Autor Thema: Stichwort "Metagaming"  (Gelesen 2298 mal)

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Offline First Orko

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #50 am: 19.08.2024 | 15:54 »
Und nochmal: Metagaming ist eben nicht nur die olle Kamelle Spieler*innen-Wissen vs. Charakterwissen.

Gut. Nehmen wir "strategisches Metagaming": So wie ich implizit alles Mögliche darüber annehmen kann, was die Gruppe in einer Taverne bespricht kann ich auch annehmen, dass man sich mit anderen Abenteurer über deren Dungeon-Erfahrungen unterhält und daher eine Idee hat, wie es da so aussieht. Damit wäre (4) (aus dem Comic) auch innerweltlich "logisch erklärt".
Will sagen: Man kann vermutlich jede Form von Metawissen irgendwie einigermaßen schlüssig in die Spielwelt tragen - und am Ende ist es wieder eine Frage Spielstils bzw. Gruppenvertrags.
It's repetitive.
And redundant.

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Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #51 am: 19.08.2024 | 16:41 »
Also bei der Olympiade geht es genau darum. Rausfinden wer in der jeweiligen Disziplin der beste ist. Das klappt dort sogar verhältnissmässig gut. Das liegt natürlich auch daran dass dort die "Frage" sehr präzise ist, also z.B. "wer läuft am schnellsten auf 100m" und nicht total offen wie etwa "wer ist der beste Physiker?".

Die ist genau genommen sogar noch präziser: "Wer ist heute unter genau den gestellten und nebenbei reichlich idealisierten Bedingungen der Beste?" Sobald die hundert Meter nämlich nicht mehr in Form einer Sportbahn vorliegen, sondern über steiniges Gelände oder gar durch fließenden Straßenverkehr zurückgelegt werden wollen und unser Olympiasprinter vielleicht noch genau in dem Moment mit einer Migräne zu kämpfen hat, sagt mir seine Goldmedaille schon wieder gleich ein gutes Stück weniger -- der wird zwar mit guter Wahrscheinlichkeit immer noch schneller sein als Otto Sofakartoffel, einfach schon, weil er insgesamt besser in Form ist, aber je weiter die konkrete Herausforderung im "Abenteueralltag" von dem abweicht, was er standardmäßig als Spezialist eingeübt hat...

Natürlich kommt's bei solchen Einschätzungen immer auch auf die verwendete Skala an. Plus/minus fünf oder zehn Prozent in der aktuellen Erfolgsaussicht werden die wenigsten akkurat einschätzen können, vor allem, wenn sie von jetzt auf gleich mit der fraglichen Situation konfrontiert werden -- aber auf einer groben Skala von, sagen wir mal, 1 bis 5 mag zumindest eine gute Chance bestehen, höchstens um einen Punkt in die eine oder andere Richtung danebenzuliegen. :)
« Letzte Änderung: 19.08.2024 | 16:43 von nobody@home »

Offline Feuersänger

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #52 am: 19.08.2024 | 17:13 »
Thema "Spielerwissen um Monster-Eigenschaften" -- da muss ich grad an Legend D20 denken, das sich aus dieser Affäre so rauszieht, dass es schlicht kein offizielles Bestiarium gibt. Hier setzen sich die Werte jeder Kreatur aus "Tracks" zusammen, die sich quasi beliebig kombinieren lassen. SLs werden ermuntert, ihre Monster selber zu bauen. Dabei sind sie ausdrücklich nicht an die Namen/Themen der Tracks gebunden. So muss weder jede Kreatur mit dem "Undead" Track ingame als Untoter dargestellt werden, noch muss eine ingame untote Kreatur diesen Track verwenden. So kann man animierte Skelette zB mechanisch als Erdelementare bauen.

