Autor Thema: Die "regionalen" Götter von Lorakis  (Gelesen 3310 mal)

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Offline La Cipolla

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Die "regionalen" Götter von Lorakis
« am: 2.07.2014 | 11:51 »
Im SpliMo-Forum gab es einige Stimmen gegen die eher regional gehaltenen Götter von Lorakis (Kurzform: Jede Region hat ihre eigenen Götter, allerdings mit Überschneidungen), und ich habe mir dazu mal ein paar Gedanken gemacht.

Woher die Kritik kommt, ist relativ klar: Einmal ist ein "eurozentrisches Einheitspantheon" (+exotische, weniger zentrale Götter) irgendwo leichter zu handhaben, wenn man die Charakterherkunft nicht gerade auf eine Region fokussiert, auf der anderen Seite ist es einfach auch eine wahnsinnig verbreitete Konvention im Genre der "großen Allrounder-Fantasy-Settings". Offene Frage: Ist die Herangehensweise von SpliMo in diesem Bereich (!) vielleicht sogar ein Alleinstellungsmerkmal, oder fallen euch noch andere Allrounder-Settings ein, die auf ein großes zentrales Pantheon verzichten?

Zum Anderen die Glaubwürdigkeit: Ich denke, hier geht beides klar. In einer Fantasy-Welt, in der die Götter WIRKLICH existieren, glaube ich gern, dass sie auch überregional verbreitet sind. Die regionale Herangehensweise ist aber definitiv die, die eher an eine reale, mittelalterliche "Glaubwürdigkeit" herankommt, zumal die meisten Regionen bei SpliMo vom Umfang her ja mehr "Deutschland" als "Ostfriesland" sind.

Was sind eure Gedanken zum Thema? Ist natürlich nicht nur SpliMo, aber ich denke, es passt gut hier rein, weil die Entscheidung in DSA-Land (mit seinen mega-heftig-zentralisierten Göttern) ja doch irgendwo mutig war ... wie man auch an den Reaktionen erkennt.
« Letzte Änderung: 2.07.2014 | 11:57 von La Cipolla »

Online Nachtfrost

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Re: Die "regionalen" Götter von Lorakis
« Antwort #1 am: 2.07.2014 | 12:18 »
Ich befürworte die Entscheidung.
Götter in Splittermond sind eben nicht die allmächtigen Überflieger mit unbegrenzter Macht auf der ganzen Welt. Das ist etwas, das mir bei DSA schon immer aufgestoßen ist. Überall auf der Welt die gleichen Götter, die ja sooo mächtig sind, aber eigentlich doch nie eingreifen dürfen. *gähn*. Dieser transzendierte pantheonisierte Quasi-Monotheismus.

Da gefällt mir doch eher der Ansatz der nordischen, keltischen (bedingt griechisch-römischen) und teilweise auch ostasiatischen Mythologie. Die Götter haben etwas erdiges, weltlicheres. Man kann sie auch mal anfassen.
So verstehe ich das auch in Splittermond.  Ihre Einflusssphären sind beschränkt und vermutlich an ihre Verehrer gebunden. Es gibt die Göttersphäre, wo sich Helden, Halbgötter und Götter tummeln und die auch mit Lorakis örtlich überlappt (so wie ich das verstanden habe). Und dort dehnt sich eben der Einflussbereich der Götter in einem bestimmten Umfang aus.

Es ist natürlich einfacher sich zu orientieren, wenn es weltweit nur ein Dutzend Götter gibt. Aber ich mag die Überraschung, die Exotik.
Eine schöne Abwechslung, die Lorakis einfach bunter macht und mal abrückt vom eurozentrischen Weltbild.

Edit:
Sugar on top: Die "kleinen" lokalen Götter machen auch mal Abenteuer möglich, bei dem die SCs bei Intrigen zwischen göttern mitmischen, Götter auch mal fallen oder aufsteigen können, ohne dass gleich die komplette Lore der Hintergrundwelt beim Teufel ist...
« Letzte Änderung: 2.07.2014 | 12:37 von Nachtfrost »
Ich kann die Gedanken hinter den Regeln ja durchaus verstehen. Dämonen sollen schliesslich schreckliche und furchteinflößende Wesen sein. Daher müssen auch die entsprechenden Regeln grauenvoll sein.

