Autor Thema: [English Eerie] Der verlorene Fluss  (Gelesen 1379 mal)

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[English Eerie] Der verlorene Fluss
« am: 13.08.2020 | 09:25 »
Teil 1: https://inyo.home.blog/2020/08/10/der-verlorene-fluss-tag-1-englisch-eerie/


Der Charakter

Elisabeth Fox: Eine junge Abenteurerin und Forscherin, die gerne mit ein paar Freunden die Natur erkundet. Umso mehr freut sie sich, endlich wieder mit ihrer besten Freundin Mary und ihrem langjährigen Nachbarn Geoffrey auf Entdeckungsreise zu gehen. Mary hat außerdem eine neue Bekannte mitgebracht, Ivy.
Die Geschichte

1.8.1921

Liebes Tagebuch,

es ist jetzt schon eine Weile her, seit ich das letzte Mal dazu kam, dir über meine Entdeckungen zu berichten. Nach längerem Briefwechsel habe ich endlich einen Termin gefunden, an dem Mary und Geoffrey Zeit haben, um einen kleinen, gemeinsamen Bootsurlaub zu nehmen. Mary hat außerdem darum gebeten, eine neue Bekannte mitzubringen. Ihr Name ist Ivy und sie kommt aus den USA! Ich bin schon sehr gespannt, sie kennenzulernen.

Ich hoffe, Geoffrey geht es gut. Er hat im Großen Krieg gekämpft und ich habe ihn mehr als nur einmal verarzten müssen. Es war so schrecklich, all die Soldaten, all die Toten. Aber daran will ich jetzt nicht denken. Wir wollen uns schließlich entspannen und erholen.

Unser Plan ist, den Fluss Eden zu erkunden. Wir fangen an der Quelle an und paddeln dann runter bis nach Carlisle. Das wird bestimmt schön!

8.8.1921

Liebes Tagebuch,

bis heute war die Reise so wundervoll, dass ich gar keine Zeit hatte, viel darüber zu berichten. Die Landschaft, die Tiere, wundervoll! Wir haben jeden Abend am Lagerfeuer gesessen und uns Gruselgeschichten erzählt. Geoffrey scheint der Urlaub ganz gut zu tun, manchmal erscheint er aber trotzdem abwesend und starrt in die Ferne. Vorgestern Nacht hat er im Schlaf geschrien, aber wir haben nichts gesagt, damit er sich keine Blöße geben muss.

Warum ich aber jetzt doch schreibe: Gestern sind wir an einen ganz merkwürdigen Abschnitt des Flusses gekommen. Alles wirkt so leer und düster, ständig ist es neblig. Vielleicht hat es hier vor kurzem einen Brand gegeben oder so. Es ist schon ein bisschen unheimlich und Geoffrey tut die Umgebung nicht gut. Schlimmer noch: Als wir heute Morgen aufgestanden sind, waren unsere Paddelboote zerstört! Ich weiß nicht, wie das passieren konnte! Außer uns ist doch niemand hier und keiner von den anderen möchte länger in diesem unwirtlichen Teil des Flusses bleiben. Wir haben schon spekuliert, ob es womöglich große Tiere hier in der Nähe gibt, die das Boot angegriffen haben, weil es ihnen fremd vorkam.

Jedenfalls haben wir uns jetzt daran gemacht, die Boote zu reparieren, aber das wird ein wenig dauern. Wir wären vermutlich schon weiter, wenn Geoffrey nicht einen Anfall von Furcht gehabt hätte. Er starrte auf die Ödnis auf der anderen Seite vom Fluss, dann fing er an zu schreien und rannte in sein Zelt. Mary hat versucht, auf ihn einzureden, aber du weißt ja, wie sie ist. Findet nicht immer die besten Worte. Ich habe sie und Ivy dann gebeten, schon einmal weiterzubauen, während ich mich zu Geoffrey gesetzt habe. Er zitterte ganz fürchterlich und brabbelte etwas von grauen Soldaten und Schüssen und dass er im Zelt in Sicherheit sei.

Es hat einiges an beruhigenden Worten gebraucht, bis er wieder zu sich kam. Ich habe ihn wie ein Kind in den Armen gehalten und ihm den Kopf gestreichelt. Wenn wir wieder zurück in der Zivilisation sind, sollte er dringend in eine Nervenheilanstalt gehen. So kann das nicht weitergehen mit ihm.