Spieler haben somit in der Regel nur zwei Möglichkeiten, etwas über solche Kreaturen herauszufinden: durch einen Wurf auf die entsprechende Wissensfertigkeit, oder wenn das nicht fruchtet, dann durch Trial and Error. Naja, oder halt sie bekommen die Info durch einen NSC oder dergleichen gesteckt, das kam bei uns aber nie vor.
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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #53 am: 19.08.2024 | 17:14 »
Damit wäre (4) (aus dem Comic) auch innerweltlich "logisch erklärt".
Will sagen: Man kann vermutlich jede Form von Metawissen irgendwie einigermaßen schlüssig in die Spielwelt tragen - und am Ende ist es wieder eine Frage Spielstils bzw. Gruppenvertrags.

In einer Welt in der es Gestaltwandler gibt ist (4) relativ logisch. Und warum denken Spieler so? Vermutlich weil so eine Situation schonmal in ihrer Spielerkarriere vorgekommen ist (oder sie davon gehört haben). Insofern wurde das Wissen in der Spielwelt erworben, wenn auch von anderen SCs.

Etwas anderes sind Bugs oder Merkwürdigkeiten im Regelsystem. Da wäre es oft schon sehr seltsam wenn SCs davon wissen.

Die ist genau genommen sogar noch präziser: "Wer ist heute unter genau den gestellten und nebenbei reichlich idealisierten Bedingungen der Beste?" Sobald die hundert Meter nämlich nicht mehr in Form einer Sportbahn vorliegen, sondern über steiniges Gelände oder gar durch fließenden Straßenverkehr zurückgelegt werden wollen und unser Olympiasprinter vielleicht noch genau in dem Moment mit einer Migräne zu kämpfen hat, sagt mir seine Goldmedaille schon wieder gleich ein gutes Stück weniger

Bei Trail/Ultra/Skyrunning sind die Bedingungen jedesmal anders, aber auch da gibt es Champions gegen die man nicht wetten solte. Es mag andere Tätigkeiten geben die weniger berechenbar sind, aber Wettkämpfe um herauszufinden wer in welcher Disziplin besser ist sind doch völlig normal. Insofern halte ich es für Unsinn zu sagen wer irgendwo der Beste ist sei Metawissen.
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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #54 am: 19.08.2024 | 17:29 »
Bei Trail/Ultra/Skyrunning sind die Bedingungen jedesmal anders, aber auch da gibt es Champions gegen die man nicht wetten solte. Es mag andere Tätigkeiten geben die weniger berechenbar sind, aber Wettkämpfe um herauszufinden wer in welcher Disziplin besser ist sind doch völlig normal. Insofern halte ich es für Unsinn zu sagen wer irgendwo der Beste ist sei Metawissen.

Solche Wettkämpfe sind aber immer auch nur Momentaufnahmen. Sicher: die Leute, die sich überhaupt für sie qualifizieren, spielen generell eh schon in einer Liga für sich. Aber wer genau aus dieser Gruppe dann den jeweils nächsten Wettkampf gewinnt (und insbesondere auch, wer dann die nächsten Ränge in welcher Folge belegt) -- das steht nach dem ersten solchen Versuch eben noch lange nicht unwiderruflich felsenfest. Die "Berechenbarkeit" hat also ihre definitiven Grenzen.

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #55 am: 19.08.2024 | 17:49 »
Solche Wettkämpfe sind aber immer auch nur Momentaufnahmen. Sicher: die Leute, die sich überhaupt für sie qualifizieren, spielen generell eh schon in einer Liga für sich. Aber wer genau aus dieser Gruppe dann den jeweils nächsten Wettkampf gewinnt (und insbesondere auch, wer dann die nächsten Ränge in welcher Folge belegt) -- das steht nach dem ersten solchen Versuch eben noch lange nicht unwiderruflich felsenfest. Die "Berechenbarkeit" hat also ihre definitiven Grenzen.

