Autor Thema: Belehrungen des richtigen (TM) Spiels  (Gelesen 2228 mal)

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Online aikar

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Re: Belehrungen des richtigen (TM) Spiels
« Antwort #50 am: 6.02.2025 | 08:25 »
Wenn ich explizit nach Hilfe frage, sei es neues System oder rollenspiel insgesamt, dann ist das doch positiv wenn mir leute diese hilfe auch sehr explizit anbieten. Also wirklich "mach das so und so und so und nicht anders". Mit irgendwelchen wischi-waschi antworten kann doch niemand was anfangen.
Wo für mich der Unterschied liegt:

Option 1 (würde ich mir wünschen): Das ist nicht wirklich bei diesem Spiel üblich (Hinweis) und zwar weil (Erklärung), aber wenn dir das wichtig ist, könnte man das evtl. so machen (Akzeptanz und unterstützende Hilfe)
Option 2 (Leider immer noch viel zu häufig): Das macht man bei diesem Spiel nicht! (oft gefolgt von einem Rant gegen andere Spielstile und die Überlegenheit des eigenen und Herabwürdigung der Frage)
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Offline Weltengeist

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Re: Belehrungen des richtigen (TM) Spiels
« Antwort #51 am: 6.02.2025 | 09:00 »
Interessant wirds doch erst wenn zwei Leute auftauchen mit ganz klarem "so und nicht anders", sich das bei beiden aber unterscheidet. Hier wirds dann einfach wichtig, dass das "So" von beiden Seiten gut argumentiert wird und man nicht in "weil mir das halt Spaß macht" zurückfällt.

Das ist aber meist (insbesondere in Forendiskussionen) kein "zurückfallen", sondern schlicht des Pudels Kern: Es IST das, was dem Betreffenden Spaß macht. Und das, was danach an Argumenten kommt, heißt auch "Rationalisieren" - man versucht halt rationale Gründe zu finden für etwas, was in Wahrheit eine Bauchentscheidung (oft sogar eine unvollständig informierte) war.

Und wenn das Argument dann am Ende gar lautet: "Es steht aber auf S. 221 des Alchemie-Kompendiums geschrieben", dann ist das nachgeschobene rationale Argument nicht mal eines - es ist schlicht Religion.
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Offline Raven Nash

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Re: Belehrungen des richtigen (TM) Spiels
« Antwort #52 am: 6.02.2025 | 10:09 »
Ich erlebe das derzeit vor allem in der Dragonbane-Gruppe, wenn wieder mal einer die Frage nach der Logik hinter der Parry-Regel stellt. Es ist nunmal so, dass wir nicht mehr in den 80ern sind, wo die Leute Schwertkampf nur aus Filmen kannten. Und auch das Schaukampf-Dreschen der MA-Märkte ist nicht mehr das alleinige Vorstellungsmodell.
Dennoch reagieren - insbesondere die Schweden - sofort mit einer aggressiven Abwehrhaltung, und das Hauptargument ist: Es ist ein Fantasy-Spiel.
Nun sagt das objektiv nichts darüber aus, warum es nicht auch einer "realweltlichen" Physik folgen sollte, wenn es nicht um Magie geht (u.a. um eben Magie als Kraft zu etablieren, die genau diese Physik überwinden kann), die Diskussion wird damit aber beendet. Ist so! Finde dich damit ab, oder spiel was Anderes.

