Autor Thema: [offen] Entscheidungen, Entscheidungen nichts als Entscheidungen  (Gelesen 6257 mal)

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Offline Gaukelmeister

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Nur eine kleine Anmerkung:

Es wäre sinnvoll, sofern man die Rolle von Entscheidungen fürs Rollenspiel genauer ausbuchstabieren möchte, explizit zwischen den Subjekten der Entscheidung (sprich: den Entscheidern) zu unterscheiden. Das ist zwar implizit bisher auch mitverstanden worden, aber soweit ich das überblickt habe, noch nirgends klar gestellt worden. Es macht einen Unterschied, ob die Spieler oder die Charaktere vor Entscheidungen gestellt werden. (Damit das Spiel interessant ist, braucht es natürlich beides.)

Die Gegenstände der Entscheidungen von Spielern sind andere als die Gegenstände der Entscheidungen von Charakteren. Es kann durchaus sein - um gleich einen der interessanten Fälle anzuführen -, dass es aus der Sicht des Spielers völlig klar ist, welche Richtung der Charakter einschlagen wird, obwohl der Charakter selbst sich noch den Kopf zerbricht, was er tun soll. Es gibt auch Fälle, in denen nur auf Spielerebene Entscheidungen zu treffen sind, ohne dass der Charakter etwas entscheiden muss (bspw. ist dies häufig beim Erschaffen von Charakteren der Fall).

Wenn man also die Art und die Relevanz von Entscheidungen im Rollenspiel systematisieren will, lohnt es sich, zwischen Entscheidungssituationen für Spieler und Entscheidungssituationen für Charaktere zu unterscheiden und beide in ihrem Wechselspiel zu betrachten.
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Offline AE

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@ Merlin Emrys
Ok, neuer Versuch der Erklärung: Es soll nicht darum gehen Entscheidungen vorzuenthalten sondern ich plädiere nur dafür die getroffenen Entscheidungen möglichst releavant zu machen. Dadurch soll die Qualität (Im bezug aufs Spielziel - nicht Plotziel oder Aufgabenziel) verbessert werden. Bei narrativen Entscheidungen ging es mir aber prinzipell nicht darum die Quantität der getroffenen Entscheidung zu irgendwie reduzieren. Sondern ganz im Gegenteil mehr relevante Entscheidungsmöglichkeiten zu schaffen. Entscheidungsmöglichkeiten in der Narrative auszublenden war in keinster weise meine Intention sondern ich wollte nur einen stärken Fokus auf sie zu legen.
Bei reinen spielmechanichen Entscheidungsmöglichkeiten kann das widerum anders aussehen, da dort eine unnötig hohe Anzahl von gleichzeitig möglichen Entscheidung die Regelkomplexität ungemein erhöht, aber darauf hast du dich ja nicht bezogen.

@Georgios
Ok ich sehe das es einen Unterschied gibt zwischen eine Spielerentscheidung schlichtweg abzublocken und eine Entscheidung nur extrem zu Bevorzugen und Nahezulegen. Zwar glaube ich das in der Praxis häufig das erstere in irgendeiner Weise auf das zweitere Folgen wird, wenn die Spieler die "falsche" Wahl treffen, aber es ist zugegebener Maße nicht zwingend oder das gleiche.
Dann fehlt scheinbar allerdings ein noch Begriff um die Kontrolle des Spielleiters über das Geschehen durch das unentwegte präsentieren dominanter Entscheidung zu beschreiben.

@Gaukelmeister
Auch dir danke für diese Anmerkung. Dies nochmal klarzustellen ist sicherlich sinnvoll.

Joe Dizzy

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Dann fehlt scheinbar allerdings ein noch Begriff um die Kontrolle des Spielleiters über das Geschehen durch das unentwegte präsentieren dominanter Entscheidung zu beschreiben.