Aber es wird noch besser! Als es gegen Nachmittag darum ging, was wir zu Abend essen, war ich der Meinung, wir sollten uns etwas in der Umgebung umsehen und Früchte sammeln, während Mary unbedingt ihre neue Fischertechnik ausprobieren wollte. Ich wollte ihr davon abraten, weil das Wasser hier ziemlich trüb ist, irgendwie ungesund, aber sie war störrisch wie eh und je. Manchmal ist sie eine richtige Hexe, wenn sie ihren Kopf durchsetzen will. Jedenfalls ist sie ins Wasser und auf irgendetwas getreten. Ihr Fuß sah aus wie aufgeschlitzt, aber wir haben nichts gefunden. Zum Glück hatten wir Verbandszeug und Alkohol dabei, sonst hätten wir jetzt ein noch größeres Problem. Aber laufen kann sie trotz allem nicht gut. Ivy kümmert sich aufopferungsvoll um sie, doch ich fürchte, dass wir noch ein wenig länger hier festsitzen werden…
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Re: [English Eerie] Der verlorene Fluss
« Antwort #1 am: 14.08.2020 | 17:12 »
Teil 2: https://inyo.home.blog/2020/08/11/der-verlorene-fluss-tag-2-englisch-eerie/

9.8.1921

Liebes Tagebuch,

es ist ganz schrecklich! Geoffrey ist in der Nacht verschwunden! Er muss hinausgeschlichen sein, hat seine Ausrüstung genommen und ist gegangen. Als er heute Morgen nicht auf Marys Weckrufe reagiert hat, bin ich nachsehen gegangen und er war nicht in seinem Zelt. Seine Sachen waren alle noch da, nur er war weg, der Schlafsack schon lange kalt. Keine Nachricht, nichts. Wir haben am Flussufer ein paar Spuren gefunden, aber sonst nichts. Wir wissen nicht, in welche Richtung er gegangen ist.

Mary hat an den Booten weitergearbeitet, während Ivy das Flussufer abgelaufen ist und ich bin durch in diesen unheimlichen Nebelwald gegangen. Es war richtig gruselig! Kein Tier war zu hören, aber ich habe mich die ganze Zeit beobachtet gefühlt. Geoffrey hat nicht auf mein Rufen geantwortet, ich habe auch keine Spuren gefunden und jede Minute da draußen fühlte sich immer bedrückender an. Ich weiß nicht, wie lange ich weg war, aber ich denke nicht, dass ich es lange ausgehalten habe.

Als ich zurück ins Lager gekommen bin, musste ich erst einmal weinen. Nach gestern fürchte ich, dass Geoffrey sich etwas angetan haben könnte. So sehr, wie ihn der Krieg plagt, hat er womöglich beschlossen, dem ein Ende zu machen. Dieses Mal musste ich getröstet werden und so wütend ich gestern noch über sie war, so war ich doch sehr froh, dass Mary hier ist. Sie hat mir Mut zugesprochen, dass Geoffrey schon wiederkommen wird.

Eine Hoffnung, die kurz darauf so hart zerbrochen wurde, dass es mich noch viele Jahre erschüttern wird. Ivy hat ihn als erstes gesehen. Er trieb im Fluss, Gesicht nach unten. Mary hat seine Leiche an Land gebracht und versucht, ihn wiederzubeleben. Aber es war zu spät. Schon lange.

Er hat sich wirklich umgebracht. Flussaufwärts, sodass wir ihn sicher finden und begraben können. Er war so kalt und irgendetwas in seinem Gesicht schien mir so, als wäre er in Panik und Angst gestorben. Hatte er wieder eine Vision vom Krieg? Oder war es einfach die Angst, die man beim Ertrinken bekommt, wenn man keine Luft mehr bekommt, wenn man

Kann man überhaupt willentlich ertrinken? Ich meine, versucht man nicht aus Reflex, an die Oberfläche zu schwimmen oder sich umzudrehen, um an Luft zu kommen? Er hatte nichts, was seinen Körper hätte beschweren können. Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Ob er in seiner Panik die Orientierung verloren hat oder ob er womöglich umgebracht wurde. Nein, das sind Gedanken, die ich nicht zulassen sollte. Wahrscheinlich war es ein Unfall aufgrund seines labilen Geisteszustandes. Kein Mord oder Selbstmord.
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Re: [English Eerie] Der verlorene Fluss
« Antwort #2 am: 16.08.2020 | 08:13 »
Teil 3: https://inyo.home.blog/2020/08/12/der-verlorene-fluss-tag-3-englisch-eerie/

10.8.1921

Liebes Tagebuch,

irgendetwas stimmt nicht mit diesem Ort. Nachdem wir Geoffrey gestern begraben haben, wirkt Mary angespannt und Ivy abwesend. Die Arbeiten an den Booten gehen nur langsam voran, auch wenn wir nun ein Boot weniger fertigstellen müssen. Gott, dieser Gedanke lässt mir wieder Tränen in die Augen schießen.

