand an das Setting legen müssen
Das mit dem "Cyberpunk" seh' ich nicht so eng, zumindest nicht im Sinne von "Old School"-Cyberpunk – "klassischer 80er-Jahre-Cyberspace" im C64-Look ist nichts, worauf ich unbedingt bestehe
Ich hab eher vor, einen gewissen Fokus auf die "zwielichtigen" (oder besser: ambivalenten) Seiten des Transhuman Space-Settings zu legen – und gerade Broken Dreams scheint dafür ja einige Möglichkeiten zu bieten.
Transhuman Space scheint für ein "Post-Cyberpunk"-Spiel ja ganz gut geeignet zu sein: Die Welt ist "besser" geworden – die Möglichkeiten größer, die Technik besser, die potentiellen Freiheiten fast grenzenlos (der Thread
Transhuman Space - A Setting Defined By Its Freedoms im RPG.net-Forum klingt sehr vielversprechend). Aber eben nicht für alle – während die eine Hälfte der Gesellschaft die Zukunft in allen Zügen genießt, sind andere davon ausgeschlossen.
Und keine neue Technologie, die nicht auch missbraucht wird, so nützlich sie auch erscheinen mag, so sehr sie das leben auch oft erleichtern mag. Gentechnik, Nanotechnologie, Memetik etc. – man muss nicht sonderlich weit denken, um auf Anwendungsmöglichkeiten zu kommen, die den feuchten Träumen leidenschaftlicher Dystopisten entspringen könnten.
Man sehe sich heute nur Google, Facebook & Co. an: Sie machen das Leben in mancher Hinsicht einfacher, eröffnen neue Möglichkeiten – aber wenn man ein wenig tiefer gräbt, stößt man auf diverse Risiken und Ungereimtheiten. Die fortschrittliche Welt von Transhuman Space läd geradezu dazu ein, dass aufzugreifen. Gerade da im Setting der Streit um Urheberrechte und Produktpiraterie eine große politische Rolle zu spielen scheint, so weit ich das bislang mitbekommen habe, lassen sich aktuelle Themen à la ACTA, PIPA, SOPA und IPRED wohl wunderbar aufgreifen.
Ich finde Near SF ganz interessant, um aktuelle gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Konfliktzonen in der Zukunft weiterzudenken und spielerisch zu behandeln – "was wäre, wenn XY wirklich..." Und wenn am Ende ein Moment der Erkenntnis steht à la "Hey, das Problem kenn ich doch von irgendwo..." wär's sehr cool – die Zeiten ändern sich, aber Mensch bleibt Mensch.
Und gerade hier stößt das transhumanistische Motiv des THS-Settings dazu: Der Mensch nimmt seine Evolution in die eigene Hand – aber kann die "Trans-Menschheit" dadurch ihre menschlich-allzumenschlichen Probleme überwinden? Und was bedeutet es für die Menschheit, wenn Menschen andere Menschen bis hinab auf's Genom und ins Gehirn verändern, über sie bestimmen können? Wenn Menschen nicht mehr bloß die Kinder ihrer Eltern sind, sondern Geschöpfe ihrer wissenschaftlichen "genetischen Götter" – wenn die Eltern-Kind-Beziehung von einer Geschöpf-Schöpfer-Beziehung ergänzt wird? Was bedeutet es, wenn Menschen "nach ihrem Ebenbild" Androiden, künstliche Intelligenzen o. Ä. entwerfen – anerkennt der "Schöpfer" seine gleichwertigen (oder vielleicht sogar ihm überlegenen) Geschöpfe als ebenbürtige Gegenüber? Der "Transmensch" und seine androidischen Gefährten als Frankensteins Monster des Jahres 2100, gewissermaßen –
"I want me more life, father!"Es soll definitiv kein "Grim Dark, Eternal Night, Everyone's Corrupt, You're All Scummers" sein, sondern eher eine dialektische Perspektive auf eine vielschichtige Welt, wo "Hell" und "Dunkel" zwei Seiten ein und derselben "The Future Is Now"-Medaille sind, mit den Spielern mitten drin. Gewissermaßen "Jürgen Habermas & Günter Anders vs. Nick Bostrom", im Jahr 2100.