Autor Thema: [Sammlung] Stilmittel / Erzählerische Mittel  (Gelesen 58622 mal)

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Offline Bilbo

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Re: [Sammlung] Stilmittel / Erzählerische Mittel
« Antwort #25 am: 30.12.2016 | 10:15 »
Nicht sicher, ob diese Art von Stilmittel gemeint ist, aber das hat sich wohl noch nicht überall herumgesprochen:

Stilmittel: Grundsätzlich einen cleveren Umgang mit Wortarten pflegen:

Beschreibung:

1. Adjektive sind meist überflüssig, es sei denn, sie sind besonders unerwartet. <- Das sollte sich jeder Spielleiter hinter die Ohren schreiben, weil es auch viele "Profis" falsch machen (Kaufabenteuer aufschlagen genügt).
Bsp: Wie oft haben wir von der "finsteren Nacht" gelesen? Hörer schweifen ab. "Die helle Nacht" hingegen malt.
Bsp: "In der Ruine steht ein zerstörtes Schränkchen" ist langweilig. Besser: "In der Ruine ein trauriges Schränkchen".

2. Verben sind Trumpf.
Bsp: "Am Waldrand ruht ein Dörfchen...". "Kaminrauch kratzt die Baumwipfel".

Häufigkeit: Möglichst immer.

(Literaturempfehlung: Wolf Schneider: Deutsch für Kenner.)
Poetisch, sehr schoen! :)

Offline KhornedBeef

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Re: [Sammlung] Stilmittel / Erzählerische Mittel
« Antwort #26 am: 30.12.2016 | 10:44 »
Muss natürlich auch das richtige Publikum treffen, wie immer. Bei dem  traurigen Schränkchen kann ich die Ulkerei  bestimmter Leute schon vor meinem inneren Ohr hören.
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Lordkanzler

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Re: [Sammlung] Stilmittel / Erzählerische Mittel
« Antwort #27 am: 9.01.2017 | 07:54 »
Hi all.

Ich hoffe, ich mache nix falsch, wenn ich hier poste?!

Es geht in diesem Posting um Stilmittel. Das bedeutet z.B. für einen Rollenspiel-Spielleiter meines Erachtens, dass er in seiner „Erzählung“, ob diese nun langatmig, kurz, oder mittelmäßig ist, gewisse Methoden anwendet, damit die Spieler ( SCs ) die Geschichte nur schwierig oder bestenfalls: gar nicht wieder vergessen können, da sie sich ins Gehirn „eingebrannt“ hat.-

Aus alten Grammatiken: Stilmittel, wie z.B.: „Hendiadioyn“ ( 1 durch 2 ) „Natur und Schönheit“ = „natürliche Schönheit“, Hyperbaton ( Sperrung ) „ich hab da 'n Hund gesehen, als ich gestern durch Hannover ging, `n schwarzen“ ( statt: „Ich habe gestern während meines Spaziergangs durch Hannover einen schwarzen Hund gesehen.“ ) oder auch Climax ( „Fesseln, Schläge, Kerker, Beile, Kreuz“ ( siehe Lateingrammatik „Rubenbauer-Hofmann“ und „Ars Latina“, Schöninghbuch 10072 ) sind Mittel, um die AUFMERKSAMKEIT des ZUHÖRERS oder LESERS zu erlangen oder zu festigen, und somit essentieller Teil einer Geschichte oder Faktendarlegung.

Geschichten entwickeln wir Rollenspieler und insbesondere die Spielleiter unter uns aber andauernd, und somit sind WIRKSAME Stilmittel unabdingbar, meines Erachtens.-

Es gibt aber zusätzlich „neuere“ Forschungen, in denen meiner Ansicht nach weitaus „gefährlichere“ Stilmittel als die „althergebrachten“, von Lateinischen und griechischen Grammatikern erdachten, zum Einsatz kommen.

Wie ich an mehreren Postings sah, sind beispielsweise mehrere der hier Schreibenden mit H.P. Lovecraft und somit seinen Geschichten und seinem „Universum“ vertraut. Mehrere Leute hier scheinen auch die „Stadt ohne Namen“ zu besitzen: In diesem Buch wird im Anhang durch 2 wissenschaftliche Aufsätze auf die sogenannten „Dissonanzfaktoren“ eingegangen.

