Vier Spielerinnen und Spieler haben soeben eine amüsante Runde „Grie Soß´“ gespielt (Mein Hessenhack des kanadischen Erzählspiels "Poutine"). Die Spielsprache war fast kontinuierlich mehr oder weniger gelungenes Südhessisch. Hier ein etwas komprimierter Spielbericht:
Unser Dorf heißt Bömmes. Hier wohnen 900 Einwohner, es gibt eine alte Ziegelei und ein Betonwerk. Eine einzige Buslinie verbindet Bömmes – zumindest hin und wieder – mit der RheinMainRegion. In unserem Spiel haben vier Örtlichkeiten eine größere Bedeutung:
1. Erikas Blumenladen
2. Metzgerei und Partyservice Bauch
3. Das Wohnhaus von Maddins Oma, in dessen Schuppen Maddin Rauschkräuter anbaut
4. Die Bembelschtubb, tradtionelles Restaurant und Grie Soßentempel des Ortes
Wir hatten relativ schnell 12 Figuren zusammen, die wir in rasantem Wechsel verkörpert haben. Die ersten 6 stellten sich dabei als zentrale Figuren heraus, die anderen waren eher Randfiguren, einige wurden sogar nur erwähnt und traten noch gar nicht in Erscheinung.
1. Gerda, alterslos, Eigentümerin und Kellnerin der Bembelschtubb. Gerda lispelt und ist selbst ihre beste
Kundin, daher oft angeschickert. Im Karnevalsverein von Bömmes übernimmt sie mehr schlecht als recht
die Rolle der Kassenwartin. Sie ist ledig, hat aber einen unehelichen Sohn, der ihr keine Enkel schenkt –
ist er schwul?
2. Erwin Bauch, 65 J., wohlhabender Metzger des Ortes und Miteigentümer des Betonwerks. Erwin ist
traditionsgemäß jedes Jahr der Faschingsprinz von Bömmes. Er leidet darunter, dass seine Tochter
Lisbeth Vegetarierin ist. Frustriert darüber hat er Lissy enterbt. Die Folge ist, dass es keinen Nachfolger
für seine Metzgerei gibt.
3. Lisbeth „Lissy“ Bauch, 45 J., Erwins Tochter, Vegetarierin, arbeitet in Erikas Blumenladen.
4. Henner Ritter, 51 J., Finanzberater einer Frankfurter Bank, 1. Vorsitzender des Karnevalsvereins von
Bömmes. Henner nutzt sein Amt als Vorstand des Karnevalsvereins, um im Auftrag einiger seiner Kunden
Geld zu waschen.
5. Maddin, 29 J., arbeitslos und geistig ein bisschen langsam. Er wohnt bei seiner Oma Annemarie. Maddin
bekommt von Verbrechern aus Frankfurt Pflanzensamen, mit denen er im Schuppen seiner Oma
Rauschkräuter züchtet. Er ist von seinen Drogen oft selbst benebelt und hat eine handfeste Paranoia
entwickelt.
6. Hebbed, 50 J., Bauarbeiter, übergewichtig, steht üblicherweise am Betonmischer. Hebbed ist ein guter
Freund von Erwin und hat ein Auge auf dessen Tochter Lisbeth geworfen.
7. Frau Duśkewič, 91 Jahre, Rentnerin aus Schlesien. Frau Duśkewič hat Probleme mit der schnelllebigen
modernen Zeit und möchte am liebsten, dass alles so bleibt, wie es ist. Sie ist die Oma von Mariechen.
8. Annemarie, 88 J., Rentnerin, Oma von Maddin und gute Bekannte von Frau Duśkewič. Annemarie lässt
auf ihren Enkel nichts kommen und klagt darüber, dass der gute Maddin ja leider immer so viel Pech im
Leben hat.
9. Bodo, 39 J., Maler und Lackierer. Bodo ist immer knapp bei Kasse. Im Ort ist seine wichtigste Aufgabe
die Gestaltung der Schauwagen für den örtlichen Karnevalsverein. Seine Produkte erregen manchmal
Ärger, weil er mit einem pseudo-künstlerischen Anspruch an die Sache herangeht, der nicht jedem
gefällt.
