Natürlich sind die Entscheidungen bei der Charakterwahl auch Spielentscheidungen die dazu gehören, aber die meine ich nicht nur, sondern auch alles andere im Spiel.
Es soll Leute geben, die erst mathematisch definiert haben wollen was 'hinten' ist, damit sie sich für einen 'Angriff von hinten' entscheiden können.
Es geht mir um den inneren Drang vieler Spieler zu einer Zählbarmachung von Prozessen, die ursprünglich aus kreativer, verbaler Kommunikation bestehen.
Es gibt im Rollenspiel einen ganz starken Trend zur mathematisierung der Sprache. Das Wort 'groß' in Bezug auf Kreaturen wird bestimmten Werten zugewiesen, die man auswendig lernen muss um Sprache im Spiel überhaupt noch richtig verwenden zu können. Die Sprache, die wir alle bereits kennen muss noch einmal in Bezug auf ein Spiel gelernt werden. Die verbale Kommunikation, die die stilistische Qualität jeder anderen Literaturgattung haben könnte, wird in geradezu lächerlich komplizierte aber von der Aussage anspruchslose Programmstrukturen eingebettet, bis nichts mehr lebendiges daran ist.
Dadurch entsteht ein rollenspielerisches Selbstverständnis, dass einer freien sprachlichen Kreativität und damit freien Entscheidungen eher im Wege steht und impliziert, dass nur durch das Spiel mechanisierte Entscheidungen legitim sind.
Aber ich fürchte diese Betrachtung geht zu sehr ins psychologische, um diesem Thema weiter zu helfen.
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Das Problem ist, das sich vielenfalls gezeigt hat, dass man nur halbwegs dieselbe Sprache steht und 'groß' ein breites Spektrum an Fehlinterpretationen erlaubt. Eine einseitige Kunst kann sich diesen Luxus halbwegs leisten, da der Gegenüber keine Rückkopplung hat aber im Rollenspiel sind noch andere am Tisch, die diese Aussagen für ihr Spiel dann verwerten müssen.
Jede Gruppe, die auf ein schnelles und fehlerarmes Kommunizieren angewiesen ist, hat sich über kurz oder lang eine eigene "Sprache" zugelegt.
Entsprechendes gilt für die Regeln, wobei man sowohl bei Sprache wie Regeln Qualitätsunterschiede erkennen kann udn auch Gruppen, welche zu Übertreibungenneigen (Bundeswehr) z.B. und das Ganze eine seltsame Eigendynamik entwickelt.
Sinnvoll Entscheidungen zu treffen erfordert einen Grundstock an Information und dies sollten/sollen sowohl Regeln wie Fachsprachen für die entsprechend Kundigen tun. Schlechte Beispiele dieses Versuchs und Unverständnis durch Außenstehende tun dieser Grundidee erst einmal keinen Abbruch, sollten aber Anlass zu Verbesserungsversuchen
innerhalb dieses Systems sein.
Ich versuche bei Thesen zum Rollenspiel immer die Realität mit einzubeziehen, weil Rollenspiel IMHO viel mit der Realität zu tun hat.
Wie ist das in der richtigen Welt wenn wir vor der Entscheidung Hausaufgaben vs. Kinogehen stehen? Da haben wir in der realen Welt ja auch nicht die genau geregelte Reduktion der Zensur im Kopf im Falle dass wir uns fürs Kino entscheiden. Manche vielleicht schon, die meisten Menschen entscheiden aber eher emotional. Sie sind verantwortungsbewusst oder hedonistisch und entscheiden sich dann aufgrund ihres Stils für das eine oder das andere.
In neueren Rollenspielen rückt aber der Stil (Kaffee oder Tee) immer mehr in den Hintergrund und stattdessen werden die Zahlen die dahinter stehen (Preis in Abhängigkeit von der Kreislauferhöhung) relevant. Balancing ist ein zentrales Thema in solchen Spielen, damit stillose Leute noch Spaß haben können. Muss das sein? Zum Glück fanden zu Beginn auch einige, dass Entscheidungen ohne Konsequenzen beim Rollenspiel durchaus Berechtigung haben. Ich frage mich darüberhinaus, ob es beim Rollenspiel überhaupt quantitativ abgestufte Konsequenzen geben muss.
