Autor Thema: [Szenariosuche] Die SC lernen etwas über den größeren Kontext des Mythos  (Gelesen 2613 mal)

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Ucalegon

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alexandro hat hier ein paar interessante Kritierien für Cthulhu-Szenarios aufgestellt. Jetzt der Sammelthread zu seinem Punkt Nr. 1:

- die Charaktere (idealerweise auch die Spieler) etwas über den Mythos gelernt haben, so dass sie die Schrecken nicht als "random monster" begreifen, sondern in einem größeren Kontext sehen

Kennt ihr Szenarios, auf die das zutrifft? Ich möchte die Frage gerne erstmal auf einzelne Szenarios beschränken, weil das in einer mehrteiligen Kampagne meiner Ansicht nach deutlich einfacher hinzukriegen ist. Wenn ihr Kampagnen-Szenarios habt, die man auch losgelöst vom Rest spielen kann, dann gerne.

Achamanian

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alexandro hat hier ein paar interessante Kritierien für Cthulhu-Szenarios aufgestellt. Jetzt der Sammelthread zu seinem Punkt Nr. 1:

Kennt ihr Szenarios, auf die das zutrifft? Ich möchte die Frage gerne erstmal auf einzelne Szenarios beschränken, weil das in einer mehrteiligen Kampagne meiner Ansicht nach deutlich einfacher hinzukriegen ist. Wenn ihr Kampagnen-Szenarios habt, die man auch losgelöst vom Rest spielen kann, dann gerne.

Ich bin mir gar nicht so sicher, ob es über den Mythos so viel zu "lernen" (bzw. erfahren) gibt - er ist ja eigentlich eine Art Bestiarium, unterlegt mit der Grundvorstellung, dass die menschliche Spezies im Universum klein und unbedeutend ist und menschliches Denken und Fühlen keine Rolle für die größeren, sich blind dahinwälzenden Zusammenhänge spielt.
Da, wo es etwas über tatsächliche Zusammenhänge zu lernen gibt (Erschaffung der Menschen durch Ältere Wesen, Machenschaften der Mi-Go und der Wesen aus der Tiefe), wird diese Grundlage eigentlich schon wieder durch die Vermenschlichung dieser Wesen aufgehoben - gerade bei "Berge des Wahnsinns" sieht man das ja sehr schön, wo die Älteren eigentlich keine schreckeneinflößende, sondern eine tragische Spezies sind. Okay, diesen Zusammenhängen kann man natürlich auf die Spur kommen, sodass die Monster keine "Random Monster" mehr sind. Aber genau da wird man eigentlich der Lovecraft'schen Idee untreu. Der eigentliche Schrecken ist ja der, dass die grauenvollsten Monster "Random" sind, dass sie einfach da sind, ohne einen Bezug zum menschlichen Planen und Wollen und eigentlich auch ohne eigenes Planen und Wollen. Siehe wieder "Berge des Wahnsinns": Die Protagonisten werden nicht so sehr mit Schrecken erfüllt über die Wahrheiten der menschlichen Entwicklungsgeschichte, die sie da aufdecken - die sind eher ein Faszinosum. Das Grauen übermannt sie beim Anblick eines Schoggothen.
Der Schrecken des "Mythos" sollte also, geht man nach den Geschichten, eigentlich nicht durch ein langsames Aufdecken irgendwelcher Verschwörungen entstehen, sondern durch einen puren, unverfälschten Schock angesichts des Unbegreiflich Realen.

Wie gut sich das im RSP umsetzen lässt, ist eine andere Frage - ich bin allerdings immer wieder ein bisschen schockiert darüber, wie wenig Lovecraft in der deutschsprachigen Cthulhu-Community eigentlich verstanden wird, und wie nachdrücklich dabei gleichzeitig behauptet wird, man erkläre, wie besonders "lovecraftianisch" zu spielen sei ...

