Autor Thema: Reden wir doch mal über den Metaplot  (Gelesen 6114 mal)

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Offline manbehind

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Re: Reden wir doch mal über den Metaplot
« Antwort #50 am: 10.08.2024 | 14:45 »
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Ich denke, dass in deinem Beitrag zwei Begriffe genannt werden, die zusammengehören, nämlich der Plot und die Kampagne.

Für ein Rollenspiel sind Plots und Änderungen am Setting nur dann von Wert, wenn sie die Spielerfahrung verändern und dadurch verbessern. (Für einen Verlag und seinen finanziellen Erfolg mag das anders aussehen, wenn seine Publikationen nicht gespielt, sondern nur verkauft und gelesen werden.)

Die Kampagne wiederum ist der Raum, das erzählerische Mittel, das erst eine kohärenten Spielerfahrung und Charakterentwicklung ermöglicht. Denn im DSA-Kontext ist die Kampagne historisch eine Reaktion auf die Publikationsform, die der von D&D entsprach: Es wurden bespielbare Geschichten aka „Abenteuer“ veröffentlicht, die zeitlich relativ kurz dauerten. Die Geschichten waren in sich abgeschlossen, für bestimmte „Machtstufen“ geeignet, und an ihrem Ende erhielten die Charaktere einen Machtzuwachs, der es ihnen erlaubte, neue „Abenteuer“ mit höherem Schwierigkeitsgrad zu bespielen. Aber die Geschichten waren durch keine „roten Faden“ verbunden.

Der Machterwerb war hier Selbstzweck, d. h. er diente im Grunde genommen nur dem „Freischalten“ schwierigerer Abenteuer, die die Macht des Charakters steigerten usw. usf.

Im Gegensatz dazu stellt sich den Helden in der Kampagne eine Aufgabe, für deren Lösung sie in ihrem Verlauf erst die nötigen Machtmittel ansammeln müssen. Die Geschichte ist wesentlich eine Geschichte der Vorbereitung auf die Aufgabe; aus der Aufgabe und den Versuchen, sie zu lösen, ergibt sich die Geschichte und damit auch die Entwicklung des Helden. Die Aufgabe gibt dem Heldenleben Kohärenz und überhaupt erst einen Sinn.

Das hat aber alles nichts mit einem Meta-Plot zu tun. Ein Meta-Plot ist ja ein Plot, der dem Plot übergeordnet ist. Borbarads Rückkehr ist ein Plot, der durch eine Kampagne bespielbar wird. Seine Tiefe gewinnt der Plot durch den Meta-Plot, den Zwist der Zwillingsbrüder, der seit Äonen andauert (und, nebenbei bemerkt, wie schon mit Schwertmeister, die oben skizzierten Elemente thematisiert), d. h. die Helden können erkennen, dass sie Teil dieser einer uralten Geschichte sind oder, formeller ausgedrückt, dass ihr Plot Teil eines Meta-Plots ist.

Das ist für die eingangs skizzierten begonnenen Handlungsfäden zunächst einmal nicht der Fall; es sind Plots, aber keine oder zumindest nicht unmittelbar erkennbare Meta-Plots (es sei denn, man sieht z. B. das Jahr des Feuers als Teil eines Konfliktes zwischen Praios und Blakharaz). Ebensowenig sind die Phileasson- oder die Simyala-Saga Meta-Plots. Möglicherweise sind sie Teile von Meta-Plots, etwa der Rückkehr des Namenlosen, aber das ist imo unklar. Der Begriff „Meta-Plot“ scheint manchmal nur ein „Großereignis“ zu beschreiben, aber das ist nicht seine Funktion.

Borbarads Rückkehr war Ende und Beginn zugleich: Altgediente DSA1- und DSA2-Helden konnten mit dem „Krieg der Magier“ den Höhepunkt ihres Heldenlebens erleben und in den Ruhestand geschickt werden, während die Kampagne vor allem für neue Helden gedacht war. Ebenso war vorgesehen, dass mit der Geschichte um Borbarads Rückkehr auch die Heldenzeit der Charaktere endet, während gleichzeitig durch die hervorgerufenen Veränderungen neue Herausforderungen für neue Helden geschaffen werden.

Großereignisse, wie es sie nach der Borbarad-Kampagne gab, sind, finde ich, wichtige Elemente der Spielwelt, denn durch sie stellt jede Zeit den Helden bestimmte Herausforderungen und damit Aufgaben.

Und nun zu meinem Fazit:

Ich denke, um das Problem zu verstehen, muss man beide skizzierten Extreme verstehen: Das eine Extrem ist eine Spielwelt, in der die Charaktere in einer statischen Spielwelt Abenteuer erleben, die miteinander in keiner Beziehung stehen.

Das andere Extrem ist das Fortschreiben einer „aventurischen Geschichte“ um ihrer selbst willen, und das heißt für mich auch ganz wesentlich "außerhalb von spielbaren Geschichten". Sie dient per Definition keinem Zweck, sondern ist Selbstzweck, überfordert aber die Spielenden und verschlechtert so das Spielerlebnis (s. o.)

Damit stellt sich für mich nicht die Frage, ob wir Metaplots brauchen oder nicht, damit stellt sich auch kein Dilemma, sondern nur, wieviel Information notwendig ist, um kohärente Spielerlebnisse in einer lebendigen, d. h. glaubwürdigen und nicht-statischen Spielwelt zu generieren, ohne damit zu überfordern.