Autor Thema: Fiktives RPG-Bewerbungsgespräch  (Gelesen 384 mal)

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Offline Jenseher

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Fiktives RPG-Bewerbungsgespräch
« am: 12.11.2022 | 22:20 »
Kölle alaaf!

Zum Beginn der närrischen Zeit hier eine Parodie, die natürlich betont stereotypisch übertrieben ist. Ich hatte den Beitrag damals geschrieben, um dem Schubladendenken bei bestimmten Systemen, deren Spielern und entsprechenden Spielgewohnheiten vorzubeugen.  Ich bin übrigens, Hand aufs Herz, der festen Überzeugung, dass es den DSA Spieler als solchen und die D&D Spielerin als solche nicht gibt. Man möge mir also verzeihen. Gegeben sei ein fiktives Bewerbungsgespräch unter folgenden Rahmenbedingungen:

Walter-Axel R. ist seit 35 Jahren DSA Spieler Programmierer. Doch er möchte sich verändern. In den letzten Jahren war er immer unzufriedener mit den neueren Versionen der DSA Sprache. Mit anderen Rollenspielen Programmiersprachen hat er jedoch noch keine Erfahrungen sammeln können. Doch im Internet hat er eine Anzeige gesehen. Von Drachen war da die Rede. Das hat ihm gefallen, denn er mag besonders gerne Funkeldrachen. Auch Dungeons wurden erwähnt. Das hat ihn aufmerksam gemacht. Er weiß zwar nicht was das ist, interessiert sich aber als Vegetarier für Pilze; und ein Donjon muss bestimmt ein seltener französischer Pilz sein. Es herrscht ein Fachkräftemangel auf dem Markt für RPG-Sprachen und er wurde prompt zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Er betritt einen Keller-artigen, fensterlosen Raum in dem es nach kaltem Zigarettenrauch und abgestandenem Bier riecht. Seltsame Poster von obskuren Musikgruppen sind an den Wänden zu sehen. Vier Gestalten mit langen Haaren und Sonnenbrillen sitzen ihm gegenüber. In der diffusen Düsternis des Kellergewölbes sind Details des, durch eine achtlos erzeugte Unordnung hervorstechenden Spieletischs nur schwer erkennbar.

DM: „Ich bin hier der Meister und… äh… ja, Herr R. sie haben sich hier als Programmierer beworben, richtig?“

W.-A.R.: „Ja, das ist…“ (wird unterbrochen)

DM: „Gut, Herr R. Was bringen Sie denn mit? Was sind Ihre Fähigkeiten?“

W.-A.R.: „Nun ich bin seit 35 Jahren DSA Programmierer. Ich habe schon damals in der Grundschule angefangen. Und ich bin ein begeisterter Programmierer.“

DM: „Naja, gut. Was waren denn ihre größten Erfolge?“

W.-A.R.: „Meine DSA Helden Programminstanzen haben eine 100% Abdeckung. Also 100% gewaltfrei. Jeder Konflikt.“ (ein erstes Tuscheln ist zu hören und die D&D Programmierer runzeln fragend die Stirn)

DM: „Und die D&D Sprache? Kennen Sie die? Gibt es jetzt übrigens auch schon in der fünften Edition, demnächst auch in der 6., 7. und 8., usw. (lacht…). Ja, da staunen Sie: Ich kann zählen (lacht). Ist aber zu komplex und zu teuer für uns. Alle paar Jahre eine neue Edition und alles alte Zeugs wegschmeißen? Wo kämen wir denn da hin? Wir wollten eigentlich in Chainmail programmieren. Haben uns jetzt aber für D&D 1.0 entschieden. Das ist möglichst einfach und primitiv. Haben Sie schon einmal davon gehört?“

W.-A.R.: „Ja, aber bis jetzt nur schlechtes. Die Programmierer sollen nicht besonders intelligent sein und ihre Programminstanzen lösen Konflikte nur durch Gewalt. Zudem ist ihr Rollenspiel Programmierstil richtig schlecht.“