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Boni

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Re: Die "regionalen" Götter von Lorakis
« Antwort #2 am: 2.07.2014 | 12:19 »
Grundsätzlich, da ich mich mit SpliMo nicht befasst habe:

Ich finde das Thema Religion in Fantasy-Settings immer schwierig. Insbesondere, da meistens polytheistische Pantheone dargestellt werden, in denen die Götter aktiv in die Geschicke der Welt eingreifen. Das passt einfach nicht zum größtenteils deistischen Ansatz des Polytheismus. Dazu noch die gesellschaftliche Entwicklung, die meist eng an europäische Topoi angepasst ist, zu denen für mich eine klare Entwicklung hin zum Monotheismus gehört, mindestens aber zum Henotheismus, gehört. Aber das wäre ein Grundsatzthema, das hier wohl zu weit führt ;)

Regionalität finde ich grundsätzlich nicht verkehrt, solange die Regionen nicht komplett abgeschottet sind. Religionen transzendieren Grenzen (wobei das Konzept "Grenze" in einer mittelalterlich geprägten Welt auch so ein Problem ist...) und Kulturräume. Götter werden im Laufe der Zeit akzeptiert, in die eigene Kultur eingegliedert und neu interpretiert. Man vergleiche dazu den Mittelmeerraum in hellenistischen Zeiten. Da waren die olympischen Götter quasi überall präsent, aber oft unter anderen Namen und abgewandelten Funktionen.

Wenn die Regionalität derartig gelöst wäre -was hochkompliziert und am Tisch schwer zu handhaben wäre - empfände ich das als enorme Bereicherung. Wenn es aber nur auf "Land A hat Pantheon 1, Land B hat Pantheon 2" hinaus läuft, empfände ich das als als sehr unglaubwürdig. Optimal wäre für mich die Lösung mit einer Hauptreligion, die in verschiedenen Regionen unterschiedlich aufgefasst wird, sowohl politisch, als auch sakral. So in der Art der römischen Kirche vor Gregor VII.
« Letzte Änderung: 2.07.2014 | 13:15 von Boni »

Offline La Cipolla

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Re: Die "regionalen" Götter von Lorakis
« Antwort #3 am: 2.07.2014 | 12:27 »
Wie gesagt, in SpliMo gibt es Überschneidungen. Die Sommergöttin eines leicht bretonisch (?) angehauchten Winterlandes wird bspw. zunehmend von der Sommergöttin der nahen Elfen verdrängt, die "Zigeuner des Meeres" (sehr salopp gesagt ;D), die erst vor 50 Jahren ihr Land verlassen haben, haben die Meeresgottheit der beherrschenden Stadt des entsprechenden Meeres übernommen, eine Region verbreitet ihre Götter zusammen mit ihrem Herrschaftsanspruch etc.

Ich bin mir aber nicht sicher, wie weit diese Tendenzen gehen. Ist ja auch nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, zumal der Weltenband mit dieser Masse an Göttern natürlich nicht jedem eine halbe Seite gegönnt hat. ^^
« Letzte Änderung: 2.07.2014 | 12:33 von La Cipolla »

Offline Xemides

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Re: Die "regionalen" Götter von Lorakis
« Antwort #4 am: 2.07.2014 | 12:43 »
Das ist kein Alleinstellungsmerkmal, ganz im Gegenteil.

MIdgard hat auch kein Einheitspantheon sondern regionale Götter.

Und genau so als, Greg Stafford Glorantha mit seinen Duetzenden Götter, die sich dann sogar innerhalb ihrer Region unterschiedlich angebetet werden und sich an den Rändern mit anderen vermischen.

Evolution is just a theory? Well so is gravity but I don't see you jumping off of buildings.

Achamanian

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Re: Die "regionalen" Götter von Lorakis
« Antwort #5 am: 2.07.2014 | 12:50 »
Ich empfinde die SpliMo-Herangehensweise da eigentlich auf allen Ebenen als die reizvollere, die Gründe wurden schon genannt: mehr Überraschungen, gleichzeitig ein konsistenteres Flair bei den jeweils einzelnen Kulturen, Götter können im Spiel auch wirklich eine Rolle spielen und fallen/aufsteigen, ohne dass die ganze Welt aus den Angeln gehoben wird ...

Allerdings glaube ich auch nicht, dass das ein Alleinstellungsmerkmal von SpliMo ist; ich habe eher den Eindruck, dass die Systeme mit den "Weltpantheons" zahlenmäßig die Ausnahme (wobei es schon die größten Systeme sind, DSA halt und D&D in den jeweiligen Kampagnenwelten auch ...).

Offline Erdgeist

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Re: Die "regionalen" Götter von Lorakis
« Antwort #6 am: 2.07.2014 | 12:52 »
Woher die Kritik kommt, ist relativ klar: Einmal ist ein "eurozentrisches Einheitspantheon" (+exotische, weniger zentrale Götter) irgendwo leichter zu handhaben, wenn man die Charakterherkunft nicht gerade auf eine Region fokussiert, auf der anderen Seite ist es einfach auch eine wahnsinnig verbreitete Konvention im Genre der "großen Allrounder-Fantasy-Settings". Offene Frage: Ist die Herangehensweise von SpliMo in diesem Bereich (!) vielleicht sogar ein Alleinstellungsmerkmal, oder fallen euch noch andere Allrounder-Settings ein, die auf ein großes zentrales Pantheon verzichten?
Die Forgotten Realms von D&D sind in der Hinsicht ein Zwitter: Es gibt zwar einerseits einen Pantheon von sehr mächtigen Göttern, deren Anhänger fast überall zu finden sind, andererseits aber auch noch ein halbes Dutzend kleinerer Pantheons, die entweder regional dominant sind oder speziell für bestimmte Rassen sind. Das ganze wird dann noch gewürzt mit einer unüberschaubaren Zahl kleinerer Götter, die häufig auch eher nur regionalen Einfluss haben.

