@FalconTut mir leid, aber wer so etwas ruhigen Herzen behaupten kann, zeigt nur, dass er unter einem typischen Fall von Eurozentrismus leidet. Ich muss nicht einmal großartig nachgrübeln, um einen Schöpfungsmythos zu finden, der ohne allmächtigen Gott, Paradies, Bund, Sintflut etc. auskommt.
Darum geht's ja auch gar nicht. Technisch gesehen haben wir als Menschheit aber eine Wurzel und einen halbwegs klar definierbaren Herkunftsort. Es ist daher nur logisch, dass sich unsere Ur-Mythen ähneln.
Die Sintflut findet sich z.B. in einigen Urmythen verschiedener Völker wieder (in unseren übrigens nicht). Und das, obwohl deren Kulturen sehr unterschiedlich voneinander waren. Worauf ich hinauswill - ein Ereignis solchen Ausmaßes, wenn es denn stattfand, betrifft nicht nur ein Volk sondern möglicherweise einen ganzen Kontinent (oder mehrere). Die ganzen lokalen Mythen sind genau das - örtlich gebundene Mythen, die sich nicht in anderen Geschichten wiederfinden und eine ganz besondere Spezialität der Gegend sind.
Du wirst aber nicht in zwei Nachbarländern radikal unterschiedliche Schöpfungymythen und Kulturen haben. Das wird in Fantasy-Settings jedoch oft gerne gemacht und killt IMHO die Plausibilität. Das sich die Ansichten und Kulturen von Kontinent zu Kontinent drastisch unterscheiden, leuchtet mir ein. Von Land zu Land sind die Unterschiede jedoch fließender und weniger radikal.
Das ist in einem Fantasy-Setting umso gravierender, da es nicht zwangsläufig Massenkommunikation oder besonders effiziente Reisemethoden gibt (magische ausgenommen - aber die sind meistens auch eher elitär). Solange die Leute nicht geografisch deutlich voneinander abgeschnitten sind, werden sie miteinander kommunizieren (auf die ein oder andere Weise). Und das führt zu gemeinsamen Legenden.
Übergreifende Mythen finden sich ja schon in der Sprache wieder. Worte wie "Magier" oder "Magie" kommen auch nicht aus unserem kulturellen Kreis sondern von einem medischen Stamm, denen Zauberkräfte nachgesagt wurden. Durch die Ereignisse in einem sehr fernen Land, mit einer sehr anderen Kultur, haben wir in unserer Sprache ein Wort gewonnen, das wir wie normal gebrauchen.
(wenn es nicht so spät wäre, würden mir wahrscheinlich noch mehr und bessere Beispiele einfallen)
Die oft und gerne verwendete Form der autarken Kulturen, die jeder für sich ihre eigene, abgeschlossene Welt ist, ist IMHO totaler Bullshit. Austausch hat es immer gegeben. Legenden wandern, Erfahrungen werden manchmal von vielen gleichzeitig gemacht, Aussiedler nehmen ihre Kultur in fremde Länder mit und Reisende hinterlassen Geschichten ebenso, wie sie welche mit in die Heimat nehmen.
Wenn das nicht so wäre, würden wir heute noch Eichen in Donars Namen heilig sprechen und einen Kalender ohne Schaltjahr verwenden. Je älter die Welt ist, in der die Geschichten spielen, desto mehr nicht mehr nachvollziehbare Vermischung wird es gegeben haben.
Und ja, das wird man von außen als gemeinsame Linie erkennen können.
Soviel zur theoretischen Plausibilität. Ganz ehrlich würde ich diesen Maßstab noch nicht einmal an ein Fantasy-*Spiel* ansetzen wollen. Natürlich muss man auch einiges vereinfachen, damit es funktioniert. Das soll ja keine Realitätssimulation werden, sondern eine erzählerisch interessante Welt mit interessantem Hintergrund. Wenn es einen plausiblen Grund gibt, warum die x Völker dieser Welt radikal unterschiedliche Schöpfungymythen ohne gemeinsamen Nenner haben - OK (auch wenn es nicht "realistisch" ist). Hauptsache es kann erzählerisch irgendwie untermauert werden. Ich meine nur, es ist a) einfacher und b) dramaturgisch geschickter im Hintergrund keine Loopings zu fahren, damit die Action im Vordergrund und bei den Charakteren bleibt.
Zu viel Zeugs im Hintergund macht aus einem Setting nur ein Patchwork aus willkürlich scheinenden Elementen.
Es gibt auf unserem Planeten hunderte von Gottheiten (möglicherweise tausende - die Chinesen alleine haben ja für jeden Kleinkram irgendeinen Gott). Klar, Du kannst tausende von Gottheiten in Dein Setting einbauen - aber das wird eher ein Hindernis als eine Hilfe.
Sieh Dir die Forgotten Realms an - es gibt so viele Götter und viele überschneiden sich einfach. Das ist zwar irgendwie "realistisch", macht die Götter aber auch beliebig und ziemlich austauschbar. Das Setting wäre bequem mit der Hälfte ausgekommen. Königinnen der Redundanz sind IMHO Liira, Sune, Sharess/Bast (alle Schönheit, Kunst, Leidenschaft und solche Dinge) sowie Mielikki, Shiallia und Lurue (Wald, Natur, Feenvolk und sowas). Die hätte man bequem auf zwei Entitäten zusammenstampfen können (und ich kann DMs nur raten, das zu tun). Sicher, es ist einigermaßen plausibel das verschiedene Kulturen für ähnliche Dinge unterschiedliche Gottheiten haben - aber doch nicht auf so engem Raum. Vorbildlich wiederum ist, das Gottheiten in dem Realms einem thematischen Muster folgen (sie waren ausnahmslos mal Sterbliche - alle Götter werden aus den Reihen der Sterblichen rekrutiert. Egal wie die Götter der Länder aussehen und was es sonst noch für Myhten gibt - dieses Grundthema bleibt gleich). Das ist wiederum nicht undbedingt zwangsläufig realistisch aber erzählerisch sehr viel besser zu handhaben. Und darum geht es letztendlich, IMHO.
Im Grunde ist es strunz, wie dieser Schöpfungsmythos am Ende aussieht und ob es überhaupt Götter gibt - aber es sollte einen dramaturgischen Sinn ergeben. Verkopfte Experimente in dieser Richtung funktionieren IMHO dabei genausowenig wie im Film oder Roman.
(Na gut - kommt wohl auch darauf an, was man erreichen will. Wenn man nicht unbedingt viele Leute erreichen will, kann man gerne munter herumexperimentieren - ansonsten würde ich sagen, Schuster, bleib bei deinen Leisten)