Autor Thema: Klassische Monster in Gruselplots  (Gelesen 1521 mal)

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Offline Ludovico

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Klassische Monster in Gruselplots
« am: 30.03.2018 | 11:20 »
Moin Leute und alles Gute zu Karfreitag!

Aktuell lese ich Dracula Unredacted (also Bram Stokers Dracula mit Anmerkungen und Kommentaren für Nights Black Agents) und vor einiger Zeit kam ich in den Genuss von Brennen muss Salem von Stephen King.

Es gibt wohl kaum ein ausgelutschteres Monster als der klassische Vampir, der sich beim Anblick von Kreuzen in den Umgang macht (ist das dann blutiger Stuhl?) und Knoblauchgerichte abstossender findet als meine Grosstante Etepetete aus Bielefeld.
Ich meine hier nicht den WoD-Vampir, den Superhelden mit Fangzähnen, der seine Menschlichkeit erhalten will, sondern das klassische Monster, das seine Menschlichkeit schon beim Eintritt ins Untotendasein abgegeben hat.

Was ich an beiden Romane so grossartig finde, dass sie diesen klassischen Vampir dennoch gruselig darstellen, während ich bei anderen Vampirfilmen und -romanen innerlich eher in Kategorie Actionfilm denke (die Dramen ignoriere ich).

Ich vermute, dass dies vielen Rollenspieler so geht.

Im Rollenspiel selbst dürften die meisten von uns bei solch einem Monster eher mit der Schulter zucken und in Gedanken schon das nächste Stuhlbein anspitzen. Der SL steht vor einer Mammutaufgabe, einen klassischen Vampir in einen Gruselplot zu verwenden.

Deshalb dieser Thread!

Wie kann man solch ausgelutschte Monster (wie auch Zombies) im Rollenspiel gruselig darstellen?

Offline Issi

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Re: Klassische Monster in Gruselplots
« Antwort #1 am: 30.03.2018 | 11:35 »
Ich finde die Vampire im Film "30 Days of Night. " richtig gruselig. Das sind keine Kuschelvampire wie in Twillight aber auch kein angestaubter Dracula in rotschwarzem Umhang.
Das sind echte "Monster" die Menschen nur als Futter betrachten aber trotzdem seelenlos-intelligent sind. . D. h. sie sehen aus wie Menschen haben aber komplett schwarze Augen und extreme Zaehne.
Einfach nur gruselig.
Vielleicht kriegst Du den mal zu sehen.
Die Handlung ist auch gut. Kein Trash Film.
Amerikanisch- neuseelaendischer Horrorfilm.
« Letzte Änderung: 30.03.2018 | 11:46 von Issi »

Offline Rhylthar

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Re: Klassische Monster in Gruselplots
« Antwort #2 am: 30.03.2018 | 11:45 »
Vampire machen es einem (finde ich) recht einfach:
Sie waren selbst mal Menschen und vereinigen so alles Böse des Menschen mit dem des Untoten.

Also eben dies würde ich auch so ausspielen. "30 Days of Night" macht es schon ganz gut vor.
« Letzte Änderung: 30.03.2018 | 11:49 von Rhylthar »
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline Fezzik

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Re: Klassische Monster in Gruselplots
« Antwort #3 am: 30.03.2018 | 11:51 »
Hehe, an 30 Days of Night musste ich eben auch zuerst denken. Der Film basiert wohl auf einer Comicreihe, tut aber hier weniger zur Sache.

Was ich daran interessant finde ist die Skrupellosigkeit der Vampire und das ausschöpfen ihrer Mittel. Sie spionieren mit dem Ghul das Dorf aus und übernehmen es in einem einzigen koordinierten Gemetzel.
Vampire sind mächtig und sollten das auch rüberbringen, Deacon Frost in Blade 1 ist auch so eine Figur.
Ein einzelner SC sollte gar nicht in der Lage sein dem Vampir beikommen zu können (also dem echten, die minderbemittelten Ableger und Diener sind was anderes).
Der Vampir ist das Ende der Nahrungskette, schnell, stark, genauso schlau oder schlauer als wir und er wäre ein Idiot, wenn er nicht seine Schwächen für eine Auseinandersetzung komplett oder teilweise negieren könnte.