Gibt's doch... schlechter Spielleiter. ;)

Offline AE

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@ Turning Wheel
Ich unterscheide hier weniger inplay und offplay Entscheidungen als Narrative und Gamist bzw. Systembedingte Entscheidungen. Wobei ich unter Narrativen das tatsächliche Spielgeschen verstehe wie Entscheidungen ob der Spieler Louis Lane retten will oder den Weltuntergang verhindern will und unter Systembedingten Entscheidungen verstehe ich eher die Wahl der Charakterklasse und Fertigkeiten oder den Einsatz von Glückspunkten.
Diese beiden Arten von Entscheidung sind jedoch noch nicht ausschließlich sondern in vielen Fällen beide Aspekte der selben Entscheidung.
Die Unterscheidung zwischen Inplay und Offplay Entscheidungen ist sicherlich zum Verständnis des ganzen wichtig, wie Gauckelmeister schon netterweise Angemerkt hat, ansonsten denke ich aber das alles bisher geschriebene für beide mehr oder weniger zutrifft. Der relavanteste Unterschied ist mMn das Inplay Entscheidungen immer eine Aussage über den Charakter treffen der sie trifft. Wodurch sie auch bei scheinbar geringer Konseqenz mehr Relevanz bekommen können.

Es gibt natürlich viele Entscheidungen vor die ein Spieler unbewusst gestellt wird, dies sind natürlich genauso Entscheidungen wie bewußt gestellte, nur unbewußt gestellte Entscheidungen zwangsläufig etwas zufällig sind und deshalb von sehr variablem Wert für den Spielspass. Aber du meintest ja Entscheidung die getroffen werden ohne das man davor gestellt wird: Ich denke es ist unmöglich Entscheidungen zu treffen vor die man nicht gestellt wurde. Es kann nur vorkommen das die Möglichkeit zur Entscheidung niemals ausgesprochen wurde.
Solche Entscheidungen die niemals explizit erwähnt wurden aber immer in der Luft liegen. Wie z.B. wenn sich ein Spieler dafür Entscheidet das der Bruder seines Charakters ein Verbrecher ist.
Vieleicht hat niemand den Spieler explizit danach befragt aber die Frage nach der Familie des Charakters ist ja irgendwie immer präsent auch wenn es niemand anspricht.
Da diese Entscheidung aber nicht vorbereitet oder designed wurde, gilt es dann einfach im Nachinhein die Konsequenzen zu bestimmen. Solche Entscheidungen konsequenzlos zu ignorieren wäre ungerecht dem Spieler gegenüber der sie trifft.
Solche Entscheidungen können natürlich sowenig Relevanz besitzten und beabsichtigen das ich eher von Beschreibung oder Einfärbung sprechen würde als von einer Entscheidung. Ob sich ein Charakter entscheidet eine blaue oder eine graue Krawatte zu tragen ist zwar eine Entscheidung aber in den meisten Fällen wohl Konsequenzlos und auch so vom Spieler gewollt.

Ich hoffe ich hab dich richtig verstanden und halbwegs was in der Richtung erzählt was du höhren wolltest.

Offline Maarzan

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Z. B. was Du im Eingangsposting über Entscheidungen ohne Konsequenz gesagt hast trifft nicht zu, weil eine konsequenzlose Entscheidung, für die ich mich selbst entschieden habe niemals ein Designfehler des Spiels darstellt sondern sogar eine Designleistung, die fürs Rollenspiel im allgemeinen kennzeichnend ist (oder sein sollte).


Ich denke das war im Eingangspost so gemeint, dass du zwar eine Entscheidung treffen darfst - im Sinne "jetzt hast du dein Sätzchen aufsagen dürfen",  das System bzw. die Abenteuer dann aber gezielt darauf getrimmt sind den mit dieser Entscheidung bezweckten Effekt zu Nichte zu machen und fest nach Plan weiter zu verfahren. Das hört sich aus meienr Sicht gar nicht gut an.
Bliebe zu klären, was du daraus gelesen hast, das das sogar ein Designvorteil sein soll.
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Offline 1of3

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Ich unterscheide hier weniger inplay und offplay Entscheidungen als Narrative und Gamist bzw. Systembedingte Entscheidungen.

