Verdammt, wie ich hinterherhänge. Hier kommen Nummer 5 und 7. Tagebuch 6 ist nicht fertig, ich muss meine eigene Schrift entziffern. Den Rest überarbeite ich dann bei Bedarf noch mal. Bis gleich!
=== 5 Das Fest ===
Tagebucheintrag Hans Maurer
„Fahrt nach Potsdamm“, hatte unser Informant gesagt, „und bringt ihr Blumen mit, die liebt sie.“ Also saßen wir im Zug, der uns in Richtung Südwesten zu unserem bis dahin unbekannten Ziel bringen sollte. Chris tätschelte sacht die Stofftasche, in der er einige Lotusblumen transportierte, während Goran nervös sein Handy knetete, welches in seinen Pranken beunruhigend knirschte. Ich lutschte währenddessen genüsslich an einem Stück Trockenfleisch. Das Ziel unserer Mission und Grund für die Geheimhaltung wurde die Hüterin von manchen genannt, andere kannten sie als Mittlerin oder auch Knight of the Fate. Wer oder was sie genau ist, wussten wir nicht. Aber sie sollte uns Fragen beantworten können. Davon hatten wir genug. Ich wusste nicht, was ich mit meiner neugewonnen Identität als Ghoul anfangen soll. War es ein Zeichen Gaias? Hatte sie sich von mir abgewandt? Wohin sollte mein Weg mich führen? Chris war sich nicht sicher, zu welchem Preis er das Wissen aus diesem Buch beziehen kann, dass im Nevernever auf ihn wartet – und ihm teilweise Unberuhigendes offenbart. Gorans Gedanken drehten sich darum, wie er den Streit um seinen Gürtel mit dem Troll Berthold zu seinen Gunsten wenden könnte.
Wir wurden durch eine polyphone Version des Songs Eye of the Tiger aus unseren Gedanken gerissen. Nach einem sehr kurzen Gespräch sah Goran uns an und sagte nur „Schloss Sanssouci“. Zwar hatten wir keine genaue Vorstellung, was genau uns erwarten würde, aber wir hätten nicht mit der ca. fünfzigjährigen Japanerin gerechnet, die sich im Schlossgarten um die Beete kümmerte. Sie stellte sich als Haruko Watanabe vor und war entzückt über die mitgebrachten Blumen. Unsere unterschiedlichen Annahmen über das Anlegen von gigantischen floralen Schutzzirklen – genau das tat sie nämlich – amüsierte sie zumindest. Mein Angebot, ihr zu helfen, lehnte sie mit einem Blick auf meine Klauen allerdings dankend ab. Sie führte uns in einen Pavillon und bat uns Tee an. Nachdem wir ihr von unseren letzten Erlebnissen berichtet hatten, beriet sie uns bei unseren Problemen. Ich weiß nicht, ob ich mehr erwartet hätte, aber so sind sie nun, die Feenwesen. Sie besitzen ein unglaubliches Wissen, haben aber auch große Freude daran, sich kryptisch auszudrücken. Zumindest Goran wusste nun genau Bescheid, welchen Regeln Berthold unterworfen war. Die Mittlerin war sehr interessiert daran, das „Gleichgewicht wiederherzustellen“, wie sie es nannte. Das Ritual auf dem Friedhof war ein erster Schritt, aber offensichtlich war Berlin in letzter Zeit für dunkle Mächte so attraktiv geworden, dass es noch mehr als genug zu tun gab, falls wir eher unerfahrenen Wanderer im Reich des Übernatürlichen weiterhin unbeschadet (kann davon bei mir wirklich die Rede sein?) leben wollten. Sie trug uns auf, einen weiteren Schutzzirkel am anderen Ende der Stadt zu errichten und gab uns die benötigten Materialien mit. Vielleicht hatten wir nicht alle die ultimative Erleuchtung gefunden, aber wir hatten unser Netzwerk der übernatürlichen Verbündeten ein weiteres Stück ausgebaut.