Offenbar fühlen sich aber insbesondere Altspieler persönlich angegriffen, wenn man ein Konzept das eigentlich überholt ist, als zweifelhaft erkennt und nach einer Alternative sucht.
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Offline Carus

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Re: Belehrungen des richtigen (TM) Spiels
« Antwort #53 am: 6.02.2025 | 10:11 »
Als jemand der noch nicht so lange (keine 10 Jahre) Rollenspiele spielt:

"Spielt so wie es euch Spass macht" und "Es gibt nicht richtig und falsch, da kommt schon nicht die Rollenspielpolizei (hihi)" habe ich von Beginn weg ständig und überall gelesen. Genützt hat mir das wenig und irgendwann fand ich es auch nur noch nervig. Im Gegensatz dazu fand ich wenigen Diskussionen, Anregungen und Meinungen, was für jemanden gutes oder bereicherndes Rollenspiel ist sehr viel hilfreicher. Ein solcher (ohne übertriebene Schärfe) geführter Aushandlungs- und Diskussionsprozess finde ich deutlich gehaltvoller als nichtssagende Floskeln über Spass. Letztlich könnte man mit diesem Argument die Diskussion über einen Grossteil der Kultur einfach wegstreichen - lest, schaut, hört halt, woran ihr Spass habt, warum überhaupt darüber sprechen? Aber mal darüber nachzudenken, warum eine was eigentlich zusagt und was man darin sieht, da wirds doch erst interessant.

Offline tanolov

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Re: Belehrungen des richtigen (TM) Spiels
« Antwort #54 am: 6.02.2025 | 10:20 »
Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen wischiwaschi und "scharf". Respektvolle Diskussionen können Inhaltlich sehr stark sein, ohne jemandem vorzuschreiben, wie das Spiel zu sein hat.

Daher kommt für mich das Unbehagen: Leute, die sehr hart sagen, "so und nicht anders" geben ja nicht mehr Informationen. Sie wirken nur, als wüssten sie mehr als die Leute, die sagen, "macht, was euch gefällt". Das ist aus meiner Sicht aber ein falscher Eindruck, der konstruktive Diskussionen in der Sache eher schwächt, als sie zu stärken.

Joa in der Realität wirds dann spätestens ab dem 6. Post hin und her immer ein "ich hab recht, weil ich spaß hab" oder "du hast unrecht, weil ich spaß hab", was natürlich ultra bescheuert ist. Aber im Idealfall ergründet und verargumentiert man ja vorher wieso man damit Spaß hat und welche Aspekte man so hervorhebt. Und im Idealfall kann dann der lesende Dritte (also nicht der Diskussionspartner) daraus dann wertvolle Schlüsse ziehen. Ich finds als lesender dritter da aber immer Hilfreich, wenn wirklich klare Aussagen kommen die auch irgendwie falsifizierbar sind und nicht jede Formulierung so wohlwollend-weich, das entweder ein riesiges Goalpostverschiebespiel beginnt oder erst gar nicht klar wird was überhaupt die Aussage ganz konkret ist.

Und wenn jetzt jemand echt versucht mit schweren Steinen im Rucksack den Berg zu erklimmen find ichs auch nicht verkehrt mal ganz hart nachzufragen, ob er denn die Steine wirklich brauch. Also wenn jemandem die DnD kämpfe zu lang sind und fragt wie man die kürzer bekommt, einfach mal Fragen ob er die kämpfe als Regelsegment überhaupt will und wenn nein, wieso bitte DnD?.


Wo für mich der Unterschied liegt:

Option 1 (würde ich mir wünschen): Das ist nicht wirklich bei diesem Spiel üblich (Hinweis) und zwar weil (Erklärung), aber wenn dir das wichtig ist, könnte man das evtl. so machen (Akzeptanz und unterstützende Hilfe)
Option 2 (Leider immer noch viel zu häufig): Das macht man bei diesem Spiel nicht! (oft gefolgt von einem Rant gegen andere Spielstile und die Überlegenheit des eigenen und Herabwürdigung der Frage)

naja deine Option 1 ist ja auch nur ein nett ausgedrücktes "kannste machen, ist halt mehr arbeit. wenn du lust drauf hast denk an x, y und z aber beschwer dich nicht wenns scheiße läuft" Also auch nur "so und nicht anders" in nett. Wobei ich jetzt auch nicht finde das man immer Lösungen für Probleme parat haben muss. Oft ist ja auch ein "wenn du das so machst, wird a, b und c passieren, haste darauf wirklich bock?" auch schon hilfreich.