Naja, die Leute die die Chance haben einen Top Wettbewerb zu gewinnen hätten in handelsüblichen Rollenspielen (mit grob 20 Stufen) alle denselben Bonus. Aber dass ein "Normalo" in so einem (fairen) Wettkampf gewinnt ist quasi unmöglich.
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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #56 am: 19.08.2024 | 18:22 »
Naja, die Leute die die Chance haben einen Top Wettbewerb zu gewinnen hätten in handelsüblichen Rollenspielen (mit grob 20 Stufen) alle denselben Bonus. Aber dass ein "Normalo" in so einem (fairen) Wettkampf gewinnt ist quasi unmöglich.

Das ist halt der Punkt: ich kann eine gegebene Menge "Leute", die ich einigermaßen kenne, vielleicht grob in ein paar Untergruppen in Sachen Kompetenz auf einem bestimmten Gebiet unterteilen (wobei mit guter Wahrscheinlichkeit bei einer hinreichend großen Menge auch zunehmende Fälle von "weiß ich gar nicht, müßte ich erst mal fragen" auftreten werden). Was ich nicht kann, ist, jemandem ohne Anschauen seines Charakterbogens oder entsprechender realer Gegenstücke (Zeugnisse, Testergebnisse, Urkunden...) definitiv anzusehen, daß er in einer bestimmten Fertigkeit ganze +2 auf einer W20-Skala mehr hat als jemand anderes oder auch nur ich selbst und also den Versuch, dieses sein Können einzusetzen, wohl eher machen sollte als die bewußte zweite Person...irgendwo auf dem Weg zu dem Punkt wird's dann "meta".

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #57 am: 19.08.2024 | 19:16 »
jemandem ohne Anschauen seines Charakterbogens oder entsprechender realer Gegenstücke (Zeugnisse, Testergebnisse, Urkunden...) definitiv anzusehen, daß er in einer bestimmten Fertigkeit ganze +2 auf einer W20-Skala mehr hat

Warum "ohne Anschauen der Zeugnisse, Testergebnisse, Urkunden"? Ursprung war doch: "Ey, lass mal den Alrik das machen, der hat den besseren Wert in Holzbearbeitung." also die Frage in wie weit die Gruppe rausfinden kann wer für eine Aufgabe am besten geeignet ist. Innerhalb einer Gruppe die sich kennt wäre das doch eher unproblematisch. Und insbesondere wenn es um formale, hohe Qualifikation geht dann ist die Antwort meistens eindeutig. Zumindest Ich gehe, wenn ich krank bin auch ganz ohne Metawissen zum Arzt und nicht zum Anwalt.

So muss weder jede Kreatur mit dem "Undead" Track ingame als Untoter dargestellt werden, noch muss eine ingame untote Kreatur diesen Track verwenden.

Wobei sich da die Frage stellt warum es dann "Undead" Track heisst.

So kann man animierte Skelette zB mechanisch als Erdelementare bauen.

Also spätestens wenn der Feuerdrache gegen Säure immun ist käme ich mir verarscht vor. Wenn man Monstereigenschaften hat dann doch um darzustellen was eine entsprechende Kreatur so könnte.
Dann doch lieber der Troll mit Feuerschutzring um die Spieler zu verwirren.
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Offline Jiba

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #58 am: 19.08.2024 | 19:21 »
Innerhalb einer Gruppe die sich kennt wäre das doch eher unproblematisch.

Ich finde das hochproblematisch. Wie Orko schon andeutet: Man weiß etwa, welcher Freund irgendwas Bestimmtes können dürfte. Aber in der Breite und Tiefe eines typischen DSA-Charakterbogens im Setting wissen, wer am Besten in Rechnen oder Heraldik oder Holzbearbeitung ist... halte ich für sehr unwahrscheinlich. Ich weiß vielleicht um ein zwei, von mir aus auch fünf, Stärken meiner Mitabenteurer. Aber das ist immer noch viel zu wenig Information, um bei jeder Gelegenheit den Charakter vorzuschicken, der in der sich gerade bietenden Herausforderung am Besten ist.
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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #59 am: 19.08.2024 | 19:49 »
Ich finde das hochproblematisch. Wie Orko schon andeutet: Man weiß etwa, welcher Freund irgendwas Bestimmtes können dürfte. Aber in der Breite und Tiefe eines typischen DSA-Charakterbogens im Setting wissen, wer am Besten in Rechnen oder Heraldik oder Holzbearbeitung ist... halte ich für sehr unwahrscheinlich. Ich weiß vielleicht um ein zwei, von mir aus auch fünf, Stärken meiner Mitabenteurer. Aber das ist immer noch viel zu wenig Information, um bei jeder Gelegenheit den Charakter vorzuschicken, der in der sich gerade bietenden Herausforderung am Besten ist.

