Irgendwie laesst mich die Aussage nicht los.
Daher, als Frage, wie kann man gleichzeitig inaktiv sein und Rollenspiel spielen?
Respektive wo faengt da Aktivitaet fuer dich an?
Mit Inaktivität meine ich in bezug auf RSP, dass ich nur eine bereits vorgegebene Funktion erfülle. D.h. gegen einen Gegner kämpfe, der besiegt werden muss (und wenn es mir nicht gelingt, wird der Gegner vom rest der Gruppe oder von einem NSC besiegt), eine Tür durchschreite, die durchschritten werden muss, eine sieben Stockwerke hohe magierakademie bewundere, die bewundert werden muss, oder einem Drachen den zuvor gefundenen Ring als Wegzoll überlasse, weil man eben so und nicht anders an ihm vorbeikommt.
Natürlich "handelt" mein SC in all diesen Situationen, aber er handelt eben nicht aktiv, indem er selbst Ereignisse in Gang bringt oder in ihrem Fortgang beeinflusst, sondern er handelt reaktiv, indem er auf die implizite Anrufung des SL reagiert: "Das musst du jetzt tun, damit der Plot weitergeht". D.h. das Handeln des SC ist nicht Ursache von Ereignissen, sondern es füllt eine Lücke in einer vorgesehen Ereigniskette, die bei ausbleiben der Handlung anders gefüllt wird.
Das nenne ich in diesem Zusammenhang Inaktivität.
Und damit hat letztlich auch wieder der Zauberkünstler-Vergleich zu tun: Der Zauberkünstler bittet eben mal jemanden auf die Bühne, um die Trickpistole abzufeuern, damit er die Kugel mit den Zähnen fangen kann. Natürlich muss der Zuschauer auf der Bühne nun etwas tun, damit die sache weitergeht, aber es ist eben kein aktives Tun im Sinne einer eigenen, zielgerichteten Entscheidung. es ist ein "geleitetes" Tun, dessen Zweck nicht darin besteht, irgendwelche eigenen Ziele zu erreichen, sondern darin, die Vorstellung am Laufen zu halten und das Staunen über das gelungene Kunststück am Ende mitzuerleben (und dabei sogar ein Teil der Vorstellung gewesen zu sein).
Und natürlich kann man sagen, dass es dass "Ziel" des Zuschauers auf der Bühne ist, zur Vorstellung beizutragen, und er insofern durchaus aktiv ein meta-Ziel verfolgt. Das ist auch völlig okay und lässt sich auch schön aufs RSP rückübertragen: Wenn man will, dass der SL eine tolle Vorstellung liefert, dann erfüllt man seine Rolle, um ihm das zu erleichtern. (Man muss dabei natürlich zwischen Zielen der Spieler und Zielen der SC unterscheiden.)
Wenn man als Spieler aber gar nicht die tolle Vorstellung vom SL erwartet, sondern eigentlich lieber gemeinsam "zaubern" will, dann gehört es eben für die Meisten auch dazu, dass man auch den eigenen SC "aktiv" handeln lassen kann, indem man ihn folgenreiche Entscheidungen treffen lässt, anstatt nur auf der Meta-Ebene als Spieler "aktiv" zu sein, indem man den Fortgang des Plots sicherstellt. Und wenn man letzteres will, dann erlebt man eben selbst noch den vorgeschriebenen eigenen Beitrag zum gelungenen Abenteuerverlauf als Nicht-Aktivität, weil er nämlich am eigenen Ziel vorbeigeht (einen Spielabend gestalten, bei dem die Handlungen der SC interessante und unvorhergesehene Konsequenzen haben). Man lässt nicht nur den SC passiv seine Rolle erfüllen, sondern erfüllt auch noch als Spieler passiv seine Rolle, um dem SL nicht das geplottete Abenteuer zu verderben. Und das ist erlebte Inaktivität, egal, ob ich dabei nun dann und wann einen Würfel zur Hand nehme oder nicht.
Der Spieler, der geplottete Abenteuer liebt, wird das natürlich nicht als Inaktivität erleben, er macht ja, was er will: Er drückt für den Zauberkünstler den Abzug der Pistole, und am Ende können alle das großartige Kunststück bewundern.
Klingt jetzt wieder so, als gäbe es eine direkte Beziehung zwischen Railroading und Zauberkünstler-Leiten, was ich nach wie vor nicht denke. Aber hier geht es ja um die Inaktivität, die bei gewissen Formen des Zauberkünstler-Leitens von den Spielern erlitten wird, und die hängt nunmal direkt mit Railroading zusammen.