Kurzer Zwischenruf: Man kann natürlich jede Entscheidung durch das System bedingen. Bei Ganakagok muss man sich z.B. am Ende entscheiden, ob man sich, sein Dorf oder die Welt rettet.

Offline Maarzan

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@ turning wheel

Hast du einmal ein oder zwei Beispiele- Ich steh  grad auf dem Schlauch.

Meinst du mit Erzwungen den Ansatz vonz.B. narrativistischen Spielen das Auftreten von moralisch anspruchsvoll erscheinenden Fragen zu forcieren und durch entsprechende Schnittechniken z.B. im Spiel überproportional zu verdichten?

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Offline AE

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@ 1of3
Danke, aber ich glaube das ist das was ich damit meinte das ich das Narrative und das Systembedingte als aspkekte einer Entscheidungen sehe die beide gleichzeitig vorhanden sein können. Ist vileicht nicht so deutlich rüber gekommen wie ich das wollte.

@ Turning Wheel
Es ging mir nicht nur um "vor eine Entscheidung gestellt zuwerden" sondern auch darum eine "entscheidungs Möglichkeit" zu haben. Somit habe ich die freien Entscheidungen schon miteinbezogen. Nur das diese halt nicht im vom Spielleiter/Designer vorbereitet werden können und dadurch mehr impro vom Spielleiter erfordern um sie nicht konsequenzlos untergehen zu lassen.
Wie Maarzan hat das schon netter weise wieder gegeben wie ich mir das gedacht hatte.
Ich denke auch nur weil eine Entscheidung gewollt ist muss sie noch lange keine Konsequenzen haben.
Wenn also die Spieler vor dem geplanten Abenteuer unerwartet aber in voller absicht ihren Auftraggeber umbringen und das Abenteuer dann trotzdem irgendwie statt findet als wäre nichts gewesen dann war die Entscheidung einigermaßen Konseqenzlos.

Das die Erhöhung der Komplexität durch viele Entscheidungsmöglichkeiten hauptsächlich nur den System- oder Brettspielteil des Rollenspiels betrifft habe ich ja im Eingangspost meines erachtens erwähnt. Trotzdem kann es auch im narrativen zu Hindernissen kommen wenn eine freie Entscheidung verlangt wird ohne genügend Umweltinformation zur verfügung zu stellen und es zu viele ENtscheidungsmöglichkeiten gibt. Dies ist aber sicherlich von der Gruppe abhängig und muss nicht immer zu treffen.
Ayas erwähnt dies kurz in seinem ersten Post.
Ein Bsp: Die Charaktere sollen in einem eher simulativen Spiel einen Überfall auf Fort Knox Planen und die Goldvorräte rauben.
Wenn weder Spielleiter noch System irgendwelche klaren Lösungsansätze vorrgeben könnte es schnell passieren das sich die Gruppe beim abwägen der unzähligen Entscheidungsmöglichkeiten ungewollt lange aufhalten oder sogar stecken bleiben könnte.
Dies muss natürlich nicht eintreten oder kann zum Teil gewollt sein. Hängt sicherlich von der Gruppe ab.

Du hast aber recht das sich mein Eingangspost hauptsächlich auf Entscheidungen bezog die bewußt vom Spielleiter oder System präsentiert werden. Es ist natürlich klar das nicht jede im Spiel getroffene Entscheidung vorbereitet und präsentiert werden kann oder sollte. Die Sache mit Konsequenz ändert sich dadurch jedoch nicht.

Offline Arkam

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Hallo zusammen,

also ich finde den Ansatz Rollenspiel auf Entscheidungen und Entscheidungsfindungen hin ab zu klopfen sehr interessant.

