Autor Thema: Der rollenspielkulturelle KANON  (Gelesen 2520 mal)

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Offline Runenstahl

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Re: Der rollenspielkulturelle KANON
« Antwort #25 am: 21.12.2020 | 16:38 »
Ich bin vor gut 30 Jahren mit DSA angefangen (muß so mitte bis Ende der 80ger gewesen sein) . Hat man damals viel über DSA diskutiert ? Natürlich, denn man kannte ja nichts anderes. Aber selbst als wir nur DSA kannten war ich schon mit vielen Eigenarten der Spielwelt (insbesondere der Railroad-Abenteuer) sehr unzufrieden. Dazu wurde dann auch noch das System verschlimmbessert (für meinen Geschmack). Als ich dann irgendwann mal AD&D in die Finger bekam habe ich die Gruppe sofort zu einem Wechsel animiert. Insofern ist "früher war alles Besser" für mich völlig unzutreffend.

Heute spiele ich 3-5 x die Woche. Hauptsächlich Eigenbauten und D&D 5e. Wir wechseln hin und wieder mal die Kampagnen. Einige währen nur 3-5 Abenteuer. Die meisten deutlich länger. Eine der letzten Kampagnen haben wir nach 3 Jahren wöchentlichen Spiels beendet weil die Spieler alles erreicht hatten (die Länder wurden unter ihrer Herrschaft vereint). Danach gab es dann mit neuem System eine Nachfolge-Kampagne in der man etliche Generationen später Rebellen spielt die sich gegen die Herrschaft auflehnen :)
"One-Shots" sind für uns seeehr seltene Ausnahmen.

Der Markt bietet heutzutage sehr viel mehr an. Das liegt natürlich auch am Internet das es leichter macht Produkte Weltweit zu veröffentlichen. Selbstverständlich ist da viel Mist bei. Das heißt aber nicht die Qualität damals besser war (siehe DSA-Railroad-Abenteuer). Und es wird mMn auch unterschätzt das der Markt damals schon sehr groß war. Ich habe immer noch einen Fan-Pro Katalog von 93 hier rumliegen. Soll ich mal auflisten was es damals alles schon gab ? Oder von welcher Zeit reden wir hier ?

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Rollenspiele sind gefühlt seit den 90gern auf dem Vormarsch. Mal mehr, mal weniger schnell. Ich lebe immer noch in derselben Stadt (die nicht gewachsen ist) und während ich damals echt Probleme hatte Spieler zu finden mit denen ich mal die Spiele spielen kann, zu denen ich selbst Bock habe (kein DSA), muß ich heutzutage Spieler abweisen weil mir sonst die Gruppen zu voll werden, und Einladungen ablehnen weil ich in der Woche mal ein paar Abende ohne Rollenspiel brauche (und wenn es nur ist um die nächste Sitzung vorzubereiten).

Früher war es echt schwer neuen Leuten zu erklären was man da überhaupt macht und wie man das spielt. Heute kennen die meisten Rollenspiele aus Film, Fernsehen, Youtube oder zumindest in Videospiel-Form, haben also zumindest schonmal eine grobe Ahnung davon worum es geht. Da brauche ich keinen "Kanon" aus Rollenspielen die jeder kennt (wenn es sein muß nimmt man halt D&D).

Wir leben gefühlt im goldenenen Zeitalter der Rollenspiele. Ich bin mittendrin und ich genieße es ! :D
"Reading is for morons who can't understand pictures"
   Gareth (aus der Serie "Galavant")

Offline YY

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Re: Der rollenspielkulturelle KANON
« Antwort #26 am: 21.12.2020 | 16:44 »
1) Ist die Lage heute besser als früher? War das früher eine heile Welt oder war sie beklemmend?

2) Hat sich die Kommunikation über Rollenspiele durch die Explosion der Produkte und der Linien eher verbessert oder eher verschlechtert?
Ist das Engagement im Hobby heute wertvoller geworden oder wertloser?

3) Ist der geweitete Blick erfrischend oder führt er zu einem Gefühl der Einsamkeit?

