Ich spiele über unsere Laden-Rollenspielrunde relativ häufig One-Shots mit Neulingen und habe da den Eindruck, dass das Wichtigste eigentlich ist, eine entspannte Atmosphäre zu erzeugen. Niemand sollte Angst haben, etwas "falsch" zu machen. Alles andere ergibt sich von selbst - denn wenn keiner Angst hat, dann stellen die Leute in der Regel, wenn sie etwas nicht kapieren oder etwas doof finden ganz unverblümt die entsprechende Frage. "Kann ich jetzt sagen, dass der einbeinige Troll der Ex-Freund meiner alten Mathe-Lehrerin ist?" "Muss ich jetzt einen Punkt ausgeben, damit der einbeinige Troll der Ex-Freund meiner alten Mathe-Lehrerin ist?" Keine Frage ist blöd, und gerade bei Einsteigern ist keine Idee nur deshalb schlecht, weil sie nicht in die geplante Atmosphäre passt - das gilt insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Neulich habe ich eine Turbo-Fate-Mittelerde-Runde mit zwölfjährigen geleitet, und natürlich durfte da eine SC ein T-Shirt haben, auf dem "Fuck you!" steht. Sie war glücklich, und das Thema T-Shirt kam danach eh nie wieder auf, weil die Gruppe mit dem Abenteuer beschäftigt war ... ich finde ,gerade bei Neulingen muss sich das Spiel den Spielern anpassen, nicht umgekehrt. Alte Hasen haben meistens schon die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnen kann, einer bestimmten Atmosphäre zuzuspielen, sich auch mal zu beschränken und eine Idee, die gerade nicht so passt, für sich zu behalten. Neulinge (zumindest, wenn sie halbwegs motiviert sind) wollen und sollen erst mal sehen, wie ihre Ideen in die gemeinsame Welt hineintreten und Wirkung zeigen.
Mit der Haltung habe ich meistens enorm viel Spaß mit Neulingen. Natürlich gibt es auch Leute, die immer Angst haben, etwas falsch zu machen (ich gehöre dazu). Manche nehmen sich lieber erstmal zurück, auch schön, die kann man dann öfters mal auf einer regeltechnischen Ebene anspielen (vor allem im Kampf), sodass sie was zu tun haben, ohne sie rollenspielerisch unter Druck zu setzen.
Um die Keine-Frage-ist-zu-blöd- und Alles-ist-erlaubt-Atmosphäre zu erzeugen, gehe ich normalerweise so vor:
Deutlich machen, dass im Rollenspiel prinzipiell alles provisorisch ist - meine Pläne als SL, die Namen, die auf den Charakterbögen stehen, das Setting ... das kann sich alles im Spiel noch als anders herausstellen. Ich sag gerne auch mal, dass ich "schlecht vorbereitet" bin und man dann mal sehen muss, wohin sich das ganze entwickelt, selbst, wenn ich eigentlich gut vorbereitet bin.
Deutlich machen, dass die Leute sagen können, wenn ihnen irgendwas komisch/blöd vorkommt. Gerade bei Kindern wichtig. Was man so vielleicht nicht ganz direkt sagen sollte (weil es ausladend klingen kann), was aber deutlich werden sollte, ist auch, dass alle Beteiligten jederzeit aus dem Spiel aussteigen können, wenn sie merken, dass es irgendwie nicht so ihr's ist - das ist kein Misserfolg, und niemand ist beleidigt.
Und während des Spiels dann: Das Spiel immer möglichst weitgehend um die Ideen der Neulinge stricken - eben nicht die Neulinge dazu bringen, dass sie Ideen haben, die sich ins Setting einfügen, sondern lieber das Setting etwas um die Ideen der Neulinge biegen. Die erfahrenen Spieler in der Runde werden schon damit klarkommen. Natürlich kann man auch die Neulings-Ideen in eine Richtung biegen, die besser passt - Hauptsache ist, dass man sie nicht blockt - also nicht "in Mittelerde gibt es keine Granaten", sondern "okay, du willst also an dieses zwergische Geheimwissen über Sprengstoffe kommen, dann überlegt euch mal, wie ihr das anstellt."
Also von meiner Seite der Vorschlag: Nicht Neulinge einführen, sondern das Spiel um die Neulinge entwickeln, sodass sie die Freiheit haben, sich selbst einzuführen! Wenn es halbwegs gut läuft, merkt man meiner Erfahrung nach, dass das überhaupt nichts damit zu tun hat, seine Ansprüche herunterzuschrauben - im Gegenteil.