Zur Entscheidungsfindung bei similierenden Spielen habe ich aber doch noch Mal eine Frage. Habe ich es richtig verstanden das die Entscheidungsfindung hier besonders schwierig ist weil meine Entscheidung auch unter geänderter Umwelt aktiv bleibt und hier Konsequenzen haben kann?
Wenn ich mir also ein schönes Schwert kaufe hat das erst Mal im Kampf vielleicht keine Relevanz.
Wenn ich jetzt aber die Stadtwache überzeugen Will das ich ein Adliger aus dem Sonstwo bin könnte eine schöne Waffe durchaus einen Bonus bringen, auch ohne das die Waffe einen entsprechenden Wert bekommt oder ich einfach nur angebe das sie doppelnd soviel gekostet hat wie ein normales Schwert.
Die gleiche Waffe bei einem Nachtangriff kann vielleicht ein Fehler sein weil die polierte Schneide das bischen Licht reflektiert und so den Gegnern ermöglicht mich wahrzunehmen.

Aus meiner Sicht gibt es im Rollenspiel eigentlich keine internen und externen Entscheidungen. Denn ich als Spieler entscheide darüber was mein Charakter tut, Ausnahmen wie Railroding ein Mal ausgenommen.
Interessant könnte noch sein welche Ebene bei jedem Spieler, Spielleiter inklusive, die Hauptrolle bei der Entscheidungsfindung spielt.
Denn es ist auch für meine Mitspieler interessant ob ich mich anhand der Spielmechanik, anhand meines Bilds von der Rolle des Charakters oder anhand meines vermuteten Verlaufs der Geschichte entscheide.
Unsere Gruppe ist etwa ein Mal in ein Diebeshauptquartier eingebrochen und wurde überrascht.
Zwei Spieler begründeten ihre weiteren Entscheidungen regeltechnisch. Wir haben zwar im Kampf keine Chance aber Weglaufen würde den Gegnern die Gelegenheit geben uns ohne Gegenwehr zu attackieren.
Mein Charakter wollte weglaufen. Er war als Dieb nicht der beste Kämpfer der Gruppe und es gab nichts wofür ein Kampf gelohnt hätte, also etwa verwundete Freunde oder das Artefakt weswegen wir eingebrochen waren.
Ein Spieler regte an man solle erst Mal abwarten weil er vermutete das hier die Story auf einen Endpunkt hin gelenkt werden sollte.
Solche unterschiedlichen Ebenen der Entscheidungsfindung können für viel böses Blut sorgen.

Das Problem bei Entscheidungen im Spieldesign ist das man außer mit längerer Evaluierung nicht alle Entscheidungen ein Mal trifft. Zudem gibt es Entscheidungen die ich bei Schreiben der Regeln treffe ohne das ich sie so auch noch ins Regelbuch schreibe.
Bei einem System das ich gerade schreibe war ich davon ausgegangen das man seinen Kampfwert stets auf das Maximum setzen wird. Die Entscheidung wäre dann nur noch gewesen ob der Charakter dieses Maximum bei einer Schulhofschlägerei, als Stadtwache oder als epischer Held erreichen will.
Ein Tester bemängelte nun das man man für die gleichen Kosten so unterschiedliche Werte je anch Niveau bekommen konnte. Auf die Idee das jemand seine Kampfwerte nicht auf das Maximum bringen könnte bin ich wiederum nicht gekommen, es handelt sich um einen sehr kampfbetonten Hintergrund.

Gruß Jochen
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Offline Maarzan

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Du meinst also Entscheidungen beim Charakterbau, wie Feats, Klassenwahl etc? Die hat dann glaube ich noch keiner mit einbezogen.
Die Rede hier geht wohl eher um Entscheidungen während des Spiels, bzw. spezieller noch darum, welcherEinfluss diesen typischerweise vom Spieler für seinen Charakter getroffenen Entscheidungen gegeben werden.