Yep. Ich mag auf ein paar Gebieten gut einschätzen können, wer mir definitiv oder gar haushoch über- oder unterlegen ist und mit wem ich mich ungefähr auf gleicher Stufe sehe. Das mag sogar Details mit einbeziehen ("Der kann besser mit Datenbanken als ich, dafür bin ich stärker im Grafikdesign") -- aber ein "ich bin im Schnitt auf diesem Gesamtgebiet einfach 10% besser als der" ist eine Feststellung, die man auf den allerwenigsten Gebieten überhaupt mit halbwegs begründbarer Überzeugung treffen kann, und das ist dummerweise gerade in etwa die Art und der Grad von Feinkörnigkeit, mit denen viele insbesondere "klassische" Rollenspielsysteme arbeiten wollen.

Offline tartex

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #60 am: 19.08.2024 | 19:59 »
Und das ist jetzt genau das Problem von wem im Rollenspiel?

Ich glaube ihr habt euch da gemeinsam einen schönen Strohmann gebaut.

Mindestens +5 Bonus im Strohmannbauen!
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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #61 am: 19.08.2024 | 20:08 »
Und das ist jetzt genau das Problem von wem im Rollenspiel?

Ich glaube ihr habt euch da gemeinsam einen schönen Strohmann gebaut.

Mindestens +5 Bonus im Strohmannbauen!

Ah, ja. Die Situation, daß zwei Spieler ihre Charakterbögen vergleichen und sich dann entscheiden, optimierungshalber den von ihnen die Aufgabe angehen zu lassen, der laut Werten ein realistischerweise gar nicht feststellbares Fitzelchen besser ist als sein Kollege, ist dir also noch niiiemals untergekommen. ::)

Ob das nun ein "Problem" ist, steht ggf. auf einem anderen Blatt -- Metagaming ist es aber auf jeden Fall.

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #62 am: 19.08.2024 | 21:10 »
Aber in der Breite und Tiefe eines typischen DSA-Charakterbogens im Setting wissen, wer am Besten in Rechnen oder Heraldik oder Holzbearbeitung ist... halte ich für sehr unwahrscheinlich. Ich weiß vielleicht um ein zwei, von mir aus auch fünf, Stärken meiner Mitabenteurer.

Ich weiss auch nicht auswendig was die anderen SC auf ihrem Charakterbogens haben (insbesondere bei Systemen mit 50+ Skills). Aber das ist ja nicht die Frage. Das in-Game Äquivalent zu "wer hat den besten Wert in Heraldik?" wäre in der Gruppe ja "wer kennt sich mit Heraldik aus?". Wenn da jetzt ein Adliger (oder der Moderator von Fun with Flags) der einen entsprechend guten Wert hätte dabei ist wird der sich wohl melden und das übernehmen. Und auch unter Amateuren werden die SC eine einigermassnen realistische Selbsteinschätzung haben. Wenn es dann entsprechend wenige Fertigkeitsstufen gibt ist das Spielmechanische Resultat dasselbe wie in-Game.

aber ein "ich bin im Schnitt auf diesem Gesamtgebiet einfach 10% besser als der" ist eine Feststellung, die man auf den allerwenigsten Gebieten überhaupt mit halbwegs begründbarer Überzeugung treffen kann,

Klar. Es ist im PnP natürlich unvermeidbar dass man im Prinzip Erfolgschancen ausrechnen kann. Aber wann werden auf dieser Basis Entscheidungen getroffen?

und das ist dummerweise gerade in etwa die Art und der Grad von Feinkörnigkeit, mit denen viele insbesondere "klassische" Rollenspielsysteme arbeiten wollen.