DM: „Und Sie? Was halten Sie für die größte Errungenschaft aller Programmiersprachen?“

W.-A.R.: „Ist doch klar. Den inhärent gewaltfreien Ansatz von DSA. Das ist einzigartig. Das ist die erste Welt, äh Programmierwelt natürlich, in der der kategorische Imperativ tatsächlich funktioniert. Er wird gelebt als agile Spielkultur Programmierkultur.“

DM: „Wat, katalonischer Imperlativ? Wat is dat? Erklären Sie mal.“

W.-A.R.: „Nun ja, es ist in Wirklichkeit eine Weiterentwicklung des zuvor besagten, die einen zu bestimmten Verhaltensweisen anleitet. Gewalttätiges Verhalten wird durch Schmerzen bestraft. Aber nicht für die Programminstanzen, sondern für die Programmierer. Wer gewalttätig wird und kämpfen will, muss erst einmal eine fast endlose IF THEN ELSE Verschachtelung von Attacke und Parade Würfen programmieren. Das ist so stupide, dass es richtig weh tut. Deswegen lässt man das Kämpfen am besten direkt weg und programmiert nur noch gewaltfrei.“

DM: „Hmmm, ein interessanter Ansatz. Habe ich zwar nicht verstanden, aber interessant. Wo sehen Sie sich denn in 90 Spielesitzungen drei Jahren? Sind Sie an einer Führungsposition interessiert?“

W.-A.R.: „Ja, ich habe mich in meinem alten Team sogar schon einmal als Spielleiter Software Leiter (SL) beworben.“

DM: „Ja und?“

W.-A.R.: „Leider ist meine Bewerbung abgelehnt worden. Es waren zu viele Instanziierungen von Schokoladenschlössern, Einhörnern, Zirkusfesten, Parfümraffinerien, usw. im Code. Schade.“

DM: „Und wie gehen Sie mit Frust um? Wenn eine Ihrer Programminstanzen mal wieder ein paar kritische Treffer Bugs hatte oder über einen Green Slime den Papierkorb entsorgt wurde.“

W.-A.R.: „Hmmm… (denkt nach). Entsorgt? Das hört sich so gar nicht nach meinem Programmierstil an, so unmenschlich... Aber mit Frust kann ich nicht so gut umgehen. Ich habe mich auf einer Convention Fachtagung dafür eingesetzt, dass bei der IF THEN ELSE Verschachtelung von Attacke und Parade Würfen bei DSA, Treffer praktisch nicht mehr möglich sind. Also statistisch gesehen nur noch mit einer Chance von 2.71828^-23. Aber ich wurde nicht erhört. Das war frustrierend…“

DM: „Haben Sie denn Fragen an uns?“

W.-A.R.: „Worauf legen Sie Wert in Ihrem Team?“

DM: „Nun ja, Charakter- und Umgebungsbeschreibungen Kommentare im Quelltext minimieren. Nur unnötig und zeitaufwendig. Wir machen alles mit Tactical Maps Flussdiagrammen. Damit es auch jeder versteht, geht es nur von Raum zu Raum Anweisung zu Anweisung, so richtig eindimensional. Geistig darf es nicht zu komplex werden. Ach ja, und wir verwenden gerne Templates für unsere Programminstanzen. Die sind einfach und auch gut austauschbar. Nur ein paar Attribute müssen noch maximiert werden.“

W.-A.R.: „Wie viele Klassen gibt es denn bei Ihnen?“

DM: „Möglichst wenige. Wie gesagt, es darf nicht zu komplex werden. Bei einigen muss man aber aufpassen. Programminstanzen vom Magic-User haben Probleme mit ihrer Wall of Fire Firewall. Das kann andere Programminstanzen schnell beschädigen. Aber am Ende sind sie alle austauschbar.“ (DM lacht, während andere D&D Programmierer ihn grimmig anschauen)