Wenn man die "echten" Vampire auftauchen lässt wie Muttis im Sommerschlussverkauf ist es natürlich mit dem Gruselfaktor gleich dahin. Ich denke da macht es die Dosis.
SL: Labyrinth Lord
Spieler: Brindlewood Bay, Mausritter, Dungeon Crawl Classics
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"Falls du mich meinst: Ich spiele Regelwerke und Settings, keine Bilder" - Weltengeist

Offline felixs

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Re: Klassische Monster in Gruselplots
« Antwort #4 am: 30.03.2018 | 12:26 »
Mir gefallen auch die beiden Nosferatu-Verfilmungen ( und ) sehr gut.

Ich denke, ein wesentlicher Faktor dafür, ob etwas gruselig ist, oder nicht, ist die Frage, wer die Spielerfiguren sind. Und natürlich, wie weit die Immersion gelingt.

Gruselig ist das, was man nicht versteht, dem man hilflos gegenüber steht. Meist beides zusammen. Vampire sind damit auf jeden Fall gruselig, wenn sie nicht in der Spielwelt als Dutzendmonster auftauchen. Ob etwas überhaupt gruselig sein kann, hängt vom Spielstil und vom Setting ab. Ich meine auch, dass nur halbwegs subtiler Horror mit gelegentlichen Eskalationen funktioniert.  Es stellt sich sonst sehr schnell ein Abstumpfungseffekt ein. Das ist, meine ich, auch der Punkt, an dem die klassischen, langsamen Horror-Romane den kürzeren (und oft splatterigeren) Geschichten überlegen sind.
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Offline YY

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Re: Klassische Monster in Gruselplots
« Antwort #5 am: 30.03.2018 | 12:40 »
Dosis, Darstellung, Situation.

Man kann sich ja für alles einen x-beliebigen "guten", d.h. gelungenen Film oder Roman hernehmen und feststellen, dass da rein inhaltlich nichts anderes passiert als woanders, wo es aber nicht funktioniert - die Umsetzung macht da viel mehr aus als die Grundlage.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline nobody@home

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Re: Klassische Monster in Gruselplots
« Antwort #6 am: 30.03.2018 | 12:55 »
Na ja, Dracula wird ja schon in Stokers Roman selbst am Ende nur noch gejagt und dann unrühmlich in seinem Sarg erdolcht (nicht mal anständig gepfählt!). Und der klassisch-folkloristische Vampir ist auch eher ein Zwischending aus Gespenst und Zombie, das mit relativ einfachen Hausmitteln unschädlich gemacht werden kann, wenn man erst mal weiß, wo es sich tagsüber versteckt...da war der Lack gewissermaßen schon ab, bevor die große Popularitätswelle überhaupt ins Rollen kam. ;)

Aber mal abgesehen davon, daß viele "Horror"-Monster wie andere auch überhaupt nur erfunden wurden, um am Schluß der Geschichte von den Helden angemessen besiegt zu werden, ist ein Hauptproblem wohl, daß man im klassischen Rollenspiel normalerweise irgendeine Art von "Abenteurer" verkörpert, der auf Gefahren und unheimliche Geschehnisse nun mal anders reagiert als der durchschnittliche behütete Zivilist. (Bei D&D ist ein Vampir natürlich erst mal Primärziel für den Gruppenkleriker, Indiana Jones würde sich mit ihm eine Weile mehr oder weniger vergeblich herumschlagen, bis sich eine Gelegenheit ergäbe, einen halbvollen Wehrmachts-Flammenwerfer mal eben "auszuleihen", und für Buffy Summers ist er ohnehin nur ein Pflockmagnet.) Das formt dann fast zwangsläufig auch die Erwartungen zum Thema "Horror-Rollenspiel" mit.