Die zunehmender Verbrettspielung hat da sicher auch ihre Einwirkungen, aber das ist keine Frage des Umfangs alleine. Ich habe mich zuletzt sehr über ein paar Regelungen in Reign gewudnert, wo Entscheidungen /Handlungen wirkungslos bleiben, weil die Regeln sehr knapp und abstrakt gehalten wurden und so völlig legitim erscheinende Handlungen als wirklungslos darstellt bzw. ganz allgemeine und daher sinnfreie Entschuldigungen/Erklärungen dazu stiftet, wie dieses Notnagelergebnis gerechtfertigt werden könnte.

Gute Regeln unterstützen beim Auswerten von in der Spielwelt möglichen Handlungen (mit entsprechend dem Spielweltvorgang entsprechenden Ergebnissen) und behindern sie nicht. Idealerweise sind sie auch noch in ihrem Grundsystem so strukturiert, das sie leicht von einem SL auf noch ungedeckte Fälle erweitert werden können. Das Problem wären also nicht Regelwerke oder ihre Dicke an sich, sondern die Qualität vzw. persönliche Kompatibilität der Regelwerke.
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Offline AE

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@ Arkam
Zur Entscheidungsfindung bei similierenden Spielen habe ich aber doch noch Mal eine Frage. Habe ich es richtig verstanden das die Entscheidungsfindung hier besonders schwierig ist weil meine Entscheidung auch unter geänderter Umwelt aktiv bleibt und hier Konsequenzen haben kann?
Ja.

Bei einem System das ich gerade schreibe war ich davon ausgegangen das man seinen Kampfwert stets auf das Maximum setzen wird. Die Entscheidung wäre dann nur noch gewesen ob der Charakter dieses Maximum bei einer Schulhofschlägerei, als Stadtwache oder als epischer Held erreichen will.
Ein Tester bemängelte nun das man man für die gleichen Kosten so unterschiedliche Werte je anch Niveau bekommen konnte. Auf die Idee das jemand seine Kampfwerte nicht auf das Maximum bringen könnte bin ich wiederum nicht gekommen, es handelt sich um einen sehr kampfbetonten Hintergrund.
Wenn du eh davon ausgegangen bist das jeder Spieler den Kampfwert auf maximum setzten wird und es auch keinen Grund im Spiel gäbe dies nicht zu tun, warum gibst du dann nicht jedem Charakter automatisch den Kampfwert den du anstrebst?
Oder schaffe stattdessen doch eine alternative durch die ein Spieler auch davon profitieren kann nicht den höchsten Kampfwert zu wählen.

Offline Maarzan

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Natürlich sind die Entscheidungen bei der Charakterwahl auch Spielentscheidungen die dazu gehören, aber die meine ich nicht nur, sondern auch alles andere im Spiel.
Es soll Leute geben, die erst mathematisch definiert haben wollen was 'hinten' ist, damit sie sich für einen 'Angriff von hinten' entscheiden können.
Es geht mir um den inneren Drang vieler Spieler zu einer Zählbarmachung von Prozessen, die ursprünglich aus kreativer, verbaler Kommunikation bestehen.
Es gibt im Rollenspiel einen ganz starken Trend zur mathematisierung der Sprache. Das Wort 'groß' in Bezug auf Kreaturen wird bestimmten Werten zugewiesen, die man auswendig lernen muss um Sprache im Spiel überhaupt noch richtig verwenden zu können. Die Sprache, die wir alle bereits kennen muss noch einmal in Bezug auf ein Spiel gelernt werden. Die verbale Kommunikation, die die stilistische Qualität jeder anderen Literaturgattung haben könnte, wird in geradezu lächerlich komplizierte aber von der Aussage anspruchslose Programmstrukturen eingebettet, bis nichts mehr lebendiges daran ist.
Dadurch entsteht ein rollenspielerisches Selbstverständnis, dass einer freien sprachlichen Kreativität und damit freien Entscheidungen eher im Wege steht und impliziert, dass nur durch das Spiel mechanisierte Entscheidungen legitim sind.
Aber ich fürchte diese Betrachtung geht zu sehr ins psychologische, um diesem Thema weiter zu helfen.
...
Das Problem ist, das sich vielenfalls gezeigt hat, dass man nur halbwegs dieselbe Sprache steht und 'groß' ein breites Spektrum an Fehlinterpretationen erlaubt. Eine einseitige Kunst kann sich diesen Luxus halbwegs leisten, da der Gegenüber keine Rückkopplung hat aber im Rollenspiel sind noch andere am Tisch, die diese Aussagen für ihr Spiel dann verwerten müssen.
Jede Gruppe, die auf ein schnelles und fehlerarmes Kommunizieren angewiesen ist, hat sich über kurz oder lang eine eigene "Sprache" zugelegt.
Entsprechendes gilt für die Regeln, wobei man sowohl bei Sprache wie Regeln Qualitätsunterschiede erkennen kann udn auch Gruppen, welche zu Übertreibungenneigen (Bundeswehr) z.B. und das Ganze eine seltsame Eigendynamik entwickelt. 

