Autor Thema: [Hotzes Testrunden: octaNe - Against the Reich!] Was macht Excalibur in Peru?  (Gelesen 958 mal)

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Offline Hotzenplot

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Dienstag musste ich die wöchentliche DSA-Runde (Phileasson-Saga) ausfallen lassen. Als Entschädigung bot ich den Spielern für Samstag ein Überraschungsrollenspiel an und sie gingen drauf ein.
Tatsächlich erreichte mich am Mittwoch auch mein "Weihnachtspaket" vom Sphärenmeister mit einem Haufen RPGs, darunter einige Indies. Donnerstag am späten Abend erfolgte die erste Sichtung, am Freitag zog ich mir zwei Systeme rein, die sich für ein one-shot anboten: octaNe und Wield. Bei Wield fielen mir direkt beim Durchlesen einige Haken auf, so dass ich mich für octaNe entschied. Außerdem hatte ich dazu noch das Supplement "Against the Reich!" besorgt und hatte mal wieder Bock auf Nazis verkloppen.
Ein weiterer Grund war, dass ich meine Spieler bei DSA gerne dazu animiere, stärker vom Erzählrecht Gebrauch zu machen. Da octaNe Erzählrecht focussiert, passte es perfekt.

Kurz zu octaNe:
Es ist ein sehr einfaches System, dass auf Erzählrecht abzielt. Man würfelt auf Styles (wie ein SC etwas bewältigt), aber das Würfelergebnis sagt einem, ob der Spieler, der Moderator (SL) oder beide Erzählrecht in der Situation haben. Der SL selbst würfelt nie und legt allenfalls Schwierigkeiten fest (sog. Hazards). Die SC haben zudem Skills, die sie berechtigen, überhaupt zu würfeln (Stunts). Die Skills ergeben sich zum Teil aus der Rolle (z. b. American Super Soldier) und sind zum Teil frei wählbar. Auf die Styles (z. b. Daring, Ingenuity, Charm, aber auch Magic) kann man anfangs Punkte verteilen. Hat man einen Style benutzt, den man vorher mit Punkten versehen hat, bekommt man im Erfolgsfall (also wenn man selbst das Erzählrecht erwürfelt) sog. Plot Points. Diese sind als Zusatzwürfel einzusetzen. Plotpoints wurden bei uns zudem in einem Fanmailsystem vergeben, außerdem habe ich für das Major Item einen dauerhaften Plotpoint vergeben (immer, wenn es eingesetzt wird, bekommt man einen Würfel mehr).

Kurz zu Against the Reich!:
Im Gegensatz zum in einer apokalyptischen Zukunft (aus Sicht der 80er/90er) liegenden Originalsetting zu octaNe, spielt AtR in den 30er Jahren. Ich definierte das Playset ungefähr so: Indiana-Jones mit viel Pulp.

So, genug der Vorrede, ab ans Eingemachte.

SC:
Lord Flokhard, englisches Fliegerass aus dem 1. Weltkrieg, Major Item: seine top-Maschine aus dem 1. Weltkrieg
Prof. Dr. Dr. Dr. Winkelmeier, übergelaufener deutscher Wissenschaftler, Major Item: Rezept für Raketenkraftstoff (basierend auf Moorrüben)
Abraham Simson, amerikanischer GI, Major Item: Zigarre

Metagefasel:
octaNe habe ich so verstanden: Action und Fun! Man muss bedenken, dass man im Originalsetting ein Wushu-Kapuzineräffchen, einen maskierten Luchador und einen Affenmenschen in einer Gruppe spielen kann. Es ist also reichlich abgedreht.
Sowohl octaNe als auch AtR! habe ich innerhalb von einem Tag gelesen (wobei ich die Playsets bei AtR! nur überflogen habe). Das System ist sehr eingäng. Beim Playset habe ich mich an einem der Vorschläge aus AtR! orientiert. Excalibur ist mir während des Spiels in den Sinn gekommen, und fragt mich bitte nicht, warum das dann in Peru war und warum in Peru ein Mayatempel steht.
Zusammen mit der Systemerläuterung und Settinghinweisen hat die Charaktererschaffung ungefähr eine Stunde gedauert. Ein SC ist aber locker in 5 Minuten gemacht, wenn man das System kennt.

