Für meine derzeitige Kampagne habe ich eine magische Schule entwickelt, zu der ich gerne eure Meinung hören würde. Falls euch noch weitere Zauberformeln einfallen, könnt ihr sie hier auch hinzufügen.
Die Schule eignet sich sowohl für eine Annäherung an Changeling als auch an Little Fears. Sie kann auch dem bekannten 'Myths over Miami'-Thema (aus der US-Mailingliste) neuen Schwung geben.
Fantasmantie
Übersicht
Was auch immer die Erwachsenen sagen, die Realität stinkt. Es ist völlig unverständlich, warum sich die Großen so in ihrer kleinen Welt einigeln, aber sie haben die Macht dazu. Es ist als wären sie blind und taub und würden deshalb darauf bestehen, es gäbe weder Bilder noch Musik. Aber die Kinder wissen es besser: wenn die Erwachsenen weg sind, rufen sie ihre Freunde aus den Ecken und den Schatten und spielen mit ihnen.
Fantasmantie ist eine Magieform, die spontan bei besonders phantasiebegabten Kindern auftritt, insbesondere, wenn sie aufgrund ihrer Einbildungskraft des öfteren mit Erwachsenen in Konflikt geraten. Sehr häufig sind diese Kinder Opfer schwerer Misshandlungen oder werden von ihren Eltern aus irgend einem Grund offen abgelehnt.
Fantasmantie gibt den kindlichen Ängsten und Wünschen reelle Gestalt. Weil es sich um keine formelle Schule handelt, findet freie Magieausübung weit häufiger statt als die Verwendung von Zauberformeln, jedenfalls im Vergleich zu anderen Schulen der Magie. Fantasmantie ist natürlich eine Obsession, aber eine, die sich mit Einsetzen der Pubertät selbstständig verliert. In der Pubertät verlieren Kinder nicht nur die Fähigkeit zur Ausübung von Fantasmantie, sondern auch ihre Erinnerung daran, dass sie je dazu in der Lage waren, ihre Träume real werden zu lassen. Lediglich einige Schizophrene manifestieren auch im Erwachsenenalter meist spontan und vorübergehend die Fähigkeiten der Fantasmantie. In der Regel ist der Sieg der 'Realität' über die fantasmantische Weltsicht so vollständig, dass der frühere Zauberlehrling später nie wieder einen Funken magischer Aktivität oder auch nur der Kreativität und Phantasie zeigt, aber das ist keinesfalls unausweichlich.
Paradox
Fantasmantie gibt dem Irrealen Gestalt, nährt sich aber aus Reibungen mit dem Realen. Der Fantasmant lebt in einer Welt, die der allgemeingültigen Realität widerspricht, doch um sie aufrecht zu erhalten, muss er der Realität immer wieder begegnen und sie verneinen.
Fantasmantie ermöglicht ausschließlich solche Effekte, die von normalen Erwachsenen als Spinnerei abgetan werden, wenn man ihnen davon erzählt. Es ist nicht möglich, fantasmantische Phänomene unter den Augen solcher Erwachsener auszuführen oder lange aufrechtzuerhalten. Zudem erhält der Fantasmant Ladungen durch Konflikte mit der Realität; er ist also gezwungen, sich mit der Erwachsenenrealität auseinanderzusetzen, um sich von ihren Zwängen befreien zu können.
Tabu
Das hauptsächliche Tabu ist Akzeptanz der Erwachsenenrealität. Wenn ein Fantasmant sich wie ein Erwachsener auf Kausalität und Rationalität verlässt, wenn er die Möglichkeit von etwas ausschließt, 'weil es nicht sein kann', verliert er sofort alle Ladungen. Spätestens in der Pubertät kommt der Moment, an dem sich die Realität durchsetzt und eine weitere Ausübung der Fantasmantie verhindert.
Ein weiteres Tabu ist die Ausübung der Fantasmantie im Beisein Erwachsener – das funktioniert einfach nicht. Fantasmantische Phänomene, die zuvor ausgeführt wurden, werden nach dem Erscheinen eines Erwachsenen sofort beendet, wenn das Phänomen wahrnehmbar unnatürlich ist. Es wäre also möglich, dass ein Erwachsener einen Fantasmanten zusammen mit dessen unsichtbarem Freund im Park spielen sieht, aber der unsichtbare Freund verschwindet, wenn er z.B. plötzlich zu fliegen beginnt. Allerdings bleiben normale Nebeneffekte eines Zaubers erhalten: wenn der unsichtbare Freund z.B. eine Beleidigung der Eltern mit Kreide an die Wand schreibt, dann bleibt diese auch nach dessen Verschwinden stehen, weil das Kind sie ja selbst geschrieben haben könnte.
