Zum Einstieg zwei steile Behauptungen:
a) Niemand will Forensiksimulator 2050 spielen. Erst recht nicht in der Ausbaustufe "Mission Impossible 2050" mit detaillierter Verwaltung von SINs, zugehörigen Gesichtsmasken, falschen Fingerabdrücken, Retina-Kontaktlinsen und DNA-Scramblern.
b) Niemand hat Bock drauf, sich mit einer stetig größer werdenden Zahl von Zielfahndern u.Ä. herumzuplagen und kein SL will das verwalten. Erst recht nicht parallel für mehrere Akteure.
Glücklicherweise hat SR einen Haufen relativ gute Ausreden, um sich hier aus der Affäre zu ziehen.
Zum Einen ist die Polizei bekanntermaßen privatisiert und nicht mehr für alle da, sondern nur für die zahlende Kundschaft. Daraus ergibt sich relativ zwingend, dass Prävention und Intervention strukturell die absolute Priorität gegenüber der Strafverfolgung haben.
Lone Star hat also kleinere Ermittlungsabteilungen als zeitgenössische Polizei, die entsprechend noch überforderter sind und sich auf die Fälle konzentrieren werden, die sie wahrscheinlich zeitnah lösen können (Buchtipp: "Homicide: A Year on the Killing Streets" von David Simon).
Außerdem wird Lone Star (oder jeder andere Dienstleister) mehr oder weniger alles daran setzen, Aufträge zu behalten - speziell die öffentlichen. Es gibt also noch viel größere Anreize als für "echte", rechtsstaatliche Polizei, die Zahlen schönzulügen oder gar aktiv zu manipulieren, nicht nur am Ende in der Statistik, sondern auch schon da, wo sie entstehen.
Ermittlung ist mühsam, aufwendig, teuer - und oft genug kommt dann doch nichts dabei raus, weil der Täter vielleicht sogar ermittelt werden kann, aber nicht greifbar ist (dazu später mehr). Oder am Ende aus verschiedenen Gründen nicht in tauglicher Weise verurteilt wird.
Für den privaten Polizeidienstleister ist es daher wesentlich einfacher, ungeklärte Verbrechen kurzerhand einem geeigneten Kandidaten anzuhängen; man sitzt dahingehend ja nicht nur an der Quelle, man ist die Quelle - und bei SIN-losen, sprich Leuten ohne Bürgerrechte, interessiert das ohnehin keinen.
Das ist zwar oft gut für Runner, die tatsächlich schuldig sind und sich verkrümelt haben, aber kann zu einem gigantischen Nachteil werden, wenn der Star einen Runner aufgreift und schnallt, wen sie da an der Angel haben...
Damit zur eigentlichen Fahndung:
Ja, es entstehen immer Spuren, die oft genug auch gesichert werden können.
Die Mehrzahl ist allerdings uninteressant, weil sich ein Runner von der Spurenquelle trennen wird - elektronische und ballistische Spuren sind nur dann hilfreich, wenn der Runner in flagranti erwischt wird. Im Nachgang sind sie irrelevant, weil der Runner Komlinks, SIN, Waffen usw. längst in irgendeiner Form entsorgt hat.
Bleiben also "nur" einige biometrische Sachen, die wahrscheinlich nicht ausreichend verlässlich verfälscht werden können; vorrangig betrifft das DNA.
Wer lange genug in den Schatten unterwegs ist, muss davon ausgehen, dass alle Gegenseiten mit den entsprechenden Fähigkeiten und dem Willen (also z.B. nicht die Organisierte Kriminalität) DNA-Material gesichert haben und ihm darüber vieles nachweisen können.
Für die Konzerne ist das insofern relativ egal, weil sie auf ihrem Gebiet mit einem Runner sowieso tun und lassen können, was sie wollen und umgekehrt im öffentlichen Raum nichts zu melden haben und dort sowieso illegal vorgehen. Unterm Strich können sie mehrere Straftaten dem selben Täter zuordnen, aber ermitteln müssen sie den Täter auf anderem Wege, weil der zugehörige Gencode ja über die Straftaten hinaus nicht in ihren Datenbanken liegt. Höchstens kann damit die Identität des Täters bestätigt werden, wenn man ihn aufgespürt hat.
Außerdem haben die Konzerne über die unmittelbare Intervention hinaus keine starken Anreize, Runner aufzuspüren und zur Rechenschaft zu ziehen (ist anderswo hier im Board schon mehrfach angeklungen, lasse ich hier einfach mal damit bewenden).
Der Star hat den scheinbaren Vorteil, dass ein Runner möglicherweise irgendwann einmal wegen kleinerer Delikte in Erscheinung getreten ist und umfassend erkennungsdienstlich behandelt wurde. Damit lässt sich das Genprofil zwar zuordnen, aber der Runner lebt ja gerade nicht unter seiner "kriminellen" SIN, sondern unter falscher Identität. Sofern er also nicht erneut aufgegriffen und komplett durchleuchtet wird, ist er relativ sicher - auch was die Kontrolle biometrischer Merkmale abseits von DNA angeht (das ist ja RAW alles technisch längst gelöst).