Der Nebel hängt dich wie eh und je über dem Boden, aber heute ist etwas geschehen, was uns alle an unserem Verstand hat zweifeln lassen. Es war noch früh am Morgen und wir waren in unseren Zelten, als es plötzlich wie aus Eimern zu regnen begann. Die Tropfen prasselten schwer auf unsere Zelte, aber als ich die Plane wegschlug, um nach draußen zu sehen, war der Himmel klar. Das Geräusch des Regens dauerte fast eine Stunde an, aber kein einziger Tropfen ist gefallen.

Mary hat angefangen, über Feen zu reden. Dass das einer ihrer Streiche war, um uns Angst einzujagen. Womöglich haben sie auch Geoffrey eingeschüchtert. Boshafte Wesen seien sie. Ivy hat versucht, sie zu beruhigen und ich glaube, dass unsere Nerven einfach überspannt sind und wir uns Dinge einbilden. Aber Mary ist davon überzeugt, dass hier übernatürliche Wesen am Werke sind.


Liebes Tagebuch,

es ist noch immer derselbe Tag, aber mittlerweile spät am Abend. Und ich habe Angst. Ich glaube, wir sind hier draußen nicht alleine. Ich liege gerade in meinem Schlafsack und schreibe bei dem geringsten Licht, was noch geht, um schreiben zu können. Ich traue mich kaum zu atmen. Da draußen ist jemand, ganz sicher. In der Ferne spielt jemand Flöte. Es ist noch weit weg, aber es kommt aus der Richtung, von wo auch wir gekommen sind. Von dort, wo Geoffrey gestorben ist. Und nein, keiner von uns hat eine Flöte dabei. Denke ich zumindest. Aber ich hätte ja gehört, wenn eine von den anderen beiden ihr Zelt verlassen hätte. Und so schnell wäre sie auch nicht so weit gekommen. Nein, hier ist noch jemand außer uns und ich bin mir sicher, er trachtet uns nach dem Leben. Geoffrey wurde mit Sicherheit ermordet!
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Re: [English Eerie] Der verlorene Fluss
« Antwort #3 am: 19.08.2020 | 08:23 »
Teil 4: https://inyo.home.blog/2020/08/13/der-verlorene-fluss-tag-4-englisch-eerie/


11.8.1921

Liebes Tagebuch,

vor Aufregung konnte ich fast nicht einschlafen, muss dann aber doch irgendwann eingedämmert sein. Anders kann ich mir nicht erklären, wie ich nicht mitbekommen habe, dass jemand im Lager war.

Zuerst haben wir es gar nicht bemerkt, bis Mary dieser Gestank aufgefallen ist. Wir haben uns ein wenig umgesehen und dann neben jedem unserer Zelte ein merkwürdiges Zeichen gefunden. Es war wirklich seltsam: Diese drei Zeichen waren nicht etwa mit einem Stock in den Schlamm gezeichnet, sondern regelrecht hineingeätzt. Anders kann man es nicht beschreiben. Ivy wird immer nervöser. Ich habe gesehen, wie sie einen Revolver eingesteckt hat. Aber falls es wirklich Feen sind, wie Mary behauptet, hilft uns diese Waffe dann überhaupt? Wir müssen uns mit den Booten beeilen, sonst werden wir hier sterben, davon bin ich überzeugt!

Wer oder was auch immer mit uns hier ist, es will uns ans Leder. Es könnte uns jederzeit töten. Warum tut es das nicht? Es war doch in dieser Nacht hier. Die Zeichen sind mit Sicherheit eine Warnung. Vielleicht sind sie eine Markierung, wer als nächstes an der Reihe ist.

Ich bin mir sicher, eine Bewegung im Nebel gesehen zu haben. Auf der anderen Seite des Flusses. Oder sind es nur meine übersteigerten Sinne, die mir einen Streich spielen?

Wir müssen Feuerholz suchen, die Nächte hier sind ungewöhnlich kalt für die Jahreszeit. Aber Mary kann mit ihrem Fuß nicht gut laufen und nach den Geschehnissen von dieser Nacht sind wir uns einig, dass wir zusammenbleiben sollten. Aber jemand von uns muss gehen.

Liebes Tagebuch,

wir haben uns entschieden, dass Ivy geht. Sie hat eine Waffe und kann sich alleine verteidigen. Ich habe auf Mary aufgepasst, während sie fort war. Die beiden stehen sich sehr nahe. Vielleicht sogar näher als Mary und ich. Das tut ein bisschen weh, immerhin sind wir seit Jahren beste Freundinnen.