Dissonanzfaktoren in Horror / Grusel / spannenden Geschichten:

Diese Faktoren sind diejenigen, welche folgendes verursachen:

Sie rufen hervor, dass man eine Geschichte NIEMALS wieder vergisst, wenn man sie nur ein einziges Mal gehört hat. Die Geschichte „brennt“ sich unauslöschlich ins Gedächtnis ein, SELBST DANN, wenn man vordergründig behaupten sollte:

„Mich interessiert das alles nicht – das ist alles Quatsch“.

Sie rufen desweiteren einen „unangenehmen Zustand“ hervor, den man meines Erachtens am besten mit folgendem umschreibt:

„GANZ sicher kann ich NICHT sagen, dass es so etwas nicht gibt.“

Es besteht also ein ZWEIFEL an allem, was man bisher erlernt hat, unter anderem an den Naturgesetzen.

Der „unangenehme Zustand“, den solche Stilmittel ( Beispiele später ) hervorrufen, den bezeichnen Wissenschaftler als „kognitive Dissonanz“, denn ein solcher gedanklicher oder realer Zustand verlangt und strebt nach AUFLÖSUNG, so, wie in einem Klavierstück z.B. eine Dissonanz sich recht gerne auflösen lassen möchte für das Ohr des Zuhörers.-

Ich sprach oben von „gefährlichen“ Stilmitteln: Das Anwenden von Dissonanzfaktoren in Geschichten gehört meines Erachtens auf jeden Fall dazu. Es setzt schlechtestenfalls eine gewisse Affinität voraus zu solchen Elementen, und:

Man „durchkreuzt“ die ERWARTUNGSHALTUNG der Rezipienten!! Dies ist der eigentlich gefährliche Punkt ( weswegen ich z.B. meist empfehle, dass Lovecrafts Geschichten nicht Jugendlichen zugänglich gemacht werden sollten, wegen der Nachwirkungen. WENN man sie richtig darstellt / interpretiert, nicht als „bloße Gruselgeschichten“. ).

 Und selbst dann, wenn sich der Rezipient als „gläubig“ und „wissenschaftlich“ zu erkennen gibt, greifen solche Mittel. Dies ist bewiesene Tatsache.

Ich gebe folgendes Beispiel ( es gibt mehrere weitere ) zu den Dissonanzfaktoren:

1. ) Unsere AD&D-Kampagne spielte ab und an auch im Schattental ( Realms ).

Im „Alten Schädel“ , ein Gasthaus im Schattental, im Winter:


Die Party ist im Gasthaus. Wirtin ist Jhaele Silbermähne, draußen ist es BITTERKALT. Eine trostlose Atmosphäre muss vermittelt werden! Schnee fällt. Die Vorhänge sind geschlossen. An einem Tisch sitzen 3 Holzfäller o.ä., die karierte Hemden tragen und ihre – anscheinend: messerscharf geschliffenen – Äxte hinter sich an einen Bohlenstreben gelehnt haben, und an einem ( leckeren ) Eintopf sitzen.-

Zum Missfallen der Wirtin fliegt die Tür jäh auf, ( sie sagt: „Tür zu!“ ) und herein tritt eine DERBE GESTALT:

Jharassim Bollwündel, der Dorfschäfer!

„Nun? Wie sieht denn ein Schäfer Eurer Meinung nach aus ??“ ( Antwort egal, aber: )

„Ja, er hat ein FEINGESCHNITTENES ARISTOKRATENGESICHT, große Füße, usw., Pelzbekleidung.: Schafsfell über seinen Schultern!!

Im weiteren Verlauf beklagt er sich WORTREICH, dass ihm fast seine gesamte SCHAFHERDE abgeschlachtet wurde, und gerade als er dies näher ausführen will, geht vor aller Augen eine greuliche Veränderung mit ihm vor:

„Bollwündels Füße durchbrechen SCHNELL ihre angestammte „Behausung“, und auf seinem Körper wird in erschreckendem Maße FELL sichtbar!! Ein Schrei entfährt seiner Kehle, deren oberes Ende ( sein Mund ) sich zu einer langen, vor gelben Zähnen starrenden Raubtierschnauze verändert! Aus seinen nun GELBEN Augen ist Blutgier zu lesen ( an die Party: „wenn man lesen kann!“ ), und er wendet sich den 3 Hutzelmännchen zu, die wir vorhin als Holzfäller beschrieben hatten.

