Moin zusammen!
Ich finde die "Möglichst-knapp-Unterwürfeln"-Mechanik von DungeonSlayers sehr reizvoll.
Kurze Erklärung für diejenigen, die DS nicht kennen:
Basis ist ein Unterwürfelsystem mit 1W20, d.h. eine Probe ist erfolgreich, wenn man mit 1W20 kleiner oder gleich seinem Wert würfelt. Bei einer gelungenen Probe gibt die gewürfelte Zahl dabei direkt die Qualität der Probe an. Beispiel: Gelingt eine Probe mit einer natürlichen 12, so beträgt die Qualität auch 12.
Obwohl es also ein Unterwürfelsystem ist, gilt nicht "Je niedriger, desto besser", sondern eine Probe gelingt umso besser, je knapper man seinen Wert unterwürfelt. Diese Mischung aus hoch würfeln und niedrig würfeln mag im ersten Moment irritieren, liefert aber ein Qualitätssystem, das ohne Rechnen auskommt (gebräuchlicher ist ja Probenqualität = Differenz zw. Wert und Wurf).
Diesen Mechanismus würfe ich gerne für ein eigenes Spiel verwenden. Dabei stoße ich aber auf ein Problem, nämlich bei vergleichenden Proben. Vielleicht habt ihr ein paar kluge Ideen, wie man diese umsetzen kann.
Möglichkeit 1:
Beide Kontrahenten würfeln, derjenige mit der höheren Qualität gewinnt den Vergleich.
Eine gelungene Probe gewinnt natürlich gegen eine misslungene Probe. Was aber wenn beide Proben misslingen? (DungeonSlayers selbst lässt in dem Fall neu würfeln, IIRC.)
Negative Qualitäten kennt das System nicht. Man könnte sie einführen (als Differenz, um wie viele Punkte man seinen Wert überwürfelt hat), aber das wäre ein Bruch mit der oben vorgestellten Grundmechanik der Qualitätsermittlung ohne Rechnen.
Das grundlegende Problem scheint mir hierbei nicht das Qualitätssystem an sich, sondern dass das Ergebnis "Probe misslungen" hier keinen Sinn ergibt.
Egal ob Schachspiel oder Armdrücken, Verhandlungen oder Bardenwettstreit: Bei vielen vergleichenden Proben geht es garnicht darum zu prüfen ob eine Aktion gelingt, sondern nur wie gut. Und in solchen Fällen ist "misslungen" kein sinnvolles Ergebnis.
Lässt sich dieser Umstand mit einem Unterwürfelsystem überhaupt unter einen Hut bringen?
Möglichkeit 2:
Bei einer normalen Probe in einem Unterwürfel-System muss der Wert vor dem Wurf um eine eventuelle Erschwerniss oder Erleichterung modifiziert werden. Wenn man diesen Grundmechanismus weiterdenkt für vergleichende Proben, bedeutet das, dass nur ein Kontrahent würfelt und der Wurf je nach Kompetenz des Gegners modifiziert wird. Dies ist die einheitlichste Lösung, denn eine normale Probe (gegen eine feste Schwierigkeit) funktioniert nun völlig analog zu einer vergleichenden Probe. Da nur eine Partei würfelt, ergibt nun auch eine misslungene Probe Sinn: die andere Partei hat gewonnen.
Drei Dinge stören mich an dieser an sich sauberen Lösung:
1. Ich muss (als SL) den exakten Wert des Kontrahenten verraten (in Form des Modifikators auf die Probe).
2. Ich habe kein Maß dafür, wie gut die einzelnen Kontrahenten waren.
3. Wie handhabe ich mehr als zwei Parteien?
Wenn es um Wahrscheinlichkeiten geht, heißt es immer Unterwürfelsysteme und Überwürfelsysteme seien mathematisch gleichwertig. Aber haben Überwürfelsysteme bei vergleichenden Proben doch die Nase vorn? Bei D&D habe ich das Problem nämlich nicht.
Kompetenz (Wert) + Varianz (Würfel) liefern dort ein Ergebnis, eine Leistung. Diese steht für sich und kann (mit Kenntnis der im System möglichen Wertebereiche) bereits gedeutet werden. Es macht dann keinen Unterschied, ob im Folgenden diese Leistung mit einem festen Schwierigkeitsgrad vergleichen wird oder mit der Leistung eines anderen.
Je mehr ich darüber nachdenke, desto deutlicher wird mir der qualitative Unterschied zwischen "Erfolgsproben" (die entscheiden ob eine Aktion erfolgreich war) und "Leistungsproben" (die ermitteln wie gut ein Charakter "performed").
Beispiel Kampfregeln:
Ein Angriffswurf bei D&D ist eine Erfolgsprobe. Er entscheidet ob ich Schaden verursache (Erfolg) oder nicht. Ein Misserfolg ist plausibel, denn es gibt viele Gründe, warum mein Angriff keinen Schaden verursacht (Gegner weicht aus, pariert, wird von Rüstung geschützt, ...)
Ein Angriffswurf bei DungeonSlayers ist (von der Idee her) eine Leistungsprobe. Die Qualität gibt den potentiellen Schaden an, den der Verteidiger mit seinem Paradewurf verringern kann. Nur ergibt ein Misserfolg bei einer Leistungsprobe, wie oben bereits dargelegt, oft keinen Sinn. (Wie könnte ich mich so schlecht anstellen, dass ich einen Gegner, der vor mir steht und sich nicht verteidigt, mit einer Waffe nicht verletze?)
Ein Angriffswurf bei Kampfregeln mit passiver Verteidigung kann also eine Erfolgsprobe sein. Ich kann treffen (Erfolg) oder abgewehrt werden (Misserfolg).
Ein Angriffswurf bei Kampfregeln mit aktiver Parade sollte eine Leistungsprobe sein, die das Bedrohungspotential meines Angriffs bestimmt. Ein Misserfolg ergibt an dieser Stelle keinen Sinn, denn die Abwehr erfolgt ja erst im nächsten Schritt mit einem eigenen Wurf.
Wie komme ich von vergleichenden Proben zum Thema Kampf? Nun, ein Zweikampf ist immer eine vergleichende Situation (außer bei wirklich wehrlosem Gegner).
Entscheide ich mich für ein System mit aktiver Parade, brauche ich funktionierende Leistungsproben -> Möglichkeit 1 (s.o.),
wähle ich eine passive Verteidung, soll die Verteidigungsfähigkeit des Gegners die Trefferwahrscheinlichkeit des Angreifers beeinflussen -> Möglichkeit 2 (s.o.).
Mir scheint, Leistungsproben kann man auch als Erfolgsproben nutzen, indem man eine Mindestleistung fordert. Aber kann man auch Erfolgsproben zu Leistungsproben ummünzen, ohne Seltsamkeiten oder viel Kopfrechnen?
Ich hoffe ich konnte mein Problem verständlich machen. Vielleicht hab' ich nur 'nen Knoten im Hirn, vielleicht ist es aber auch ein grundlegendes Problem aller Unterwürfelsysteme, über das ich bisher nur noch nie so intensiv nachgedacht habe.
In beiden Fällen freue ich mich über Lösungsvorschläge, Denkanstöße, Regelungen anderer euch bekannter Spiele und generell euer Feddback und Meinungen.