Selbst DNA-Kontrollen lassen sich mit passender Vorbereitung überwinden, wenn man die Form der Prüfung genau kennt.
Nur ungeplant wird das einem Runner ggf. zum Verhängnis.
Letztlich bleibt sowohl dem Star als auch den Konzernen nur der klassische Weg über HUMINT, für letztere nur verdeckt, für ersteren je nach Gebiet sowohl offen als auch verdeckt. Damit ist man dann genau bei der Frage, ob man dem Runner über Connections und sonstiges auf die Spur kommt und wie hoch der zugehörige Kollateralschaden ist (je nachdem, wie scharf man auf den Runner ist).
Das hängt hauptsächlich davon ab, wie sehr der Runner bzw. die Gruppe beim Legwork in Erscheinung getreten ist, weil davon abhängt, wer in den Schatten alles weiß, woran die Gruppe jüngst so gearbeitet hat.
Zusammenfassend:
Der gigantische Vorteil von Runnern gegenüber den meisten "normalen" Kriminellen ist der, dass sie definitionsgemäß nicht über den klassischen Verwaltungsweg aufgespürt werden können. Sie haben nicht nur keine Meldeadresse, sondern wohnen oft genug in Gegenden, in denen die Polizei gar nicht zuständig ist (!) und man dementsprechend wenig gewillt ist, mit ihr zusammenzuarbeiten.
Wenn jemand nach dem Runner sucht, bekommt er das i.d.R. mit und kann entsprechend reagieren.
Entweder dann oder nach entsprechend auffällig gewordenen Runs präventiv ist einige Wochen Safehouse angesagt, wo man unterm Hüter sitzend Dosenfutter reinschaufelt und dem Schimmel an der Wand beim Wachsen zuschaut.
Wie gesagt: Die Konzerne haben oft gar kein Interesse an intensiver Fahndung, sobald sich der Anlass erledigt hat, sprich der McGuffin beim Johnson abgegeben ist o.Ä.
Der Star wird ggf. eine Weile suchen, aber nach geraumer Zeit die Aktion der erstbesten armen Wurst anhängen, bei der man das halbwegs glaubwürdig machen kann. Und natürlich öffentlich große Erfolgsmeldungen abgeben, was für die Runner dann die offizielle Entwarnung ist.
Danach ist meist auch eine neue weiße SIN fällig, wenn die alte nicht so aufgestellt ist, derartige Abwesenheiten zu verkraften.
Unterm Strich landet man beim "normalen" Actionfilm-Schema: Solange die Runner sich erfolgreich über die Konzerngrenze bzw. in Z-Zonen absetzen können und die Verfolger den unmittelbaren Kontakt verlieren, sind sie ziemlich auf der sicheren Seite.
Alles an Spuren von zig verschiedenen Straftaten wird erst dann wirklich relevant, wenn man festgenommen wird - und dann hat man als SIN-loser ohnehin verkackt, Spurenlage hin oder her.
Das ist im Grunde nur dann leicht anders, wenn die Gegenseite irgendwoher Insiderkenntnisse hat oder auch nach einer relativ harmlosen Aktion in die Vollen geht, während die Runner nicht das volle Abtauchprogramm fahren und z.B. zu ihrer weißen SIN zurückkehren, die aber möglicherweise über irgendeinen Weg aufgeflogen ist (da wäre dann am Ehesten ein über die relevanten Spuren modifizierter Wurf angebracht).
Lustigerweise kann keine feindliche Organisation in Z-Zonen massive Kräfte auffahren, ohne die Runner zu verschrecken. Egal wer muss also die Balance zwischen Unauffälligkeit und Manpower sowie Feuerkraft finden (also quasi das Spiegelbild zum Run, der dazu überhaupt geführt hat...) - und genau in dieser Konstellationen können kampfstarke Runner so einem Zugriffsteam dann auch wieder entkommen oder es sogar erfolgreich niederkämpfen.
In "guten" Zonen kann der Star natürlich anders agieren. Da ist dann eben die Frage, gegen wen sich der Run gerichtet hat. Gegen Konzerne? Alles im grünen Bereich, die sind da illegal unterwegs. Gegen öffentliche Einrichtungen oder UCAS-Bürger, so dass der Star zuständig ist? Dann vielleicht lieber in der Z-Zone abtauchen als im lauschigen B- oder A-Häuschen.
Solche untypisch harten Aktionen von der Gegenseite haben dann aber wieder besondere Gründe, die zu einem der berühmt-berüchtigten unbezahlten Folgeabenteuer führen, um den ausnahmsweise auch mittel- und langfristigen Fahndungsdruck loszuwerden.
An der Stelle ist für mich die Frage, ob ich dafür überhaupt mit Checklisten, Tabellen und Zufallseinflüssen arbeiten will - eher nicht.