Liebes Tagebuch,

wir hätten uns nicht aufteilen dürfen! Ivy ist angegriffen worden! Wir hörten ihren Schrei und ich rannte ohne nachzudenken in die Richtung. Sie war völlig außer sich, der Boden um sie herum war aufgewühlt und der Nebel so dicht, dass ich sie kaum erkennen konnte.

Ihr Arm war gebrochen. Während wir ihn im Lager schienten, erzählte sie vom Gefühl, beobachtet zu werden und wie dann etwas aus dem Nebel von hinten auf sie gesprungen sei und ihren Arm gepackt habe.

Mary ist sich sicher, dass es die Feen sind, die sie bestrafen wollten, weil Ivy eine Waffe dabei hatte. Eine Waffe, die sie jetzt nicht mehr halten kann. Wir sind schutzloser als zuvor und die boshaften Wesen zeigen, welche Macht sie wirklich besitzen. Allmählich glaube ich Marys Märchengeschichten immer mehr. Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen.
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Re: [English Eerie] Der verlorene Fluss
« Antwort #4 am: 21.08.2020 | 07:38 »
Teil 5: https://inyo.home.blog/2020/08/14/der-verlorene-fluss-tag-5-englisch-eerie/


12.8.1921

Liebes Tagebuch,

du wirst nicht glauben, was heute alles los war. Wir wachten bereits sehr früh auf, weil es irgendwie stank. Schnell stellten wir fest, dass alle unsere Lebensmittel verdorben waren. Verschimmelt, von Maden befallen, nicht mehr essbar. Es war richtig eklig! Wir haben dann alles in den Fluss geworfen und dann gewartet, dass Fische sich darauf stürzen. Nichts. Der Fluss war wie ausgestorben. Das können nur die Feen gewesen sein! Ich bin mir sicher, sie lauern im Nebel und lachen boshaft über uns. Sie wollen uns leiden sehen.

Aber nicht mit uns! Mary kann wieder etwas besser laufen. Wir haben zusammengepackt, was wir konnten und die Boote zusammengebunden und an einem Seil befestigt. Dann sind wir weitergezogen. Weiter flussabwärts, unserem Ziel entgegen. Das hätten wir schon vor Tagen tun sollen. Vielleicht wäre Geoffrey dann auch noch am Leben. Sein Zelt steht noch immer dort, wo wir angekommen sind und falls sich jemals eine andere, verlorene Seele hierher verirrt, wird es ihr wahrscheinlich einige Rätsel aufgeben: Ein leeres Zelt, ein Grab, mehrere in den Boden geätzt Zeichen.

Wir mussten wegen Mary mehrere Pausen machen und Ivy konnte mit ihrem gebrochenen Arm nicht so viel tragen, aber ohne unsere Vorräte hatten wir ohnehin weniger Gepäck. Ich habe die Boote gezogen, wir sind immer dicht am Wasser entlang gewandert. Irgendwann schien der Nebel ein wenig nachzulassen und das Gefühl, beobachtet zu werden, dass wir immer wieder verspürten, ließ nach. Vielleicht langweilten wir die Feen und sie lassen uns nun endlich in Ruhe. Nach Stunden des Wanderns entdeckten wir schließlich ein Fleckchen, an dem einige Kräuter, Pilze und Beeren wuchsen. Hier scheint auch das Wasser wieder belebter zu sein, denn wir konnten ein paar fette Fische an Land ziehen. Wir scheinen den Feen entkommen zu sein!

Nachdem wir unsere Vorräte etwas aufgefüllt und wir gegessen hatten, arbeitete ich mit Mary noch eine Weile an den Booten. Eines ist schon wieder einsatzbereit, das zweite wird auch endlich bald fertig. Ich habe vorgeschlagen, dass wir Mary ins Boot setzen und dann direkt weiterziehen, doch sie und Ivy sind der Überzeugung, wir sollten erst einmal hierbleiben. Ihre Argumente waren sehr überzeugend. Immerhin ist dieser Ort scheinbar sicher und es gibt Nahrung. Bevor wir dies alles aufgeben, sollten wir uns eine Nacht ausruhen. Morgen können wir sicher auch die beiden anderen Boote fertigstellen! Und dann können wir diesen elenden Ort verlassen. Auch wenn das bedeutet, Geoffrey zurückzulassen und sein Grab vielleicht nie wieder besuchen zu können.
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Re: [English Eerie] Der verlorene Fluss
« Antwort #5 am: 23.08.2020 | 07:22 »
Teil 6: https://inyo.home.blog/2020/08/15/der-verlorene-fluss-tag-6-englisch-eerie/