Naja, das ist ein Nebeneffekt von Steigerungen und Fertigkeitswerten. Aber wo ist das Problem?
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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #63 am: 19.08.2024 | 21:56 »
Naja, das ist ein Nebeneffekt von Steigerungen und Fertigkeitswerten. Aber wo ist das Problem?

Zwei Probleme, denke ich. Erstens macht es das Spiel schlicht eintöniger, wenn man immer nur den "garantiert Gruppenbesten" an eine gegebene Aufgabe setzt. Und wenn ich ein System wie beispielsweise eine BRP-Version habe, bei der die Position des "Besten" schon mal buchstäblich an einem einzigen Prozentpunkt hängen kann, dann nervt das gleich noch mal extra, weil das dann endgültig kein Unterschied mehr ist, den man ohne ausdrücklichen Blick aufs Charakterblatt auch nur im Spiel selbst großartig bemerken würde -- von der angenommenen Spielweltrealität ganz zu schweigen.

In beiden Fällen ist halt irgendwann der Punkt erreicht, an dem bei so einer Vorgehensweise die Glaubwürdigkeit auf der Strecke bleibt.

Offline Feuersänger

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #64 am: 19.08.2024 | 22:08 »
Ah, ja. Die Situation, daß zwei Spieler ihre Charakterbögen vergleichen und sich dann entscheiden, optimierungshalber den von ihnen die Aufgabe angehen zu lassen, der laut Werten ein realistischerweise gar nicht feststellbares Fitzelchen besser ist als sein Kollege, ist dir also noch niiiemals untergekommen. ::)

Je nun, da muss ich nun echt sagen: Und wenn schon!
Wenn der Unterschied wirklich so itzeklitzeklein ist, dass er eigentlich gar nicht feststellbar ist, ist doch auch absolut scheißegal wer jetzt die Probe macht. Also lass die Spieler doch einfach die Entscheidung treffen, mit der sie sich am besten fühlen.

Und wenn der Unterschied nun doch signifikant ist, nuja, dann macht es ja wieder Sinn den _offensichtlich_ bestgeeigneten auszuwählen.

--

Im Verlauf des Threads fiel mir noch eine andere, sicher nicht seltene Situation ein, bei der Manche vielleicht über Metagaming mäkeln.
Nämlich wenn sich Spieler mitten im Kampf (Dauer einer Kampfrunde wenige Sekunden) ausführlich und detailliert absprechen, wie man jetzt vorgeht und wer was wann macht.
Das sei ja nicht realistisch, habe ich da schon gehört, weil ja in diesem Kampfgetümmel vorn und hinten weder Zeit noch Gelegenheit für solche Absprachen ist.

Dies sehe ich wiederum so, dass man sich diese Absprachen am Spieltisch eben _nicht_ IC und Realtime vorstellen darf. Vielmehr spiegeln sie den Umstand wider, dass die SCs im Unterschied zu den Spielern nicht alle 14 Tage für 3,5 Stunden zusammenfinden, sondern 24/7 aufeinanderhocken und zwischen den "heißen Phasen" ziemlich viel Leerlauf haben dürften, in denen sie alle Zeit der Welt haben, alle möglichen Taktiken zu besprechen. Da wird halt an jedem nicht ausgespielten Lagerfeuer-Abend mit Stöckchen im Dreck rumgekratzt, wer sich wann wohin bewegt. Und _diese_ Vorbereitungen der Charaktere, die live auszuspielen absolut niemand Zeit und Lust hätte, die kristallisieren dann eben in solchen Absprachen dann, wenn es den Spielern darauf ankommt: im Kampf.
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Online Ainor

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #65 am: 19.08.2024 | 23:13 »
Zwei Probleme, denke ich. Erstens macht es das Spiel schlicht eintöniger, wenn man immer nur den "garantiert Gruppenbesten" an eine gegebene Aufgabe setzt. Und wenn ich ein System wie beispielsweise eine BRP-Version habe, bei der die Position des "Besten" schon mal buchstäblich an einem einzigen Prozentpunkt hängen kann, dann nervt das gleich noch mal extra, weil das dann endgültig kein Unterschied mehr ist, den man ohne ausdrücklichen Blick aufs Charakterblatt auch nur im Spiel selbst großartig bemerken würde -- von der angenommenen Spielweltrealität ganz zu schweigen.