Nach einem Schlag seiner Pranke dreht sich der Kopf des einen der Holzfäller um 180 Grad -

hier ist wohl in irgendeiner Form Euer Eingreifen gefragt!!“ Das Schafsfell über seinen Schultern trägt er jedoch immer noch – ein WOLF im SCHAFSPELZ, nicht wahr?? - Aktionen!!!

Aktionen !!
:::::::::::::::::::::::::::::::::::

Im weiteren Verlauf untersucht die Party das GEHÖFT des Schäfers. Sie sind in der Scheune, und hier kommt der ECHTE Dissonanzfaktor numero 1 zum Tragen:

Draußen hatten sie bereits die zerfleischten Reste von ca. 24 Schafen und 2 großen Schattentaler Schäferhunden gefunden, auf einer schneebedeckten Wiese.

In der Scheune :

Diese besteht aus 2 „Stockwerken“: Einmal unten, und dann ist im „oberen“ Stockwerk eine Holzpalisade gebaut, die den Raum umgibt, sodass von UNTEN in der Mitte nach oben also ein ca. quadratisches LOCH ist. Von der Palisade aus, also von OBEN !!!, kann die Party „verhaltenes „MÄHen“ hören: Es gibt aber nur einen Weg nach oben, und zwar über eine einzige LEITER....

Die Party geht nach oben....

Oben entdeckt man einige Schafe.

( Diese Schafe sind ein DISSONANZFAKTOR. Sie sind zuvor in TODESANGST die LEITER hinaufgeklettert, eine Fähigkeit, die sie sonst NICHT haben, die völlig unmöglich ist!!! )

Das Ereignis, das sie traf, muss DERARTIG schrecklich gewesen sein, das es alles übersteigt, was man sich vorstellen kann.-

:::::::::::::::::

Nach Jahren sagten Mitspieler des Abenteuers ( wir nannten es: „Werwölfe im Schattental“ ) aus, als wir sie gefragt hatten, dass sie die „Ödnis“ ( Landschaft, Stimmung, Winter, eisige Kälte, Schafe / Werwolf ) niemals vergessen hätten. Das kleine ( 2 Abende ) Abenteuer, das wir uns ausgedacht hatten, wurde von mehreren Spielern und Spielerinnen als „das beste“ beschrieben, noch VOR dem langen „Piergeiron's Queste“ ( an anderer Stelle beschrieben ).

Auf Wunsch kann ich noch weitere Dissonanz-Ideen schreiben hier, fürs Erste soll dieses reichen.
Habe 17 Jahre als Lehrbeauftragter, unter anderem für Deutsch, gearbeitet, und z.B. einer 6. Klasse Schülerin, die ein REFERAT halten sollte über SCHAFE, geholfen: Sie wurde zuvor von einigen Mitschülern gemobbt, und wir entschieden im Nachhilfeunterricht, dass wir den „Mobbern“ ein Referaterlebnis „bescheren“ wollten, das diese niemals wieder vergessen sollten.... . Pädagogisch evtl. zweifelhaft, eine solche Aktion mit einer Sechstklässlerin durchzuziehen, aber...wir taten es. Die Folgen waren drastisch: Sie hatte auf einen Schlag Ruhe.-

Nochmal: Ich empfehle, gerade bei Kindern und Jugendlichen, z.B. als Mitspieler in Rollenspielen, extrem vorsichtig mit dem Anwenden von Dissonanzfaktoren zu sein. Diese Faktoren richten sich direkt auf die Psyche von Leuten, und können, meiner Laienmeinung nach, bei ungeplanter und unverifizierter Anwendung unabsehbare Folgen haben, weswegen ich auch z.B. Lovecrafts Geschichten, die ich sämtlich vom Suhrkamp-Verlag habe, nicht für Jugendliche unter 18 empfehle.-

Viele Grüße, „Lordkanzler“ Olli!

Offline KhornedBeef

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Re: [Sammlung] Stilmittel / Erzählerische Mittel
« Antwort #28 am: 9.01.2017 | 08:30 »
Hi all.
[...]
Heiliger Mindfuck, Batman!
Ich dachte während des Lesens ja erstmal "Was geht denn jetzt hier vor sich..?", und so ganz hat mich dieser Impuls auch noch nicht verlassen.