13.8.1921

Liebes Tagebuch,

wir lagen völlig falsch! Die Feen haben uns getäuscht, uns in falscher Hoffnung gelassen und laben sich nun umso mehr an unserer Angst. Als wir heute früh erwachten, hatten sie um unser Lagerfeuer einen Kreis aus toten Krähen gelegt. Sie waren auf verschiedenste Weisen getötet worden. Einigen waren die Hälse gebrochen, manche waren ersäuft worden, andere aufgeschnitten und ihre Innereien im Lager verstreut. Ist dies das Schicksal, das auch uns befallen wird?

Mary ist am Boden zerstört. Seit sie die Krähen gesehen hat, weint sie ununterbrochen und ist ein reines Nervenbündel. Ich wollte sie beruhigen, aber Ivy hat sich zwischen uns gedrängt, mich böse angesehen und Mary dann mit in ihr Zelt genommen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Wir müssen hier weg, aber so kommen wir nicht weiter. Und was soll dieses Gehabe von Ivy? Was fällt ihr ein, mich so anzuschauen?

Ich war so wütend, dass ich sie zur Rede stellte, als sie endlich wieder aus Marys Zelt kam. Wir beide sind so lange Freunde, da ist es ganz klar meine Aufgabe, mich um sie zu kümmern. Warum Ivy so täte, als sei ich ihr Feind? Solche und ähnliche Dinge habe ich ihr an den Kopf geworfen. Das brachte sie dermaßen in Rage, dass sie mich – trotz ihres Arms – ansprang und mir eine scheuerte. Ehe ichs mich versah, lag ich auf dem Boden und sie drückte mir ihr Knie in den Rücken und fluchte und schrie mich an.

Zum Glück hörte Mary unser Geschrei und kam aus dem Zelt gerannt. Sie schaffte es, Ivy von mir herunterzuzerren. Noch immer aufgebracht verlangte ich eine Erklärung für ihr merkwürdiges Verhalten und nach einigem Hin und Her und seltsamen Blicken, die die zwei austauschten, rückte Mary dann ENDLICH mit der Sprache heraus.

Und du wirst es kaum glauben: Die beiden sind ein PAAR! Das hätte ich niemals von Mary gedacht. Ich meine, sie war schon immer sehr draufgängerisch und stark, aber eine Lesbe? Nein, das hätte ich niemals erwartet. Und Ivy war anscheinend schon eine ganze Weile eifersüchtig auf mich, weil ich mich so gut mit Mary verstehe. Das muss ich erst einmal verdauen. Ich kann den beiden gerade nicht in die Augen schauen. ich weiß nicht, wie ich mit all diesem Wissen umgehen soll.
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Re: [English Eerie] Der verlorene Fluss
« Antwort #6 am: 24.08.2020 | 07:38 »
Teil 6: https://inyo.home.blog/2020/08/16/der-verlorene-fluss-tag-7-englisch-eerie/


14.8.1921

Liebes Tagebuch,

Mary ist tot. Wir besprachen am Morgen, dass wir möglichst schnell weiterziehen sollten, um den Feen zu entkommen, doch schon da verhielt sie sich ein wenig merkwürdig. Sie meinte, wir hätten uns geirrt, es seien mehr als nur Feen. Es seien die Hüter des Waldes hier. Sie war überzeugt davon, stellte die Theorie auf, dass einst Menschen diesen Teil des Waldes abgebrannt hätten, aus Unachtsamkeit vielleicht, und nun würden die Geister des Waldes uns hassen. Aber es gäbe eine Lösung, sie zu beruhigen.

Dann hat sie begonnen, Kräuter zu sammeln, seltsame Symbole in den Boden zu zeichnen und irgendetwas vor sich hinzubrabbeln. Ivy und ich waren ratlos und haben sie einfach machen lassen. Ein großer Fehler. Wir haben uns kurz vom Lager entfernt, um Material zu suchen, mit denen wir die letzten Stellen an den Booten ausbessern können, als wir Mary laut rufen hörten: „Oh, ihr Geister des Waldes, verzeiht meinem Volk den Frevel, der gegen euch begangen wurde! Geister des Flusses, nehmt mein Opfer an und lasst die anderen ziehen, sie haben keinen Schaden an euch begangen!“

Als ich ihre Worte hörte, erfasste mich eine Vision von Geoffrey, wie er am Ufer des Flusses stand, hörte Marys Worte in seiner Stimme und sah, wie er sich mit ausgebreiteten Armen in den Fluss warf. Vielleicht sah Ivy dasselbe. Vielleicht spürte sie, dass ihre Liebste in Gefahr war. Die Feen mussten ihre Sinne verwirrt haben. Gleichzeitig, ohne uns anzusehen, rannten wir los zurück zum Fluss. Als wir aus dem Unterholz brachen, sahen wir Mary einen Stein ins Wasser werfen. An dem Stein war ein Seil angebunden. Und an dem Seil sie selbst. Der Stein riss sie ins Wasser.