Frag mal Kishane Thompson der um 0,05% Zweiter wurde  :)

Das Problem tritt aber auch nur auf wenn 2 SCs sich auf dieselbe Fertigkeit konzentrieren, das System einzelne Prozentpunkte verteilt, und die entsprechende Fertigkeit häufiger "schick den Besten vor" erlaubt, was ja bei weitem nicht alle sind.

Dies sehe ich wiederum so, dass man sich diese Absprachen am Spieltisch eben _nicht_ IC und Realtime vorstellen darf. Vielmehr spiegeln sie den Umstand wider, dass die SCs im Unterschied zu den Spielern nicht alle 14 Tage für 3,5 Stunden zusammenfinden, sondern 24/7 aufeinanderhocken und zwischen den "heißen Phasen" ziemlich viel Leerlauf haben dürften, in denen sie alle Zeit der Welt haben, alle möglichen Taktiken zu besprechen.

Tjo. Ich verwende dasselbe Argument um zu begründen warum die Spieler verbündete NPCs steuern.
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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #66 am: 19.08.2024 | 23:27 »
Frag mal Kishane Thompson der um 0,05% Zweiter wurde  :)

Das Problem tritt aber auch nur auf wenn 2 SCs sich auf dieselbe Fertigkeit konzentrieren, das System einzelne Prozentpunkte verteilt, und die entsprechende Fertigkeit häufiger "schick den Besten vor" erlaubt, was ja bei weitem nicht alle sind.

Ich denke, das Problem ist in der Praxis tatsächlich am ehesten "Wenn für bestimmte Aufgaben eh immer nur 'der Beste' vorgeschickt wird, welchen Sinn hat es dann überhaupt, der Zweitbeste sein zu wollen?". Denn in dem Fall macht's dann ja keinen Unterschied mehr, ob mein Charakter wenigstens näherungsweise ähnlich gut ist (und also theoretisch immer noch mal stellvertretend einspringen könnte, wozu es dann halt in der tatsächlichen Praxis nur selten bis gar nicht kommt) oder ich mir den damit verbundenen Aufwand im Großen und Ganzen auch gleich hätte sparen können.

Inwieweit das dann noch unters Fadenthema fällt, sei dahingestellt -- ich meine, okay, in so einer Situation existiert das eigentliche Problem definitiv auf der Tischebene, weil zwischen Spielern, aber ob's noch "Metagaming" im engeren Sinn ist...

Offline tartex

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #67 am: 20.08.2024 | 07:28 »
Ah, ja. Die Situation, daß zwei Spieler ihre Charakterbögen vergleichen und sich dann entscheiden, optimierungshalber den von ihnen die Aufgabe angehen zu lassen, der laut Werten ein realistischerweise gar nicht feststellbares Fitzelchen besser ist als sein Kollege, ist dir also noch niiiemals untergekommen. ::)

Wenn der Unterschied so klein ist, macht der Zufallsfaktor sowieso mehr aus. Und der stellt ja eigentlich die Unschärfe von Details dar, die man eben nicht klar miteinberechnen kann.

Wenn wir mal von Wald-und-Wiesen-D&D ist die Spanne dieses Zufallsfaktors auch größer als der Bonus. 1 bis 20 und dann eine +7 z.B.