Offline KhornedBeef

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Stimme Rumpel zu, nach dem was ich bisher gelesen habe, ist der Mythos gar nicht aus einem Guss und vollständig erklärbar (vom Standpunkt des allwissenden Rezipienten), sondern besteht aus Schlaglichtern, die jedes für sich eine oder mehrere "Wahrheiten" der normalen Welt einreißen. Also greif dir erstmal für dich heraus, was dir thematisch wichtig ist, und pass den Rest dran an.
Ich meine, ich könnte jetzt "Early Grey" für Delta Green empfehlen. Der größere Kontext ist eine Akte X-mäßige Verschwörung (ok, mehrere), aber das würde auch ganz losgelöst von allen anderen Teilen des Mythos funktionieren. Ich meine, guck dir Akte X an, da tut es das ;)
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Offline SirRupert

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- die Charaktere (idealerweise auch die Spieler) etwas über den Mythos gelernt haben, so dass sie die Schrecken nicht als "random monster" begreifen, sondern in einem größeren Kontext sehen

Diesbezüglich mag ich das Abenteuer "Der Vogelmann" für einen Einstieg ganz gerne. Es geht eigentl. "nur" darum ein paar - zugegebener Weise komische - Morde aufzuklären, dann wird es jedoch etwas cthulhuider. Der Spieler bzw. der Charakter lernt, dass es mehr zu geben scheint als er bisher dachte, aber ohne es richtig greifen zu können. Der Spielleiter hat dann auch noch ein paar Stellschrauben an denen er das ganze mehr oder weniger offensichtlich "übernatürlich" machen kann.
Hier kann der Spielleiter dann auch verschiedene Mythos-Teile miteinander verzahnen, wodurch alles dann etwas zusammenhängender und als Teil einer Art verborgenen Parallelwelt wirkt.

Ucalegon

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Ich meine, ich könnte jetzt "Early Grey" für Delta Green empfehlen. Der größere Kontext ist eine Akte X-mäßige Verschwörung (ok, mehrere), aber das würde auch ganz losgelöst von allen anderen Teilen des Mythos funktionieren. Ich meine, guck dir Akte X an, da tut es das ;)

Das Earl Grey Transcript habe ich gelesen, aber soweit ich weiß hat Glancy das Szenario nie veröffentlicht. Mein erster Gedanke zu der Kategorie war allerdings auch Convergence, weil man da ja nun tatsächlich eine richtige Entdeckung über die Mi-Go machen kann. Die SC sterben dabei halt.  ;)

@Rumpel: Klingt gut. Ich persönlich tendiere mehr in die Richtung, dass unser Konzept von Bedeutung und Verstehen letztlich inkompatibel mit der (Mythos-)Realität ist, d.h. "der größere Kontext" ist wahlweise eine Illusion über die menschliche Existenz und das Universum oder, wenn tatsächlich "alles sinnvoll zueinander in Beziehung gesetzt wird", das Ende von Sprache, Denken und Sinn. Das Unbekannte kann hier nie bekannt werden, weil es die Prinzipien des Erkennens unterläuft, oder so.  wtf? Dementsprechend gefährlich ist der Mythos (die "Plutonium-Theorie"  ;)).

Unabhängig davon würde ich hier trotzdem gerne Szenarios sammeln die den SC oder den Spieler(inne)n einen Kontext präsentieren, so wie alexandro das vorgeschlagen hat.


Offline KhornedBeef

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Na dann, um bei DG zu bleiben, vielleicht Future/Perfect? Wurmlöcher goes Yith-Zeitknoten?
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Offline Bluecaspar

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Eine spannende Idee aber wie meine Vorredner bereits erwähnten, wirst du dir hierbei schon selbst was überlegen müssen.
 
Da ich aber selber auch schon über so etwas nachgedacht habe, möchte ich daher ein paar Spielideen von mir erwähnen:
 
Nach einem Initialzünder (ein erstes Abenteuer) beschließen die Spielercharaktere so viel an Informationen über den Mythos zusammen zu tragen, wie sie nur können. (Na, wenn das der geistigen Stabilität mal zuträglich ist ;))
 
Wie könnten sie das wohl anstellen?
 
Einerseits können sie versuchen okkulte Bücher zusammenzutragen und durcharbeiten, um so Informationen über den Mythos zu erlangen.
 
Andererseits können sie versuchen aktuellen oder zurückliegenden Vorkommnissen die in irgendeiner Weise cthuloid wirken nachzugehen, um so dem Mythos auf die Schliche zu kommen.
 