Sinnvoll Entscheidungen zu treffen erfordert einen Grundstock an Information und dies sollten/sollen sowohl Regeln wie Fachsprachen für die entsprechend Kundigen tun. Schlechte Beispiele dieses Versuchs und Unverständnis durch Außenstehende tun dieser Grundidee erst einmal keinen Abbruch, sollten aber Anlass zu Verbesserungsversuchen innerhalb dieses Systems sein.

Zitat
Ich versuche bei Thesen zum Rollenspiel immer die Realität mit einzubeziehen, weil Rollenspiel IMHO viel mit der Realität zu tun hat.
Wie ist das in der richtigen Welt wenn wir vor der Entscheidung Hausaufgaben vs. Kinogehen stehen? Da haben wir in der realen Welt ja auch nicht die genau geregelte Reduktion der Zensur im Kopf im Falle dass wir uns fürs Kino entscheiden. Manche vielleicht schon, die meisten Menschen entscheiden aber eher emotional. Sie sind verantwortungsbewusst oder hedonistisch und entscheiden sich dann aufgrund ihres Stils für das eine oder das andere.
In neueren Rollenspielen rückt aber der Stil (Kaffee oder Tee) immer mehr in den Hintergrund und stattdessen werden die Zahlen die dahinter stehen (Preis in Abhängigkeit von der Kreislauferhöhung) relevant. Balancing ist ein zentrales Thema in solchen Spielen, damit stillose Leute noch Spaß haben können. Muss das sein? Zum Glück fanden zu Beginn auch einige, dass Entscheidungen ohne Konsequenzen beim Rollenspiel durchaus Berechtigung haben. Ich frage mich darüberhinaus, ob es beim Rollenspiel überhaupt quantitativ abgestufte Konsequenzen geben muss.
Kann Rollenspiel zum Beispiel eine Geschichte sein, die auf jeden Fall zu einem bestimmten Ende kommt (wie bei einem Film) nur der Weg dorthin den einen oder den anderen Stil haben kann? Ist Stil nicht schon Konsequenz genug? Warum wird Stil im Rollenspiel kaum wichtig genommen, obwohl er uns in der realen Welt bei allen möglichen Entscheidungen so wichtig ist?

Stil hat man nicht einfach, Stil ist ein Attribut, welches einem von der Umwelt für entsprechende Aktioenn udn Auftreten zugeordnet wird. Entsprechend ändert sich Stil mit dem Geschmack der Referenzgruppe. Von der reinen IMO flachen Actionlastigkeit, die vieler Orts sich Beliebtheit erfreut halte ich auch nicht viel, aber meine Vorstellung von Stil ist für diese Leute ziemlich irrelevant, wenn ich so nicht mitspielen will, bin ich halt draußen.
Bei den Entscheidungen ohen Konsequenzen bist du aber glaueb ich immer noch auf den falschen Dampfer. Der Kernpunkt ist so weit ich das sehe das es keinem gestattet sein sollte, durch externe und eigenmächtige Eingriffe die Entscheidungen eines Mitspielers in Person seines Charakters in der Spielwelt zu entwerten.
Niemand muss auf der relativen Entscheidungsfreiheit (Im Rahmen von Spielwelt und Vorabsprachen auf Spielerebene) für seinen Charakter bestehen, aber wenn er will, kann er es.
In dem Sinne würde ich es wahrscheinlich ablehnen in einem solchen Geschichtenspiel mit zu machen. Ob das was ich dann mache, in dieser Runde oder auch in der Sandkastenrunde, die ich stattdessen nehme, Stil hat, ist eine davon völlig andere und unabhängige Sache und liegt im Auge der Betrachter.