4) Wie geht man denn mit der neuen Generation von Rollenspiel-Latzhosen um, die jetzt 20 Jahre alt sind oder so und die KEINE AHNUNG haben, was damals abging?

1) Die Lage ist anders :think:
Aber so viel anders auch nicht. Früher war glücklich und zufrieden, wer mit dem Mainstream was anfangen konnte; auch, weil er leicht Spieler fand.
Ich und ein paar andere "Getriebene" in meinem Umfeld haben aber damals schon recht abseitigen Shit angeschleppt und mit den Aufgeschlossenen gespielt.

Im Grunde hat sich da nur geändert, dass man früher der Typ mit dem exotischen Kram war - das ist heute viel eher normal, weil das Angebot so viel breiter geworden ist.

2) Für mich ist sie abstrakter und allgemeiner geworden. Früher haben wir eben nicht über Fantasy-Rollenspiele oder gar Fantasy als Genre gesprochen, sondern über DSA und D&D.
Analog für SF u.Ä.
Heute wird bei Betrachtungen ganz oben angefangen und dann arbeitet man sich nach unten. In so konkrete Bereiche, wie man sie früher erst gar nicht verlassen hat (!), wird nur noch vorgestoßen, wenn es ein sehr kleinteiliges Problem oder ein Bastelprojekt etc. gibt.

Ähnlich gilt das auch für das Engagement im Hobby. Der eine oder andere ist Spezialist für ein Spiel geblieben oder geworden, andere haben das Netz sehr weit ausgeworfen und so weiß jeder, wen man wofür fragen muss.
Da sind einzelne Akteure, zu denen ich durchgehend Kontakt hatte, aus meiner Warte deutlich wertvoller geworden.

3) Siehe oben. Für mich hat sich da nicht viel geändert; dass die Spielersuche leichter geworden ist, liegt eher an Randfaktoren (Kommunikation, Wohnort, Mobilität) als an Veränderungen im Hobby.

Das heimelige Gefühl der Zugehörigkeit, sich an jeden x-beliebigen Tisch mit System Z setzen zu können, ist mMn sowieso Illusion bis Selbsttäuschung. Das Hobby hat viele verschiedene Strömungen und die laufen auch innerhalb eines Systems (!) gehörig auseinander.
Andersrum kann man mit den Leuten, die spielerisch auf der selben Linie sind, eine Vielzahl passender Systeme spielen. Das macht sich also an ganz anderen Aspekten fest.

4) So wie damals, als es noch Gleichaltrige waren *schulterzuck*
Wenn einer was fragt, bekommt er eine Antwort nach bestem Wissen - und die kann auch mal sein: "Keine Ahnung, frag den und den".
Aber mit einem ganz hoch aufgehängten "Dies und jenes musst du kennen" komme ich da keinem.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

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Re: Der rollenspielkulturelle KANON
« Antwort #27 am: 21.12.2020 | 17:01 »
Ich schließe mich Mal vollumfänglich YY an.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
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Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
Gewinn.

Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline Xemides

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Re: Der rollenspielkulturelle KANON
« Antwort #28 am: 21.12.2020 | 18:45 »
Ich glaube ich bin aufgrund meines Berufes und meiner Biografie mal wieder die Antithese zu vielem hier.

Als ich anfing gab es DnD und Midgard auf Deutsch. DSA dauerte noch ein paar Monate. Als ich DSA ausprobierte, fand ich es langweilig. amals war DnD cooler, spannender. Bald erschien Traveller in meinem Blickfeld.

Als die Fanpro-Kataloge kamen, habe ich sie mir regelmäßig zuschicken lassen und angekreuzt, was ich alles haben möchte. Ich war mir der englischen Vielfalt also sehr früh bewusst.

(Nicht das ich viel davon kaufen konnte).

Die ersten Kampagnen habe ich mit Rolemaster auf Mittelerde gespielt. Die langjährigste Runde spiele ich seit den frühen 90ern mit Midgard.