Offline BobMorane

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Re: Die "regionalen" Götter von Lorakis
« Antwort #7 am: 2.07.2014 | 13:19 »
Die Vermischung von Pantheons existiert auch. Farukan hat zum Beispiel Götter aus eroberten Regionen übernommen.

Luxferre

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Re: Die "regionalen" Götter von Lorakis
« Antwort #8 am: 2.07.2014 | 13:21 »
Also in dieser Fülle finde ich Lorakis schon recht einzigartig. Erst recht, wenn man mal nur die deutschen Produkte betrachtet.
FR sind schon ziemlich anders, was Erdgeist da schreibt ist für mich etwas griffiger, definitiver ;)

Mein Fall sind diese Art Götter irgendwie nicht. Ich mag es, wenn die Götter nicht so omnipräsent sind und vor Allem nicht direkt eingreifen und auf Erden wandeln. Ich bevorzuge eine strikte Trennung und das die Gläubigen diejenigen sind, die die Macht der Götter transportieren, kanalisieren oder fokussieren.

Offline Weltengeist

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Re: Die "regionalen" Götter von Lorakis
« Antwort #9 am: 2.07.2014 | 14:12 »
Die Vermischung von Pantheons existiert auch. Farukan hat zum Beispiel Götter aus eroberten Regionen übernommen.

Und das finde ich erstmal ziemlich lecker. Regionalität ist eine der Möglichkeiten, eine wirklich unübersichtliche Götterwelt hinzukriegen.

Zu DSA1-Zeiten war ich ein großer Fan des Prinzips, dass die gleichen, wenigen Götter ("Die Zwölfe") überall angebetet werden. Denn hey - schließlich sind sie ja echt mächtige Götter mit echtem Einfluss, nicht wahr? Dann stellte sich aber heraus, dass das im Spiel gar keiner wirklich will, denn diese echten Götter mit echtem Einfluss würden den Laden ja allein schmeißen, ganz ohne Helden. Also machte man die einzige wahren Götter, die aber nichts ausrichten können, daraus. Und das fand ich weniger überzeugend.

Schön finde ich bei Rollenspiel-Religionen, wenn keiner wirklich weiß, wo er dran ist. Sind die Götter überhaupt "echte Götter" oder sind sie in Wahrheit Menschen, Drachen, Feenwesen, Dämonen oder gar reine Erfindung? Ist der Sonnengott von X und der Herrschaftsgott von Y in Wirklichkeit die gleichen Wesenheit? Ist der Gott Z wirklich gestorben, schläft er nur, hat er sich von seinem Volk abgewandt oder kämpft er gerade woanders einen epischen Kampf aus? Was ist das für eine Gottheit, die die Flüchtlinge aus Z da mitgebracht haben, und wie reagieren die alteingesessenen Religionen darauf?

Denn seien wir ehrlich: Am Ende wollen wir ja Rollenspielen. Und wer eine religiöse Figur spielt, der will sich mit dem Thema Glauben auseinandersetzen. Er will nicht einfach nur wissen, dass er RechtTM hat, sondern er will glauben, hoffen, beten, zweifeln, bekehren usw. Dafür scheint mir die Götterwelt von Lorakis derzeit ganz gut geeignet zu sein.
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Re: Die "regionalen" Götter von Lorakis
« Antwort #10 am: 2.07.2014 | 20:51 »
Ich befürworte die Entscheidung.
Götter in Splittermond sind eben nicht die allmächtigen Überflieger mit unbegrenzter Macht auf der ganzen Welt.
Genau das!

Im Splittermond-Weltenband werden relativ viele "Gottkönige" erwähnt - Götter die in der materiellen Welt existieren und dort ihr kleines Reich regieren. Götter scheinen hier nicht allmächtig zu sein, sondern ganz im Gegenteil: sie scheinen in der selben Liga zu spielen wie Sterbliche Herrscher. Zumindest liegen ihre Reiche "gleichberechtigt" neben den von Sterblichen regierten Reichen.

Auf micht wirkt die Götterliste so, als wären auch die "richtigen" Götter grob auf demselben Machtniveau: verglichen mit dem Durchschnittsmenschen relativ mächtig - aber bei weitem nicht allmächtig - und wahrscheinlich nicht mal in der Lage einen wirklich überregionalen Einfluss auszuüben, selbst wenn sie wollten.