Offline Ma tetz

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Re: Belehrungen des richtigen (TM) Spiels
« Antwort #55 am: 6.02.2025 | 10:30 »
Wenn man gehört werden will, ist das "in nett" aber deutlich Erfolgversprechender und förderlicher für eine weitere Diskussion.

Viele Leute verwechseln nett mit unklar, und unfreundlich mit klar. Das ist aber imho schlicht nicht korrekt.

Ihr interessiert Euch für den Schatten des Dämonefürsten? Dann kommt zur Höllenpforte (Discordserver).

Offline flaschengeist

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Re: Belehrungen des richtigen (TM) Spiels
« Antwort #56 am: 6.02.2025 | 10:30 »
Mir verschwimmen hier zwei Aspekte zu oft:

1. Wird ein Vorschlag mit Argumenten untermauert?
2. Kommuniziert jemand respektvoll oder von oben herab?

Schöne Antworten sind respektvoll und mit Argumenten unterfüttert. Wenn ich mich allerdings zwischen substanzlos und respektvoll sowie substanzvoll und respektlos entscheiden muss, wähle ich persönlich letzteres. Aber auch ersteres ist viel besser, als das leider für meinen Geschmack im Internet allzu häufige respektlos und ohne Substanz kommunizieren.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Online aikar

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Re: Belehrungen des richtigen (TM) Spiels
« Antwort #57 am: 6.02.2025 | 10:39 »
Also wenn jemandem die DnD kämpfe zu lang sind und fragt wie man die kürzer bekommt, einfach mal Fragen ob er die kämpfe als Regelsegment überhaupt will und wenn nein, wieso bitte DnD?.
Die Gegenfrage ist berechtigt. Sie sollte meiner Meinung nach nur nicht als automatischer Reflex erfolgen. Weil wenn ich wie gesagt 95% des Spiels sehr mag und Details nicht, warum sollte ich das ganze Spiel wegerfen anstatt die Details anzupassen?

Oft ist ja auch ein "wenn du das so machst, wird a, b und c passieren, haste darauf wirklich bock?" auch schon hilfreich.
Sowas würde ich ja durchaus auch als konstruktive Antwort empfinden.

Viele Leute verwechseln nett mit unklar, und unfreundlich mit klar. Das ist aber imho schlicht nicht korrekt.
Sehe ich auch so.
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Online Galatea

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Re: Belehrungen des richtigen (TM) Spiels
« Antwort #58 am: 6.02.2025 | 16:10 »
Und wenn jetzt jemand echt versucht mit schweren Steinen im Rucksack den Berg zu erklimmen find ichs auch nicht verkehrt mal ganz hart nachzufragen, ob er denn die Steine wirklich brauch. Also wenn jemandem die DnD kämpfe zu lang sind und fragt wie man die kürzer bekommt, einfach mal Fragen ob er die kämpfe als Regelsegment überhaupt will und wenn nein, wieso bitte DnD?
Die Steine wären bei D&D aber explizit das Kampfsystem.
Außerhalb des Kampfes ist D&D super einfach und extrem leicht anzuwenden - einfach Skill plus Attributsbonus auf einem W20 gegen einen Schwellenwert und fertig.

Das ist aber ein Problem, das bei weitem nicht nur D&D plagt (werde dazu in Kürze mal ein Thema aufmachen) - sehr sehr sehr viele RPGs haben Regeln für Kampf, die um Weltenlängen komplizierter, komplexer und nuancierter sind, als für alles was außerhalb des Kampfes stattfindet. Deshalb findet man auch 99% der Powergamingcharaktere (egal ob mundan, magisch oder heilend) in dieser Sparte - selbst der nächstbeste Broken Build Aspekt, das Persuationmonster, ist im Vergleich nur eine seltene Randerscheinung (und tritt zu gefühlten 90% als Horny Bard Stereotyp auf).