Eine Ausnahme bilden erwachsene Menschen, die wissen, dass die Realität wesentlich seltsamer ist, als es die Allgemeinheit glaubt. Dazu gehören natürlich z.B. Adepten und Avatare, aber auch einige ansonsten planlose Personen, deren Realitätssinn gehörig durcheinander geraten ist. Von solchen Menschen kann ein Fantasmant aber unter keinen Umständen eine Ladung erhalten.
Ladungen
Ein Fantasmant erhält Ladungen, indem er mit den Wächtern der Realität, also beispielsweise seinen Eltern, wegen Märchen, Lügen, Tagträumereien etc. in Konflikt gerät. Dies kann jedoch nicht direkt mit der Ausübung von Fantasmantie in Zusammenhang stehen – also bringt Bestrafung für fantasmantische Zauber oder deren direkte oder indirekte Ergebnisse keine neuen Ladungen. Des weiteren gilt, dass eine Aktion des Kindes auch nur eine Ladung nach sich ziehen kann – selbst, wenn das Kind z.B. für eine Lüge von zwei verschiedenen Personen getrennt bestraft wird, erhält es dafür nur eine Ladung.
Eine kleine Ladung erhält der Fantasmant, wenn er für eine Lüge oder für Tagträumereien ausgeschimpft wird, ein kleines Verbot ausgesprochen wird oder man ihm einen Klaps gibt.
Eine mittlere Ladung erhält der Fantasmant, wenn er eine empfindliche Strafe für sein Verhalten erntet – z.B. eine Woche Hausarrest, einen Monat Taschengeldentzug, eine Tracht Prügel...
Eine große Ladung erhält der Fantasmant nur bei extremen Strafen – solche, die als extreme Form von Kindesmisshandlung verstanden werden, oder bei denen seitens der Eltern Institutionen oder äußere Hilfe beansprucht werden, z.B. Kinderpsychologen, Erziehungsanstalten... Auch wenn die Strafe für ein Vergehen aus einer Reihe von Sitzungen beim Psychologen besteht, gibt es dafür nur eine große Ladung.
Wichtig: nur Strafen für 'hyperaktive Phantasie' zählen. Wenn ein Kind also z.B. Reifen zersticht und erwischt wird, gibt es dafür keine Ladungen – wenn es aber eine Strafe für die Behauptung, das wären in Wirklichkeit die Zwerge gewesen, erhält, dann gilt diese, und nur die Schwere dieser Bestrafung (oder der Anteil der Ausrede an der Gesamtbestrafung) entscheidet über die Stärke der Ladung.
Zufällige Magie
Der Bereich der zufälligen Magie definiert sich durch Un-Realität. Fantasmantie-Effekte halten sich nie an die Spielregeln, nach denen die Erwachsenen spielen. Fantasmantie kann Dinge und Wesen aus dem Nichts erschaffen oder spurlos verschwinden lassen, lange Wege kurz und kurze Wege lang werden lassen, kurzum, die Welt wie im Märchen auf den Kopf stellen. Kleine Veränderungen und Einflussnahmen hingegen gehören nicht zum Repertoire. Wenn ein Erwachsener den Effekt nicht für vollkommen unmöglich halten würde, dann ist er auch nicht mit Fantasmantie zu erreichen. Das heißt nicht, dass Erwachsene nicht mit den abstrusesten natürlichen Erklärungen kommen können, wenn sie mit einem fantasmantischen Effekt oder dessen Ergebnissen konfrontiert werden – und solange sie sich an den Glauben klammern können, es gäbe eine natürliche Erklärung, solange kann der Effekt auch bestehen.
Zauberformeln
Kleine Sprüche
Das haben die Wichtel geklaut
1 kleine Ladung
Dieser Spruch ermöglicht es, einen Gegenstand spurlos verschwinden zu lassen. Der Gegenstand muss so klein sein, dass ein Erwachsener ihn bequem in seiner Hosentasche transportieren könnte. Der Gegenstand ist nicht einfach versteckt oder verloren, er ist tatsächlich fort. Die einzige Möglichkeit, ihn wieder zu bekommen, ist eine erneute Durchführung dieses Zaubers, woraufhin der Gegenstand an einer offensichtlichen Stelle wieder auftaucht, wo ihn sein Besitzer bereits im nächsten Moment entdeckt. Die Rückkehr des Gegenstandes ist nur dann möglich, wenn der Besitzer oder Benutzer diesen bereits vermisst, und der Zaubernde hat keinen Einfluss darauf, wo der Gegenstand wieder auftaucht.
Kleine Helferlein
2 kleine Ladungen
Diesen Spruch kann der Fantasmant verwenden, um kleinere Aufgaben zu erledigen, mit denen er betraut wurde. Zimmer aufräumen, den Müll rausbringen, Unkraut zupfen – all dies kann eine kleine Horde geflügelter Helfer für den Fantasmanten übernehmen, solange keine Erwachsenen zusehen. Die Helferlein können aber nur solche Aufgaben übernehmen, die der Fantasmant durchaus selbst erledigen könnte.
