OK, mir ist diese Woche eine interessante Eigenheit meiner aktuellen Schreibblockade aufgefallen.
Das Problem, das mir schon lange bewusst war: Seit ich den "Falkenflug" geschrieben habe, kann ich mich nicht mehr damit zufrieden geben, eine Geschichte in purer Arbeit zu "konstruieren". Ideen allein genügen mir nicht mehr. Es muss seitdem "echte Inspiration" zu mir kommen, oder ich lege gar nicht erst los.
Bislang hielt ich das für eine reine Frage des "Wohlfühlfaktors" und dass ich diese Einstellung mit ein bisschen Selbstdisziplin wieder in den Griff bekommen kann. Dass dieser Ansatz nicht funktionierte, lag in meinen Augen einfach daran, dass meine Disziplin halt nicht reichte. Als Heilmittel verordnete ich mir daher einfach "mehr vom Selben".
Nur: Beim Schreiben des "Heroen"-Regelwerks lege ich derzeit sogar beträchtliche Disziplin an den Tag. Ich beiße mich durch ToDo-Listen, überarbeite bestehende Texte -- alles ohne Probleme. Warum funktioniert das Gleiche nicht bei meinen Romanprojekten?
Diese Woche dann stellte ich fest: Der Wohlfühlfaktor ist es gar nicht, jedenfalls nicht allein; der eigentliche Grund, warum ich mich nicht überwinden kann, eine Geschichte einfach zu "konstruieren", ist Angst.
Der Bau einer Geschichte nach Lehrbuch folgt gewissen Prinzipien. Diese Prinzipien habe ich mittlerweile dermaßen verinnerlicht, dass ich Romane kaum noch anders lesen kann, als sie sofort daraufhin zu analysieren: "Zentraler Konflikt/Spannungselemente A, B, C, D/Protagonist/Antagonist/Love Interest/Comic Relief ..." Die meisten Bücher lege ich noch vor Seite 50 wieder ad acta, da ich nur Kulissen sehe, aber keine Welt, und nur programmierte Puppen, aber keine Charaktere. Ich wette mit mir selbst, wie's weitergeht, schlage das Ende nach und stelle das Buch in die Tauschbörse unten am Kiosk.
Und wann immer ich selbst mich nun für einen Roman ans Plotten setze, bricht die Angst durch, dass meine eigenen Geschichten auf die gleiche Weise vollkommen durchschaubar und dröge und schlichtweg langweilig werden, wie ich die meisten Romane auf dem Markt derzeit selbst finde. Das einzige mir bekannte Gegenmittel, das sich bislang gegen diesen Effekt bewährt hat, ist "echte Inspiration": Selbst wenn ich die Bauprinzipien durchschaue, bleibt das Lesen trotzdem spannend, weil die Geschichte "einfach lebt". So geschehen bei einer Handvoll Überraschungstreffern in den letzten 15 Jahren.
Rational ist mir klar, dass die meisten Leser mit den Schemata des Schreibens gar nicht vertraut genug sind, um sie auf Anhieb zu durchschauen. Trotzdem ist da diese irrationale Angst, leicht durchschaubaren, drögen Ramsch zu schreiben.
Hat jemand eine Idee, um diese Angst loszuwerden?