Also, erstmal, das wird sicher ein eigener Thread, da das hier ja nur ein Sammel-Thread sein soll. Wird sich einer der Mods drum kümmern, vermute ich.
Ich bin nicht überzeugt, dass hier das Stilmittel alleine die Gefahr ist. Es muss in einen ansonsten normalen Kontext eingebettet sein (in deinem Beispiel Schafe, Holzhütten, Holzfäller), und es muss auch eine negative, typischerweise bedrohliche Konnotation haben, um sich "schädlich" auszuwirken.
Um beim zweiten anzufangen, natürlich finden Kinder auch mal Dinge bedrohlich, die man als Erwachsener wegfiltert (Ich finde Sam the Eagle von den Muppets bis heute vage furchteinflößend). Aber z.B. die Szenen aus Peter Pan, als er Wendy kennenlernt, behandeln unmögliche Dinge (Mini-Humanoide mit Flügeln, autark agierende Schatten), die in einem lovecraftesquen Erzählumfeld Horror sein könnten. Aber hier ist es Magie, und wird in ein wundervolles, kindgerechteres Licht gerückt.
Auf der anderen Seite muss, typisch für den Horror, etwas Vertrautes, oder sogar Banales vorhanden sein, dass durch das Fremde durchbrochen wird. Deswegen wirken z.B. Looney Tunes üblicherweise nicht beunruhigend: Die "Comicphysik"-Gesetze sind so allgegenwärtig, dass sich "Der Coyote läuft einfach weiter durch die Luft, weil er noch nicht weiß, dass da kein Boden mehr ist" nicht weiter dagegen abhebt. Außerdem weiß man, dass dem Coyoten ständig etwas passiert, aber kein dauerhafter Schaden entsteht.
Das ließe sich aber sicher noch weiter erörtern.

Allgemeiner gesprochen finde ich das einen guten Hinweis von dir, dass man die Wirkung von Erzählung auf Kinder oder Jugendliche unterschätzen kann, weil man als Erwachsener schon, pardon, zu sehr angestumpft und festgefügt ist, um sie als bedrohlich warzunehmen.
Da du ja selbst sagst, dass die Wirkung solcher Dissonanzen subversiv ist, hilft es deiner Meinung nach, sie deutlich als durch die Spielwelt bedingt zu kennzeichnen? Ähnlich, wie man bei einer Gruselgeschichte erzählen würde, dass sie vor langer Zeit im Land Pusemuckel geschah, um sie als gegenwärtige Bedrohung abzuschwächen? Oder setzt die Gefahr tiefer an?
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Lordkanzler

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Re: [Sammlung] Stilmittel / Erzählerische Mittel
« Antwort #29 am: 9.01.2017 | 08:48 »
Hi KhornedBeef!!

Zunächst einmal: Stimme FAST allem zu, was Du sagtest.

Dieses hier,

Zitat:

Da du ja selbst sagst, dass die Wirkung solcher Dissonanzen subversiv ist, hilft es deiner Meinung nach, sie deutlich als durch die Spielwelt bedingt zu kennzeichnen?

Zitat Ende

Muss ich aber verneinen, denn man sollte eins nicht vergessen:

Ein ganz ganz wichtiges Element der genannten Faktoren ist die knallharte LÜGE bzw.: Verschweigen der Wahrheit. Würde man dieses kennzeichnen oder aufdecken, wäre viel vom Effekt verloren. Es geht auch um Vermittlung logischer Ideen und von Wissen. Zum Beispiel: In Lovecraft's Geschichte "Gefangen bei den Pharaonen" wird auf NITOCRIS eingegangen. Lovecraft erweist sich hier als zu seiner Zeit brillanter Rechercheur, denn es gab diese Prinzessin WIRKLICH,  sihe z.B. Dynastientabelle in Ceram's "Götter, Gräber und Gelehrte", und sie hat WIRKLICH einen gesamten Hofstaat zu einem "Bankett" eingeladen und durch Flutung der unterirdischen Gemächer ertränkt. Ein erfüllendes Mahl, wie ich meine! Nur leider so endgültig  >;D Die Wahrheit und das, was man aus den wahren Fakten macht, spielt eine nicht unerhebliche Rolle, würde ich doch sagen. Was meinst Du ?

Fragt, mit vielen Grüßen, "Lordkanzler" Olli!

Offline KhornedBeef

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Re: [Sammlung] Stilmittel / Erzählerische Mittel
« Antwort #30 am: 9.01.2017 | 09:16 »
Meine Formulierung macht es nicht deutlich, aber das "Nein" habe ich vermutet.