10. Erika, 46 J., Inhaberin des Blumenladens, leidet unter einer Stauballergie und hasst das Betonwerk
des Ortes. Nach einem Unfall humpelt sie.
11. Mariechen, 21 J., Enkelin von Frau Duśkewič. Mariechen will den Spanier Julio heiraten. Sie macht eine
Ausbildung als Event-Managerin in Frankfurt, ist extrem naiv und kann nicht mit Geld umgehen.
12. Helmuth, 30 J., Dorfpolizist von Bömmes. Helmuth ist der gemütliche Typ, der sich gern auf den
Acker stellt und dort seine Modellbauflugzeuge fliegen lässt. Als Polizist wird er in Bömmes nicht ernst
genommen.
Unser Spiel besteht aus einzelnen Szenen, zwischen denen ein oder mehrere Tage vergangen sein können. Wenn nicht anders angegeben, finden sie in der Bembelschtubb statt.
Lisbeth, Gerda, Erwin, Henner – Unser Spiel beginnt mit einem frohen Ereignis: Lisbeth hat einen kleinen Lottogewinn gemacht und 100,- € gewonnen. Sie zahlt eine Lokalrunde. Gerda hat vergessen, wo sie Lisbeths Deckel aufbewahrt hat.
Frau Duśkewič, Gerda, Erwin, Henner – Frau Duśkewič erzählt von ihrer Enkelin. Mariechen will einen Spanier namens Julio heiraten. Dieser Julio sei Wirtschaftsprüfer. Die Anwesenden stellen unter Beweis, dass sie viele Vorurteile über Spanier hegen.
Henner, Lisbeth, Gerda, Maddin – Henner erzählt, er habe von Erwin Geld bekommen, um als Vereinsvorsitzender einen Karnevalswagen mit Werbung für seine Metzgerei durchzusetzen. Lisbeth ist entsetzt: Sein Vater will Karnevalswagen mit Wurstwerbung verunzieren? Die überzeugte Vegetarierin schüttelt es! Gerda erzählt aber, dass es auch vegetarische Würstchen gebe. Henner überredet Maddin, bei seinem nächsten Besuch in Frankfurt eine Kostprobe dieser vegetarischen Würstchen mitzubringen.
Maddin, Henner, Gerda, Hebbed – Maddin beschließt, sich um den Verkauf seiner Drogen zu kümmern. Er weiß aber, dass er für dieses Geschäft ein gewisses Know-How braucht, das er nicht besitzt. Daher versucht er Henner unter Druck zu setzen und erzählt ihm, dass das ja nicht in Ordnung sei, von Erwin Geld für irgendwelche Karnevalswagen mit Wurstwerbung bekommen zu haben. Wenn Henner verhindern will, dass er das überall groß herumerzählt, dann könnte er ihm doch beim Verkauf einer heißen Ware etwas unter die Arme greifen!
Hebbed, Maddin, Lisbeth, Gerda – Hebbed verkündet frohlockend, er sei zum Oberbetonmischer befördert worden. Zur Feier in der Bembelschtubb packt Maddin die organisierten vegetarischen Würstchen aus. Hebbed will wissen, ob Lisbeth es gut finden würde, wenn ihr Vater in seiner Metzgerei auch vegetarische Würstchen anbieten würde. Lisbeth bejaht, aber für sich selbst lehnt sie die vegetarischen Würstchen trotzdem ab: sie will kein Fleisch essen und auch nichts, was so schmeckt, wie Fleisch.
Lisbeth, Gerda, Hebbed, Maddin (später) – Lisbeth erzählt, dass aus Erikas Blumenladen drei Halogenlampen gestohlen worden seien. Der Verdacht fällt auf Maddin, der gerüchtehalber im Schuppen seiner Oma Annemarie irgendeine Art Gewächshaus betreibt. Mit Hebbed und Gerda schaut Lisbeth bei Annemarie nach. Sie brechen in den Schuppen ein, finden die drei Halogenlampen und Maddins Rauschkräuterzucht und stellen Maddin hinterher im Wohnzimmer Annemaries zur Rede. Drohungen fallen, eine Schlägerei wird knapp vermieden.