Dieser Ansatz bieten ganz gute Aufhänger für Abenteuer und ich versuche immer so den Einstieg in ein Abenteuer umzubauen das es in diese Richtung geht. Abenteuer bei denen das nicht möglich ist, enden bei mir meist als Oneshots, da ein zufälliger Grund für den Einstieg in ein Abenteuer irgendwann schon recht albern ist.

Ein weiterer Ansatz zu dem ich selber noch Ideen sammle ist der, dass man anhand von Berichten früherer Ermittler Informationen über den Cthulhu-Mythos zusammenträgt. Quellen gibt es hierbei sogar schon einige. Allerdings, soweit ich das beurteilen kann, gibt es noch keine richtigen Abenteuer, die darauf aufsetzen.

Dabei sei der Klassiker schlechthin genannt, der von Lovecraft selbst verfasst wurde: „Cthulhus Ruf“. Eigentlich handelt es sich hierbei nur um eine Sammlung von Zeugenberichten die mit dem Cthulhu-Mythos zusammenhängen. Was hält einen eigentlich davon ab, anhand dieser Berichte der Sache selber noch ein wenig nachzugehen.

In der Ausgabe 9 der Cthulhoiden Welten gibt es einen Artikel zu Friedrich Wilhelm von Junzt. Eine Person die dem Cthulhu-Mythos im 19 Jahrhundert rund um die Welt nachgegangen ist und auch der Verfasser des Buches "Von Unaussprechlichen Kulten" ist. Ausgehend von diesen Buch und einer Recherche über das Leben von von Junzt selbst könnte man versuchen dessen „Fußspuren“ rund um die Welt nachzuverfolgen.

Im Monsterband „Malleus Monstrorum“ findet man noch die Tagebücher des Sir Hansen Poplan der allerhand über den Cthulhu-Mythos zusammengetragen hat und ganz ähnlich, wenn auch um einiges dramatischer, sind hierbei auch die „Armitage Files“ zu nennen. Diese Dokumente stellen jeweils eine ideale Ausgangsbasis für eigene Ermittlungen und Abenteuer dar. 

Weitere Berichte früherer Ermittler die für eigene Recherchen herhalten können finden man dann wiederum in den Cthuloiden Welten in Ausgabe 6 und 8 mit dem Titel „Aus den tiefen vergessener Bibliotheken“, die über das Schicksal von Personen handeln, die durch cthuloide Dinge zugrundegegangen sind.

Soweit so gut.  :)


« Letzte Änderung: 8.07.2016 | 20:32 von Bluecaspar »

Offline Der Läuterer

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Das ganze Konstrukt von Quasi-Gottheiten durch Derleth und Co ist, wie bei jeder Religion, ja schlicht nur eine Verknüpfung des Menschen mit der Welt der Götter. Und fragt man einen Klerikalen nach Gott... wird die Antwort lauten 'Gottes Wege sind unergründlich.'

Hierzu Albert Einstein: Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicher nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen können.

Den Mythos erklären zu wollen, halte ich somit für müssig; zumal die Bedeutung des Wortes Mythos auch Lüge oder falsche Vorstellung bedeuten kann.

Wenn ich es aber dennoch versuchen würde den Mythos erklären zu wollen, dann wäre es durch einen Vergleich. Das ist ungefähr so, als würde eine Ameise darüber philosophieren, weshalb die Menschen immer wieder seine Artgenossen platt treten. Zumeist ist dem Menschen das noch nicht einmal bewusst. Und wenn doch, dann ist es ihm egal.
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Offline Bluecaspar

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Den ganzen Mythos zu erklären hallte ich an sich eh für unnötig. Da sollen ruhig schon mal ein paar Sachen unerklärt bleiben. Wenn man Zuviel weiß, dann endet das Regeltechnisch eh darin das man plemplem wird. Aber ein paar allgemeine Dinge, wie die Existenz verschiedener Alienrassen und die der Götter und wer mit wem zusammenhängt, dass halte ich schon für Wert, dass man das in Erfahrung bringen kann.

Offline Chruschtschow

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Ich würde auch nicht den Mythos selbst als Ziel der Ermittlungen nutzen. Da der per Definition für den menschlichen Verstand nicht greifbar ist und schlicht keinen größeren Kontext zu haben scheint, geht das ja auch irgendwie nicht, wie oben schon beschrieben wurde. Welche Antwort auf die Frage nach dem Warum erwarte ich denn, wenn es keinen Grund gibt? Das ist doch eine der Gemeinheiten, dass der Mythos auf die Frage nach dem Sinn des Lebens mit einem Schulterzucken antwortet.