Es gibt natürlich die klassischen Horror-Ratschläge wie "Schneide die Protagonisten von eventueller Hilfe von außen ab" oder "Am beängstigsten ist oft das Unbekannte", und die haben definitiv ihre Berechtigung. Und ich kann mir ebenso definitiv immer ein paar mehr Gedanken zum Thema "Wer ist das Monster eigentlich, was will es konkret, und was kann es?" machen als nur "Bela Lugosi-Verschnitt auf der Suche nach hübschen Damenhälsen, IQ Nebensache, paßt scho". Aber letztendlich brauche ich einfach Spieler, die sich auch zumindest gelegentlich mal gruseln wollen -- sonst kann ich nämlich schon von vornherein davon ausgehen, daß einfach keine passende Stimmung aufkommen wird.

Offline Chiarina

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Re: Klassische Monster in Gruselplots
« Antwort #7 am: 31.03.2018 | 12:59 »
Zitat von: felixs
Ich denke, ein wesentlicher Faktor dafür, ob etwas gruselig ist, oder nicht, ist die Frage, wer die Spielerfiguren sind.

Das ist ein wichtiger Punkt, finde ich. Wenn ich Begabungen habe, die böse Kreaturen entdecken, dann einen passenden Schutzzauber wirken und hinterher auch noch den entsprechenden Schnetzelzauber anwenden kann... ja, dann sind Vampire wahrscheinlich nicht so spannend.

Und dann ist natürlich noch wichtig, wie der Gegner eigentlich aufgestellt ist:

Night´s Black Agents hat kompetente Charaktere, aber es sind trotzdem stinknormale Menschen. Die sind einem Vampir bei der ersten Begegnung in der Regel gnadenlos unterlegen. Selbst für den Fall, dass da jemand schnmal das Köfferchen mit Weihwasser, Knoblauch, Handspiegel und Pflock dabei haben sollte, gibt es noch den Vampirbaukasten für den Spielleiter. Der Vampir ist ja ein Mythos, und nicht einfach nur ein öder Stat-Block aus einem Rollenspielbestiarium. Deswegen kann auch jeder Vampir anders sein (und Dracula von Stoker stellt auch nur eine Möglichkeit dar). Und wie der drauf ist, der dir da gegenüber steht, das musst du erstmal herausfinden.

Ich habe von dem Spiel einiges gelernt. Unter anderem: Wenn du Horror willst, musst du Standardmonster vermeiden.
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline Thandbar

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Re: Klassische Monster in Gruselplots
« Antwort #8 am: 31.03.2018 | 13:28 »
Was ich an beiden Romane so grossartig finde, dass sie diesen klassischen Vampir dennoch gruselig darstellen, während ich bei anderen Vampirfilmen und -romanen innerlich eher in Kategorie Actionfilm denke (die Dramen ignoriere ich).

Das liegt meiner Ansicht nach aber nicht allein am Design des Vampirs, sondern an den Themen der Romane, die über das Genre des Vampirhorrors vermittelt wird.
Besonders bei Brennen muss Salem, wo der eigentliche Schrecken in der moralischen Verderbtheit einer ganz typischen amerikanischen Kleinstadt liegt. Das Gruselige ist hier nicht, dass die Augen des Vampirs hypnotisierend wirken, sondern dass er diese übernatürlichen Mittel eigentlich gar nicht braucht, um jede Ebene der Hierarchie nach seinen Wünschen zu manipulieren.
Und dass die Eliten - sogar die geistliche Elite - zu sehr von den eigenen Konflikten, Machtinteressen und Widersprüchen zerrissen ist, um dem Bösen Widerstand leisten zu können.