W.-A.R.: „Das habe ich noch nicht verstanden. Wieso soll es denn möglichst primitiv sein?“

DM: „Nun ja, wir versuchen Dialoge zu vermeiden. Denn während wir programmieren läuft Musik im Hintergrund; hart, schnell und laut. Und die eine oder andere Tüte Chips wird schon mal gegessen. Da kann man sich nicht so gut austauschen. Auch Teamwork ist meistens überbewertet, PvP Mobbing ist bei uns eher der Alltag. Fenriz, einer unserer Spieler Programmierer, hört gerne Black Metal und hat für die notwendige Primitivität eine andere gute Erklärung.“

Fenriz: „I just want the drums to sound like drums. The drums sound best in 70s.”

DM: „Naja, das ist ein anderes Thema.“

W.-A.R.: „Wie sieht es denn mit dem Gehalt aus? Gibt es ein Basisgehalt?“

DM: „Na klar, aber erwarten Sie sich nicht zu viel. Das Gehalt wird nach Auftragslage ausgezahlt. Aber wir haben viele Schätze Incentives. Sie können Ihre Programminstanzen sehr schnell hochrüsten agil weiterentwickeln. Vorpal Schwerter mit einem Bonus von +10 sind gar kein Problem. Die Köpfe müssen eben runter…“ (D&D Programmierer grinsen sich gegenseitig an, dann stimmen sie einen kleinen Fußballgesang an „Runter mit dem Kopf, runter mit dem Kopf, runter, runter, runter…“)

W.-A.R.: „Wie sieht es denn bei Ihnen mit Vielfalt aus. Gehört das zur Firmenpolitik?“

DM: „Vielfalt, klar. Haben wir. Jede Programminstanz hat natürlich meistens eine andere Ausrichtung. Außer bei Fenriz, der macht immer nur ein CE Zeichen an sein Gesinnungsattribut, naja, eine Frage des Geschmacks. Sollten wir vielleicht mal mit Marketing und HR drüber sprechen.“

W.-A.R.: „Machen Sie sowas wie einen Betriebsausflug im Jahr? Mit meiner alten Gruppe Firma waren wir öfters auf Mittelaltermärkten.“

DM: „Mittelaltermärkte? Total unsinnig. Überbewertet. Wir fahren alle zusammen aufs Keep It True und schädeln uns komplett weg.“

W.-A.R.: „Alkohol ist eher nicht mein Ding. Ich bin übrigens auch Vegetarier. Ich hätte da auch schon eine erste Idee einer neuen Umsetzung. Ich habe von den bösen, menschenfressenden Goblins in der D&D Sprache gehört. Nun, ich könnte an einem Abenteuer einer KI/AI programmieren, die zum Ziel hat, menschenfressende Goblins zu überzeugten Vegetariern werden zu lassen. Ganze kulturschaffende Nationen könnten daraus entstehen. Das wären bestimmt tolle Erlebnisse und Erfolge zukünftiger D&D Programmierung.“

DM: „Hmmm, menschenfressende Goblins? Da haben wir andere Techniken für.“

W.-A.R.: „Das klingt interessant. Ich glaube, ich könnte hier meine Fähigkeiten zum gewaltfreien Programmieren einbringen.“

DM: „Vielen Dank nochmal Herr R. für das Gespräch. Wir melden uns dann in ein bis zwei Wochen bei Ihnen.“

Offline Weltengeist

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Re: Fiktives RPG-Bewerbungsgespräch
« Antwort #1 am: 13.11.2022 | 09:23 »
Sehr schön. :d

Bei der Frage nach der Vielfalt bei D&D ist mir ja als erstes die Antwort: "Die D&D-Sprache bietet traditionell die meisten Monsterhandbücher Third-Party-Bibliotheken, da ist Vielfalt überhaupt kein Problem" durch den Kopf geschossen ;)
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