Der Beginn war nur ganz kurz holprig, die Spieler kamen sehr schnell in den Erzählmodus, schneller als ich erwartet hatte (zwar gab es von einem später Feedback, dass ihm das nicht so recht gelungen sei, das kam bei mir aber anders an). Ein Spieler, der sonst übervorsichtig mit dem Erzählrecht ist, ist an diesem Nachmittag richtig aufgeblüht, was mich bestätigt hat, das richtige Spiel gewählt zu haben.
Wie üblich in solchen Spielen wurde auf Planung nicht viel Zeit verschwendet. Überhaupt war allen schnell klar, dass es hier nicht um Logik geht. Natürlich kann man das Flugzeug mit einem Fallschirm senkrecht landen und natürlich kann man es mit Raketenantrieb auch senkrecht starten.

Gewöhnungsbedürftig für mich war, dass ich als SL gar nicht würfele und mein Redeanteil nur dann zum Tragen kommt, wenn einer der Spieler bei einem Stunt nicht die volle Kontrolle über das Erzählrecht hat, sondern nur teilweise oder - wenn schlecht gewürfelt - gar nicht. D.h., die Sets (Burg, Tempel) wurden von mir anfangs kurz beschrieben und dann durch gemeinsames Erzählen ausgebaut.

Die Spieler erkannten im Verlauf der Runde auch, dass sie nur das Erzählrecht erwürfelten, nicht aber den Erfolg des SC. Nach und nach löste man sich also von dieser konservativen Vorstellung. Dass der Prof. z. B. zu Großmutters Rezept griff, ging allein auf die Kappe von dem Spieler, der aber in der Szene die volle Kontrolle über das Erzählrecht erwürfelt hatte.
Das Luftduell mit den ME 262 kam auch komplett vom Fliegerass-Spieler, was ich hervorragend fand.

Ich habe das System so verstanden, dass mit Hazards relativ sparsam umgegangen werden soll und das klappte auch ganz gut. Ich habe Hazards nur bei den Haupt-NSC (Neufeld und Hessen, jeweils 3), bei der SS-Elite (1) und bei den Messerschmidts (1) eingesetzt. Zur Überwindung der Hazards muss ich wohl nochmal in das System schauen, denn ich hatte es am Spieltag so in Erinnerung, dass nur SC mit Might oder Magic Hazards senken können. Mit einem Hazard von 3 und keinen Plotpoints auf Seiten der SC ist ein NSC dann schon ziemlich unbesiegbar. Ich habe es im Finale so gelöst, dass die SC die magische Umwelt (Herrin vom See, Tempelrituale) benutzen konnten, um die Hazards zu senken. Notiz: Mir ist klar, dass ich auch mit meinem Erzählrecht etablieren kann, dass der NSC irgendwie besiegt wird, nur finde ich das irgendwie unbefriedigend.

Die Wewelsburg habe ich natürlich genommen, weil sie bei uns in der Nähe liegt und jeder Spieler sie kennt, aber tatsächlich wird sie auch im AtR-Setting vorgeschlagen. ;)

Insgesamt ein toller Rollenspiel-Nachmittag mit Kuchen und Nazis verkloppen, was will man mehr?
octaNe wird auf jeden Fall mal wieder gespielt, gerne auch im apocalyptischen Setting.



Spieltagebuch:
In einem supergeheimen Fliegerhorst in Frankreich (oder wars Belgien?) kommen die sich bereits bekannten SC zusammen und erhalten den Auftrag, supergeheime Pläne der Nazis zu stehlen. Konkret geht es um den Fundort von Excalibur - ja genau, Excalibur! Die Nazis jagen nicht nur den heiligen Gral, sondern auch dieses Schwert.
Ein gewisser Dr. Neufeld, weilend auf der Wewelsburg bei Paderborn, soll ganz nah dran sein.