Ivy nahm sich geistesgegenwärtig ein Messer, ich rannte nur Mary hinterher, sprang in den Fluss. Das Wasser war eiskalt und trüb. Ich konnte sie kaum erkennen, tauchte ihr hinterher, während sie in die Tiefe gerissen wurde. Ich fühlte ihre Hand, die versuchte, meine eigene wegzuschlagen und dann doch zu ergreifen, als sie realisierte, was gerade geschah. Dann war Ivy da, tauchte an mir vorbei, doch Mary verschwand viel zu schnell im brackigen, kalten Wasser. Ich spürte, wie mir die Luft ausging, versuchte noch ein letztes Mal, ihr zu folgen, doch dann musste ich auftauchen, um nicht selbst zu ertrinken.

Ivy tauchte kurz nach mir auf. Auch sie hatte Mary nicht erreichen können, hatte ihr das Messer geben wollen, damit sie sich losscheiden konnte, doch sie wusste nicht, ob ihre Freundin es in der Dunkelheit überhaupt gesehen hatte. Nass und frierend saßen wir am Ufer und warteten. Warteten, hofften. Vielleicht hatte Mary das Messer gepackt und würde gleich auftauchen. Ein paar Luftblasen zerplatzten an der Wasseroberfläche. Keine Mary. Das Wasser beruhigte sich. Keine Mary.

Wir sind jetzt nur noch zu zweit. Und keiner von uns hat wirklich Hoffnung.
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Re: [English Eerie] Der verlorene Fluss
« Antwort #7 am: 2.09.2020 | 07:51 »
https://inyo.home.blog/2020/08/17/der-verlorene-fluss-tag-8-englisch-eerie/


15.8.1921

Liebes Tagebuch,

die Feen versuchen, uns aufzuhalten. Mutlos machten wir uns bereit, weiterzuziehen und diesem Alptraum zu entkommen. Wir ließen ein Boot zurück. Das andere ist fast fertig. Wir finden nur nicht das Material, was wir zur Fertigstellung benötigen. Deshalb müssen wir noch einmal zu Fuß weiter. Nicht mehr weit. Hoffentlich.

Wir waren noch gar nicht weit gekommen, als dunkle Regenwolken am Himmel aufzogen. So schnell wir konnten, bauten wir eines der Zelte auf und retten uns hinein, gerade als der Regen uns erreichte. Ein schauriges Heulen war zu hören, fast wie Windböen, aber irgendwie auch anders, unheimlicher. Wie hunderte gematerte Stimmen, die ihre Pein in die Welt hinausschrien. Ivy hielt sich die Ohren zu, aber ich blieb standhaft und lauschte und wartete. Ich hörte den Fluss aufpeitschen, wilde Winde zerrten an unserem Zelt, doch ich bin mir sicher, dass meine Entschlossenheit die bösen Geister fernhielt. Einer von uns muss stark bleiben, wenn wir überleben wollen.

Und dann brach der Regen ab. Er wurde nicht langsam weniger, nein, der Wind erstarb, das Wasser beruhigte sich und der Regen war fort. Ich informierte Ivy, die noch immer völlig neben sich stand und zerrte sie aus dem Zelt. Der Boden war völlig durchweicht und zu unserem Entsetzen mussten wir feststellen, dass der Fluss eines der Boote geraubt hatte, welche wir doch ans Ufer gezogen hatten. Das fertige. Ivy heulte auf, dass wir nun niemals entkommen würden, doch ich ließ mich nicht aufhalten.

Auch das zweite Boot war nahe dran, in den Fluss gezogen zu werden, dessen Strömung schneller geworden zu sein schien. Ich lief hin, doch der Morast war so feucht, dass ich darin stecken blieb. Es war fast, als sei ich in Treibsand oder ein Moor geraten. Meine Stiefel bleiben stecken und mit jeder Bewegung fühlte ich, wie ich tiefer hineingezogen wurde. Das Boot wackelte. Ivy schrie vor Verzweiflung.