Aber tatsächlich habe ich sehr lange außer der Midgard Runde keine feste Runde gehabt, immer mal wieder was angefangen was dann zerfasert ist.

Es sollte bis 2005 dauern, bis ich durch neue Freunde und Gorai zu einer festen Runde kam, über Vampire Live genauer gesagt. Der harte Kern der Gruppe spielt noch heute zusammen regelmäßig einm,al die Woche.

Heute spiele ich in mehreren Kampagnen mit: eben jene Freitags-Runde, und dazu monatlich bis unregelmässig immer noch Midgard, 2 x Splittermond wenn auch unregelmä0ig, seit einem halben Jahr online wöchentlich Vampire5, weiteres kommt durch online evtl. dazu. 

Was bei unserer Freitagsrunde geholfen hat ist, das 3 von uns im Öffentliche Dienst arbeiten und zwei Leute ein Haus haben und nach einer kurzen Babypause vor 10 Jahren bei der Geburt ihrer Tochter bei dort spielen konnten.

Und heute beschäftige ich mich mit mehr Rollenspielen als ich je spielen kann, was ich früher nicht konnte.
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Der rollenspielkulturelle KANON
« Antwort #29 am: 21.12.2020 | 19:27 »
Ja, ich muss mal wieder den kollektiven Fehdehandschuhe hinwerfen:
  • Cyberpunk hat das meistgehypte Videospiel der letzten Jahre inspiriert und ist zu einer globalen Marke geworden.
  • 40K umfasst einen bunten Strauß an Lizenzen, Fantasy lebt trotz Tod von WFB alleine bei Total War weiter.
  • Vampire bekommt Bloodlines 2 und hat zahllose Filme/Serien mitinspiriert.
  • Shadowrun hat auch einige Spiele hervorgebracht und zuletzt Bright inspiriert.
  • Diverse weniger mainstreamige System leben in der x-ten neuen Edition weiter.
  • Auch DSA hat alleine durch seine Computerspiele eine gewisse Bekanntheit, vor allem im deutschsprachigen Bereich, erlangt, ist ja klar.

Wo sind die Welten der 10er Jahre, die in 20 bis 30 Jahren im Mainstream voll abheben werden? Am Ehesten noch The Expanse und Splittermond. Selbst die Fernsehserie der 10er-Jahre (GoT) hat ihre Wurzeln in der Zeit der (für mich) goldenen Ära des Rollenspiels.
« Letzte Änderung: 21.12.2020 | 19:34 von Alexander Kalinowski »
Knights of the Black Lily RPG - Black Fantasy-RPG mit Next Gen Fantasygenre-Simulationssystem.
KotBL spielt auf Ilethra, einer Welt in der es keine guten Götter gibt.

Offline Megavolt

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Re: Der rollenspielkulturelle KANON
« Antwort #30 am: 21.12.2020 | 19:37 »
Uhhh.

Offline YY

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Re: Der rollenspielkulturelle KANON
« Antwort #31 am: 21.12.2020 | 19:48 »
40K ist sogar so breit aufgestellt, dass man da zwei "Superfans" haben kann, die fast keine Berührungspunkte haben :o
Dass Warhammer Fantasy bzw. die Alte Welt "trotzdem" weiter lebt, ist im Grunde verkehrt rum: Da ist alles noch da außer das Tabletop (und das kommt wohl wieder).

Das sind zwei Hälften einer IP, wo ich mich ehrlich wundere, wenn ein Rollenspieler noch nie davon gehört hat.


Bei Cyberpunk sehe ich die globale Marke aber nicht so recht. Da muss sich erst noch zeigen, ob man von dem z.Zt. eher ambivalenten Videospiel mittelfristig profitieren und das Ganze breiter aufstellen kann.
CP Red hat die erste Auflage schon abverkauft, das läuft also gut. Ist aber die Frage, was ansonsten noch kommt (und ob das überhaupt gewollt ist, da jetzt auch noch mit Karten- oder Brettspielen usw. weiter zu machen).
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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