1. Was und wieviel genau bereitet ein SL vor?
Unter den SL-Spielzügen gibt es einen, der nicht so recht ins Schema der anderen passt, nämlich "Nutze den Spielzug eines Monsters, einer Gefahr oder eines Ortes". Alle anderen Spielzüge können praktisch nicht vorbereitet werden, weil sie weitgehend situationsbedingte Reaktionen auf Spielerhandeln sind. Monster- oder Ortsspielzüge aber kann man vorbereiten und für mich machen sie (neben den Abenteuerfronten) den Hauptteil der (überschaubaren) Vorbereitung aus.
Gerade Ortsspielzüge sind das Feld, wo die SL ihre Agenda, nämlich eine fantastische Welt darzustellen, umsetzen kann. Wenn es gut läuft, stricken die SpielerInnen ihre eigene Geschichte, angetrieben von ihren Gesinnungen, ihren Banden, den Fronten und den gestellten Fragen. Bald aber wird diese Geschichte ins Stocken geraten, weil die SpielerInnen von der SL wissen wollen, was weiter passiert oder weil jemand eine 6- gewürfelt hat, sprich: es Zeit für einen SL-Spielzug ist. Manchmal ergibt es sich aus der vorherigen Geschichte, wie dieser SL-Spielzug nun aussehen wird, nicht selten aber ist es jetzt Zeit für die SL, ihre Agenda ganz grundsätzlich voranzutreiben, also eine fantastische Welt darzustellen und das Leben der Charaktere zu einem Abenteuer zu machen. Und wenn man dann auf vorbereitete Ortsspielzüge zurückgreifen kann, ist diese Aufgabe leicht zu bewältigen. Man muss nicht spontan improvisieren, sondern greift auf einige vorbereitete Gedanken zurück. Das ureigenste SL-Terrain der Weltgestaltung wird hier zu einem bequem nutzbaren Spielelement.
Ein Beispiel: Die SpielerInnen haben beschlossen, den berüchtigten Harpyienpass zu überqueren. Die SL hat drei Spielzüge vorbereitet:
- Ein Harpyienschwarm wird auf die Charaktere aufmerksam [das Offensichtliche]
- Ein dreiköpfiges fliegendes Drachenirgendwas macht Jagd auf einen panisch fliehenden Harpyienschwarm [das Unerwartete]
- Irgendwer meldet die Ankunft der Charaktere am Pass mit dumpf dröhnenden Alphörnern weiter den Passweg hinauf [das Dritte].
Alles sind bequeme Fortsetzungen der Geschichte, die ohne Probleme eingesetzt werden können, wenn die SL einen Zug machen muss - und zugleich sagen sie etwas über die Welt aus (es gibt hier Harpyien, es gibt hier harpyienfressende Drachenirgendwasse es gibt hier Bewohner oder zumindest Wachposten) und bieten Anknüpfungspunkte für weitere Handlungen der SpielerInnen (Können die Harpyien etwas über den verräterischen General Blutfaust wissen, der hier vor einer Woche durchgezogen ist? Was ist das für ein Drachenirgendwas und hat das mit den Überfällen der Harpyien auf die Grenzdörfer zu tun? Wagen wir uns weiter vor oder klären wir erst auf, wer am Harpyienpass Wache hält und warum?)
Diese Ortsspielzüge kann man bequem für alle wahrscheinlichen Orte der kommenden Spielsitzung vorbereiten, egal ob der Ort groß ist wie der Harpyienpass oder doch eher klein wie in einem zweiten Beispiel die Hafenkaschemme Volles Fass:
- Der blinde Kujo ist heute Gast und seinen Geschichten sagt man prophetische Inhalte nach.
- Die Schmuggler vom Schwarzwasser brauchen keine Fremden, die ihre Geschäfte gefährden.
- Der Prinz von Sommermund, mit notdürftigem Umhang verkleidet, trifft einen Kapitän der Donnerflotte.
Grundsätzlich funktioniert das mit Monsterspielzügen ganz genau so. Betritt ein Monster die Bühne macht es das, was seine Spielzüge ihm nahelegen, die ja Teil seiner Beschreibung sind. Auch hier hat die SL mit den Spielzügen genau das Werkzeug in der Hand, mit dem das Monster zum Leben erweckt wird. Ein paar vernünftige Spielzüge scheinen mir sogar wichtiger als Werte.
Ist die SL super darin, Szenen spontan zu improvisieren, geht es auch ohne vorbereitete Spielzüge. Ich würde hier aber immer ein paar Stichworte vorbereiten, um gute Ideen dann ins Spiel zu werfen, wenn sie gebraucht werden. Sollten sie nicht benötigt werden, auch gut, die Spielzüge brauchen nur dann eingesetzt werden, wenn es gut passt, es besteht kein Bedarf, sie unbedingt ins Spiel einzubringen.