Für mich steht die Zufallsspanne eben gerade für sowas: hier ging es um Detailwissen, wo der Barbar interessanterweise mehr Ahnung hatte als Magier, der das jahrelang gepaukt hat. Vielleicht hat der Barbar nämlich irgendwann mal ein Gespräch zu dem Thema belauscht - oder in seinem Heimatdorf benutzt man genau dieses obskure Ritual, usw. Details, die man eben nicht in einem einzigen Zahlenwert festhalten kann.
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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #68 am: 20.08.2024 | 08:09 »
Ich denke, das Problem ist in der Praxis tatsächlich am ehesten "Wenn für bestimmte Aufgaben eh immer nur 'der Beste' vorgeschickt wird, welchen Sinn hat es dann überhaupt, der Zweitbeste sein zu wollen?".

Dass man möglichst weit gestreute Kompetenzen in der Gruppe haben will wissen wir ja nun seit knapp 50 Jahren....

Inwieweit das dann noch unters Fadenthema fällt, sei dahingestellt -- ich meine, okay, in so einer Situation existiert das eigentliche Problem definitiv auf der Tischebene, weil zwischen Spielern, aber ob's noch "Metagaming" im engeren Sinn ist...

Es ist genau wie bei all den anderen Beispielen oben. Man macht genau das was die SC auch in-Game machen würden: man sucht den Besten für den Job, was bei den meisten Kompetenzen vergelichsweise gut klappen dürfte.
Insofern ist dieses Thema noch deutlich unbedeutender als die Verwendung von Spielerwissen.
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Offline Aedin Madasohn

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #69 am: 20.08.2024 | 08:11 »
sich Spieler mitten im Kampf (Dauer einer Kampfrunde wenige Sekunden) ausführlich und detailliert absprechen, wie man jetzt vorgeht

ich finde es hier immer vorteilshaft, wenn hochspezialsierten Kämpfern mit meisterlichen Werten darin "so etwas" als "Kampfgespühr" "Taktikverständnis" "eingespieltes Team" quasi als Autoerfolg zugestanden wird. Es gibt auch feingranulare Systeme, die dafür einen Wert generieren und Boni verteilen.

im Gegenzug braucht die SL ja auch länger als der aus dem Busch springende Ork zur Beschreibung der Szenerie
im Wald
mit dem umgestürzten Baum
und dem nassen Morast nach dem Regen gestern
undund... 

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #70 am: 20.08.2024 | 09:53 »
Dass man möglichst weit gestreute Kompetenzen in der Gruppe haben will wissen wir ja nun seit knapp 50 Jahren....

Ja, klar, das eingespielte Team von Fachidioten aus jeweils ihrem eigenen Elfenbeinturm, wie's z.B. bei D&D schon immer Tradition ist. Ich weiß ja nicht, wie's anderen Leuten als dir und mir dabei geht, aber ich kann schon diesem Konzept an sich nicht viel an Glaubwürdigkeit abgewinnen.

Offline Feuersänger

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Re: Stichwort "Metagaming"
« Antwort #71 am: 20.08.2024 | 11:46 »
ich finde es hier immer vorteilshaft, wenn hochspezialsierten Kämpfern mit meisterlichen Werten darin "so etwas" als "Kampfgespühr" "Taktikverständnis" "eingespieltes Team" quasi als Autoerfolg zugestanden wird. Es gibt auch feingranulare Systeme, die dafür einen Wert generieren und Boni verteilen.

Sowas rein abstrakt über die Spielwerte abzuhandeln, also zb "ich würfle auf Kriegskunst / Small Unit Tactics und hole so einen +2 Bonus für jeden raus", funktioniert aber (mE) nur wenn man konsequent ohne Battlemap spielt. Der Sinn einer Map besteht ja gerade darin, dass Positionierung Auswirkungen hat -- jetzt nicht nur durch Flanking sondern gerade durch Zonenkontrolle und so weiter. _Kann_ man freilich abstrakt handhaben, gefällt mir persönlich aber nicht so gut.
Also anders gesagt, wenn man mit Bodenplan spielt, kommt man um taktische Absprachen nicht herum.
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