Was man aber ermitteln kann, ist der größere Kontext darüber, was Menschen mit dem Mythos treiben. Welche Erkenntnisse gibt es? Wieso sind diese Erkenntniss so versteckt? Nutzt die jemand für sich? Kann ich die für mich oder für ein größeres Ganzes nutzen? Welche historischen Ereignisse stehen in Relation zum Mythos? Welche heutigen Machtkonstellationen basieren auf mythischen Einflüssen.

Am besten verabschiedet man sich auch von der Formulierung "der Mythos". Das ist nicht ein homogener Monolith. Das sind eher ein paar Schaufeln bizarr geformter Findlinge ins Getriebe menschlichen Verständnisses.
« Letzte Änderung: 16.07.2016 | 12:10 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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'türlich kann man über "den Mythos" (bei dem ich Chruschtschow recht gebe, daß es den nicht als großen einheitlichen Block aus außerirdischem Gestein, das sich der menschlichen Wissenschaft entzieht, gibt) Erkenntnisse sammeln -- das passiert ja schon zwangsläufig einfach dadurch, daß man mit ihm konfrontiert wird, und wenn's nur erst mal die Erkenntnis ist, daß diese sich zielstrebig auf einen zubewegende brodelnde Masse von Protoplasma so aussieht, als ob man vor ihr besser Reißaus nimmt. ;)

Natürlich heißt das auf der anderen Seite auch, daß es schwieriger wird, noch mit der großen Angst vor dem Unbekannten zu hantieren, je mehr die "Zielgruppe" konkret darüber herausfindet, was eigentlich genau Sache ist. Das halte ich aber nicht zwangsläufig für etwas Schlechtes -- immer nur auf demselben Thema herumzuhacken nutzt sich auch ab, und dann klingt das "neinneinnein, das könnt ihr gar nicht verstanden haben, ihr seid doch bloß dumme kleine Menschlinge!" irgendwann eben auch nur noch verzweifelt-dogmatisch.

Allerdings heißt das für mich wiederum nicht zwangsläufig, daß auch die angeblich größten Experten des Settings trotz der Existenz teils jahrtausendealter mehr oder weniger überlieferter Schriften voller angeblicher verbotener Einsichten schon besonders viel über "den Mythos" wissen. Die haben mMn bestenfalls ein paar Puzzleteile, die nicht unbedingt zusammenpassen, und noch lange keine wirkliche Idee davon, welches Bild sich am Ende überhaupt daraus ergeben soll...und da die Grenzen dann wirklich zumindest ein bißchen zu erweitern, auch wenn's gefährlich oder sogar Horror pur wird, klingt für mich tatsächlich mal nach einer angemessenen Herausforderung auch für gestandene Spielercharaktere.

alexandro

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In den Laundry-Büchern kriegt das der Protagonist ja auch recht gut hin.  8)

Aber es würde mir schon reichen, wenn die Protagonisten lernen, welche von den Viechern intelligent sind und welche nicht, auf welche Impulse die nicht intelligenten reagieren, was für Interessen die intelligenten haben (da ich die Mythoswesen nicht zu sehr vermenschlichen möchte, sollte das nicht zu einfach sein) und wie bspw. ein Mi-Go reagiert, wenn die Spieler einen Hetzenden Schrecken beschwören und ihm diesen auf den Hals hetzen.  ^-^

Offline Bluecaspar

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Die Kunst bei der Sache ist halt, den Spielern so viele Informationen zu geben, dass sie meinen eine Ahnung zu haben und sie dann dennoch in vielen Dingen im unklaren zu lassen, so dass sie immer wieder überrascht sind oder auch mal nicht so genau wissen wie sie zu reagieren haben.

Ich wünsch mir jedenfalls irgendwann mal genügend Spielleitererfahrung und selber Informationen gesammelt zu haben, dass ich mal eine ziemlich freie Cthulhu-Kampagne leiten kann, bei der die Spielercharaktere anhand von gesammelten Informationen selber Pläne schmieden, wie sie gegen, ich nenne es jetzt mal Mythos-Entitäten vorgehen. Tja, da kommt mal wieder der Perfektionist durch.