Kann Rollenspiel zum Beispiel eine Geschichte sein, die auf jeden Fall zu einem bestimmten Ende kommt (wie bei einem Film) nur der Weg dorthin den einen oder den anderen Stil haben kann? Ist Stil nicht schon Konsequenz genug? Warum wird Stil im Rollenspiel kaum wichtig genommen, obwohl er uns in der realen Welt bei allen möglichen Entscheidungen so wichtig ist?
Stil hat man nicht einfach, Stil ist ein Attribut, welches einem von der Umwelt für entsprechende Aktioenn udn Auftreten zugeordnet wird. Entsprechend ändert sich Stil mit dem Geschmack der Referenzgruppe. Von der reinen IMO flachen Actionlastigkeit, die vieler Orts sich Beliebtheit erfreut halte ich auch nicht viel, aber meine Vorstellung von Stil ist für diese Leute ziemlich irrelevant, wenn ich so nicht mitspielen will, bin ich halt draußen.
Bei den Entscheidungen ohen Konsequenzen bist du aber glaueb ich immer noch auf den falschen Dampfer. Der Kernpunkt ist so weit ich das sehe das es keinem gestattet sein sollte, durch externe und eigenmächtige Eingriffe die Entscheidungen eines Mitspielers in Person seines Charakters in der Spielwelt zu entwerten.
Niemand muss auf der relativen Entscheidungsfreiheit (Im Rahmen von Spielwelt und Vorabsprachen auf Spielerebene) für seinen Charakter bestehen, aber wenn er will, kann er es.
In dem Sinne würde ich es wahrscheinlich ablehnen in einem solchen Geschichtenspiel mit zu machen. Ob das was ich dann mache, in dieser Runde oder auch in der Sandkastenrunde, die ich stattdessen nehme, Stil hat, ist eine davon völlig andere und unabhängige Sache und liegt im Auge der Betrachter.
Unausgewogene Betrachtungen und einseitig vertiefte Regelsysteme machen es allerdings zum Teil sehr schwer andere als die unter diesem reduzierten und damit die Spielwelt auch nur sehr einseitig betrachtenden Abbild auf Spielerebene dann als optimal anzusehende Aktionen ergeibig umzusetzen, wenn man aber auf Balancing zu eigenen Gunsten dann verzichtet, kann man auch in solchen Systemen lohnenswerte Nischen und Szenen finden.
Und mal weg von freien Entscheidungen und stattdessen ein Beispiel mit konsequenzlosen Entscheidungen:
Es schwebt mir bei dieser Entscheidungsdiskussion ein klassisches Abenteuerspielbuch vor, wo man Textabschnitte liest und am Ende jedes Abschnitts mit einer Entscheidung zwischen zwei oder drei Alternativen konfrontiert wird.
Alle diese Bücher haben das Prinzip, dass es eine ganze Menge Entscheidungen gibt, die den Tod des Charakters zur Folge haben (bzw. das vorschnelle Ende der Geschichte ohne Erfolg).
Und das ist der Knackpunkt. Hier wird versucht über schlechten Erzählstil hinweg zu täuschen indem man Spannung durch drohende Niederlage generiert. Muss das sein?
Ist nicht auch ein Buch vorstellbar, bei dem man zum Ende kommt egal welche Entscheidung man trifft, das aber je nach Entscheidung einen ganz eigenen Stil der Erzählung einschlägt. Wäre das nicht auch Rollenspiel? Man liest das Buch auf die eine oder andere Weise, ohne Konsequenz. Trotzdem sind die Entscheidungen wichtig, weil es um nichts anderes geht als die Geschichte so zu erleben wie man sie erleben will. Ist das nicht auch der Wunsch von allen Spielern die auf Spielwerte pochen und Konsequenzen unabdingbar für interessante Entscheidungen halten?
Rollenspiel ist das so oder so nur sehr begrenzt. Die Todesabschnitte sind wohl sogar weniger wegen der Spannung so drin, als wegen der begrenzten Seitenzahl. Ein vorgefertigtes Ende, welches mich aber immer auf Seite 400 mit der vorgeskripteten Schlusszene bringt, wäre als Rollenspiel für mich noch viel indiskutabler.
Lieber tot als Storyteller