Ich versuche, eine Situation zu strukturieren, in der die Spieler auf vielfältige Weise handeln können. Auf vielfältige Weise handeln können die Spieler, wenn die Situation a)offen, b) begrenzt und c)eben: vielfältig ist.
Offen muss die Situation sein, damit die Spieler in ihrem Handeln frei sind -- klar, sonst wären die Handlungsmöglichkeiten von vornherein ziemlich festegelegt auf eine Story, die man nacherleben soll. Begrenzt muss sie sein, damit die Spieler rasch zum Handeln kommen und was erleben -- wenn der Fokus, der Anlass, der Anreiz fehlt, sich mit der Situation zu beschäftigen, ist das genau so schlimm, wie wenn die Spieler nur genau eine Handlungsmöglichkeit haben. Vielfältigkeit betrifft Genreelemente (viele Dinge, die für das Spiel, die Welt typisch sind), Stimmungen (Potentiale für komische, spannende, tragische Ereignisse), Interaktionsformen (Anreize zu verhandeln, kämpfen, erforschen, rätseln ...)
Daraus ergeben sich zwei Szenariotypen, bei denen ich immer wieder lande: Das "Unknown Armies"-Szenario und der "Dungeon" bzw. die "Landkarte".
Das Unknown Armies Szenario ist ein Beziehungsnetz mit Vorgeschichte, in dem die Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten kurz vor dem Höhepunkt steht. Die Spieler werden durch einen äußeren Anreiz oder Interessen ihrer Charaktere in dieses Netz gezogen. Ich entwickle im Vorhinein die NSC/Parteien des Beziehungsnetzes und formuliere Intressen, Mittel, Ressourcen. Dazu überlege ich mir meistens noch ein, zwei Ereignisse, die unabhägig von den Handelnden eintreten können, falls das Spiel ins Stocken gerät (Erdbeben, Rocker greifen an, ein verirrtes Kind betritt den Schauplatz der Schießerei, Touristen fragen den urbanen Hexenmeister nach dem Weg, was weiß ich). Ich achte darauf, dass die Parteien und NSC "vielfältig" sind, wie oben beschrieben. Tja, und dann reagiere ich mit diesen Mitteln und den Spielregeln auf das Handeln der Spieler, bis einer heult
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"Landkarte" und "Dungeon" sind eigentlich dasselbe in grün, bloß mehr als Ort organisiert als als Netz ... falls das verständlich ist. Meistens wähle ich diese Form für Fantasy, weil da das Erforschen so ein klassisches Ding ist. Ich erarbeite Parteien wie in der anderen Szenarioform auch, nur dass hier noch eine Rolle spielt, wie diese Parteien an einem Ort zueinander stehen, welche Wege sie zueinander haben, um welche Ressourcen ihrer Umgebung sie streiten usw. Bei dieser Form gebe ich den Spielern meistens irgendeinen klassischen Tavernenauftrag, damit sie die Karte erstmal betreten. Drauf/drinnen interagieren sie dann mit den Parteien wie in der ersten Form auch, nur, dass sie sich eher noch die Umgebung zunutze machen können. Das zu erforschende Areal ist da ein weiteres Element der Vielfältigkeit, sozusagen. Auch hier weiß ich alles bis zu dem Moment, in dem die Spieler angedackelt kommen, was dann passiert, ergibt sich aus der Konfrontation des Spielerhandelns mit der Karte.
Natürlich sind in beiden Formen durch meine Vorarbeit bestimmte Interaktionen schon angelegt/provoziert, und, ich geb´s ja zu, manchmal auch geplant. Wenn ich Figuren und Orte und Beziheungen auf eine bestimmte Weise gestalte, sind manche Spielverläufe einfach wahrscheinlicher als andere. Aber es ist ein Potential,keine Vorschrift. Wie stark das jetzt Spielerlenkung oder Plotplanung ist, müsste ich im Einzelfall sehen, aber ich würde schon sagen, dass ich
Potentiale anlege, aber keine Handlung vorwegnehme.
Ich setze mich jedenfalls nicht vorher hin und denke mir das "Abenteuer" aus, wie ich mir eine Geschichte ausdenke. Beziehungsweise, ich würde mir halt eine Geschichte genau so ausdenken
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Joa, so ungefähr.