Was die Lüge angeht: In gewisser Weise gehört sie dazu. Es kann allerings sein, dass die Lüge am Anfang steht, und das Aufdecken die Dissonanz verursacht. Das ist eigentlich auch die Grundlage der Überlegung, dass man manche Themen für "nicht jugendfrei" erklärt: Man möchte Kindern eine Kindheit lassen, in der sie unbehelligt von einem Teil der Übel der Welt sind. Bloß, die Übel sind ja wahr. Die "Lüge" ist dann das Verschweigen und Ausklammern.
Oder anders gesagt: Lovecraft könnte ja mit seiner Weltsicht recht haben, das ist tatsächlich kaum feststellbar  ;)
Und er greift ja wieder und wieder auf, dass die kollektive Lüge in diesem Fall das ethisch Richtige ist, da die menschliche Gesellschaft sonst zusammenbräche.
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Lordkanzler

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Re: [Sammlung] Stilmittel / Erzählerische Mittel
« Antwort #31 am: 11.01.2017 | 17:13 »
Meine Formulierung macht es nicht deutlich, aber das "Nein" habe ich vermutet.

Was die Lüge angeht: In gewisser Weise gehört sie dazu. Es kann allerings sein, dass die Lüge am Anfang steht, und das Aufdecken die Dissonanz verursacht. Das ist eigentlich auch die Grundlage der Überlegung, dass man manche Themen für "nicht jugendfrei" erklärt: Man möchte Kindern eine Kindheit lassen, in der sie unbehelligt von einem Teil der Übel der Welt sind. Bloß, die Übel sind ja wahr. Die "Lüge" ist dann das Verschweigen und Ausklammern.
Oder anders gesagt: Lovecraft könnte ja mit seiner Weltsicht recht haben, das ist tatsächlich kaum feststellbar  ;)
Und er greift ja wieder und wieder auf, dass die kollektive Lüge in diesem Fall das ethisch Richtige ist, da die menschliche Gesellschaft sonst zusammenbräche.

Rehi Khorned,

ja... hehe, na egal: Selbst wenn ich vorhin "Nein" auf Deine Frage geantwortet habe, muss das ja nicht des Wisdoms letztes End sein.  ;D

Ich erinnere mich an einige Aussagen Lovecrafts ( na wenn wir DEN nicht hätten! Der ist ja wohl ein "Eindrittel Forumfüller", und das find ich gut! ) in einem seiner Essays zum "Schreiben einer griffigen Horrorgeschichte" ( oder war es doch in Mosig's Nachwort-Aufsatz in "Stadt ohne Namen" ? Egal: )

Es sollten alle Elemente wahr und Recherchierbar sein. NUR DAS DISSONANZ-ELEMENT NICHT!! Das macht den wahren, wirklichen Horror aus..:

Habe lange überlegt. Ich sprach von dem 6.-Klasse-Referat. Es ging zwar um Schafe, und begonnen hatten wir mit einer Beschreibung der "weichen, weißen, wolkigen, freundlichen" Tiere, die dem Menschen "Milch und Fell" geben...:

Dass sie ihm FLEISCH geben, das verschwiegen wir - bis zum "ERSTEN" Dissonanzelement.

Es lautete, nachdem die Schülerin, was sie zu Hause vorm Spiegel LANGE üben sollte, ( sie durften lesen ), vorbrachte:

"Und deswegen, weil es uns diese Dinge ( Wolle, Milch ) gibt, wird dieses sanfte ( weiche ? - weiß nicht mehr..)  Tier als "Freund der Menschen" bezeichnet. ( Wäre mir zwar nicht bekannt, könnte man aber nach dem bisherigen Referatsverlauf annehmen ).

Der nächste Satz - ich wies sie an, ihn "unbeteiligt", und "kalt" vorzutragen, mit eine LANGEN Pause zu den vorhergehenden Ausführungen:

"Wenn Schafe geschlachtet werden, muss man sie vorher betäuben".-

Danach sollte sie wieder eine Pause machen, und, wenn sie es konnte, lächeln.-

Im weiteren Verlauf gingen wir auf die Beschreibung eines riesigen, ECHTEN WOLFES ein, der im Raum Nienburg / Fallingbostel usw. früher als "Übeltäter" gejagt wurde: Der sog. "Würger vom Lichtenmoor". Diesen gab es ( Wikipedia ), sein Kopf ist in einem Museum ausgestellt.-

Die Bevölkerung damals glaubte an ein "riesiges , schwarzes Untier", und manche tatsächlich an einen Werwolf.-

Die wahre Geschichte könnt Ihr nachlesen, sie ereignete sich vor - im Verlauf der Weltgeschichte - nicht allzulanger Zeit, und das Mädchen, das das Referat gehalten hat, wohnt im Raum Nienburg, auf einem Bauernhof.