Die perfekte Lüge
1-3 kleine Ladungen
Mit diesem Spruch kann der Fantasmant irgend eine Ausrede absolut glaubhaft machen – sie darf allerdings nicht absoluter Unsinn sein, sondern muss wenigstens entfernt glaubwürdig sein. Alle beim Zauber anwesenden, zuhörenden Erwachsenen werden zunächst so reagieren, als würden sie die Ausrede glauben. Wenn allerdings Beweise oder Zeugenaussagen für das Gegenteil vorliegen, auch wenn sie später auftauchen, löst sich der Effekt des Zaubers auf. Eine resultierende Strafe kann keine neuen Ladungen verursachen. Die tatsächlichen Kosten des Zaubers bestimmt der Spielleiter aufgrund der Glaubwürdigkeit der Ausrede und der Schwere der zu leugnenden Tat.
Mittlere Sprüche
Schatzhort
1 mittlere Ladung
Der Fantasmant bestimmt zunächst ein Behältnis für seine Schätze – einen alten Schuhkarton, eine Keksdose, irgend etwas. Wann immer der Fantasmant einen Gegenstand sieht oder anderweitig wahrnimmt, kann er mit diesem Zauber den Gegenstand fortzaubern – er landet unweigerlich in dem Schatzhort. Die Größe des Gegenstandes ist dabei abhängig von der Größe des Hortes und dem Platz, der noch darin ist. Der Fantasmant kann den Schatzhort jederzeit gegen einen größeren tauschen, indem er die Schätze umräumt. Wenn Gegenstände länger außerhalb des Schatzhortes sind, tendieren sie dazu, spurlos zu verschwinden und irgendwann wieder an ihrem ursprünglichen Ort aufzutauchen.
Unsichtbarer Freund
1 – 3 mittlere Ladungen
Es kostet drei mittlere Ladungen, einen unsichtbaren Freund zu erschaffen. Der Fantasmant muss das Aussehen und Wesen des unsichtbaren Freundes genau definieren, es können später keine Eigenschaften mehr hinzukommen. Für eine mittlere Ladung kann der Fantasmant anschließend zu jedem beliebigen Zeitpunkt seinen unsichtbaren Freund herbeibeschwören. Für den Fantasmanten (und solange der Freund nicht unnatürlich wirkt und sich normal verhält, auch für jeden anderen) ist der unsichtbare Freund dann ganz normal wahrnehmbar, und es ist Interaktion möglich, sofern das bei der Definition des Freundes vorgesehen war (was meist der Fall ist). Der Freund verschwindet, wenn der Fantasmant sich nicht mehr direkt mit ihm beschäftigt. Er kann dem Freund aber z. B. eine Aufgabe geben, die ihn außer Sichtweite bringt, und der Freund wird nicht verschwinden, sofern der Fantasmant lediglich auf seine Rückkehr wartet und sich nicht anderweitig beschäftigt.
Der unsichtbare Freund kann durchaus unnatürliche Fähigkeiten haben, z.B. durch Wände gehen, fliegen, alle Sprachen der Welt sprechen... Solche Fähigkeiten müssen aber vor der Erschaffung des Freundes definiert werden. Normale Fähigkeiten sind zumeist angenommener Bestandteil des Entwurfs, wenn also z. B. Ein gleichaltriger Junge erschaffen wird, kann angenommen werden, dass er sich normal fortbewegen und artikulieren kann usw.
Münchhausens Meister
1-3 mittlere Ladungen
Mit diesem Zauber kann der Fantasmant für irgend etwas eine völlig hahnebüchene Ausrede oder Erklärung erfinden, die von anwesenden und zuhörenden Kindern so lange widerstandslos geglaubt wird, bis jemand ihnen die Augen öffnet. Selbst dann klammern sie sich noch bis zuletzt an die Wahrheit dessen, was ihnen der Fantasmant erzählt hat. Sollten sie nie aufgeklärt werden, verlieren sie den Glauben an das, was der Fantasmant ihnen gesagt hat, spätestens mit Einsetzen der Pubertät.
Der Spielleiter legt die tatsächlichen Kosten des Zaubers anhand der Unglaubwürdigkeit der Erklärung und der Zahl der zu beeinflussenden Zuhörer fest.
Große Sprüche
Einen Drachen erschaffen, der alle Kinder in der Gegend jagt; Zwillinge der Eltern erschaffen, die die wahren Eltern beseitigen und ihren Platz einnehmen (bis jemandem auffällt, dass sie sich unnormal verhalten); sich selbst permanent in ein Tier verwandeln; Tote wieder zum Leben erwecken...
Robin