Unausgewogene Betrachtungen und einseitig vertiefte Regelsysteme machen es allerdings zum Teil sehr schwer andere als  die unter diesem reduzierten und damit die Spielwelt auch nur sehr einseitig betrachtenden Abbild auf Spielerebene dann als optimal anzusehende Aktionen ergeibig umzusetzen, wenn man aber auf Balancing zu eigenen Gunsten dann verzichtet, kann man auch in solchen Systemen lohnenswerte Nischen und Szenen finden.

Zitat
Und mal weg von freien Entscheidungen und stattdessen ein Beispiel mit konsequenzlosen Entscheidungen:
Es schwebt mir bei dieser Entscheidungsdiskussion ein klassisches Abenteuerspielbuch vor, wo man Textabschnitte liest und am Ende jedes Abschnitts mit einer Entscheidung zwischen zwei oder drei Alternativen konfrontiert wird.
Alle diese Bücher haben das Prinzip, dass es eine ganze Menge Entscheidungen gibt, die den Tod des Charakters zur Folge haben (bzw. das vorschnelle Ende der Geschichte ohne Erfolg).
Und das ist der Knackpunkt. Hier wird versucht über schlechten Erzählstil hinweg zu täuschen indem man Spannung durch drohende Niederlage generiert. Muss das sein?
Ist nicht auch ein Buch vorstellbar, bei dem man zum Ende kommt egal welche Entscheidung man trifft, das aber je nach Entscheidung einen ganz eigenen Stil der Erzählung einschlägt. Wäre das nicht auch Rollenspiel? Man liest das Buch auf die eine oder andere Weise, ohne Konsequenz. Trotzdem sind die Entscheidungen wichtig, weil es um nichts anderes geht als die Geschichte so zu erleben wie man sie erleben will. Ist das nicht auch der Wunsch von allen Spielern die auf Spielwerte pochen und Konsequenzen unabdingbar für interessante Entscheidungen halten?
Rollenspiel ist das so oder so nur sehr begrenzt. Die Todesabschnitte sind wohl sogar weniger wegen der Spannung so drin, als wegen der begrenzten Seitenzahl. Ein vorgefertigtes Ende, welches mich aber immer auf Seite 400 mit der vorgeskripteten Schlusszene bringt, wäre als Rollenspiel für mich noch viel indiskutabler.
 :)  :headbang: Lieber tot als Storyteller :headbang: :)
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Offline AE

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Ist nicht auch ein Buch vorstellbar, bei dem man zum Ende kommt egal welche Entscheidung man trifft, das aber je nach Entscheidung einen ganz eigenen Stil der Erzählung einschlägt. Wäre das nicht auch Rollenspiel? Man liest das Buch auf die eine oder andere Weise, ohne Konsequenz. Trotzdem sind die Entscheidungen wichtig, weil es um nichts anderes geht als die Geschichte so zu erleben wie man sie erleben will. Ist das nicht auch der Wunsch von allen Spielern die auf Spielwerte pochen und Konsequenzen unabdingbar für interessante Entscheidungen halten?
Siehe dazu die bereits von mir erwähnten Computerrollenspiele von bioware. Das hat zwar nur sehr begrenzt mit unseren pen&paper Rpg zu tun und soll diesen hier natürlich nicht direkt als Vorbild dienen, trotzdem finde ich teilweise ihren Ansatz nett.