Sie stellte die Situation SO dar, dass es ZWEIFEL gab, ob nicht dieses "Untier" / "Monster" noch VOR ORT aktiv wäre, denn sie sprach vor der Klasse:

"...und die Leute glaubten, ein WOLF HÄTTE SCHULD GEHABT!!!!"

Sie beendete das Referat mit dem nächsten Satz, den sie teilnahmslos, realistisch und 100% überzeugend vortrug ( zumindest sagte sie das, in ihren Worten ):

"Vor ( n ) Tagen kam ein Nachbar zu meinem Vater und meinte so, dass ihm ( n ) Schafe abhanden gekommen wären ( nee Moment: "dass bei ihm ( n ) Schafe weg sind!" ) , er hat sie bis jetzt nicht wiedergefunden.

Lange Pause: Danke, dass Ihr zugehört habt!" ( oder eine ähnliche Danksagung. Jedenfalls sollte sie dies so machen mit der Danksagung. )

Viele der Jungen und Mädchen aus ihrer Klasse wohnten im ländlichen Bereich, dort, wo auch das Mädchen wohnt(e), in genau der Zone, in der auch der "Würger" damals aktiv war.-

Sie werden sich ihre nächsten Ausflüge nach draußen, auf die WIesen und ins Gesträuch, GUT überlegt haben, die Möchtegern-Mobber.-

Viele Grüße, Lordkanzler Olli!

Offline KhornedBeef

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Re: [Sammlung] Stilmittel / Erzählerische Mittel
« Antwort #32 am: 11.01.2017 | 17:18 »
Und ich dachte so etwas passiert nur in Hollywood-Filmen... "Brave Schülerin kuriert böse Schulrüpel mit der magischen Kraft der  (Horror-)Literatur. "
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Offline Der Läuterer

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Re: [Sammlung] Stilmittel / Erzählerische Mittel
« Antwort #33 am: 13.01.2017 | 00:57 »
Das beste Mittel beim Beschreiben einer Szene ist m.M.n. der massvolle und gezielte Einsatz von Adjektiven, sowie eine ausgeprägte und blumige Bildsprache, um die Vorstellungen des SLs in die Köpfe der SCs zu pflanzen. Den Rest erledigt dann deren Kopfkino.
Ich hatte mal eine Gruppe, die in den Unterschlupf eines Ghouls eingedrungen war, der sich von Baby- und Kinderleichen ernährte. Ich hatte damit so sehr den Nerv der Spieler getroffen, dass sie fluchtartig den Unterschlupf unverrichteter Dinge wieder verliessen, weil sie meine Beschreibungen nicht mehr ertrugen.

Wichtig ist also, dass man mit Worten alle Sinne anspricht, um die SCs in eine unangenehme oder bedrohliche Situation zu bringen. Dabei zuerst IMMER das Gehör und den Geruchssinn beflügeln; erst später kommt dann das Sehen hinzu und schlussendlich folgt dann der Wahnsinn.

Die Eindrücke muss der Spieler und NICHT der Charakter zuordnen können.
Mach einen Vergleich mit etwas Bekanntem. DAS spricht seine Vorstellungskraft an und weckt sein Interesse. Dann lenke ihn mit ein, zwei Banalitäten ab, verwirre ihn, täusche ihn - dann schocke ihn.

Bsp.: Der SC schleicht durch ein finsteres Gewölbe.
„Als Du vorsichtig voran gehst, nimmst Du einen leichten Geruch, wie von gärenden Bananen, wahr.“ (Grübeln! Was riecht wohl so?)
„Der Keller ist feucht und warm (Achtung! Seltsam!). Und Du hast beim Atmen ein beklemmendes Gefühl. Dein Mund ist trocken, als hättest Du lange Zeit nur durch den Mund geatmet.“
„Der Schein Deiner Taschenlampe vermag das Ende des Raumes nicht zu erreichen (Dunst? Oder optische Täuschung?).“
„Der steinerne Boden ist feucht und trügerisch.“ (Der SC wird ausgebremst.)
„Alles ist still. Nur ein paar Tropfen, die in Pfützen fallen.“
(Ist übrigens jemandem aufgefallen, dass der SC keine hallenden Schritte von sich gehört hat.)
„Plötzlich hörst Du ein Geräusch, als würde ein riesiger Klumpen Gelee über den Boden gezogen werden.“ (Wie hört sich so etwas wohl an? Und das Beste daran, der Spieler weiss es auch nicht - Kopfkino total.)

