Autor Thema: Systeme "falsch" spielen?  (Gelesen 12203 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Crimson King

  • Hat salzige Nüsse!
  • Titan
  • *********
  • Crimson King
  • Beiträge: 19.137
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Stormbringer
Re: Systeme "falsch" spielen?
« Antwort #100 am: 1.11.2009 | 17:53 »
Die meisten Core Stories liegen offen, selbst wenn sie nicht explizit beschrieben sind. Bzgl. Style over Substance mag ich mit Alexandro ausnahmsweise mal nicht konform gehen, aber hier stimme ich ihm wieder zu (hatte das ja weiter vorne im Thread bereits geschrieben).

Spiele können natürlich auch dann noch funktionieren, wenn man die Core Story außen vor lässt oder durch eine andere ersetzt. Meistens würden sich Adaptionen dann aber besser eignen.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

alexandro

  • Gast
Re: Systeme "falsch" spielen?
« Antwort #101 am: 3.11.2009 | 02:08 »
@Zornhau: Hat denn irgendwas davon dem widersprochen, was im Buch steht?

Gerade mittel-alte (80er/90er) Spiele haben meisst eine GROSSE Core-Story. So groß, dass es unmöglich ist die gesamte BANDBREITE dieser Core-Story in nur EINE Kampagne (geschweige denn ein Abenteuer) zu verpacken. Natü´rlich pickt sich der SL etwas raus und interpretiert das Setting dahingehend, dass er sich aussucht, was von der ("schwachen") Core-Story jetzt für seine Kampagne WICHTIG ist.

Er ist gewissermaßen Co-Autor des Systemschreinerlings.

Trotzdem hat er die Pflicht die Spieler über SEINE Core-Story in Kenntnis zu setzen: Wenn ich Vampire spiele dann möchte ich auch vorher wissen, was sich der SL denn darunter vorstellt:
- Harte, grausame Machtkämpfe (Goodfellas, Irgendwann in Mexiko)
- Ringen um politische Positionen und Zugeständnisse (The Closer, Fegefeuer der Eitelkeiten)
- Persönliche Ziele (Interview mit einem Vampir; Near Dark)
etc.
Weiß ich das nicht, so kann ich mir keinen Charakter machen mit dem ich in der Runde Spaß hätte (ginge dir sicher auch so, wenn du einen ruppigen Abenteurer in der viktorianischen-Lehrstunde oder eine Jane-Austen-Heldin im überkandidelten Neuropa gespielt hättest).

Der SL spielt das System insofern falsch, dass er das Setting als einen "Koffer" betrachtet, in den man alles mögliche hereinstopfen kann, was aber vom Designer offensichtlich nicht so gedacht ist (V:tM hat z.B. ein ganzes Kapitel darüber, worum es sich in einer Chronik drehen soll) - weniger ist manchmal mehr.

Einige moderne Spiele (Savage Worlds PPCs; viele Spiele aus dem Forge-Umfeld) haben keine wie ein "All-you-can-eat"-Buffet gefüllte Settings mehr und konzentrieren sich auf bestimmte Kernkompetenzen, was die Core Story angeht. Insofern kann man bei diesen Spielen weniger falsch machen.

Auch wenn ich persönlich diese "Stützräder" nichzt wirklich brauche und ich solche Settings als "zu wenig lebendig" betrachte, so erkenne ich doch den Wert den diese für SL-Anfänger haben (wenn ich daran denke, was ich früher alles in eine einzige Kampagne gepackt habe...).