Ihr Schrei gab mir die Kraft der Verzweiflung und ich riss mich frei. Einer meiner Stiefel blieb im Matsch stecken, doch ich erreichte das Boot und zog es gerade noch rechtzeitig von den Fluten weg. Kurz meinte ich, den Wind wütend in der Ferne aufheulen zu hören, doch das kümmerte mich nicht. Wir hatten noch ein Boot, eine Chance.
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Re: [English Eerie] Der verlorene Fluss
« Antwort #8 am: 10.09.2020 | 07:42 »
https://inyo.home.blog/2020/08/18/der-verlorene-fluss-tag-9-englisch-eerie/


16.8.1921

Liebes Tagebuch,

wir haben versucht, zu zwei mit dem Boot zu fahren, aber es konnte uns nicht tragen. Ein paar der Schäden, die wir repariert haben, sind wieder aufgebrochen und ich zog in den Nebel hinaus, um neues Material zum Reparieren zu suchen, während Ivy das Boot bewachte. Seit Marys Tod ist sie kaum noch zu motivieren. Ich fürchte eher, dass sie ihr in den Fluss folgt, als dass sie mit dem Boot flieht.

Umso eiliger machte ich mich auf die Suche, die im Nebel jedoch schwerfiel. Einmal erblickte ich einen alten Baum, der mir geeignet erschien, doch als ich mich ihm näherte, hörte ich das erste Mal, seit wir her geraten sind, lebende Tiere! Ein Schwarm Krähen stürzte plötzlich vom Himmel herab und begann, nach mir zu hacken. Ich rannte los, die Arme schützend über den Kopf geworfen, und suchte nach Deckung. Sie rissen mir Haare aus, hackten und kratzten meine Arme und meinen Nacken. Eine flog mir sogar ins Gesicht. Ich stürzte vor Schreck hin und sie fielen regelrecht über mich her.

Ich schlug um mich, verscheuchte sie kurz und rappelte mich wieder auf. Blind rannte ich weiter und verlief mich im Nebel. Stundenlang irrte ich umher und rief nach Ivy. Hin und wieder hörte ich die Krähen in der Ferne und duckte mich unter trockene, farblose Sträucher, schlich weiter und irgendwann hörte ich endlich eine Antwort. Ich brach aus dem Dickicht und war zurück im Lager. Ivy sah mich mit schreckgeweiteteten Augen an. Mein Gesicht war blutig und zerkratzt, ebenso meine Arme und mein Kopf. Ich muss schrecklich ausgesehen haben.

Ich wusch mich am Fluss und desinfizierte meine Wunden. Nach ihrem Schreck beichtete Ivy, dass sie schon gedacht hatte, ich sei ebenfalls tot und sie über Selbstmord phantasiert habe. Ich bin froh, dass sie es nicht getan hat. Ich glaube, allein hätte ich auch nicht länger ausgehalten.

Wir zogen noch am Abend weiter und beobachteten zum ersten Mal den Sternhimmel genauer, während wir liefen und das Boot hinter uns herzogen. Wir hatten auch nur noch ein Zelt und wenige Rationen dabei. Zuerst bemerkte ich es gar nicht, doch dann fragte mich Ivy, wo denn der große Wagen sei. Ich schaute genauer hin und ja, jetzt fiel es mir auch auf: Die Sterne waren nicht da, wo sie hinsollten. Ich erkannte noch Sternbilder, doch es war, als seien wir in der falschen Hemisphäre oder als seien sie gedreht. Wenn Mary noch am Leben gewesen wäre, hätte sie nun bestimmt etwas über Feenwelten zum Besten gegeben. Merkwürdig, dass gerade sie so viel darüber wusste, sie war doch sonst so aufgeklärt und wissenschaftlich. Oder vielleicht waren es auch wirklich die Feen, die aus ihr sprachen und uns so auf unsere Situation aufmerksam machen wollten.

Wir liefen fast die ganze Nacht unter diesen fremden Sternen, bis wir irgendwann doch zu müde wurden und ein Zelt aufschlugen. Alleine zu schlafen, wagten wir an dieser Stelle nicht mehr.
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Re: [English Eerie] Der verlorene Fluss
« Antwort #9 am: 20.09.2020 | 09:33 »
https://inyo.home.blog/2020/08/20/der-verlorene-fluss-tag-10-englisch-eerie/


4.9.1921

Liebes Tagebuch,

es tut mir leid, dass ich nicht früher schreiben konnte, aber nach dem, was geschehen ist, brauchte ich eine Weile, um wieder zu mir zu finden. Am Tag, nachdem mich die Krähen angegriffen hatten, wanderten wir weiter. Der Nebel um uns herum schien lebendiger zu sein als an den Tagen zuvor. Wind peitschte die Bäume und das Wasser des Flusses. Wir schafften es irgendwie, das Boot zu flicken, als wir sie am anderen Ufer entdeckten: Drei Wesen, fast wie Schatten, aber mehr als doppelt so groß wie ein Mensch. Riesen, fiel mir direkt ein. Oder Trolle. Sie beobachteten uns wütend mit glühenden Augen, so schien es mir. Sie wollten uns nicht hier haben, wollten uns tot sehen und uns verspeisen. Das waren meine wirren Gedanken damals. Aber ich kann mich noch klar an sie erinnern.