Orientierungs-Wurf (Woher kommt das? Hat sich der SC schon verirrt?)
„Alles ist wieder still... bis auf das stetig monotone Tropfen.“
(Nimm Dich jetzt IMMER der Befürchtungen des SCs an. Setze diese Befürchtungen um und lasse sie wahr werden - DAS bestärkt ihn in seiner Panik und in seiner Paranoia.)
„Ein Tropfen (Wasser? Blut? Säure?) fällt auf Deine Stirn/Hand.“
Der SC leuchtet natürlich nach oben.
„Fetzen (Stoff? Haut? Algen? Gedärme?) hängen tropfend von der Decke (Verwirrung!), sind aber ausserhalb Deiner Reichweite.“ (Vielleicht ja auch besser so!)
„Du trittst auf etwas, das unter Deinem Schritt nachgibt und zerplatzt, als würdest Du auf eine verschlossene Chips-Tüte treten. Danach stehst Du mit dem rechten Bein in einer leichten Bodenkuhle und Dein Schuh macht beim Herausziehen ein schmatzendes Geräusch, während gleichzeitig eine zähe Flüssigkeit hoch spritzt und Deine Kleidung besudelt. Ein durchdringender, süsslicher Geruch, wie von Erbrochenem, dringt in Deine Nase.“

Jetzt sollte der SC vielleicht besser den Rückwärtsgang einlegen.
Macht er aber nicht.
Was macht er?
Richtig! Er schaut nach unten.

An dieser Stelle bitten wir nun den SC um einen Wurf auf geistige Stabilität...


Wenn er dann noch bei Sinnen ist (und NUR dann - das bringt nämlich sein Kopfkino zum kochen), beschreibt man ihm genüsslich den Anblick, der sich ihm jetzt bietet.
« Letzte Änderung: 13.01.2017 | 01:00 von Der Läuterer »
Power Gamer: 38% | Butt-Kicker: 8% | Tactician: 67% | Specialist: 38%
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Nur wenige Menschen sind stark genug, um die Wahrheit zu sagen und die Wahrheit zu hören.
- Luc de Clapiers Marquis de Vauvenargues -

Offline Chiarina

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Re: [Sammlung] Stilmittel / Erzählerische Mittel
« Antwort #34 am: 3.03.2017 | 22:42 »
Stilmittel: Charaktere scheinbar ungleich behandeln

Beschreibung: Alle Spieler außer einem bekommen zu Beginn eines OneShots einen Zettel in die Hand gedrückt. Auf diesem Zettel steht: "Dein Charakter wird das Abenteuer nicht überleben." Die Spannung steigt: einige Spieler versuchen vielleicht, eine spektakuläre Todesszene herbeizuführen, andere wollen möglicherweise erkunden, warum der eine Spieler einen deratigen Zettel NICHT zugesteckt bekommen hat.

Häufigkeit: Nur einmal in einer Runde anwendbar - am wirkungsvollsten bei einem Horror-OneShot.

(Quelle: Fear Itself, 2nd edition)
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline Fermate

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Re: [Sammlung] Stilmittel / Erzählerische Mittel
« Antwort #35 am: 29.05.2017 | 17:49 »
Stilmittel: Der gespielte Traum

Beschreibung:
Man springt mitten in eine Szene, die so voller Action ist, dass die Spieler nicht dazu kommen, zu fragen, wie sie da eigentlich hingekommen sind. Wenn sie doch fragen, sagst man: "Das weiß dein SC gerade auch nicht, er kommt aber nicht dazu, sich zu wundern." Es passieren krasse Dinge, z.B. können einige SCs in der Szene sterben. Die Szene endet damit, dass einer der SCs aufwacht und alles nur geträumt hat (und die anderen SCs kamen in seinem Traum vor).

Häufigkeit: Einmalig, oder zu Beginn jedes neuen Abenteuers als Running Gag (und jedes Mal mit einem anderen SC)