Offline Chruschtschow

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Vielleicht weniger die Menge als die Art der Informationen. Nehmen wir mal die Laundry-Romane. Stross hat sich da schon ausgiebig bei Lovecraft bedient. Und tatsächlich weiß der Protagonist einiges. Aber nur über einen sehr begrenzten Bereich. Wie Zauberei funktioniert, hat er ziemlich gut raus. Er hat einige Informationen über den Eater of Souls, die wenige (keine) andere Personen haben. Er weiß einiges über Kultisten, Deep Ones und so.

So ein bisschen geht es ihm wie einem mittelalterlichen Dörfler. Er kennt sein Dorf nachts und im Schlaf. Über die nähere Umgebung weiß er schon noch Bescheid. Aber die genau Form des Landes ist schwierig. Die Gestalt der Erde? Eine Kugel im Zentrum des Weltgefüges, aber das war es dann auch.

Darum würde ich die Konflikte und Erkenntnisse immer stark an die Erfahrungen anderer Menschen anbinden. Dörfler, die mit anderen Dörflern reden. Und da kann man auch umfassende Erkenntnisse über das Nachbardorf erlangen. Aber so viele Nachbardörfer ich auf's genaueste erkunde, ich werde mit der Methode nicht raus finden, dass ein geozentrisches Weltbild keine Zukunft hat.

Und entsprechend würde ich es bei Cthulhu mit "kompetenten Ermittlern" halten (Ermittler, die was wuppen und nicht alle naselang gefressen oder verrückt werden, sondern wirklich substantiell Informationen erhalten). Lass sie viel über Kultisten und ihre Rituale, über die Fähigkeiten der unmittelbar agierenden "kleinen" Wesenheiten in Erfahrung bringen. Aber es endet schon bei genaueren Erfahrungen über den Pharao bei Stross. Wie der eingesperrt werden kann? Ja. Wie der befreit werden kann? Haben ein paar Kultisten spitz gekriegt. Aber was er will oder ist? Nope. Informationen sind vor allem für einen engen Rahmen erhältlich.
« Letzte Änderung: 16.07.2016 | 21:15 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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alexandro

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Darum würde ich die Konflikte und Erkenntnisse immer stark an die Erfahrungen anderer Menschen anbinden.
Zitat
Haben ein paar Kultisten spitz gekriegt.

Das ist wieder so etwas, was mich an CoC stört.

Immer wieder wird betont, dass der Mythos so geheimnisvoll und unverständlich wäre, aber dann hat man wieder die Kulte, welche idR eben doch eine sehr genaue Vorstellung davon haben, welchen Wesen sie dienen und was passiert, wenn diese in die Welt zurückkehren. So als würde einem Wahnsinn irgendwelche mystischen Einsichten in das wahre Wesen des Universums verleihen (obwohl Lovecraft vom Gegenteil schreibt: der Wahnsinn als eine Zuflucht vor Einsichten des Universums, welche der Verstand nicht verarbeiten kann - der Wahnsinnige stellt sich nicht der furchtbaren Realität, sondern flüchtet sich in eine Welt, in welcher er die Kontrolle hat).

Ich würde mal gerne ein Abenteuer sehen, in welchem die Kultisten gar keine Ahnung vom Mythos haben, und denken, dass sie mit Engeln, friedfertigen Grey-Aliens oder dem fliegenden Spagettimonster kommunizieren (und dann selbst schockiert sind, was sie da auf die Welt loslassen).

Ucalegon

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Immer wieder wird betont, dass der Mythos so geheimnisvoll und unverständlich wäre, aber dann hat man wieder die Kulte, welche idR eben doch eine sehr genaue Vorstellung davon haben, welchen Wesen sie dienen und was passiert, wenn diese in die Welt zurückkehren. So als würde einem Wahnsinn irgendwelche mystischen Einsichten in das wahre Wesen des Universums verleihen

Adam Scott Glancy spielt in Cold Dead Hand ein bisschen darauf an. Da geht es um einen sowjetischen Militär, der Ithaqua falsch interpretiert. Kommt nur im Szenario nicht raus, weil die SC Wichtigeres zu tun haben als das rauszufinden.