Erwin, Henner, Bodo, Gerda – Mit Henner, Bodo und Gerda überlegt sich Erwin, ob er beim Karneval nicht statt Kamellen kleine Cabanossi-Würstchen von seinem Wurstwagen werfen lassen will. Er träumt davon, dass seine Tochter Lisbeth als Prinzessin auf dem Wagen steht. Dafür würde er sich sogar dazu bereit erklären, vegetarische Wurf-Cabanossis zu organisieren. Gerda erzählt hinterher von der Entdeckung Maddins Rauschkräuter in Annemaries Scheune.
Henner, Gerda, Bodo, Erika – im Ort sind böse Gerüchte aufgekommen, Henner habe für das Betonwerk Billigbeton bestellt und den Überschuss für sich behalten, er streitet alles ab. Später kommt es zur Sitzung des Karnevalsvereins, bei der Gerda, Bodo und Erika Henner vorwerfen, er habe sich von Erwin kaufen lassen, um einen idiotischen Wurstwagen für den Karnevalszug zu genehmigen. Bodo weigert sich, den Wagen zu gestalten. Henner streitet alles ab. Seine Kontrahenten verlangen, bei der nächsten Vereinssitzung über die Gestaltung der Karnevalswagen mitbestimmen zu können. Henner behauptet zwar, dass die Zeit bis dahin möglicherweise zu knapp werden könnte, aber Bodo weigert sich, ohne Einigung im Verein mit der Arbeit an den Wagen zu beginnen.
Hebbed, Lisbeth, Gerda, Bodo – Hebbed ist im Freudentaumel: Erwin hat ihm angeboten, beim folgenden Karneval als sein Nachfolger der Faschingsprinz zu werden. Erwin will ihn dabei finanziell unterstützen. Eigentlich würde Hebbed das gern mit Lisbeth feiern, aber Lisbeth ist argwöhnisch. Ihr Vater denkt doch eigentlich nur ans Geld – warum gibt er so ohne weiteres sein prestigeträchtiges Amt ab?
Henner, Erwin, Gerda, Erika – Henner hat etwas Schreckliches erlebt: eine unangekündigte Finanzprüfung klopfte bei ihm an die Tür, hat sich in seiner Wohnung umgesehen und die Festplatte seines Computers mitgenommen. Anwesend sind Erwin, Gerda und Erika, die gemeinsam rätseln, wer dem Finanzamt da irgendwelche Hinweise gegeben haben mag. Während die Anwesenden noch überlegen, fällt ihnen ein, dass sie ja alle in irgendeiner Form schon von Henners eigenmächtigem Vorgehen in Finanzfragen profitiert haben: diverse öffentliche Dekoaufträge gingen ohne Ausschreibung und Rentabilitätsprüfung immer an Erika, Gerda zahlt schon lange keine Mehrwertsteuern mehr und die Belege für Biofleisch in Erwins Metzgerei sind auch gefälscht. Lässt sich das bei näherer Einsicht in Henners Festplatte alles nachweisen? Henner befürchtet, dass es wahrscheinlich in der Tat so sein könnte... von Henners Finanzprüfung sind also alle Anwesenden betroffen! Eine Beratung ergibt als einzige Lösung: Die vom Finanzamt eingesackte Festplatte muss zurückgeholt werden!
Henner, Erwin, Gerda, Maddin – Die Anwesenden versuchen schon bald, ihren Entschluss in die Tat umzusetzen: Zu diesem Zweck wird Maddin unter Druck gesetzt: Gerda erzählt ihm, sie wisse, was er da in Annemaries Schuppen anbaut! Und wenn er das auch in Zukunft tun will, dann soll er doch bitte mit seinen Drogenfreunden gemeinsam Henners Festplatte aus dem Finanzamt zurückholen! Maddin ist verwirrt und will wissen, warum das Finanzamt Henners Festplatte habe. Henner erzählt ihm genervt, dass es sich eben um eine Finanzprüfung handele. Dann will Maddin wissen, was auf der Festplatte zu finden sei. Henner erzählt ihm, dass dort Schweinskram drauf sei und es ihm peinlich sei. Daher will er die Festplatte wiederhaben. Das viele Denken hat Maddin geschwächt. Er erklärt sich bereit, die Rückgewinnung der Festplatte zu organisieren.