Der Einsatzplan wurde schnell gefasst: Landung in der Burg bei Nacht und Zugriff! Prof. Dr. Dr. Dr. Winkelmeier erfand einen Fallschirm, mit der man ein Flugzeug senkrecht in einem Burghof landen kann. Außerdem erfand er mit seinem Rezept zugleich noch einen Mechanismus zum Senkrechtstarten (was dann durch die Bastelei des Lord Flokhard umgesetzt wurde).
Auf dem Hinflug riss Lord Flokhard seine Maschine äußerst knapp über die Mauer - Prof. Winkelmeier (wir nehmen ab jetzt die Kurzform) konnte noch in einem Fenster Dr. Neufeld erkennen, der in einem Mickey Mouse (!) Nachthemd erschrocken das Flugzeug auf sich zurasen sah. Im letzten Moment gelang Flokhard jedoch die Wende und er landete die Maschine sanft per erfundenem Fallschirm im Burghof.
In der Dreiecksburg (nur bekloppte Nazis bauen dreieckige Burgen!) war natürlich sofort Alarm. Zunächst konnte Prof. Winkelmeier die Sturmtruppen noch von seiner "Deutschheit" überzeugen, aber dann ballerte Simson mit seinem MG umher.
Aus einem der Keller stürmten Nazi-Zombie-Soldaten (Prof. Winkelmeier erinnerte sich daran, dass Dr. Neufeld zuletzt an solchen Dingen geforscht hatte), die jedoch durch gezielte Schüsse Flokhards erledigt wurden. Simson warf nur so mit Granaten um sich und ballerte auf alles, was eine Nazi-Uniform trug.
Derweil schlich sich Prof. Winkelmeier in die Burg und konnte die Pläne über die Excalibur-Forschung im Schlafgemach Dr. Neufelds ergattern (leider nicht vollständig, da er im Kampf mit einem Nazi seine Brille verlor und statt der letzten Seiten des Excalibur Pamphlets zu Großmutters leckerem Rezept von Stutenkerlen griff).
Im Innenhof trat der militärische Leiter der Aktion, SS General Walter Hessen, auf. Simson konnte zwar seine Helfershelfer erledigen, den General selbst jedoch nicht. Der floh zu der provisorischen Startbahn vor der Burg und machte sich mit einem Flieger aus dem Staub.
Flokhard hatte die Maschine bereits zur Verfolgung gestartet, brach jedoch ab, da seine beiden Kameraden noch in der Burg waren. Sie stiegen auf der gleichen Landebahn in Flokhards Maschine. Zunächst hieß es, zu entkommen, da sich immer mehr Nazis versammelten. Verfolgt von zwei Messerschmidts 262 flogen die drei davon. In einem knappen Luftduell konnte Flokhard eine ME 262 abhängen, kratze aber die Spitze des Paderborner Doms, was ihn einen Teil seiner schicken Lackierung kostete. Die andere ME wurde von Simson vom Borg-MG abgeballert.
Irgendwo im Feindeshinterland wurden erst einmal die Unterlagen gesichtet - und Großmutters leckeres Rezept. Zwar wussten die drei nicht, wie genau man Excalibur "erwecken" konnte, doch erfuhren sie zumindest den Ort, wo es zu finden war: einen Alten Mayatempel in Peru.

Die Kameraden hatten sich in Schale geschmissen (Knickerbocker, Tropenhelm, Imkernetz) und trafen alsbald beim Tempel ein (unter Verlust von 10 eingeborenen Trägern, die allesamt von Bergsimsen gefallen, von Piranhas gefressen oder sonstwie unglücklich zu Tode gekommen waren).
Im Eingang oben an der Treppe fand sich das Skelett eines spanischen Questadores. Prof. Winkelmeier las die Hieroglyphen am Eingang, die etwas über Excalibur und grausamen Tod sagten und mit "King Athur" signiert waren.
Die schrecklichen Fallen bis in die Niederungen des Tempels überwand die Gruppe, in dem sie entweder einen geheimen, ungefährlichen Pfad fand (Flokhard) oder die Skelettkrieger mittels eines Befehls unter die eigene Knute zwang (Simson).

