Ich kann dir ohne größere Probleme mehr als nur eine handvoll Rollenspielsysteme nennen, bei denen die von dir genannten Aktionen sowohl möglich als auch plausibel wären.
Auch dann noch, wenn du beachtest, dass ich gesagt habe, dass es sich dabei nicht um eine explizite Einschränkung durch die Setting-Realität handeln soll? Soll heißen: wenn die Setting-Realität Superhelden wie Flash erlaubt, der problemlos auch noch schneller von LA nach NY laufen kann, gilt das Beispiel nicht.
Dass der Wunsch nach Plausibilität gewisse Grenzen setzt, bestreite ich ja gar nicht, im Gegenteil, ich habe es in meiner ersten Antwort an dich weiter oben bereits eingeräumt. Mit Arbos Worten aus einem anderen Thread, das ist eine Binsenweisheit. Würde Plausibilität keine Grenzen setzen, würde sie alle rein genre-motivierten Aktionen erlauben, aber das tut sie nicht.
Im Grunde wollte ich gar keine Diksussion über Plausibilität vom Zaun brechen, sondern neben meiner reinen Contra-Position bzgl. Genre-Konventionen von Leuten hören, die Genres und deren Konventionen gut finden, warum das so ist. Ich habe auf den Superhelden-Thread hingewiesen; mehrfach wurde dort gesagt, dass Superhleden und Angst einfach nicht zusammenpassen. Angst ist somit nicht Teil des Superhelden-Genres. Dazu sage ich nur: warum nicht? Ich möchte die Gründe dafür verstehen, warum man solch eine Genre-Einschränkung gerne hinnimmt, deshalb dieser Faden.
@Azentar:
Du wendest dich gegen die kreative Einschränkung im Allgemeinen, wobei du dich von dem einschränkenden Element "Realismus" doch nicht trennen magst. Ist das so richtig?
Nein, ist es nicht. Wie gesagt, ich versuche zu verstehen, warum jemand gerne Einschränkungen und wohl auch Ausweitungen der Möglicheiten, die ausschließlich durch ein Genre entstehen, akzeptiert.
@Leonie:
Ich wollte den Begriff 'Realismus' durch 'Plausibilität' ersetzen (meinetwegen auch 'Glaubwürdigkeit'), um den üblichen Missverständnissen vorzubeugen, die dadurch entstehen, dass die Leute den Begriff nicht literaturwissenschaftlich verstehen, ihn mit 'Realität' verwechseln oder als das Gegenteil von 'fiktional' ansehen.
Etwas ist dann plausibel, wenn es dafür eine nicht meta-motivierte Begründung gibt. Wenn etwas nur deshalb geschieht, weil es zum Genre gehört oder weil es die Regeln aufgrund mechanischer Schwächen erlauben, es aber im Setting (quasi absolut in-game) nicht begründbar ist, dann ist es unplausibel.
Wenn Dinge, die man loslässt, nicht runterfallen und es keine in-game-Begründung wie z.B. Magie (Add-On für die Realität) oder Schwerelosigkeit (physikalische Realität) dafür gibt, schreit sicher jeder, dass das nicht sein kann, es ist also unplausibel. Leider ist mir kein Genre bekannt, zu dessen Eckpfeilern es gehört, dass Dinge nicht herunterfallen, weshalb das Beispiel nicht über die ganze Bandbreite der Argumentation funktioniert. Aber deine Henker / Dämonen-Beispiele sind nicht inhärent unplausibel: es gibt keinen Grund anzunehmen, dass ein bestimmter, ansonsten eiskalter Henker nicht gerührt auf Blümchen reagieren
kann oder dass ein bestimmter grausamer Dämon grundsätzlich niemanden einfach so entkommen lassen
kann. Wenn eine solche Regel existiert, dann ist sie eine Genre-Regel - eben so, wie es keinem Gegner von James Bond erlaubt ist, diesen einfach umzulegen, er muss eine Chance haben, zu entkommen. Außer dem Genre gibt es für derart dummes Verhalten keine Entschuldigung - es ist für mich unplausibel. Ist das jetzt deutlicher?
Zur Diskussion, was der Begriff 'Realismus' eigentlich ist: gerade die Narrativisten unter uns dürfte es eigentlich nicht wundern, dass eine Menge literaturwissenschaftlicher Begriffe in der Diskussion auftauchen (was ich persönlich auch als Nicht-Narrativist aber Literaturwissenschaftler ganz prima finde). Genre ist einer, ebenso Setting, Erzählperspektive usw. Realismus auch - wie schon erwähnt, handelt es sich hier wie bei Expressionismus, Impressionismus, Naturalismus, Romantik usw. um einen
Stil. Ich denke, es bringt wenig, einen anderen Begriff dafür finden zu wollen. Wir können uns darauf einigen, dass auch Stile Einschränkungen setzen, was wiederum eine Binsenweisheit ist. Sobald etwas mit einem Begriff bezeichnet wird, um es von etwas anderem zu unterscheiden, das es eben nicht ist, sind offensichtlich auch Grenzen zwischen den beiden zu bezeichnenden Dingen gesetzt und unterscheiden sich diese Dinge. Ein Bild / Roman / Film / Rollenspiel kann
per definitionem nicht gleichzeitig naturalistisch und expressionistisch sein. Aber, wie gesagt, darum geht es mir in dieser Diskussion gar nicht.
Robin