Lisbeth, Erwin, Gerda, Bodo – Lisbeth trifft ein und stellt ihren Vater Erwin zur Rede. Sie will wissen, warum er Hebbed zum Faschingsprinzen machen will. Erwin erkundigt sich im Gegenzug darüber, ob Lisbeth Hebbed sympathisch finde. Lisbeth behauptet, Hebbed sei ein guter Kerl, aber Erwin lenke vom Thema ab. Erwin bietet Lisbeth an, sie wieder als Erbin einzusetzen und darüber hinaus noch ihre Hochzeit mit Hebbed zu finanzieren... immerhin sei sie bereits 45 Jahre alt und habe immer noch keinen Mann. Im Dorf rede man schon! Im Gegenzug verlangt er nur, dass sie zur Karnevalsprinzessin wird und an Hebbeds Seite Cabanossis von seinem Wurstwagen in die Menge wirft... seinetwegen auch vegetarische Cabanossis! Lisbeth ist außer sich und äußert harte Kritik an seinem Wurstwagen. Werbung habe auf Karnevalswagen nichts zu suchen! Schon gar keine Wurstwerbung! Und auf gar keinen Fall auch noch mit ihr! Erwin brüllt sie an, dann könne sie ihr Erbe vergessen! Erwin rauscht mit hochrotem Kopf davon.
Maddin, Bodo, Gerda, Giovanni („der Italiener“) – Kurz vor seiner Fahrt nach Frankfurt, wo er im Auftrag Henners dessen Festplatte aus dem Finanzamt zurückholen will, kommt Maddin noch auf ein Gläschen in der Bembelschtubb vorbei. Er war sehr aufgeregt und um ruhig zu werden hat er Drogen genommen. Jetzt ist er ziemlich breit und will los. Gerda ist entsetzt: In dem Zustand schafft er das nie! Sie flößt ihm drei Tassen Kaffee ein. Auch Bodo ist anwesend und nicht mehr ganz nüchtern. Er erfährt von Maddins Vorhaben und beschließt mitzukommen um auf ihn aufzupassen. Zu zweit versuchen sie, Gerda um einen Schlüssel zum Karnevalsverein zu bitten. In dessen Lagerraum befindet sich auch ein Schweißbrenner, mit dem Maddin und Bodo die Tür zum Finanzamt knacken wollen. Gerda gerät immer mehr in Panik. Das darf auf gar keinen Fall passieren! Schon will sie Leute per Telefon um Hilfe bitten, als plötzlich ein Italiener das Restaurant betritt. Er stellt sich als Giovanni vor und behauptet ein Freund von Maddin zu sein. Dann verlangt er von Maddin, endlich „die Ware“ zu bezahlen. Maddin druckst herum, Bodo flüstert ihm zu, er solle den Herrn doch mit seinen Pflanzen bezahlen. Maddin macht ein Angebot und der Italiener erklärt sich bereit, sich die Ware einmal anzuschauen. Die drei gehen in Annemaries Scheune, wo der Italiener sieht, dass Maddin immerhin als Drogengärtner ein paar Erträge vorweisen kann. Er setzt ihm daraufhin eine Frist, zu der Maddin die Ware zu Geld gemacht haben muss, um sie dann bezahlen zu können. Zwischendurch versucht Maddin immer wieder, den Italiener zur Teilnahme am Einbruch in das Finanzamt zu überreden. Nach und nach erfährt der Italiener, worum es geht und hört immer aufmerksamer zu.
Henner, Gerda, Erwin, Erika – In der Bembelschtubb liest Henner Gerda, Erwin und Erika eine Meldung aus dem Bömmeser Blatt vor: Ein gewisser Maddin X. aus Bömmes sei beim Versuch in das Finanzamt Frankfurt einzubrechen erwischt worden. Offenbar habe er Komplizen gehabt, es seien nämlich einige konfiszierte Festplatten aus dem Finanzamt verschwunden. Wo die gestohlenen Gegenstände abgeblieben sind, wisse niemand so genau. Maddin X. habe zum Zeitpunkt des Einbruchs unter Drogeneinfluss gestanden und sei nicht zurechnungsfähig gewesen. Die Anwesenden schauen sich mit großen Gesichtern an.
Fortsetzung folgt.