Im Heiligtum bot sich folgendes Bild, als die Gruppe eintrat: Eine nackte Jungfer war einem glitzernden See entstiegen und überreichte SS General Walter Hessen gerade ein ebenso gleißendes Schwert: Excalibur. Dr. Neufeld war dabei, irgendein Ritual mit den Skeletten der Spanier, die hier umherlagen, durchzuführen. Die SS Elitetruppe stand bereit, um auf alles zu ballern, was nicht zu ihnen gehörte.
Die Elitetruppe wurde durch Prof. Winkelmeier (Nebelwerfer aus verschiedenen Tinkturen) und Simson (Stalakmit abschießen und drauf fallen lassen) schnell erledgit, aber die beiden Nazi-Anführer waren härtere Brocken, zumal Hessen Excalibur führte. Mit dem legte sich Flokhard an, während Prof. Winkelmeier sich um Dr. Neufeld kümmerte.
Zunächst gelang es Prof. Winkelmeier, Dr. Neufeld an weiteren Ritualen zu hindern, in dem er die verzwickten Fallen in dem Raum so manipulierte, dass der Nazi eine große Treppe runter rutschte und vor seinen Füßen landete. Dann griff sich Simson den gegnerischen Forscher und versuchte, aus ihm herauszupressen, wie Excalibur bzw. Hessen nun zu besiegen sei (denn gegenüber am See gelang es Flokhard nicht, dem General zu schaden).
"Aber nur, wenn du mir Großmutters Rezept überlässt!" quäkte Dr. Neufeld da. Offenbar war ihm dieses geraubte Erbstück überaus viel wert.
Auf der anderen Seite erkannte Flokhard, dass er direkt gegen Hessen keine Chance hatte und wand sich der Jungfrau aus dem See zu. Die erlag seinem Charme und verriet ihm ein geheimes Siegel am Boden, dass, sollte der General es betreten, ihn rasend machen würde. Tatsächlich gelang es Flokhard, Hessen dorthin zu manövrieren und tatsächlich rastete dieser komplett aus, so dass Flokhard bessere Chancen sah, ihn zu besiegen.
Gleichzeitig hatte Prof. Winkelmeier von Dr. Neufeld erfahren, wie man den See "entmagisieren" könnte. Schnell rührte der Prof. die Tinktur an und träufelte sie in den See (unter anderem war hier das Rezept des Raketenkraftstoffes beteiligt, so dass es stark nach Möhrchen roch). Tatsächlich verfärbte sich der See und verwandelte sich in einen stinkenden, schwefelsprühenden Tümpel. Leider verwandelte sich die Herrin vom See auch in eine bösartige Hexe, die Prof. Winkelmeier noch verfluchte, bevor sie gurgelnd im See versank.
Excalibur verblasste und Hessen wurde von den Kameraden gemeinsam durchsiebt. Sterbend sank er in das Moor.
Es war geschafft!

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Offline bobibob bobsen

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Das klingt nach verdammt viel Spaß.

Eignet sich das System deiner Ansicht nach eher für kurzen Spielspaß oder kann man damit auch längerfristige Motivation schöpfen.

Offline Hotzenplot

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Ja, den hatten wir  >;D


Ganz sicher kann ich dir das gar nicht sagen. Es war ja ein One-Shot, nachdem ich das System einmal gelesen hatte.
Ich würde aber dazu tendieren, octaNe nur kurzfristig (1-2 Sitzungen) einzusetzen. Wenn man storytelling/gaming ziemlich stark bevorzugt, kann man es aber sicher auch länger benutzen. Ich selbst mag aber z. B. Charakterentwicklung, die sich auf dem Bogen irgendwie bemerkbar macht und auch Charaktereigenschaften (z. b. Aspekte bei FATE), die in das Spiel einfließen. Das fehlt hier sicherlich ein bisschen. Das einzige, was den Charakter widerspiegelt, sind bei octaNe ja eigentlich die Skills. Der eigentliche Würfelwurf zeigt ja nur das Erzählrecht an, aber ohne jeglichen Hinweis darauf, was damit anzufangen ist (ob der SC zum Beispiel Erfolg hat oder nicht). Ich denke, dass das bei meiner Gruppe und eventuell auch bei anderen, eine Nutzung auf Dauer verhindert.
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