 
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

Offline Issi

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Re: Klassische Monster in Gruselplots
« Antwort #9 am: 31.03.2018 | 13:35 »
Wenn Du Vampire in einem System mit extrem kompetenten Helden bringst, dann wuerden mir folgende Tipps einfallen:
1.Lass den Vampir wirklich sehr maechtig sein, statte ihn mit besonderen Faehigkeiten aus, die die Helden weder besitzen noch kennen.
2. Lass den Vampir lange Zeit nicht auftauchen, bzw. lass ihn mit seiner Beute spielen.
Vielleicht entdecken die Helden nur seine Spuren, finden seine leblosen Opfer, schlagen sich mit seinen Dienern herum,  bevor er sich persoenlich die Ehre gibt.
Vielleicht hat er auch Zauber um Helden unter seine Kontrolle zu bringen, sie anzulocken (im Traum) oder sie sonst irgendwie gefuegig zu machen.
Vielleicht hat er Tiere, durch die er die Helden beschatten laesst. Vielleicht gibt es einen maechtigen Vampirjaeger, der sein Opfer wird. Vielleicht beisst er auch einen der Helden und hat deshalb eine Verbindung zu ihm. Es gibt viele Moeglichkeiten.
3. Die Angst der Anderen. Geruechte und Gruselgeschichten anderer NSC koennten schon mal fuer den noetigen Respekt sorgen. (Zigeuner, Dorfbewohner, Vampirjaeger, Priester, etc. )
« Letzte Änderung: 31.03.2018 | 13:45 von Issi »

Offline Kurna

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Re: Klassische Monster in Gruselplots
« Antwort #10 am: 31.03.2018 | 13:46 »
Der Horror bei den klassischen Vampirgeschichten liegt ja nicht nur in dem gruseligen Monster. Er kommt auch daher, dass jeder Mensch in einen solchen Vampir verwandelt werden kann. Jeder von uns kann der Nächste sein.

Oder anders ausgedrückt: Im Kampf gegen einen Vampir kann man nicht nur das Leben verlieren, sondern auch das eigene Seelenheil.

Wie gut man sich darin einfühlen kann in unserer säkularisierten Zeit ist halt die Frage.

Edit. In leicht abgewandelter Form gilt das auch für Zombies. Auch da wird der Gebissene selbst zu einem Monster.
Man könnte also z.B. dafür sorgen, dass auch ein beliebter NSC (oder gar ein SC?) gebissen wird und sich dann langsam verwandelt.

« Letzte Änderung: 31.03.2018 | 13:51 von Kurna »
"Only the good die young. The bad prefer it that way." (Goblin proverb)

Offline Chiarina

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Re: Klassische Monster in Gruselplots
« Antwort #11 am: 31.03.2018 | 13:57 »
Zitat von: Kurna
Man könnte also z.B. dafür sorgen, dass auch ein beliebter NSC (oder gar ein SC?) gebissen wird und sich dann langsam verwandelt.

Genau das geschieht, nebenbei gesagt, auch bei Stoker. Lucy Westenra, die Braut einer der Helden, wird Draculas Opfer und muss später von ihrem eigenen Verlobten gepfählt werden... (und schon lauert Siegmund Freud hinter der nächsten Ecke... der ist dann für den moderneren Horror zuständig).
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Offline Issi

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Re: Klassische Monster in Gruselplots
« Antwort #12 am: 31.03.2018 | 13:59 »
Ja, -den Vampir als Ausgeburt der "Hoelle" im Kontrast zu den " Kindern Gottes" koennte hier auch die noetige Wuerze hinbringen. Dann tritt er im Gewandt des wahrhaft "Boesen" auf. Und weniger als ein stimmungsfuellender Faschingsvampir.
Kruzifixe, Weihwasser und Hostien, duerfen dann bei der Jagd auf keinen Fall fehlen.
Vielleicht muessen die Helden auch in einer Kapelle uebernachten, weil das der einzige Ort ist, wo sie vor ihm sicher sind.