Auf dem Rückweg machten wir eine seltsame Entdeckung: Überall in den Hecken um uns herum tanzten kleine Lichterwesen. Mit meinen scharfen Sinnen und der Unterstützung von ein paar Tropfen DOM, konnten wir erkennen, dass es sich dabei um Pixies handelte. Auf einmal ertönte aus dem Schloss eine seltsame Musik, von der wir uns angezogen fühlten. Als wir darauf zu gingen, verwandelte sich unser Äußeres. Chris und ich trugen elegante Gewänder, während Goran statt Sportjacke und Seidenballonhosen plötzlich in eine Dienerlivré gehüllt war. Einige menschliche Wachen, die wie aufgezogen schienen, ließen uns ein. Im Schloss erwartete uns ein Fest, wie wir es noch nie gesehen hatten. Der Ballsaal war gefüllt mit seltsamen Wesen in allen Formen und Farben, die tanzten, sich unterhielten, tranken und – für mich am interessantesten – aßen. Goran wurde gebeten, sich zu den anderen Bediensteten zu begeben, während Chris zu dem Podest der Gastgeberin am Ende des Saals schritt und ich unentschlossen zwischen ihm und dem Buffet hin- und herblickte. Bei der Dame auf dem Podest, handelte es sich – wie ich später zu meinem Leidwesen erfahren musste – um niemand anderes als Titania, die Königin des Summer Court. Offensichtlich hatte Christian mit seinen Umgangsformen solch einen Eindruck auf sie gemacht, dass sie einer ihrer Günstlinge, Elena, zu verstehen gab, mit ihm zu tanzen. Auch auf der Tanzfläche machte er sich keine Schande, während bei mir leider der Hunger gesiegt hatte. Ohne auf die Details einzugehen: Es gab einige Missverständnisse mit der Familie unseres alten „Freundes“ Berthold, aber Goran half mir elegant aus der Patsche. Er erzählte mir von der Gefahr, die es birgt, sich mit diesen Feenwesen einzulassen: Niemals solle man sich mit einem der Höflinge einlassen, am besten nicht einmal ihr Essen anrühren. In Anbetracht des Fleischsaftes auf meinem Gewand, musste er selber einsehen, dass dieser gutgemeinte Ratschlag etwas früher hätte kommen müssen. Als auch noch Bertholds Bruder erkannte, um wen es sich bei dem muskulösen Mann handelte, wurde aus unserem etwas übereilten Aufbruch doch eher eine Flucht. Wir hatten nur ein Problem: Chris war verschwunden, er hatte sich mit seiner Tanzpartnerin zum „Lustwandeln“ in den Garten verzogen. Wir liefen also ins Freie, den Größten Troll, den wir je gesehen hatten, auf inseren Fersen. In der Eile wären wir fast in den Zauber gestolpert, den Chris' Angebetete gesponnen hatte. Die Beiden hatten sich auf einer Steinbak niedergelassen, um die herum die Zeit extrem verlangsamt war. Wollten wir Chris jemals wiedersehen, mussten wir ihn retten (auch wenn er dieses Wort sicher nicht verwendet hätte). Ich grub mich unter dem Zauber hindurch und riss den armen Mann mit heruntergelassener Hose durch die frisch aufgegrabene Erde.
Mit einem sichtlich traumatisierten Christian, stolperten wir aus dem Garten hinaus, als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legte…
=== 7 Bad Trip ===
Tagebucheintrag Hans Maurer
Nachdem wir die gröbste Sauerei aufgeräumt hatten, machten wir uns, mit einem Klappspaten bewaffnet, zu unserem zweiten Auftrag des gestrigen Tages auf. Das Gegenstück zu Haruko Watanabes Schutzzirkel im Garten von Schloss Sanssouci musste angelegt werden. Dazu fuhren wir über die A10 in Richtung Blumberg und suchten den Ort auf, welchen uns die Knight of Fate angegeben hatte. Goran, der sich als unser Experte für Zirkel solcher Art herausgestellt hatte, begann sofort mit der Arbeit, während Chris und ich Wache hielten. Natürlich war es nicht damit getan, dass wir ein paar Blümchen pflanzten. Kurz nachdem die erste Pflanze den aufgegrabenen Boden berührt hatte, stieß ein gigantischer Arm aus dem Boden und versuchte Goran zu erschlagen.
Ab dem Augenblick passierten für Chris und mich offensichtlich extrem unterschiedliche Dinge. Aus meiner Sicht stellte es sich folgendermaßen dar:
Ich sprang den gewaltigen Arm an un versuchte ihn niederzuringen. Chris, entweder auf einem extrem schlechten Trip, oder unter der Kontrolle einer fremden Macht, versuchte mich zu töten, indem er mich mittels eines Zaubers an dem Arm festnagelte. Eine sehr unangenehme Situation, wenn plötzlich das linke Gegenstück auftaucht und versucht, jemanden wie einen lästigen Käfer wegzuschnipsen. Aus den Augenwinkeln konnte ich wahrnehmen, wie Chris auf einmal mit dem Kopf voran versuchte, in den Boden zu springen und bewusstlos und zuckend liegen blieb. Goran behielt zum Glück einen klaren Kopf und gärtnerte so schnell wie möglich weiter. Je weiter sich der Zirkel schloss, desto schwächer wurden die Arme und verwandelten sich langsam in immer kleinere, glitschige Tentakeln, die verschwanden. Aus der Mitte des Zirkels stieg ein Funke auf, den Goran auffing und dem bewusstlosen Chris auf die Stirn drückte, woraufhin dieser wieder aufwachte.
Er erzählte mir anschließend diese wahnsinnige Geschichte davon, dass er versucht hatte, mir mit einem Schutzzirkel zu helfen, bevor sein Geist auf den Strömen der Leylinie, auf der wir uns befanden, der fremden Macht entgegentauchte. Dort habe er eine unheimliche Szene beobachten können: Eine nur schattenhaft wahrnehmbare Gestalt stieß ein Zauberschwert in den Brustkorb einer weiteren Person, welche in einen mit altetruskischen Runen verzierten Zeremonienpanzer steckte. Daraufhin entbrannte ein epischer Kampf, dessen Schilderung mich stark an die eine Brückenszene aus Herr der Ringe in Moria erinnerte. Auf seinem Zauberstab sei Chris nach seinem Sieg über den Feind und seine eigenen Allmachtsfantasien dann wieder zur Erdoberfläche heraufgeritten und fast in den Mond gestürzt, hätte Goran ihn nicht aufgefangen…
IST DAS ZU GLAUBEN? Entweder sind die Beiden total bekloppt, oder ich bin für Aufträge dieser Art einfach nicht geeignet. Aber was soll man da machen? Zumindest hatten wir unsere Aufgaben erledigt. Ich kann nur hoffen, dass wir in der nächsten Zeit mal wieder etwas mehr Ruhe vor Mutanten, Riesenarmen und Feenwesen haben.