Echte "failed cults" fände ich auch mal interessant. Glancy schreibt:

Zitat
Merely becoming an acolyte or
priest of a Great Old One doesn’t give
one any special insight into the god’s
goals or desires. That ignorance is one of
the prime reasons that so many human
sorcerers and cults self-destruct. Trying
to navigate the motives of an alien
mind—one that may not regard those
trying to contact it as even sentient—can
easily lead to those audacious enough
to gain the attention of a Great Old
One not living long enough to regret it.

Offline nobody@home

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Ob das, was so die typischen Kultanhänger oder sogar deren Obermotze nun von den großen kosmischen Zusammenhängen zu wissen glauben, sich zwangsläufig besser mit den Tatsachen deckt als die Weltsicht der "Uneingeweihten", nur weil sie zufällig ein, zwei Monster mehr gesehen oder ein paar Tricks entdeckt haben, die gelegentlich auch mal funktionieren...ja, darüber kann man sich jederzeit herrlich streiten. Selbst der Original-Lovecraft-Kanon läßt sich da unterschiedlich interpretieren; rein persönlich tendiere ich allerdings deutlich mehr zu "eher nicht".

Offline Chruschtschow

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@Alexandro:
Ich sehe Kulte auch eher wie meine Vorredner. Die haben ein paar tolle Einblicke in "Handwerkstechniken" bekommen. Die Kultisten können tatsächlich bestimmte Wesen rufen. Aber Herbeirufen und Kontrollieren sind zwei sehr verschiedene Dinge. Vielleicht ist der Oberkultist ein sehr kompetenter Zauberer und hat die Herbeirufung diverser Monster gemeistert. Und in seinem Wahnsinn hält er diese Monster vielleicht auch für Engel, friedfertige Grey-Aliens oder das fliegende Spagettimonster. Und in seinem Streben nach einem größeren Guten verfüttert er vielleicht auch kleine Kinder an selbige Monster1 und denkt, er bringt die Menschheit oder zumindest sich und die Seinen der Erlösung ein bisschen näher.

Das macht für mich auch Kultisten aus. Zugang zu Magie, teils auch über das hinaus, was Ermittler erreichen können oder wollen. Das gibt ihnen deutlich mehr Macht im Zugriff auf übernatürliche Werkzeuge. Aber es fehlt ihnen genauso der Blick auf die Motivationen der wirklich mächtigen Wesen. Die meisten Kultisten haben eher eine Meinung oder Fehlvorstellung als Wissen über das, was in den Wesen vorgeht, auf die sie sich berufen. Und das kann durchaus auch heftig hehre Ziele korrumpieren, wenn dadurch eine Verschiebung des moralischen Referenzrahmens geschieht. Was machen schon ein paar ethische Grundregeln, wenn man (denkt, dass man) das Universum auf seiner Seite hat?

Um ins Mittelalterdörflerbild2 zurück zu kehren: Jan van Leiden mit reichlich Fässern Anthrax, aber ohne nähere Erkenntnisse über Infektionskrankheiten. Der hatte ja auch hehre Ziele aus seiner Sicht. Und mit dem Anthrax hat er jetzt auch die Mittel, mal kräftig an der Gesellschaftsordnung zu rütteln. Ob das gut geht? Ich habe Zweifel.  ;)

1) Sachte mit den kleinen Kindern. Das kann auch dazu führen, dass du manche Spieler in der Runde vielleicht zum letzten Mal gesehen hast.
2) Ja, ich weiß. Eigentlich frühe Neuzeit. Oder halt gerade am Epochenumbruch.
« Letzte Änderung: 18.07.2016 | 13:28 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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alexandro

  • Gast
Leider sieht es in den meisten Abenteuern anders aus. Da sind Kultisten einfach Typen, die nichts zu verlieren haben und denen es daher vollkommen egal ist, ob sie von den Großen Alten gefressen werden oder nicht.

Offline Bluecaspar

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Oftmals werden Kultisten leichtsinnig und natürlich recht wahnsinnig dargestellt, sind aber ansonsten nicht gerade genau ausgearbeitet. Dass es ihnen aber egal ist, ob sie von den Großen Alten gefressen werden hab ich noch nirgends gelesen.

ErikErikson

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In Tatters of the King und walker in the wastes werden kultisten sehr differenziert dargestellt.