Ich starrte zurück und rief ihnen zu, dass wir nicht hier sein wollten, dass sie uns gehen lassen sollten. Die Antwort war nur eine weitere Sturmböe und dunkle Wolken, die bedrohlich aufzogen. Mir war klar, dass wir fliehen mussten. Sie hatten in den letzten Tagen mit uns gespielt und einen nach dem anderen getötet mit ihrer Feenzauberei. Aber uns beide sollten sie nicht bekommen!

Ich zerrte Ivy ins Boot, die gebannt auf die Riesen starrte, und paddelte los. Hinter mir hörte ich ein Grollen und Heulen, das unter dem Wind wie dunkler Singsang klang. Sie sprachen einen Bann, wollten uns fangen. Ich paddelte schneller, die Wellen wurden stärker, der Wind versuchte, uns zurückzudrängen. Ich schrie irgendein unsinniges Zeug, von dem ich glaube, es könne die Wesen einschüchtern und mir Mut geben.

Dann erinnere ich mich an eine unnatürlich große Welle und wie sie über dem Boot zusammenschlug. Ich erinnere mich an Luftnot und ein Stück Holz vom Boot, das ich packte. Wie mein Kopf an die Wasseroberfläche stieß, wie ich Ivy schreien hörte. Dann einen Schuss aus ihrem Revolver. Das Wasser wirbelte mich umher, riss an mir, aber ich ließ nicht los. Ich schloss die Augen und harrte aus. Irgendwann wurde das Wasser ruhiger und wärmer. Kurz glaubte ich, gestorben zu sein, denn als ich meine Augen wieder öffnete, war die trübe, tote Landschaft wieder einem saftig grünen Wald gewichen. Der Fluss war breit und strömte schnell und so ließ ich mich einfach treiben, bis ich das Bewusstsein verlor.

Das nächste, an das ich mich erinnere, ist eine Sandbank und ein Bauer, der mich ins nächste Krankenhaus brachte. Meine Geschichten über Feen und Riesen schrieb man meinem Gesundheitszustand zu, vor allem, nachdem ich erklärt hatte, dass meine Freunde ertrunken waren. Was mit Ivy geschehen ist, weiß ich nicht, aber ich fürchte, dass sie dasselbe Schicksal ereilte wie Geoffrey und Mary. Der Fluss hat sie sich geholt oder diese Wesen haben sie direkt getötet, weil sie sich wehrte. Vielleicht hat sie noch eines von ihnen mit mitnehmen können, doch ich bezweifele, dass man mit einer Pistole ein solches, übernatürliches Wesen auch nur ankratzen kann.
Fazit

Dieses Szenario hat mich von den 5, die im Band enthalten sind, direkt angesprochen und ich habe es mit sehr viel Freude gespielt. Es hat meiner Meinung nach die einfachste Anbindung zur nordischen Sagenwelt und hebt sich von den anderen, Szenarien ab, die nach meiner Meinung auch überall sonst hätten spielen können.

Ursprünglich hatte ich die Idee, dass die Gruppe sich gegenseitig beschuldigt, die Boote sabotiert zu haben, doch die Karten haben mir dann andere Ereignisse zugespielt. Aber auch das hat Spaß gemacht.

Was ich schade finde, ist die etwas zu geringe Zahl an Auswahlmöglichkeiten für jedes Ereignis. Es fällt immer nur eines weg, sodass sich Geschichten stark ähneln. Zwei oder drei Optionen mehr wären da besser gewesen, um eine größere Diversität an Geschichten zu produzieren, die in ganz unterschiedliche Richtungen gehen können. Es ist aber kein wirklich negativer Punkt, denn die Optionen sind durchaus gut gewählt. Was ich mir dagegen sehr gewünscht hätte sind mehr Geschichten. Es gibt nur 5 und 3 davon habe ich innerhalb von 2 Tagen durchgespielt, weil es mir so viel Spaß gemacht hat. Ich möchte mehr davon!
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