Die Lösung in diesem spezifischen Fall wäre aber denkbar simpel - einfach den Kampf mehr wie Fertigkeitsproben behandeln und als Skill+Attributsbonus-Probe abhandeln (Waffenwerte kann man irgendwie als Boni in diese Probe verbauen, und der Schaden lässt sich Fixwert einbringen, der dem Durchschnittsschaden der Waffe entspricht - evtl. auch verdoppelt oder vervierfacht, je nachdem wie sehr man das ganze beschleunigen möchte).
Bei einigen Feats muss man sich halt was einfallen lassen (oder sie ggf. komplett streichen), aber auch das ist machbar.

Solange einen nur ein oder zwei Teilgebiete eines Regelwerks stören muss man nicht das ganze System wegwerfen, man passt einfach die Aspekte an, die man nicht mag.
Gerade bei D&D spielt eh jede Gruppe nach ihrem eigenen (mehr oder weniger) abgewandelten/angepassten Regelwerk.
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Re: Belehrungen des richtigen (TM) Spiels
« Antwort #59 am: 7.02.2025 | 07:44 »
Ich find die Idee mit der Rollenspielpolizei auch gut. Ich hab jedenfalls ziemlich Kopfkino beim Gedanken an ein paar Typen in Fake-Uniform, die in laufende Sitzungen schneien, kurz zugucken, eifrig Notizen machen und dann anfangen rumzunörgeln ("Abzüge wegen Dunkelheit vergessen... Ein Goblinboss ohne Reif der Stärke kann so ein Schwert laut Advanced Players Guide 2 gar nicht führen... und was sind das da überhaupt für Würfel?")

Könnte mir aber auch vorstellen, dass man sich bei einigen Leuten, die einfach nur in Ruhe Immersion haben wollten, damit unsterblich unbeliebt macht.

Besonders bei Leuten, die spielen um zu vergessen. Dann sollte es aber auch Gauner geben, die entsprechend vor der Polizei fliehen, weil sie ihre gezinkten Würfel behalten wollen :) .

Bei mir ist es, was Spass am Spiel angeht, so, habe gerade den Faden mit den Char-Auswürfel-Strategien gelesen, daß es mir weder Spass macht, mit dem Kleriker, der auch den Tank spielen soll eine KON von 8 zu haben, als auch einen mit KON 20, der eine ist zu schlecht, der andere zu gut. Mich macht es dann die ganze Zeit im Spiel wuschig, daß der eine oder andere Wert zu hoch oder zu niedrig ist und das vergällt mir das Spiel. Also bevorzuge ich Point-Buy. Ich finde aber keine DM, die das akzeptieren, immer heisst es:"Dann sind alle so ähnlich/alle gleich". Aber ich bin dann zufrieden, habe meinen durchschnittlichen Charn kann mich endlich aufs spielen konzentrieren und muss nicht ständig dran denken, daß irgendein Wert ausser der Reihe ist, wenn mal eine Probe nicht klappt oder eben alle immer, was auch langweilig ist.

Ich glaube ich bin Min-Maxer auf Entzug :/ .

Wieder ontopic Letztlich will ich spielen wie ich will, schon mit Abweichungen, aber im statistischen Mittel muss es genauso sein, wie ich es will.
Veni, Vidi, Vomiti

Ich kam, ich sah, ich übergab mich

Offline tartex

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Re: Belehrungen des richtigen (TM) Spiels
« Antwort #60 am: 7.02.2025 | 12:12 »
Also wenn jemandem die DnD kämpfe zu lang sind und fragt wie man die kürzer bekommt, einfach mal Fragen ob er die kämpfe als Regelsegment überhaupt will und wenn nein, wieso bitte DnD?

Weil die Spieler von Rollenspielen keine Ahnung haben, aber irgendwo mitgekriegt haben, dass D&D super sein soll und es gerne ausprobieren würden, also bietet man genau das an?

Weil irgendwer sich ganz ein bißchen über Google schlau gemacht hat, und zwei andere Baldur's Gate 3 kennen?
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