Auch wenn ich glaube, dass da ein Stück Wahrheit dran ist,¹ finde ich den Vergleich nicht ganz fair: Wir haben in 15 Jahren Hobbyzeit ein Grundregelwerk, zwei Kurzregelwerke (Zettel und Flyer), ein fast fertiges Buch (Technophob) und viel nur teilweise sortiertes Material auf der Webseite geschrieben. Vollzeit-Autoren machen soviel in einem einzigen Jahr. Sie haben also pro Produkt eigentlich nicht mehr sondern weniger Zeit als wir in Hobbyzeit hatten.
So ist das ja noch gar kein Vergleich - dazu muss man erst noch aufdröseln, wie viel Arbeitszeit die Hobbyleute reinstecken und nicht wie viel "Bruttozeit" insgesamt vergeht.
Ich kenne auch den einen oder anderen, dessen eigenes System mehr als ein Jahrzehnt alt ist. Und das hat sich zwar in der Zeit verändert, aber trotzdem wäre es angesichts der Entwicklungsprozesse, der Arbeitsweise und der tatsächlich aufgewendeten Zeit mehr als daneben, von 10 Jahren Entwicklungszeit zu sprechen.
Dazu auch wieder:
weil die Leute, die ein ganzes Rollenspielsystem statistisch überblicken, die Anforderungen vollständig erfassen und das System an die Anforderungen anpassen können, in anderen Wirtschaftsbereichen so sehr nachgefragt werden, dass ihre Entscheidung, in Vollzeit Rollenspiele zu schreiben, sie vermutlich die Hälfte ihres Netto-Einkommens kosten würde, zusätzlich zum Verlust der Jobsicherheit.
Andersrum geht das gerade jenen oft genug so leicht von der Hand, dass die reine Systementwicklung ohne Probleme als Hobby stattfinden kann.
Die große Trennlinie beim Sprung aus der privaten Schublade an den Rollenspielmarkt verläuft bei der Entscheidung, das ganze Ding in hübsch und für Systemfremde benutzbar rauszubringen.
Das ist nämlich ein großer Brocken Arbeit, an dem ein "reiner" Systembastler keine Freude und demnach auch kein Interesse hat - zumal er selbst als SL und Spieler nichts davon hat; benutzen kann er seinen eigenen Kram ja schon längst.
Da gehört schon ein Stück weit der irrationale Traum dazu, das eigene Buch in Händen zu halten (was ja nichts Schlechtes ist).
Ich finde deine Perspektive hinsichtlich des nötigen Arbeitsaufwandes und der nötigen Fähigkeiten, ein gutes System zu schreiben (ohne das ganze Drumherum) ziemlich interessant, sehe es aber deutlich anders.
Manchen fällt das enorm leicht, andere können es schlicht nicht und ein kleiner Teil kann es, aber nur mit großem Fleiß und viel Aufwand.
Die Zuschreibung "Mehr Geld, mehr Zeit und mehr Erfahrung* führt geradezu zwingend zu viel besseren Systemen" kann ich nicht nachvollziehen.
Das sehe ich weder bei den Großen noch bei den Kleinen, jedenfalls was die reinen Systemkerne angeht.
Manche verstehen es aufgrund ihrer Mittel und ihrer historisch gewachsenen Position, ihren Scheißhaufen gekonnt in Szene zu setzen.
Und ja, bei anderen leidet das Spiel als Ganzes darunter, dass die Mittel für das Drumherum fehlen.
Aber das sind meiner Wahrnehmung nach die Randbereiche und im riesigen Mittelfeld geht es darum gerade nicht - erst recht nicht bei der Frage, was ein System letztlich erfolgreich macht oder nicht.
*beim Punkt Erfahrung gehe ich noch am Ehesten mit, aber da geht es mMn primär nur darum, einen ausreichenden Einblick in das Thema zu haben. Ob man sich den in 30 Jahren Spielen, Leiten und Stammtischdiskussion geholt oder in wenigen Monaten gezielt angeeignet hat, ist erst mal egal.
Und ab einem recht schnell erreichten Punkt braucht man nicht mehr Beispiele, weil man die Prinzipien bis dahin entweder verstanden hat oder sie auch mit noch mehr Beispielen nicht versteht.